Das Amulett Staffel 1 – Liebesroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
leben, und sie soll friedlich sterben.«
Er preßte die Lippen aufeinander. Vielleicht beschleunigte das, was er der Gräfin zu sagen hatte, ihr Ende. Aber er mußte es tun, wenn er seine Aufgabe korrekt erledigen wollte. Er mußte es vor allem für dieses Mädchen tun.
Die Gräfin Vincenti machte
es ihm unerwartet leicht. »Es
ist gut, daß Sie kommen«, sagte sie leise. »Ich wollte Sie bitten, über Brigittes Erbe zu wachen und mehr noch, auch über sie selbst zu wachen. Sie verdient es, aber sie ist zu gut für diese Welt.«
»Wissen Sie, warum ich komme?« fragte er beklommen.
»Ich ahne es. Ich ahnte es schon heute morgen. Was gibt es in diesem Fall zu tun?«
»Ich habe eine Erklärung aufgesetzt, die Sie unterschreiben sollten, damit ich Handlungsfreiheit habe.«
»Lesen Sie es mir vor«, bat sie.
Wenn jetzt Norbert an seiner Stelle wäre, was würde er dieser Frau wohl präsentieren, überlegte er, während er das Blatt herauszog.
Mit gepreßter Stimme las er:
»Ich, Gräfin Celia Vincenti, erkläre hiermit, daß meine letztwillige Verfügung, die ich in Gegenwart von Dr. Norbert Bredow und Fabian Bredow verfaßt habe, rechtswirksam an die Stelle meines ersten Testaments tritt und daß ich Dr. Fabian Bredow zu meinem Testamentsvollstrecker einsetze.« Er machte eine Pause. »Würden Sie Ihre Unterschrift bitte in Gegenwart eines Zeugen leisten, gnädige Frau?« fuhr er fort.
»Brigitte soll Dr. Ferera anrufen«, erklärte sie ruhig.
Sie brauchte ihn nicht anzurufen, denn er kam im selben Augenblick, als wäre er gerufen worden.
»Kannst du mit gutem Gewissen versichern, daß ich im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte bin, Ernano?« fragte ihn die Gräfin.
»Wird es von irgend jemand bezweifelt, meine Liebe?«
»Vielleicht später einmal. Dr. Bredow, sehen Sie dieses Amulett?« Ihre zarten Hände umschlossen das kostbare Schmuckstück und hoben es empor.
Fabian Bredow nickte und betrachtete fasziniert das fremdartige Schmuckstück.
»Nehmen Sie es, und sehen Sie es sich genau an. Ich will, daß Brigitte es trägt.«
Ein eigentümliches Gefühl erfaßte ihn, als er es in seine Hand nahm. Gräfin Celias Augen hingen mit einer ihm unverständlichen Spannung an dem Opal, und mit einem erleichterten Seufzer sank sie zurück.
»Es ist mehr als ein Schmuckstück«, erklärte sie. »Seine Bedeutung ist viel größer als sein materieller Wert, doch das werden nur wenige erkennen. Nur jene, die auserwählt sind. In Ihren Händen, Dr. Bredow, hat der Stein das gleiche Feuer wie in Brigittes. Gehen Sie jetzt zu ihr, und du, Ernano, bleib bitte noch ein wenig, wenn es deine Zeit erlaubt.«
Fabian Bredow küßte die feine Hand, und er wußte, daß es das letzte Mal sein würde. Wenn sie nun wirklich nicht mehr wußte, was sie tat? Wenn er ihr seinen Willen aufgezwungen hatte und man später sagen würde, er hätte es zu seinem eigenen Vorteil getan?
Aber dann nahm er sich zusammen. Wie kam er nur auf derlei Gedanken? Hatte Geld eine solche Macht, daß auch er sich ihr unterwarf und nicht mehr unbefangen bleiben konnte?
Aber ihm ging es nicht um das Geld. Ihm ging es allein um das Mädchen!
»Wir werden uns wiedersehen«, sagte er verhalten. »Sie werden mich rufen, wenn Sie mich brauchen, Brigitte?«
»Ja.« Sie hob die Hand, und er ergriff sie, um sie an seine Lippen zu ziehen. Sie spürte ganz kurz seinen Mund, und einen Augenblick hatte sie das Gefühl, als wurde sich alles um sie drehen. Dann war sie allein.
*
In dieser Nacht schloß Gräfin Celia Vincenti ihre gütigen Augen für immer.
Nachdem Dr. Ferera gegangen war, hatte sie Brigitte gebeten, das Amulett von ihrem Hals zu nehmen und es sich selbst umzulegen. Brigitte hatte es getan, weil sie der Sterbenden jeden Wunsch erfüllt hätte.
