Sechs Jahre in Surinam. August KapplerЧитать онлайн книгу.
meistens befinden sich auch noch Häuser für Sclaven, sowie Magazine auf dem Hofe. Jedes Haus hat zwei Thüren an der Strasse; die eigentliche Hausthüre ist für Weisse, die andere, Negerpoort, an welche man durch den Hof gelangt, für Sclaven und ärmere Leute bestimmt.
Verschiedene Canäle, welche ihr Wasser aus dem Strom erhalten, durchschneiden die Stadt. Zwei Vorstädte heissen Combé und die Freicolonie, welche letztere meistens von freien Farbigen bewohnt wird, die, als sehr faul, auch sehr ärmlich leben.
Oeffentliche Gebäude und Privathäuser zeichnen sich mehr durch Zierlichkeit als durch imposante Bauart aus. Das Gouvernement liegt zwischen der Stadt und dem Forte an einem grossen, mit Rasen bedeckten Platze »het plein«. Es ist ein grosses, stattliches, von Holz aufgeführtes Gebäude, das eine schöne Aussicht auf den Fluss gewährt. Sein früher verwahrloster Garten ist jetzt (1850) sehr gut unterhalten und dient als Probeschule für tropische Pflanzen. Eine herrliche, dreifache Allee von hohen Tamarindenbäumen zieht sich längs desselben bis an den Wallgraben des Fortes hin. Ein angenehmerer Spaziergang in der Hitze des Tages lässt sich nicht denken; dessenungeachtet macht aber Niemand Gebrauch davon.
Nahe beim Gouvernement ist das, mit grossen Kosten aus Backsteinen gebaute, im Jahr 1839 vollendete Controlgebäude, in welchem verschiedene Verwaltungs-Bureaux sich befinden. Von seinem, mit einem Uhrwerk versehenen Thurme geniesst man eine herrliche Aussicht über die ganze Stadt und die umliegenden Pflanzungen. In zwei anderen Gebäuden, welche der Schreibekunst gewidmet sind, befinden sich die Bureaux der Justiz und Waisenverwaltung.
Paramaribo hat eine lutherische und eine reformirte Kirche; beide sind hübsch und einfach, werden aber, was die gefällige Bauart betrifft, von der im Jahr 1838 vollendeten hochdeutschen Judensynagoge bei weitem übertroffen. Die katholische Kirche ist klein, doch sehr zierlich; das einfache Herrnhuter Bethaus ist mit Palmen und tropischen Gewächsen umgeben. Zwei Freimaurerlogen, ein Komödienhaus, die portugiesische Judensynagoge, das Hospital und das Zoll- oder Waaghaus mögen die Liste der öffentlichen Gebäude beschliessen.
Das Innere der Privathäuser ist fast bei allen angesehenen Familien auf gleiche Weise angeordnet. Grosse Spiegel, Kupferstiche, Hänge- und Wandlampen, und unter den Möbeln ein mit Glas, Silber und Porzellan überladenes Sideboart werden beinahe in jedem Hause angetroffen. In jedem Schlafzimmer steht ein grosses, mit Gaze umhangenes, aus kostbarem, inländischem Holze schön gedrechseltes Bett, Ledikant, auf dem Berge von Kissen aufgestapelt sind. Dieses Bett ist blos ein Prunkstück, das wenig benützt wird, weil man der Kühlung wegen auf Matten und Matrazen schläft, die den Tag über verborgen werden. Häufig bedient man sich auch feiner, baumwollener Hängematten.
Die Zimmer werden reinlich gehalten und häufig mit Orangensaft gewaschen, was bei dem vielen Ungeziefer, das sich in den Ritzen verbirgt, auch sehr nöthig ist.
Beinahe alle Häuser haben Brunnen, deren Wasser aber in den langen Trockenzeiten zuweilen brack schmeckt; nur grössere Gebäude haben Wasserbehälter.
Eigentliche Spaziergänge, oder für den öffentlichen Gebrauch eingerichtete Gärten hat die Stadt nicht; doch bieten ihre Umgebungen, die unter den schönsten Pflanzen einer tropischen Vegetation versteckten Landhäuser, prächtige Partien dar. In der Stadt befinden sich zwei Kirchhöfe und sechs ausserhalb derselben, also im Ganzen acht, die einer gleichen Anzahl von Apotheken entsprechen, somit hinsichtlich der Bevölkerung kein vortheilhaftes Zeugniss für die Gesundheit Paramaribos geben [2]. Der Markt ist unter einer Reihe von Tamarindenbäumen an der Wasserseite, wo man Fische, die an üblem Geruch mit den sie verkaufenden und schwitzenden Negerinnen wetteifern, nebst allen inländischen Lebensmitteln zum Verkaufe vorfindet. Lebensmittel und andere Waaren werden auch sonst noch an vielen Plätzen der Stadt verkauft. Alles wird unter beständigem Geschnatter feilgeboten, und der Fremdling sieht hier unter Anderem auch Leckereien, die man im Vaterlande mit Abscheu zurückweisen würde.
Zwar mehr europäisch, doch nicht weniger interessant sind die Kaufläden, deren Zahl besonders am Strome Legion ist. Da findet man kein Haus, in welchem man nicht etwas feilbietet.
