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Dr. Laurin Staffel 3 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Dr. Laurin Staffel 3 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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      Horst Geßner konnte sein Kind betrachten, ohne daß jemand ihn beobachten konnte außer Emilia. Für sie war dieser Augenblick nur Glück, als ein Lächeln sein Gesicht verklärte und er die kleinen Hände küßte.

      »Du wirst nun keinen Feigling als Vater haben, mein Junge«, sagte er innig. »Ich verspreche es dir und deiner Mami.«

      »Hast du es gehört, Tobias?« sagte Emilia mit einem kleinen Lachen. »Unser Papi wird bald wieder bei uns sein.«

      *

      »Das ist ja eine reizende Untersuchung, Herr Doktor«, lachte Inge Büren. »Bei Kaffee und so köstlichem Gebäck, das lasse ich mir gefallen.«

      »Eigentlich wollte ich nur ein bißchen mit Ihnen plaudern«, sagte Dr. Laurin.

      »Ach, bekommt Frau Grohn mal wieder Besuch?« fragte sie schelmisch.

      Er war nun doch verblüfft. »Wie kommen Sie denn darauf?«

      »Intuition.«

      »Verstehen Sie sich gut mit ihr?«

      »Blendend. Ich habe doch gleich bemerkt, daß sie etwas bedrückt. Hat der Vater sie sitzenlassen? Wenn sie nicht weiß, wohin sie soll, kann sie zu uns kommen. Bei meinen Eltern ist viel Platz. Ich wollte es ihr nur nicht so direkt sagen.«

      »Das ist jetzt nicht mehr nötig. Nur, damit mir kein Vorwurf gemacht werden kann, muß ich Ihnen sagen, daß Frau Grohn eigentlich Frau Geßner heißt und ihr Mann polizeilich gesucht wird. Wenn Sie darauf bestehen, Frau Büren, verlege ich Sie in ein anderes Zimmer.«

      Sie sah ihn konsterniert an. »Aber warum denn, um Gottes willen? Was kann denn die arme Frau dafür? Sie ist doch die Unschuld in Person.«

      »Nicht alle würden so denken wie Sie, und dafür danke ich Ihnen.«

      »Sie müssen aber eine schöne Meinung von mir haben«, protestierte Inge Büren. »Lieber Herr Dr. Laurin, Sie sollten doch die Menschen kennen.«

      »Aber es ist immer besser, sich rückzuversichern«, bemerkte er. »Sie ahnen ja nicht, was wir schon alles erlebt haben. Nochmals herzlichen Dank.«

      »Ich habe zu danken für das herrliche Gebäck.« Ja, wenn sie alle so wären, dann wäre hier das reinste Sanatorium, dachte Dr. Laurin.

      *

      Für Kommissar Thal gab es keine festen Arbeitszeiten. Insofern war sein Beruf doch mit dem des Arztes vergleichbar. Den ganzen Tag war er kaum zum Essen gekommen, und gerade jetzt, als er die Kantine aufsuchen wollte, läutete das Telefon.

      Als er hörte, wer ihm da offeriert wurde, blieb ihm allerdings die Sprache weg. Er verspürte keinen Hunger mehr und war auch nicht mehr müde.

      Wenige Sekunden später stand Horst Geßner vor ihm. »Bitte«, sagte er leise, »ich stehe zur Verfügung.«

      In diesem Mann einen Verbrecher zu sehen, fiel selbst dem mißtrauischen Kriminalbeamten schwer. Fünf Monate hatte man nach diesem Mann vergeblich gesucht. Nun war er da, freiwillig gekommen.

      »Haben Sie schon mit Ihrer Frau gesprochen?« fragte Kommissar Thal zuerst.

      Horst Geßner nickte. »Ich habe alles falsch gemacht«, sagte er gepreßt.

      »Das kann man wohl sagen«, meinte Kommissar Thal und begann mit dem Verhör.

      Inge Büren hatte währenddessen von Emilia auch einige Details erfahren.

      »Es wird für Sie nicht angenehm sein, mit mir das Zimmer zu teilen«, sagte Emilia beklommen.

      »Liebe Güte, nun machen Sie aber mal ’nen Punkt. Es wird schon alles in Ordnung kommen. Was Sie alles durchgemacht haben müssen«, fuhr sie mitfühlend fort.

      »Horst hat es nicht getan. Ich bin überzeugt davon. Er ist ja so naiv. Ja, das ist alles, was ihm vorzuwerfen ist. Er sucht nur immer das Gute in den Menschen. Er ist einfach zu weich für diese Welt.«

      »Dieser Bankräuber muß ein ganz raffinierter Bursche sein, und so dürfte es schwerfallen, ihn zu kriegen. Vielleicht hat er das ganze Geld schon verjubelt. Sagen Sie mal, Emilia, meinen Sie nicht, daß er Ihren Mann sehr gut gekannt haben muß und den Verdacht mit voller Überlegung auf ihn gelenkt hat?« fragte Inge Büren.

