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Das Erbe der Macht - Die komplette Schattenchronik. Andreas SuchanekЧитать онлайн книгу.

Das Erbe der Macht - Die komplette Schattenchronik - Andreas Suchanek


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aktzeptiert haben, entsteht die Einheit. Gut, gut. Tritt in die Mitte …«

      »… Alex.«

      »… Neuerweckter.«

      Grummelnd trat er nach vorne.

      Innerlich grinste Jen, konnte sich der Erhabenheit des Moments aber gleichzeitig nicht entziehen. An diesem Ort wurde eine Verbindung geschaffen, die einzigartig war. Dabei hatten nur wenige Magier das Privileg, den Augenblick der Verschmelzung so bewusst zu erleben. Die meisten erhielten nun mal den ererbten Stab, da jener bereits zu dem Sigil passte.

      Nostradamus nutzte seinen Essenzstab, um ein Symbol in die Luft zu malen. Eine Holzschatulle schwebte von ihrem Platz herbei, landete auf einem kleinen Tischchen neben Alex.

      »Bitte«, bedeutete der Stabmacher.

      Mit zittrigen Fingern öffnete er die Schatulle und nahm den Stab heraus. Er bestand aus einem dunklen Holz, in das Riefen geschnitten waren. Wie alle anderen auch, war er unterarmlang. Symbole verzierten den abgerundeten Griff. »Okay.«

      Nostradamus seufzte. »Benutze ihn. Führe deinen Zauber aus. Egal welchen.«

      Er schwang den Essenzstab.

      Im nächsten Augenblick krachten fünf der Regale einfach in ihre Einzelteile zusammen.

      »Oh.« Nostradamus kratzte sich am Kopf. »Das ist nicht gut.«

      Alex warf den Stab wieder zurück in das Kästchen, als wäre dieser giftig. »Sorry.«

      »Ach, das ist noch gar nichts«, beruhigte ihn der Unsterbliche. »Einmal hat jemand den halben Raum zum Einsturz gebracht.«

      Jens Grinsen verschwand schlagartig. »Dafür habe ich mich entschuldigt.«

      »Das war auch kein Vorwurf, meine Liebe«, winkte Nostradamus vergnügt ab. Eine weitere Schachtel fand ihren Weg zu Alex. »Bitte.«

      Zehn Zauber später gab es ein verbranntes Regal, einen geschmolzenen Teppich, eine Horde Stechmücken, die Jen hinterhergejagt war, und eine versengte Kutte für den Unsterblichen. Ihm war anzusehen, dass selbst er langsam die Geduld verlor.

      »Wirklich, du bist ein harter Brocken. Angefüllt mit aggressiven Emotionen, doch stets darauf bedacht, das Richtige zu tun. Da ist eine Macht in dir, die ihresgleichen sucht.« Verblüfft schaute Nostradamus zwischen Alex und Jen hin und her. »Möglicherweise … nun, wir werden sehen.«

      Wieder flog eine Schachtel herbei.

      »Bitte.«

      Vorsichtig griff Alex nach dem Stab. Sein Blick blieb an dem Holz haften, während er die Spitze gen Himmel richtete. Er schwenkte ihn, malte eines der komplexesten Symbole, die Jen je gesehen hatte, und murmelte Machtworte dazu. Ein gleißendes Licht entstand.

      Jen riss die Augen auf. »Ein Avakat-Stern.« Der Zauber gehörte zu den anspruchsvollsten überhaupt. Er konnte in gefährlichen Situationen verlorene Essenz von einem zum anderen Magier übertragen. Ein einziger Fehler allerdings zerstörte die beteiligten Sigile vollständig und tötete damit beide Magier.

      »Ha! Wer hätte das gedacht«, sagte Nostradamus. »Du hast deinen Stab gefunden.«

      Alex lächelte. Er griff nach dem Etui, eher eine Schlaufe, und befestigte es am Gürtel. Sanft schob er den unterarmlangen Essenzstab hinein. Der Stern leuchtete noch einmal auf, bevor er wieder verwehte.

      »Faszinierend«, kam es von dem Unsterblichen. »Es kommt nur alle paar Jahrhunderte vor, dass zwei Lichtkämpfer Stäbe der gleichen Grundessenz bekommen.«

      »Bitte?«, fragte Jen.

