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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.

Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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auf dem Schreibtisch lagen die Trennungspapiere, die Renate unterschrieben hatte. Die Abschnitte, die den Walmdachbungalow betrafen, hatte sie gestrichen. Darüber hinaus hatte sie eine Anmerkung gemacht, daß sie mit der Reduzierung ihrer Unterhaltszahlung einverstanden sei, da sie ohne die Immobilie weniger Ausgaben habe. Das ist ganz Renate, immer anständig und fair, dachte Karsten. Er beschloß, ihr dennoch die volle Summe zukommen zu lassen.

      Jetzt fuhr das Taxi vor. Er hörte, wie der Taxifahrer die Koffer hinaustrug.

      Das Telefon läutete. Karsten blickte zur Uhr. Es war kurz nach Mitternacht. Mißmutig nahm er den Hörer ab und meldete sich. Er lauschte.

      »Warten Sie!« schrie er und rannte mit dem drahtlosen Telefon hinaus.

      Renate stieg gerade in ihren Sportwagen und wollte abfahren.

      Wortlos hielt er ihr den Hörer hin. Renate sah Karsten an und erkannte, daß etwas nicht stimmte. Trotz der Dunkelheit, die nur von den Lampen neben dem Eingang erhellt wurde, sah Renate, daß Karsten blaß war. Seine Hand zitterte, als er ihr den Hörer gab.

      Für einen Augenblick hatte sie gedacht, daß es ein schwacher Versuch sei, sie zurückzuhalten. Aber das Aussehen des Mannes, mit dem sie über fünfzehn Jahre zusammen war, belehrte sie eines Besseren.

      »Renate Niederhauser«, meldete sie sich.

      Sie lauschte. Während des Gespräches mußte sie sich am Auto festhalten.

      »Unternehmen Sie nichts! Wir kommen sofort! Erst einmal keine Polizei! Wir fahren sofort los!«

      *

      Dann ging alles sehr schnell. Ihr Gepäck wurde wieder ausgeladen. Karsten Niederhauser drückte dem Taxifahrer einen großen Schein in die Hand. Dieses Mal half Karsten Niederhauser, die großen Koffer ins Haus tragen. Renate eilte in das Ankleidezimmer ihres Noch-Ehemannes und warf das für ihn Notwendigste in eine Reisetasche.

      Sie stürzten aus dem Haus.

      »Steig ein! Wir nehmen mein Auto.« Renate warf Karsten seine Reisetasche zu.

      »Wollen wir nicht mit meinem Auto fahren?«

      »Ich habe das Sorgerecht für Dennis! Wir nehmen meinen Wagen. Wenn du willst, kannst du hier bleiben. Außerdem bist du nicht im Stande zu fahren. Anschnallen!«

      Sie fuhren los.

      *

      Nach zwei Stunden rasanter Fahrt über die nächtliche Autobahn kamen sie vor dem Internat an. Das Tor zu dem großen Park war offen. Das große alte Schloß lag in völliger Dunkelheit, bis auf die erleuchteten Fenster der Verwaltung im Erdgeschoß. Als sie hielten, kamen ihnen der Direktor, seine Frau, einige Lehrer und sogar der alte Hausmeister entgegen.

      »Wo ist Dennis? Wie konnte das passieren? Ich werde Sie haftbar machen! Wenn meinem Jungen etwas passiert, dann hat das ein juristisches Nachspiel. Dann können Sie schließen!« brüllte Karsten Niederhauser.

      »Karsten! Laß doch die Leute erst einmal erzählen!« versuchte Renate ihn zu beruhigen.

      *

      Sie gingen hinein. Den ganzen Weg bis zum Büro des Direktors schimpfte Karsten Niederhauser laut und stieß die wildesten Drohungen aus.

      »Hier bitte, das haben wir gefunden. Er hatte es wohl in den Briefkasten geworfen, bevor er ging. Unser Hausmeister, Herr Höbel, hat es gefunden.«

      Direktor Dr. Kallmann reichte Karsten Niederhauser ein Blatt. Das Papier war die Seite eines Schulheftes. Renate und Karsten erkannten sofort die Schrift ihres Sohnes.

      Dennis hatte geschrieben, daß er in die Welt hinausgehen wolle. Es sei sinnlos, nach ihm zu suchen, da man ihn doch nicht finden werde. Außerdem sei es nicht schlimm, wenn er fort wäre, da es ja eine lange Warteliste für das Internat gebe und ihn niemand vermissen werde. Seine Bücher sollte Herr Höbel bekommen.

      Die Eltern ließen das Blatt sinken und schauten in die Runde. Sie waren erschüttert. Die Frau des Direktors, ebenfalls Lehrerin am Internat, schenkte allen Kaffee ein.

