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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.

Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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Ich rannte durch die Stadt. Ich war völlig durchnäßt. Abends hatte ich Freunde und Arbeitskollegen eingeladen. Sie feierten. Ich lag mit Fieber im Bett und heulte. Kein guter Start ins Dasein als Erwachsene oder?«

      Doktor Ludwig Leuthold beobachtete Petra. In Gedanken durchlebte die junge Frau diese Stunden noch einmal. Langsam kehrte wieder Farbe in ihr Gesicht zurück.

      »Der Start in dein Leben als erwachsene Frau war wirklich nicht sehr gelungen, Petra! Doch ich will dir etwas sagen. Deine Mutter und Ingbert waren sehr glücklich. Das wirst du sicherlich besser beurteilen können als ich. Ich stehe natürlich noch mit ihnen in Kontakt. Nicht mehr so eng wie damals, als du ein Kind warst. Da habt ihr ja hier in der Stadt gewohnt. Als du drei Jahre alt wurdest, seid ihr weggezogen. In den ersten Jahren habt ihr mich noch ein paar Mal besucht. Doch dann schlief die Freundschaft etwas ein.«

      Petra beobachtete, wie er sich eine Zigarre anzündete.

      »Gleich nach deinem achtzehnten Geburtstag kamen sie zu mir. Wir unterhielten uns lange. Es war in erster Linie ein menschliches Problem und erst in zweiter Linie eine juristische Angelegenheit. So denke ich auch noch heute. Wir kamen überein, daß Zacharias Vogelmeier informiert werden sollte, daß er Vater einer Tochter ist. Was auch dann geschah. Er bekam Informationen über dich. Dazu gehörte dein Geburtsdatum. Deine Muttter und Ingbert stellten Photos zusammen. Sie gaben ihm auch deine Adresse. Ingbert und deine Mutter versicherten schriftlich, daß du die Tochter von Zacharias Vogelmeier bist. Dann teilte ich ihm im Auftrag mit, daß er mit keinerlei finanziellen Verpflichtungen zu rechnen hätte. Er hätte sich also bei dir melden können, wenn er gewollt hätte.«

      »Ich habe nie etwas von ihm gehört.«

      »Ich weiß! Ich habe deinen leiblichen Vater kennengelernt, vor einigen Wochen. Er kam unangemeldet her. Er machte sein Testament und setzte dich als Alleinerbin ein. Er unterschrieb auch ein Dokument, darin erkannte er dich als seine Tochter an.«

      »Und jetzt ist er…«, Petra hatte Mühe, es auszusprechen.

      »Ja, dein leiblicher Vater ist tot. Er starb bei einem Unfall. Er ist beim Klettern im Gebirge abgestürzt.«

      »Wie schrecklich!«

      Petra empfand Mitleid für einen Mann, den sie nicht kannte.

      »Jetzt kann ich ihn nie mehr kennenlernen.«

      Sie lehnte sich auf dem Sessel zurück und schloß für einen Augenblick die Augen.

      »Ich nehme an, die Beerdigung war schon? Dein Brief hat mich ja erst spät erreicht. Ich war im Urlaub.«

      »Ja! Die Beerdigung fand vorletzte Woche in Waldkogel statt. Ich war dort.«

      »Waldkogel! Nie davon gehört. Wo ist das?«

      Der Notar hatte sich gut vorbereitet. Er legte ihr eine Landkarte hin und einige Prospekte, die er aus Waldkogel mitgebracht hatte.

      »Was habe ich geerbt?«

      »Dein Vater hatte einen Bauernhof. Er gehörte seit vielen, vielen Generationen der Familie.«

      Dann wurde der Notar offiziell und nahm die Testamentseröffnung vor. Nachdem er den Text vorgelesen hatte, lehnte er sich zurück und sah Petra an.

      »So, Petra! So steht es! Bargeld ist keines mehr da. Im Gegenteil, der Hof ist belastet. Er ist auch nicht sehr gepflegt. Wie das alles kam, das kann ich dir nicht sagen. In Waldkogel erzählt man viel. Dein Vater hatte einen Jugendfreund, Xaver Baumberger. Zusammen mit seiner Frau Meta haben sie einen kleinen Bauernhof, mehr zur Eigenversorgung, und eine Gaststätte mit Pension. Er hatte nach der Beerdigung dort zum Leichenschmaus eingeladen. Wende dich an diesen Xaver Baumberger. Er wird dir viel von deinem Vater erzählen können.«

      Petra stand auf und ging einige Schritte in dem großen Büro auf und ab. Dabei spielte sie mit ihren langen Haaren. Unsicher setzte sie sich wieder hin.