»Es gehört nicht dir allein«, erklärte Gräfin Celia dabei. »Länger als drei Jahre sollte es niemand behalten, hat Fatima damals gesagt. Doch wenn du dich schon früher auf dem Höhepunkt deines Glückes glaubst, gib es weiter. Ich habe es zu lange behalten. Aber vielleicht mußte das so sein, damit es in deine Hände gelangte. Ich sterbe glücklich und in Frieden, während du glücklich leben wirst, mein Kind.«
Dann schlief sie ein, um nicht mehr aufzuwachen. Brigitte saß regungslos an ihrem Bett, das Amulett in den gefalteten Händen. Nicht ganz zwei Tage und nicht ganz zwei Nächte hatte sie mit ihr verbracht, und doch war es ihr, als sei es ein langer Abschnitt ihres Lebens.
»Mamia«, flüsterte sie zärtlich unter Tränen. Es war nicht ihre Mutter, die sie beweinte, doch ihre eigene Mutter hätte sie nicht schmerzlicher verlieren können.
Am nächsten Morgen erfuhren es die anderen.
»Sie ist tot«, sagte Norbert Bredow kalt.
»Na also, dann sind wir ja aus dem Gröbsten heraus«, erwiderte seine Frau unbekümmert.
»Du vergißt Fabian. Er kehrt gern den Pedanten heraus, und er wird mir meinen schönen Plan bestimmt durchkreuzen! Es hätte überhaupt nichts passieren können!«
»Was ist mit diesem Mädchen? Sie ist doch sicher einfältig genug; daß du ihr beikommen wirst, bevor Fabian sich einmischen kann.«
»Woran denkst du?«
»An Geld, woran sonst? Sie wird hocherfreut sein, wenn du ihr ein paar tausend Mark in die Hand drückst, damit sie auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Du könntest ihr ja auch bedeuten, daß sie mit Schwierigkeiten zu rechnen hätte, weil sie sich so einfach in dem Haus eingenistet hat.«
Seine Gedanken arbeiteten fieberhaft. Vielleicht war diese Idee nicht schlecht. Vera hatte immer raffinierte Einfälle. Das Mädchen wußte ja nichts von dem Testament. Und wie sollte er sonst an das Geld herankommen?
Vera hob abwehrend die Hand, als er seine Bedenken äußerte. »Ich werde mir Fabian einmal vorknöpfen«, beschloß sie. »Er wird doch nicht so dumm sein, uns wegen dieser kleinen Krankenschwester um so viel Geld zu bringen. Man könnte ihm damit drohen, daß sein Name in Mißkredit gerät, wenn es aufkommt, wie verschuldet du bist.«
»Wie verschuldet wir sind, meine Liebe«, verbesserte er gereizt.
»Hast du dich verspekuliert oder ich? Hast du Mündelgelder unterschlagen oder ich? Ich hätte einige gute Scheidungsgründe«, konterte sie boshaft.
Sie hatte ihn tatsächlich in der Hand. Welcher Teufel hatte ihn nur geritten, daß er sie immer in alles eingeweiht hatte? Aber ihrem Kopf waren diese Pläne schließlich meistens entsprungen. Sie hatte ihn in den Strudel gezogen, aus dem er nun kaum noch einen Ausweg sah, wenn diese Sache nicht klappte.
»Glaubst du, daß du bei Fabian Erfolg hast?« fragte er mißmutig. »Er ist auch nur ein Mann«, beschied sie ihn spöttisch. Mit wiegenden Schritten ging sie zur Tür, die Verführung in Person. Ein Teufelsweib war sie schon, mit allen äußeren Vorzügen ausgestattet, doch mit einer schwarzen Seele. Norbert Bredow jedoch bedrückte dies nicht. Gerade jetzt war sie sein einziger Rückhalt, so wie sie war.
Brigitte mußte all ihren Mut zusammennehmen, bis sie Fabian anrief. Sie brauchte nicht viel zu sagen. Schon der Klang ihrer Stimme verriet ihm, daß das Unabänderliche eingetreten war.
»Ich komme in einer Viertelstunde«, versprach er, war dann aber noch schneller da.
Brigitte sah blaß und übermüdet aus. Sie kam unsicher auf ihn zu, und er fing sie in seinen Armen auf. Seine Hände streichelten über ihr Haar und ihre Wangen. Stumm drückte er ihren Kopf an seine Schulter.
»Man holt sie bald«, flüsterte sie. »Dr. Ferera sagt, ich soll hierbleiben.«
»Fürchtest