      Nostradamus machte sich daran, die Schatullen wieder zurück in die Regale fliegen zu lassen. »Es geschieht nur selten – und ich meine: unglaublich selten –, dass zwei Stäbe gemeinsam geschmiedet werden. Aus der gleichen magischen Essenz. Dies verlangt dem Essenzstabmacher unfassbar viel Kraft ab. Gelingt es aber, entsteht ein untrennbares Band. Nur verwandte Seelen können diese Stäbe führen. In diesem Fall sind es nicht irgendwelche Stäbe. Sie gehören zu den ältesten ihrer Art und wurden noch vom ersten Stabmacher erschaffen.«

      »Ha«, sagte Alex natürlich prompt. »Meiner ist besser als deiner.«

      »Mitnichten«, widersprach Nostradamus. »Ihr beiden tragt jeweils das Gegenstück des anderen.«

      Jen starrte den alten Mann fassungslos an. »Wir beide«, sie deutete auf Alex und dann sich selbst, »sollen verwandte Seelen sein? Das ist lächerlich!«

      »Nun, das werden wir gleich wissen. Stellt euch gegenüber auf.«

      Murrend trottete Jen neben den Tisch.

      »Stäbe in die Hand!«, befahl der Unsterbliche.

      »Wird das jetzt ein Duell?«, fragte Alex hoffnungsvoll.

      »Stäbe in die Hand!«

      Sie taten es.

      »Ihr beiden glaubt, den jeweils anderen zu kennen, weil ihr ein Erlebnis der dunkelsten Art aus seinem Leben gesehen habt«, erklärte Nostradamus. »Doch die Wahrheit ist facettenreicher, als ihr denkt. Denn, seid versichert, ihr beiden wurdet von den verwandten Stäben gewählt, weil sie stets wussten, dass es euch gibt und ihr eines Tages aufeinandertreffen würdet.«

      »Das ist hoffentlich ein Scherz«, stöhnte Jen.

      Nostradamus lächelte. Dann sprach er nur ein Wort: »Unum.«

      Als habe jemand zwei Magnete in den Stabspitzen aktiviert, sausten die Essenzstäbe aufeinander zu. Die Spitzen berührten sich. Ein gleißender Blitz schoss vom Berührungspunkt ausgehend auf Jen und Alex zu.

      Die Welt verging in einem Wirbel aus Farben, Formen und Erinnerungen.

      13. Unum (Alex)

      Lärm drang an sein Unterbewusstsein. Irgendwer brüllte lautstark Beleidigungen.

      Echt jetzt?

      Alex lag auf seinem Bett, froh darüber, ein paar ruhige Stunden zu haben. Alfie war irgendwo mit seinen Freunden unterwegs, er hatte das Zimmer momentan für sich.

      Träge öffnete er die Augen, kam aus dem Halbschlaf zurück ins Wachsein. Der karge, winzige Raum, die kaputten Fensterrahmen und der traurige, kleine Schreibtisch hießen ihn willkommen. Über Alfies Bett hing irgendein Pin-up-Girl, über seinem eigenen das Poster eines polierten, glänzenden Mercedes SLK. Mehr persönliche Gegenstände gab es nicht, sah man von den herumliegenden Klamotten ab.

      Alex richtete sich auf, rieb sich den Schlaf aus den Augen.

      Der Lärm des Fernsehers drang aus dem Nebenraum zu ihm herüber. Seine Mum vertrieb sich die Zeit, bis ihre Schicht im Pub begann.

      Er stand auf.

      Seit wenigen Tagen war er zweiundzwanzig. Alle redeten immer davon, dass sich die Welt mit erreichen des achtzehnten Geburtstages, also der Vollährigkeit, verändern würde. Man durfte alles, keine Einschränkungen mehr. Totaler Quatsch. Rein gar nichts hatte sich in den letzten vier Jahren verändert. Alles war noch immer so grau und trostlos wie an all den Jahren davor.

      Alfie, mit seinen zwölf Jahren, sah das natürlich anders. Er wollte ständig, dass Alex ihm nun Zigaretten und Bier besorgte. Klar, was auch sonst? Verdammt, er war noch so jung, hing aber bereits mitten im stetig wachsenden Sumpf der Jugendgangs von Angell Town!

      Alex trottete in die Küche, nahm die Milchflasche aus dem Kühlschrank und stürzte gierig ein paar Schlucke hinunter. Das tat gut.

      Seine Mum lag tatsächlich auf der Couch. Sie schlief im Sitzen, hielt die fast bis zu ihren Fingern heruntergebrannte Zigarette in der rechten Hand. Schnell drückte er den Glimmstängel in den Aschenbecher, bettete ihre Füße auf die Couch und breitete eine Decke über sie.

      Vor dem Fenster brüllte noch immer


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