      »Wissen meine Mutter und mein Vater, ich meine Ingbert, daß er gestorben ist?«

      »Das weiß ich nicht. Ich habe es ihnen nicht gesagt. Meine Aufgabe als Testamentsvollstrecker war es, mit dir zu sprechen. Vielleicht hat es ihnen jemand gesagt. Die Zeitung aus der Region um Waldkogel lesen sie bestimmt nicht. Xaver Baumberger hat dort eine kleine Anzeige aufgegeben.«

      »Was soll ich jetzt machen? Ein Bauernhof, sanierungsbedürftig, verschuldet! Ich habe gespart, aber so viel habe ich nicht. Natürlich möchte ich dem Wunsch des Verstorbenen nachkommen. Man soll doch den letzten Wunsch erfüllen. Egal wie er war, mein Vater hat an mich gedacht. Was immer er damit auch bezwecken wollte! Was soll ich nur machen?«

      »Vielleicht solltest du mit deiner Mutter sprechen und mit Ingbert.«

      »Das geht nicht! Unmöglich!« platzte Petra heftig heraus.

      Doktor Ludwig Leuthold versuchte, Petra zu beruhigen.

      »Es ist ja auch keine Eile geboten. Du hast ja eine Frist. Das Gesetz sieht das so vor. Innerhalb dieser Frist kannst du entscheiden, ob du das Erbe antrittst oder es ausschlägst. Dann fällt das Erbe an den Staat. Erst wird geforscht, ob es nicht noch weitere Verwandte gibt. Da gibt es spezielle Leute, die solche Nachforschungen anstellen.Vielleicht gibt es eine weitläufig verwandte Seitenlinie. Dann erben diese Nachkommen. Sollte es die auch nicht

      geben, erbt der Staat. Ich nehme

      an, daß dann der Hof verkauft wird. Das Geld fließt dann der Staatskasse zu.«

      Petra schwieg. Sie rührte in Gedanken versunken den kalten Kaffee in ihrer Tasse um.

      Behutsam sprach sie der Notar

      an:

      »Petra, darf ich dir einen Rat geben?«

      »Ich soll ablehnen! Das Ganze ist zuviel für mich!«

      »Nein, Petra!« Er lächelte sie gütig an. »Schau, bis jetzt ist das nur ein Stück Papier. Fahr hin und schau dir alles an! Es ist nicht nur, daß du wissen mußt, was du erbst. Es geht noch viel mehr darum, daß du wissen mußt, was du vielleicht fortgibst. Da sind deine Wurzeln! Auch wenn du bisher nichts davon gewußt hast. Geh auf die Spurensuche. Sicherlich gibt es Photos deiner Großeltern, deines Vaters. Ich habe mit Bürgermeister Fritz Fellbacher gesprochen und mit Xaver Baumberger. Sie wissen, daß es eine Erbin gibt. Xaver Baumberger hat den Schlüssel zum Gebäude. Ich vertraue ihm.«

      »Du meinst, ich sollte da hinfahren und mir alles ansehen?«

      »Ja, Petra! Schau dir alles an! Dort findest du vielleicht Antworten. Es gibt Fragen, die du jetzt noch nicht hast. Aber sie werden kommen. Du wirst älter werden, heiraten, Kinder haben. Dann werden sich dir die Fragen aufdrängen. Ich weiß das aus Erfahrung.«

      »Wenn er von mir gewußt hat, warum hat er nicht mit mir gesprochen? Warum hat er sich nicht gemeldet?«

      »Diese Fragen kann ich dir nicht beantworten, Petra. Vielleicht wirst du niemals die Antworten darauf finden. Aber ich wünsche dir von Herzen, daß du darauf eine Antwort findest.«

      Petra schaute den Notar an.

      »Die Zeit könnte ich mir nehmen. Ich habe viele Überstunden und könnte mir Urlaub nehmen. Jetzt im Sommer ist es im Geschäft sowieso ruhig.«

      Petra griff nach den Prospekten von Waldkogel. Sie faltete sie auseinander. Auf der Innenseite war auch eine kleine Skizze des Ortes. Eine Stelle war mit Kugelschreiber markiert.

      »Ist an dieser Stelle der Hof?«

      »Ja! Es gehören noch Wiesen dazu, Äcker und ein Stück Wald. Der Hof war einmal ein Schmuckstück und könnte es wieder werden. Das Ganze ist ein zusammenhängendes Grundstück, das bis an den Waldsee reicht.«

      »Und wie ist er innen? Bist du drin gewesen?«

      »Ja, kurz. Dein Vater, ich meine Vogelmeier…«

      »Laß nur! Er ist ja mein Vater. Nennen wir ihn zur Unterscheidung Vater Vogelmeier.«

      »Gut! Vater Vogelmeier hat wohl in den letzten Jahren alleine gewirtschaftet.


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