Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
nach Mittag war Ray Forest unterwegs …!
Er schlenderte über den breiten Broadway von Denver, klapperte ein Lokal nach dem anderen ab und erkundigte sich diskret nach einer gewissen Della. Da er den Slang der Unterwelt und der Straße beherrschte, fiel er nicht auf.
Es dauerte fast zwei Stunden, bis er endlich den ersten Hinweis erhielt. Der Barkeeper einer kleinen Eckkneipe wollte den Namen Della oft gehört haben.
»Ich glaube, die arbeitet in Haddons Bar«, sagte er. »Klar, ich weiß es jetzt ganz, genau. Was wollen ’se denn von ihr, he?«
»Sie is’ ’ne alte Freundin von mir«, log Ray Forest. »Vor ’nem Jahr is’ sie mit meiner Brieftasche abgehauen. Die will ich jetzt zurückholen.«
»Wenn du mal nur nicht ins Fettnäpfchen reinhaust …!«
»Wieso, was ist mit Della los?«
»Die hat’s doch ganz dicke mit Haddon.«
»Und wer ist Haddon?«
»Man hört, daß du fremd in Denver bist. Haddon is ’ne ganz dicke Nummer. Toller Einfluß in der Stadt.«
»Ich verstehe schon, demnach muß ich also vorsichtig sein, ja?«
»Noch vorsichtiger, mein Junge, aber ich will nichts gesagt haben.«
»Als was arbeitet Della bei ihm?«
»Sie schmeißt seinen Club, singt Lieder und fördert den Umsatz.«
Ray Forest ging an der Theke vor Anker und horchte den redseligen Barkeeper nach allen Regeln der Kunst aus. Nach einer halben Stunde wußte er gründlich Bescheid. Und wieder meldeten sich Bedenken in ihm.
Soll ich’s riskieren, mit dieser Della anzubändeln? Er stellte sich diese Frage immer wieder. Sie war also mit einem stadtbekannten Gangster befreundet. Der mußte demnach hinter Arthur Gilpan her sein.
’ne verdammt heikle Sache, sich mit einer fremden Gang einzulassen, überlegte Ray Forest. So was kann leicht ins Auge gehen. Ich muß mir den Fall mal ganz genau überlegen. Besser ist, ich rufe diese Della erst mal an und fühle ihr auf den Zahn, ’ne kleine Drohung kann eigentlich nicht schaden …!
Ray Forest, hin und her gerissen zwischen Geldgier und Angst, verließ die Eckkneipe und suchte nach einer Telefonzelle. Bei der Gelegenheit kam er prompt an der Haddon-Bar vorbei, in der Della arbeitete.
Der Nachtclub war sehr gut und attraktiv aufgemacht. Die Straßenfront war im Stil einer Blockhütte verkleidet worden. Der Club nannte sich ›Zur allerletzten Chance‹.
Forest strich an den Aushängekästen vorbei und erkannte Della sofort. Jawohl, so hatte Irving sie ihm beschrieben. Er mußte zugeben, daß sie ungewöhnlich gut aussah. Sie glich einer großen Wildkatze.
Im Telefonbuch fand er ihren Namen und die Telefonnummer. Kurz entschlossen betätigte er die Wählscheibe und rief sie an.
Sie meldete sich sofort, nannte ihren Namen. Ihre Stimme klang dunkel, etwas heiser. Sie paßte zu der Frau, die Ray Forest auf den Fotos im Aushängekasten gesehen hatte.
»Ich bin Ray Forest«, antwortete der Gangster, der plötzlich ganz ruhig und beherrscht war. »Möglich, daß Sie mit meinem Namen was anfangen können.«.
