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Das Erbe der Macht - Die komplette Schattenchronik. Andreas SuchanekЧитать онлайн книгу.

Das Erbe der Macht - Die komplette Schattenchronik - Andreas Suchanek


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durch.« Mal schauen, ob du es diplomatisch hinbekommst oder am Ende zur Strafe in der Ingenieursmagievorlesung antanzen darfst.

      Sie rannten beide in Richtung des Unsterblichenflügels, wie er genannt wurde, weil dort der Rat seine Büros hatte.

      »Glaubst du, er kann Leo überzeugen, ihm einen Persilschein auszustellen?«, fragte Max.

      Kevin kicherte. »Niemals. Der hat viel zu viel Angst vor Schwester Theresa. Die würde auch vor einem Unsterblichen nicht haltmachen und ihm ordentlich den Kopf waschen.«

      Ein lustiger Gedanke, wie er fand.

      »Nach dem Gespräch mit Leonardo wird dein Bruder nie wieder für ein Ablenkungsmanöver zur Verfügung stehen«, vermutete Max.

      »Das darf er mit Chloe ausmachen, die wird ihm den Kopf schon geraderücken. Im Duett mit Jen.«

      »Apropos, sollten sie und Alex nicht langsam zurück sein?«, überlegte er. »Ich dachte, es dauert nicht lange, wenn Nostradamus einen Essenzstab erwählt.«

      Kevin zuckte mit den Schultern. »Ehrlich gesagt weiß das niemand so genau. Es gibt kaum jemanden, der einen neuen Stab benötigt. Der sucht sich ja den Nachfolger automatisch und ist sigilgebunden.«

      Sie grüßten im Vorbeigehen ein befreundetes Team, das gerade von einem Einsatz zurückkehrte.

      »Jen hat damals auch einen neuen Stab gebraucht«, bemerkte Max.

      Kevins Magen verkrampfte. Ja, das hatte sie. Die Erweckung von Jens Macht war ein Paradebeispiel dafür gewesen, was schiefgehen konnte. Er hatte sie gemeinsam mit Chloe in den Trümmern gefunden. Zwischen Blut und Toten und ihrem zerstörten Essenzstab. »Sie hat nichts darüber erzählt. Weißt du ja.«

      »Jap. Aber vielleicht hat sie ein paar Andeutungen fallen lassen?«, fragte sein Freund. »Da waren wir ja noch nicht zusammen, du und ich.«

      »Das hätte ich dir erzählt. Aber nein, hat sie nicht.« Kevin hatte Jen versprochen, niemals darüber zu sprechen. Es blieb ihr überlassen, wem sie von dieser grauenvollen Nacht berichtet.

      »Vielleicht wird Alex das Geheimnis endlich lüften«, überlegte Max, wobei er eine Kaugummiblase machte und sie platzen ließ.

      Kevin seufzte innerlich. Den Kampf gegen das Kaugummi würde er niemals gewinnen. »Du kannst ihn ja fragen.«

      Sie erreichten den Zugang zum Unsterblichkeitsflügel, wo Chloe und Clara bereits warteten.

      »Also gut, wir halten Wache. Und ihr legt los.«

      »Sind quasi schon auf dem Weg«, flüsterte Clara.

      »Du kannst ruhig normal sprechen.« Chloe zwinkerte. Nur, um die Stimme zu einem Flüstern zu senken. »Wir stehen nämlich noch auf dem Gang.«

      Max und Kevin lachten.

      Sie ließen die beiden Jungs zurück und schlichen tiefer in die Gangfluchten. Jeder Unsterbliche hatte hier ein Büro, wobei sich die meisten jedoch ständig woanders aufhielten.

      Johanna war die inoffizielle Leiterin des Castillos. Leonardo war meist mit Konstruktionen, Theorien oder dem Entwickeln gänzlich neuer Zauber beschäftigt. Einstein befasste sich noch immer am liebsten mit Physik. Er versuchte, die grundlegenden Eigenschaften der Magie zu entschlüsseln, deren Gesetzmäßigkeiten sich größtenteils jeder Definition entzogen. Und so hatte auch jeder und jede der übrigen Unsterblichen Eigenheiten, die sie von ihrem normalen Leben als Nimags in die Unsterblichkeit getragen hatten.

      Vor Leonardos Büro blieben sie stehen.

      Clara schluckte. Sie fühlte sich schuldig. Andererseits hatte sie Verantwortung für ihr Team, ihre Freunde. Da war es ihr gutes Recht, gegen eine solche Geheimniskrämerei vorzugehen, oder nicht?