Man trifft in einem Laden eine Auswahl der verschiedenartigsten Dinge, welche man in Europa nur bei 100 Künstlern, Kaufleuten oder Handwerkern bekommen könnte; denn man verkauft in demselben Laden Bücher, Schuhwichse, Bijouterie, Schinken, Parfümerien, Thee, Ziegelsteine, Mehl, Schuhe, Kleider und Uhren. Es gibt nichts, womit ein Kaufmann hier nicht handelte. Die meisten Lebensmittel kommen gesalzen oder geräuchert aus Holland und Nord-Amerika; Fleisch, Speck, Erdäpfel u. s. w. kauft man hier beim Kaufmann, bei welchem man natürlich auf grosse Sachkenntniss nicht rechnen darf. In Europa würde Niemand zum Kaufmann gehen, ohne von dessen Waaren etwas zu bedürfen. Hier ist es ganz anders. Man kommt in den Laden, liest die Zeitung, trinkt ein Gläschen Genever, das der Kaufmann präsentiren lässt, und geht dann, ohne für einen Cent gekauft zu haben. Diess lässt sich auch der Kaufmann gerne gefallen; denn diese viel besuchten Läden ziehen die andern Käufer an. Man kauft meistens auf Credit; wer innerhalb sechs Monaten bezahlt, ist ein guter Kunde. Die andern werden nach Verlauf dieser Zeit erst mündlich, dann schriftlich an ihre Schuld erinnert, endlich durch Läufer (meist Juden, welche die Taschen mit Rechnungen vollgepropft, im Dienste der Kaufleute die ganze Stadt durchrennen), dringend ersucht und wenn diess nichts hilft, verklagt.
Die letzteren Kunden sind die häufigsten; denn gar viele leben ohne zu denken, und kaufen ohne bezahlen zu können.
Der Detailhandel wird durch Krämer, hier Vetwariers oder Schmuggler genannt, getrieben; diese verkaufen im Kleinen an solche, welche keinen ganzen Schinken, kein ganzes Fässchen Fleisch oder Butter kaufen können, und also für jede Mahlzeit besonders sorgen müssen. Hier wird übrigens nichts geborgt; die Zahl dieser Krämer ist ebenfalls bedeutend. Nur wer die Gourmandise und den ungeheuren Luxus für die Tafel u. s. w. kennt, kann einigermassen begreifen, dass sich diese Masse von sogenannten Kaufleuten noch nicht unter einander aufgezehrt haben.
In den Maasen und Gewichten der Colonie herrscht grosse Unordnung. Artikel, welche aus Nord-Amerika kommen, wie: gesalzenes Fleisch, Fische, Speck, Saife, Lichter, Mehl u. s. w. werden nach amerikanischen Gewichten verkauft; tannene Bretter ebenfalls daher, nach dem englischen Maase.
Holländische Erzeugnisse berechnet man nach dem alten Amsterdamer Pfunde, dem Halb-Kilogramme, die Längenmaase nach dem rheinischen Fusse, und Flüssigkeiten nach dem englischen Gallon.
Was nach Holland verschickt und verladen wird, geht nach dem neuen holländischen Maas und Gewicht, in dem die Regierung ebenfalls ihre Bedürfnisse ausschreibt. Es kommt auf diese Weise mancher Irrthum vor.
Jede grössere Haushaltung kauft ihren Bedarf an gesalzenen oder geräucherten Lebensmitteln, an Saife, Lichter, Oel u. s. w. im Grossen, d. h. in ganzen Fässern, Kisten und dergl., die in einem stereotypen Gewicht in den Handel kommen, und daher nie nachgewogen werden. So enthält ein Fässchen Butter 14 Pfund, Speck 40 Pfund, Fleisch 180 Pfund u. s. w. und man verlässt sich dabei ganz auf die Aussage des Kaufmanns. Auf dem Markte selbst wird blos nach dem Augenmaase gekauft; die Fische nach der Frische, Grösse und Qualität; Reis, Mais, Bohnen u. s. w. in Calabasschalen zu festbestimmten Preisen und nach sehr variablen Gewichten.
In Cayenne herrscht in dieser Beziehung viel mehr Ordnung; man hat dort eine Fleisch- und Fischhalle. Alles wird nach französischem Maase und Gewicht gekauft und mit französischem Gelde bezahlt.
In Surinam rechnet man nach dem französischen Münzfusse, mit Banknoten von fl. 250.– bis auf 10 niederländische Cents.
Als kleinere Scheidemünze circuliren eine Menge Cents. Das Papiergeld, das manchmal 30% unter seinem Nominalwerth stand, ist im Jahr 1847 ganz abgeschafft und durch holländisches Silbergeld ersetzt worden. Ausserdem sind eine Menge mexikanischer Piaster, französische Fünffranken und Doublonen im Umlauf.
Ehe ich es wage, meine Meinung über die weiteren Einwohner und deren Lebensweise auszusprechen, will ich zuerst eine kleine Schilderung unseres Soldatenlebens geben, wobei ich glaube Jedermann davon überzeugen zu können, dass wir vom Luxus der übrigen Stände ausgeschlossen sind.
Des Lebens erstes Bedürfniss, die Nahrung, ist fürs heisse Clima klüglich berechnet, d. h. wenig und mager. Ausser einem Pfunde guten,