Эротические рассказы

Gesammelte Werke von Joseph Conrad. Джозеф КонрадЧитать онлайн книгу.

Gesammelte Werke von Joseph Conrad - Джозеф Конрад


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      Gleichsam als aufreizende Antwort auf diese Gedanken, huschte der Schatten eines liebenswürdigen Lächelns über des Kommissars Lippen. Er benahm sich durchaus unbefangen und geschäftlich, während er sich doch in den Kopf setzte, nochmals an dem Seil zu rütteln.

      »Kommen wir nun zu dem, was Sie an Ort und Stelle entdeckt haben, Inspektor«, sagte er.

      »Ein Narr und seine Kappe sind leicht getrennt«, tönte in des Inspektors Kopf die wahrsagende Stimme weiter; unmittelbar anschließend aber drängte sich ihm die Erwägung auf, daß ein abgehender Vorgesetzter, auch wenn er »hinausgefeuert« wurde (dies war das treffende Bild), immer noch, während er durch die Türe fliegt, Zeit hat, einem Untergebenen übel gegen die Schienbeine zu treten. Ohne das Basiliskenhafte seines Blicks wesentlich zu ändern, sagte er gleichmütig: »Wir kommen nun zu diesem Teil meiner Untersuchung, Herr.«

      »Das ist recht. Nun also, was haben Sie herausgebracht?«

      Der Inspektor hatte sich inzwischen entschlossen, vom hohen Seil herunterzuspringen, und kam nun geschickt auf ebenen Boden.

      »Ich habe eine Adresse herausgebracht«, sagte er und zog ohne Überstürzung einen versengten Fetzen blauen Tuchs aus der Tasche. »Das da gehört zum Überrock des Burschen, der sich in Stücke reißen ließ. Natürlich muß der Überrock nicht unbedingt ihm gehört haben und kann sogar gestohlen gewesen sein. Das erscheint aber unwahrscheinlich, wenn Sie sich das hier ansehen.«

      Der Hauptinspektor trat zum Tisch und strich den Tuchfetzen sorgfältig glatt. Er hatte ihn aus dem ekelhaften Haufen im Totenhause herausgegriffen, weil sich unter dem Kragen mitunter der Name eines Schneiders findet. Das ist nur selten von Nutzen, doch immerhin – – – Er hatte nur wenig Hoffnung gehabt, etwas Nützliches, ganz gewiß aber hatte er nicht gehofft, ein viereckiges Stückchen Leinwand zu finden, auf dem mit Merktinte eine Adresse angegeben, und das nicht etwa unter dem Kragen, sondern auf der Innenseite des Umschlags mit sorgfältigen Stichen angenäht war.

      Der Inspektor zog die Hand weg, mit der er das Stück glatt gestrichen hatte.

      »Ich habe es mitgenommen, ohne daß es irgend jemand bemerkt hat«, sagte er. »Ich hielt es so für das beste. Es kann auf Wunsch jederzeit vorgelegt werden.«

      Der Kommissar erhob sich ein wenig auf seinem Stuhl, zog den Fetzen zu sich herüber und betrachtete ihn schweigend. Auf einem Stückchen Leinwand, kaum größer als ein gewöhnliches Zigarettenpapier, war lediglich der Name Brett Street und die Nummer 32 in Merktinte geschrieben. Er war ehrlich überrascht.

      »Ich kann mir nicht denken, warum der Kerl mit einer solchen Anhängeadresse herumgelaufen sein sollte«, meinte er mit einem Blick auf den Inspektor. »Das ist ganz ungewöhnlich.«

      »Ich traf einmal im Rauchzimmer eines Hotels einen alten Herrn, der Namen und Adresse in allen seinen Röcken eingenäht trug, für den Fall eines Unglücks oder plötzlichen Unwohlseins«, sagte der Inspektor. »Er behauptete, vierundachtzig Jahre alt zu sein, man sah es ihm aber nicht an. Er sagte mir, daß er auch fürchte, plötzlich einmal sein Gedächtnis zu verlieren wie die Leute, von denen er in der Zeitung gelesen hatte.«

      Der Kommissar unterbrach den Fluß dieser Erinnerungen mit der unvermittelten Frage nach der Nummer 32 in Brett Street. Der Hauptinspektor, durch verwerfliche Kunstgriffe auf den Boden heruntergezwungen, hatte sich entschlossen, den Pfad restloser Offenheit zu beschreiten. Wenn er auch fest überzeugt war, daß es für die Abteilung vom Übel sein mußte, zuviel zu wissen, so erlaubte ihm seine Ehrenhaftigkeit zum besten des Dienstes doch nicht, weiter zu gehen, als daß er ein Wissen überlegt bei sich behielt. Hatte der Kommissar den Wunsch, die Sache gründlich zu verfahren, so konnte ihn natürlich nichts daran hindern. Für seine Person aber sah der Inspektor keinen Anlaß, besondere Findigkeit zu entfalten. Darum antwortete er kurz:

      »Es ist ein Laden, Herr.«

      Der Kommissar hielt die Augen immer noch auf den blauen Tuchfetzen gesenkt und wartete auf weitere Auskunft. Als die nicht kam, suchte er sie durch eine Reihe geduldig gestellter Fragen zu erlangen. So bekam er einen Begriff von Herrn Verlocs Gewerbe, von seiner persönlichen Erscheinung und hörte zuletzt auch seinen Namen. Während einer Pause hob der Kommissar die Augen und entdeckte auf des Inspektors Gesicht Spuren von Erregung. Sie sahen einander schweigend an.