      Der junge Lehrer Herr Geible berichtete:

      »Um neun Uhr müssen die Schüler im Bett sein und das Licht ausmachen. Die Zimmertüren bleiben offen. Ich hatte die Aufsicht heute nacht. Als ich um zehn Uhr schaute, waren alle im Bett und schliefen wohl auch. Dennis’ Bett war leer. Ich dachte, er sei auf der Toilette, weil dort Licht brannte. Um elf Uhr machte ich dann meine letzte Runde, bevor ich mich auch schlafen lege, normalerweise. Da mache ich dann auch die Zimmertüren zu. Dennis war nicht im Bett. In der Toilette brannte immer noch Licht. Ich schaute nach. Dennis war nicht in den Sanitärräumen. Ich suchte überall. Dann machte ich Licht in seinem Zimmer und schaute in seinem Schrank nach. Sein Schrank kam mir irgendwie leer vor. Dann fiel mir auf, daß sein Rucksack nicht da war, aber alle Bücher fein säuberlich auf seinem Schreibtisch aufgestapelt waren. Ich weckte zuerst Herrn Höbel. Es kommt vor, daß Schüler sich nachts mal im Park herumtreiben. Wenn sie Kummer haben oder Heimweh, dann verkriechen sie sich manchmal. Wir suchten den ganzen Park ab. Dann fand Herr Höbel den Zettel im großen Briefkasten neben dem Eingangstor.«

      »Normalerweise wären wir erst am nächsten Morgen darauf gestoßen«, erklärte Direktor Dr. Kallmann.

      »Sobald Sie den Brief gefunden hatten, riefen Sie uns an?« fragte Renate Niederhauser.

      »Ja!«

      »Wo kann er nur hin wollen? Er ist doch erst zwölf Jahre!« grübelte Karsten Niederhauser und rieb sich die Stirn.

      »Darüber haben wir uns in der Zwischenzeit auch Gedanken gemacht«, bemerkte Frau Kallmann. »Dennis ist ja ein besonders stiller Junge. Man weiß nie, was in ihm vorgeht. Ich unterrichte ihn in Biologie und Geographie. Darin ist er sehr gut. Er ist Klassenbester. Die beiden Fächer interessieren ihn sehr.«

      »Und Sport!« warf der junge Lehrer ein. »Doch das ist bei Jungs in diesem Alter nicht ungewöhnlich.«

      »In allen anderen Fächern hat er in diesem Schuljahr enorm nachgelassen. Er hat fast jede Arbeit verhauen.«

      »Das wissen wir. Ich habe lange und nachdrücklich mit ihm gesprochen, nach dem letzten Zeugnis«,

      bemerkte Karsten Niederhauser. »Das mußte ich ja wohl auch als Vater.«

      »Das war auch das einzige, was du gemacht hast. Sonst bist und warst du als Vater ja nie zur Stelle.«

      »Renate, wir waren uns doch einig, daß es für den Jungen am besten ist, wenn er eine gute Erziehung in einem Internat erhält. Außerdem dachten wir, daß er unsere Trennung nicht so mitbekommt.«

      »Du wolltest das mit dem Internat, du! Nicht ich! Jetzt siehst du, was dabei herausgekommen ist. Es ist alles deine Schuld! Aber ein richtiger Vater bist du nie gewesen. Wann hast du früher schon einmal mit ihm gespielt? Als er noch ein Baby war, bist du früh morgens ins Büro, da hat Dennis noch geschlafen. Abends, wenn du gekommen bist, hat er schon wieder geschlafen. Kein Wunder, wenn der

      Junge denkt, daß ihn niemand vermißt.«

      Renate Niederhauser kämpfte jetzt mit den Tränen.

      »Wir müssen die Polizei verständigen!« forderte Karsten Niederhauser.

      »Die Polizei nimmt so früh noch keine Vermißtenanzeige auf, denke ich«, bemerkte Direktor Dr. Kallmann. »Herr Höbel hat allerdings eine Idee.«

      Der Direktor schaute Herrn Höbel an.

      »Dennis war oft bei mir. Ich mag den Jungen. Er hat sich von mir Bücher ausgeliehen, Bücher, die es in der Schulbibliothek nicht gibt. Bücher über die Berge, Berichte über Bergsteiger! Romane, die in den Bergen spielen! Ich wußte erst nicht, ob ich sie ihm ausleihen sollte und habe das dann mit dem Herrn Direktor abgesprochen.«

      »Ich hatte keine Einwände. Natürlich haben wir eine Vorauswahl getroffen«, ergänzte der Schulleiter.

      »Dennis hat auch all meine Bergzeitschriften gelesen. Als junger Mann war ich viel in den Bergen. Jetzt bin ich ja alt. Da


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