Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler. Артур ШницлерЧитать онлайн книгу.
(kommt aus dem Nebenzimmer). Da bin ich!
Anatol. Ja... ziemlich lang hast du geschlafen – du hast auch im Schlafe gesprochen.
Cora. Um Gottes willen! Doch nichts Unrechtes? –
Max. Sie haben nur auf seine Fragen geantwortet!
Cora Was hat er denn gefragt?
Anatol. Tausenderlei! ...
Cora. Und ich habe immer geantwortet? Immer?
Anatol. Immer.
Cora. Und was du gefragt hast, das darf man nicht wissen? –
Anatol. Nein, das darf man nicht! Und morgen hypnotisiere ich dich wieder!
Cora. O nein! Nie wieder! Das ist ja Hexerei. Da wird man gefragt und weiß nach dem Erwachen nichts davon. – Gewiß hab ich lauter Unsinn geplauscht.
Anatol. Ja ... zum Beispiel, daß du mich liebst ...
Cora. Wirklich.
Max. Sie glaubt es nicht! Das ist sehr gut!
Cora. Aber schau...das hätte ich dir ja auch im Wachen sagen können!
Anatol. Mein Engel! (Umarmung.)
Max. Meine Herrschaften ... adieu! –
Anatol. Du gehst schon?
Max. Ich muß.
Anatol. Sei nicht böse, wenn ich dich nicht begleite. –
Cora. Auf Wiedersehen!
Max. Durchaus nicht. (Bei der Tür.) Eines ist mir klar: Daß die Weiber auch in der Hypnose lügen ... Aber sie sind glücklich – und das ist die Hauptsache. Adieu, Kinder. (Sie hören ihn nicht, da sie sich in einer leidenschaftlichen Umarmung umschlungen halten.)
(Vorhang.)
Weihnachtseinkäufe
Anatol. Gabriele.
Weihnachtsabend 6 Uhr. Leichter Schneefall. In den Straßen Wiens.
Anatol. Gnädige Frau, gnädige Frau ...!
Gabriele. Wie? ... Ah, Sie sind's!
Anatol. Ja!... Ich verfolge Sie! – Ich kann das nicht mit ansehen, wie Sie all diese Dinge schleppen! – Geben Sie mir doch Ihre Pakete!
Gabriele. Nein, nein, ich danke! – Ich trage das schon selber!
Anatol. Aber ich bitte Sie, gnädige Frau, machen Sie mir's doch nicht gar so schwer, wenn ich einmal galant sein will –
Gabriele. Na – das eine da ...
Anatol. Aber das ist ja gar nichts ... Geben Sie nur... So ... das ... und das ...
Gabriele. Genug, genug – Sie sind zu liebenswürdig!
Anatol. Wenn man's nur einmal sein darf – das tut ja so wohl!
Gabriele. Das beweisen Sie aber nur auf der Straße und – wenn's schneit.
Anatol. ... Und wenn es spät abends – und wenn es zufällig Weihnachten ist – wie?
Gabriele. Es ist ja das reine Wunder, daß man Sie einmal zu Gesicht bekommt!
Anatol. Ja, ja ... Sie meinen, daß ich heuer noch nicht einmal meinen Besuch bei Ihnen gemacht habe –
Gabriele. Ja, so etwas Ähnliches meine ich!
Anatol. Gnädige Frau – ich mache heuer gar keine Besuche – gar keine! Und – wie geht's denn dem Herrn Gemahl? – Und was machen die lieben Kleinen? –
Gabriele. Diese Frage können Sie sich schenken! – Ich weiß ja, daß Sie das alles sehr wenig interessiert!
Anatol. Es ist unheimlich, wenn man auf so eine Menschenkennerin trifft!
Gabriele. Sie – kenne ich!
Anatol. Nicht so gut, als ich es wünschte!
Gabriele. Lassen Sie Ihre Bemerkungen! Ja –?
Anatol. Gnädige Frau – das kann ich nicht!
Gabriele. Geben Sie mir meine Päckchen wieder!
Anatol. Nicht bös sein – nicht bös sein!! – Ich bin schon wieder brav ... (Sie gehen schweigend nebeneinander her.)
Gabriele. Irgend etwas dürfen Sie schon reden!
Anatol. Irgend etwas – ja – aber Ihre Zensur ist so strenge ...
Gabriele. Erzählen Sie mir doch was. Wir haben uns ja schon so lange nicht gesehen ... Was machen Sie denn eigentlich? –
Anatol. Ich mache nichts, wie gewöhnlich!
Gabriele. Nichts?
Anatol. Gar nichts!
Gabriele. Es ist wirklich schad um Sie!
Anatol. Na ... Ihnen ist das sehr gleichgültig!
Gabriele. Wie können Sie das behaupten? –
Anatol. Warum verbummle ich mein Leben? – Wer ist schuld? – Wer?!
Gabriele. Geben Sie mir die Pakete! –
Anatol. Ich habe ja niemandem die Schuld gegeben ... Ich fragte nur so ins Blaue ...
Gabriele. Sie gehen wohl immerfort spazieren?
Anatol. Spazieren! Da legen Sie so einen verächtlichen Ton hinein! Als wenn es was Schöneres gäbe! – Es liegt so was herrlich Planloses in dem Wort! – Heut paßt es übrigens gar nicht auf mich – heut bin ich beschäftigt, gnädige Frau – genau so wie Sie! –
Gabriele. Wieso?!
Anatol. Ich mache auch Weihnachtseinkäufe! –
Gabriele. Sie!?
Anatol. Ich finde nur nichts Rechtes! – Dabei stehe ich seit Wochen jeden Abend vor allen Auslagefenstern in allen Straßen! – Aber die Kaufleute haben keinen Geschmack und keinen Erfindungsgeist.
Gabriele. Den muß eben der Käufer haben! Wenn man so wenig zu tun hat wie Sie, denkt man nach, erfindet selbst – und bestellt seine Geschenke schon im Herbst. –
Anatol. Ach, dazu bin ich nicht der Mensch! – Weiß man denn überhaupt im Herbst, wem man zu Weihnachten etwas schenken wird? – Und jetzt ist's wieder zwei Stunden vor Christbaum – und ich habe noch keine Ahnung, keine Ahnung –!
Gabriele. Soll ich Ihnen helfen?
Anatol. Gnädige Frau ... Sie sind ein Engel – aber nehmen Sie mir die Päckchen nicht weg ...
Gabriele. Nein, nein ...
Anatol. Also Engel! darf man sagen – das ist schön – Engel! –
Gabriele. Wollen Sie gefälligst schweigen?
Anatol. Ich bin schon wieder ganz ruhig!
Gabriele. Also – geben Sie mir irgendeinen Anhaltspunkt ... Für wen soll Ihr Geschenk gehören?
Anatol. ... Das ist... eigentlich schwer zu sagen...
Gabriele. Für eine Dame natürlich?!
Anatol. Na, ja – daß Sie eine Menschenkennerin sind, hab ich Ihnen heut schon einmal gesagt!
Gabriele. Aber was... für eine Dame? – Eine wirkliche Dame?!
Anatol. ... Da müssen wir uns erst über den Begriff einigen! Wenn Sie meinen, eine Dame der großen Welt – – da stimmt es nicht vollkommen ...
Gabriele. Also ... der kleinen Welt? ...
Anatol. Gut – sagen wir der kleinen Welt. –
Gabriele.