»Ray Forest …?«
»Ich war Norman Irvings Partner, Süße. Wir waren hinter Gilpan her und sollten ihn umlegen. Auf der Strecke blieb allerdings nur Irving. Hab’ ich mich klar genug ausgedrückt?«
»Gott sei Dank, daß Sie sich endlich melden …!« stieß Della Sheridan erleichtert aus. »Ich hatte keine Ahnung, wie ich Sie erreichen konnte.«
»Ach nee …!«
»Ray, ich muß Sie unbedingt sprechen …! Schon wegen Norman. Ich weiß, wer ihn ermordete.«
»Ich auch«, entgegnete Ray lakonisch und lachte spöttisch auf. »Norman wollte sich mit ’ner gewissen Della Sheridan treffen. Sie kam auch, aber sie brachte ’ne Maschinenpistole mit. Ich stand nur ein paar Meter daneben.«
»Sie werden das alles gründlich mißverstanden haben, Ray, glauben Sie mir! Ich war entsetzt, als … das passierte. Glauben Sie mir, auch ich hatte keine Ahnung …!«
»Hört sich fast überzeugend an, Miss Sheridan …!«
»Es ist die Wahrheit …! Und jetzt sind Normans Mörder auch noch hinter mir her …!«
»Na und, falls es stimmen sollte …!«
»Ich habe Angst die Wohnung zu verlassen …! Sie müssen mir helfen. Bitte …!«
»Und wie stellen Sie sich das vor?«
»Ich weiß, wer Norman und Ihnen den Auftrag gab. Allein kann ich damit aber nichts anfangen. Ich bin schließlich nur eine Frau. Wenn Sie aber mitmachen, Ray, dann müßten wir es eigentlich schaffen.«
»Was denn, zum Beispiel?«
»Euer Auftraggeber ist stinkreich, er hat aber auch erstklassige Verbindungen. Ich finde, man sollte einiges gegen ihn unternehmen. Aber wie gesagt, allein schaffe ich das niemals. Können wir uns nicht irgendwo treffen und in aller Ruhe aussprechen?«
»Ich hab’ was gegen Maschinenpistolen, Della.«
»Und ich erst.«
»Warum wenden Sie sich dann nicht an Haddon?«
»Haddon traut sich nicht. Er hat Ärger mit der Polizei und muß sich vollkommen ruhig verhalten.«
»Und Sie wissen, wer Gilpan ermorden lassen wollte?«
»Natürlich, ich vermittelte Norman ja den Job. Ich suche jetzt nach einem Partner, der mit mir zusammenarbeitet.«
»Wo können wir uns treffen?« erkundigte sich Ray und grinste unverhohlen.
»Auf keinen Fall in meiner Wohnung, Ray«, erklärte sie. »Wer weiß, wie scharf ich bereits überwacht werde. Sie dürfen sich überhaupt nicht sehen lassen.«
»Was schlagen Sie also vor, Della?«
»Können Sie mich irgendwo auf dem Broadway aufpicken? Wir müßten uns irgendwo genau verabreden und dann etwaige Verfolger abschütteln.«
Ray dachte blitzschnell nach. Dieser Vorschlag klang durchaus vernünftig. Er hatte nicht den Eindruck, daß Della Sheridan ihn überlisten wollte. Sonst hätte sie ganz sicher einen viel simpleren Vorschlag gemacht.
»Abgemacht«, meldete er sich wieder zu Wort, »in einer halben Stunde vor dem State Capitol. Ich werde mit einem Taxi kommen.«
»Werden Sie mich denn erkennen?«
»Ganz sicher, ich weiß genau, wer Sie sind und auch wie Sie aussehen, Della. Kommen Sie nur ja nicht auf den Gedanken, mich abschießen zu lassen. Für den Fall würden gewisse Papiere sprechen, die ich sicher untergebracht habe. Ich laß’ mich nicht ’reinlegen wie Norman.«
»Wenn Sie wüßten, wie wenig ich Sie ’reinlegen will«, gab sie erleichtert zurück. »Bisher bin nur immer ich hereingelegt worden. Aber das soll sich endlich ändern. Ich werde pünktlich sein und einen hellbeigen Flauschmantel tragen.«
»Hellbeiger Flauschmantel«, wiederholte Ray Forest. »Geht in Ordnung, Della. Und mich erkennen Sie an meiner Kanone, falls Sie Verrat planen. Wenn ich schieße, treffe ich auch. Mätzchen können Sie mit mir nicht machen.«
Er legte auf, verließ die Sprechzelle und überquerte die Straße. Er fühlte sich plötzlich als toller Kerl, für den es kein Hindernis gibt. Er war in der Stimmung, die ganze Welt in die Tasche zu stecken. In einer Kneipe ließ er sich einen doppelten Gin geben und feierte seinen ersten Etappensieg. Ray Forest war nämlich der Ansicht, daß er sich bereits auf der Siegerstraße befand …!
*
»Der Fahrer des Porsche 1600 heißt Steven Steiner und stammt aus Los Angeles«, berichtete Leutnant Branch.