      Chloe drückte die Klinke herunter und trat ein.

      Aus dem Nichts heraus entstand ein Nebelgebilde. Es zeigte Leonardo. Seine Stimme hallte aus dem magischen Äther in die Wirklichkeit: »Ich bin zurzeit nicht anwesend. Kommt später wieder.«

      Das Gebilde zerstob.

      »Das hätte er echt charmanter ausdrücken können«, fand Chloe. »Also schön, finden wir den verdammten Mentiglobus – und dann nichts wie weg.«

      Vorsichtig drangen sie tiefer in das Büro vor.

      7. Trampel

      Entsetzt starrte Alex auf die Szene, die auf dem Glas ablief. Er achtete nicht länger auf Jen, obgleich eine jüngere Version von ihr die Hauptrolle in dem Szenario spielte.

      Sie mochte etwa sechzehn sein, nicht älter. Umgeben von zwei anderen Mädchen schritt sie durch die Gänge einer Privatschule. Alle trugen die gleiche Uniform, ebenso den identischen hochnäsigen Blick. Die Lippen waren leicht gekräuselt, um deutlich zu machen, was sie von der Welt ringsum hielten. Sie stolzierten ganz oben, die Übrigen weit unten.

      Scheinbar war gerade Pause.

      Ein schüchternes Mädchen betrat den Raum, in dem sich das Trio Infernale stylte.

      »Was tust du denn hier?«, fragte Jen herablassend.

      »Ich muss auf die Toilette.«

      »Hast du vielleicht um Erlaubnis gebeten, bevor du hereingestürmt bist?«, warf eine der anderen ein.

      »Nennen wir sie doch ab jetzt Trampel«, schlug Jen kichernd vor.

      »Also, Trampel, was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?«

      »Ich musste nur auf die Toilette.«

      »Wie vulgär«, befand Jen.

      »Ich gehe wieder. Tut mir leid«, sagte das schüchterne Mädchen.

      Doch weit gefehlt. Eine aus dem Trio stellte sich vor die Tür, eine andere verhinderte, dass das Mädchen in eine der Toilettenkabinen fliehen konnte.

      Jen stylte sich in aller Ruhe zu Ende.

      Als das Trio ging, blieb das Mädchen alleine zurück. Ein nasser Fleck hatte sich in ihrem Schritt ausgebreitet. Tränen rannen über ihre Wangen.

      Die Wut, die in Alex hervorbrach, hätte beinahe jeden Schutz weggerissen, den er sich mit den Jahren errichtet hatte. Wie oft war er selbst gepeinigt Zeuge geworden, wie Jungs, die sich für etwas Besseres hielten, andere mobbten, um ihre eigene Stärke vor allen zu beweisen. Er selbst hatte in seiner Jugend viel mit sich anstellen lassen, weil er zu schüchtern gewesen war. Erst ein Befreiungsschlag, der ihn beinahe selbst in den Abgrund katapultiert hatte, hatte das geändert. Noch heute spürte er immer wieder Momente der Wut und des Hasses, in denen er einfach nur um sich schlagen wollte.

      Logik und Vernunft spielten dann keine Rolle mehr, die Wut spülte alles hinweg. In den Jahren seines Erwachsenwerdens hatte er gelernt, dass in der zivilisierten Welt kein Platz für derartige Gefühle war. Nicht der körperlich Stärkere setzte sich durch. Nein, der Intelligentere, dem es gelang, die Gruppe hinter sich zu vereinen. Dabei spielte es meist nicht die geringste Rolle, ob man tatsächlich recht hatte, solange die anderen das nur glaubten – oder glauben wollten. Wieder andere suchten einfach die Nähe zur Macht, um im Fahrwasser aufzusteigen. So funktionierte es in den Jugendbanden daheim, wie auch in jeder »zivilisierten« Struktur, ob Politik oder Wirtschaft.

      Diese Lektionen hatte er auf die harte Tour gelernt.

      Und so war es auch an Schulen. Es gab jene, die das begriffen, sich die Macht nahmen und das Gegengewicht schufen, in dem sie mobbten. Und jene, die zu Opfern wurden.

      Das bestätigte, was er über Jen gedacht hatte. Ein reiches Püppchen, das mit dem goldenen Löffel im Mund aufgewachsen war und seine Überlegenheit jeden spüren ließ.

      Von Anfang an hatte sie auf ihn herabgesehen, war er nicht gut genug gewesen.

      Am liebsten hätte


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