      »Mir ist da ein Gedanke gekommen, aber der ist zu abwegig. Nein, das ist ganz unmöglich«, erwiderte Emilia.

      »Wollen wir nicht mal alles genau durchgehen? Man müßte auch das ganze Abwegige in Betracht ziehen.«

      »Aber es ist ungerecht, einen Verdacht zu äußern und ihn nähren.«

      »Der kann doch leicht widerlegt werden, wenn er nicht stimmt. Wenn ich alles genau überlege, kommt es mir fast so vor, als müßte Ihr Mann auch einen solchen Verdacht gehegt haben. Weil er ihn für abwegig und nicht beweisbar hielt, hat er die Flucht ergriffen. Er muß es gewußt haben.«

      *

      Es ging sehr nüchtern zu bei Horst Geßners Verhör. Aber gerade diese nüchternen Fragen, die Kommissar Thal stellte, forderten Horst Geßner zu ganz präzisen Überlegungen und Antworten heraus. Alles, was Monate wirr in seinem Kopf herumgespukt hatte, reihte sich nun aneinander.

      Kommissar Thal gelangte zu der Überzeugung, daß Horst Geßner der raffinierteste Lügner sein mußte, der ihm je begegnet war, wenn seine Darstellung nicht der Wahrheit entsprach.

      »Sie hätten uns sehr viel Mühe erspart, wenn Sie sich gleich gestellt hätten«, sagte er gedankenvoll. »Nun werden Sie wohl einige Zeit bei uns verbringen müssen, bis wir alles überprüft haben.«

      Charlotte Geßner fand keine Ruhe. Sie sah ihren Sohn hinter Gittern und fürchtete, daß seine Unschuld nie zu beweisen wäre.

      Sie ging in Irenes Wohnung, die sehr geschmackvoll eingerichtet war. Irene hatte als Modezeichnerin gut verdient, aber Dieter schien zu dieser Einrichtung manches beigetragen zu haben, denn es waren sehr wertvolle Möbel.

      Dieter war so ganz anders als Horst. Er verstand es, seine Vorteile zu nützen. Warum eigentlich hatten die beiden noch nicht geheiratet? Warum waren sie während der letzten Monate nie mehr bei ihr gewesen? Was war der Grund, daß auch Irene so verändert war?

      Charlotte Geßner öffnete mechanisch den Kleiderschrank. Viele Sachen schien Irene nicht mitgenommen zu haben. Warum war sie weggefahren, obgleich sie mit Emilias Kommen rechnen mußte?

      Immer wieder bewegten sie diese Fragen. Sie hatte Horst, der zwei Jahre jünger war als Irene, verhätschelt. Sie hatte ihn an sich binden wollen und gehofft, daß er immer bei ihr bleiben würde.

      Als er dann Emilia kennenlernte und sie merkte, daß sie ihn doch verlieren würde, wünschte sie sich eine andere Schwiegertochter. Eine aus bester Familie, sie wünschte, daß er im Gesellschaftsleben eine Rolle spielte. Welch falscher Ehrgeiz! Horst war dazu nicht geschaffen.

      Müdigkeit kroch durch ihre Glieder. Sie legte sich auf das breite Bett, aber das Unbehagen, das sie in dieser Wohnung fühlte, die doch ihrer Tochter gehörte, ließ sie nicht mehr los. Bei jedem Geräusch, das von der Straße heraufdrang, fuhr sie empor. Sie stand wieder auf und überzeugte sich, daß sie den Schlüssel von innen hatte steckenlassen. Sie drehte ihn noch einmal herum.

      Dann legte sie sich wieder hin und sank in einen unruhigen Schlaf.

      *

      Nach ein paar Stunden wachte Charlotte Geßner schweißgebadet auf. Schreckliche Träume hatten sie gequält. Sie wollte das Licht anknipsen, aber ihre Hand war so zittrig, daß sie ihre Ringe, die sie auf das Bettbord gelegt hatte, herunterstieß. Von dem Geräusch wurde sie vollends wach, fand den Schalter, und Licht erfüllte den Raum.

      Sie stand auf, um ihre Ringe zu suchen, aber sie mußten unter das Bett gerollt sein. Das Bett war sehr niedrig, und ohne ein Gerät konnte sie gar nicht darunter langen.

      Sie holte einen Besen, doch dieser stieß auf einen Widerstand. Sehen konnte sie nichts, so nahm sie die Lampe herunter


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