      »Natürlich,« sagte der Inspektor, »wird der Mann in den letzten Listen der Abteilung nicht geführt.«

      »Wußte einer meiner Vorgänger irgend etwas von dem, was Sie mir jetzt gesagt haben?« fragte der Kommissar, stemmte die Ellenbogen auf den Tisch und hob die gefalteten Hände vor sein Gesicht, wie zum Beten; seine Augen aber hatten durchaus keinen frommen Ausdruck.

      »Nein, Herr, gewiß nicht. Wozu auch? Ein solcher Mensch konnte niemals öffentlich zu irgendwelchem guten Zweck anerkannt werden. Es war genug, wenn ich wußte, wer er war, und ihn auf eine Weise gebrauchte, von der man öffentlich Nutzen ziehen konnte.«

      »Und halten Sie dies private Wissen für vereinbar mit der amtlichen Stellung, die Sie einnehmen?«

      »Vollkommen, Herr. Ich sehe nichts Übles darin. Erlauben Sie mir die Bemerkung, Herr, daß es mich zu dem Manne gemacht hat, der ich bin – und ich gelte für einen, der sein Fach versteht. Es ist ganz und gar meine Privatangelegenheit. Einer meiner persönlichen Freunde von der französischen Polizei gab mir einen Wink, daß der Bursche ein Gesandtschaftsspion sei. Private Freundschaft, private Auskunft und privater Gebrauch davon – so sehe ich die Sache an.«

      Der Kommissar machte insgeheim die Feststellung, daß der Gemütszustand des tüchtigen Inspektors die Umrisse seines Unterkiefers beeinflußt zu haben schien, als ob in diesem Körperteil der starke Sinn für berufliche Tüchtigkeit wohnte. Mit einem gleichgültigen »Ich verstehe«, ließ er den Punkt zunächst fallen. Dann lehnte er die Wange gegen die gefalteten Hände:

      »Nun also, sprechen wir privat, wenn Sie wollen. – Wie lange haben Sie private Fühlung mit diesem Gesandtschaftsspion gehabt?«

      Die private Antwort des Inspektors auf diese Frage (so privat, daß sie sich nicht in hörbare Worte formte) war:

      »Lange bevor irgend jemand dachte, daß du auf diesen Platz kommen würdest.«

      Die sogenannte öffentliche Antwort war wesentlich genauer:

      »Ich sah ihn zum erstenmal in meinem Leben vor etwas mehr als sieben Jahren, als zwei kaiserliche Hoheiten und der kaiserliche Kanzler zu Besuch hier weilten. Mir war der gesamte Sicherungsdienst übertragen. Damals war Baron Stott-Wartenheim Gesandter. Er war ein sehr nervöser alter Herr. Eines Abends, drei Tage vor dem Guild Hall Bankett, ließ er sagen, daß er mich auf einen Augenblick zu sehen wünschte. Ich war im Erdgeschoß, und die Wagen, die die kaiserlichen Hoheiten und den Kanzler zur Oper bringen sollten, standen vor der Türe. Ich ging sofort hinauf. Ich fand den Baron der Verzweiflung nahe, wie er händeringend in seinem Schlafzimmer auf und ab lief. Er versicherte mir, daß er unbegrenztes Vertrauen zu unserer Polizei und zu meinen Fähigkeiten habe, daß aber da ein Mann gerade von Paris zu ihm herübergekommen sei, dessen Bericht unbedingten Glauben verdiene. Er bat mich, zu hören, was der Mann zu sagen wisse. Er führte mich in einen anstoßenden Ankleideraum, wo ich einen großen Menschen in schwerem Überrock ganz alleine auf einem Stuhle sitzend fand, Hut und Stock in einer Hand. Der Baron sagte ihm französisch:

      ›Sprechen Sie, mein Freund.‹

      Die Beleuchtung im Zimmer war nicht sonderlich gut. Ich unterhielt mich mit ihm etwa fünf Minuten. Er gab mir tatsächlich erstaunliche Nachrichten. Dann führte mich der Baron beiseite und lobte ihn aufs höchste, und als ich mich umwandte, bemerkte ich, daß der Bursche wie ein Geist verschwunden war. Er war wohl aufgestanden und über irgendeine Hintertreppe hinuntergeschlichen, vermute ich. Ich hatte keine Zeit, ihm nachzulaufen, da ich hinter dem Gesandten über die Stiege hinunterspringen mußte, um die Abfahrt der hohen Herrschaften zu überwachen. Immerhin handelte ich noch in der gleichen Nacht den erhaltenen Nachrichten gemäß. Ob sie nun ganz stimmten oder nicht, jedenfalls waren sie ernst genug. Und allem Anschein nach haben sie uns am Tage des kaiserlichen Besuchs in der City vor großen Unannehmlichkeiten bewahrt.


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