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Gesammelte Werke. Джек ЛондонЧитать онлайн книгу.

Gesammelte Werke - Джек Лондон


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weil ich mir so vie­les habe ent­ge­hen las­sen. Aber ei­nes trös­tet mich. Wenn ich die Ver­än­de­rung frü­her vor­ge­nom­men hät­te, wür­de ich dich jetzt nicht ha­ben. Vor ein paar Wo­chen wuss­te ich ja noch nicht ein­mal et­was von dei­ner Exis­tenz.«

      Sei­ne Hand glitt über ih­ren Un­ter­arm und in den Är­mel am Ell­bo­gen.

      »Dei­ne Haut ist so kühl. Nicht kalt, aber kühl. Sie fühlt sich so gut an.«

      »Es dau­ert wohl nicht lan­ge, dann nennst du mich dei­nen klei­nen Kühl­ap­pa­rat«, lach­te sie.

      »Und dei­ne Stim­me ist kühl«, be­harr­te er. »Sie gibt mir ge­nau das­sel­be Ge­fühl wie dei­ne Hand, wenn du sie auf mei­ne Stirn legst. Es ist et­was Merk­wür­di­ges, und ich kann es nicht er­klä­ren, aber dei­ne Stim­me geht gleich­sam durch mich hin­durch, kühl und fein. Sie ist wie eine schwa­che Bri­se. Wie die ers­te Bri­se vom Meer, wenn sie abends nach ei­nem bren­nend­hei­ßen Tage durch die Stadt streicht. Und zu­wei­len, wenn du lei­se sprichst, klingt es so rund und schön wie das Cel­lo im Mac­do­nough-Thea­ter. Ich den­ke mir, dass die En­gel im Him­mel, wenn es wel­che gibt, sol­che Stim­men ha­ben müs­sen.«

      Ein paar Mi­nu­ten ver­gin­gen, in de­nen sie sich so un­sag­bar glück­lich fühl­te, dass sie im­mer nur ihre Hand durch sein Haar glei­ten ließ und sich an ihn schmieg­te, und dann be­gann er wie­der:

      »Jetzt will ich dir sa­gen, wor­an du mich er­in­nerst. Hast du nie Voll­blut­stu­ten ge­se­hen, wenn sie im Stall ste­hen und glän­zen? Haar wie Sei­de, und eine Haut so dünn und weich, dass der ge­rings­te Schmitz mit der Peit­schen­schnur sich ab­zeich­net. Ner­ven durch und durch, fein und emp­find­sam. Und da­bei kön­nen sie an Aus­dau­er den stärks­ten Och­sen be­zwin­gen und kön­nen sich wie ein Blitz eine Seh­ne ver­zer­ren und er­frie­ren, wenn sie nur eine Nacht ohne De­cke ste­hen. Ich will dir nur sa­gen, dass man nicht viel in der Welt se­hen kann, was so schön ist. Sie sind so fein­füh­lend und emp­find­sam und zart. Du bist von an­de­ren Frau­en eben­so ver­schie­den wie eine sol­che Stu­te von ei­nem ge­wöhn­li­chen der­ben Ar­beits­pferd. Du bist ein Voll­blut. Du hast Li­nie, Geist und Fi­gur. Rede mir nicht von An­net­te Kel­ler­mann! Der bist du über. Sie ist Aus­tra­lie­rin, und du bist Ame­ri­ka­ne­rin, nur nicht nach dei­ner Fi­gur. Du bist an­ders, du bist rei­zend. Ich weiß nicht, wie ich es aus­drücken soll. An­de­re Frau­en sind nicht wie du ge­wach­sen. Du ge­hörst in ein an­de­res Land. Du bist fran­zö­sisch, das ist es. Du bist wie eine Fran­zö­sin ge­wach­sen, aber viel schö­ner – die Art, wie du dich be­wegst, wie du gehst, wie du sitzt, und wenn du nichts tust.«

      Und er, der nie au­ßer­halb Ka­li­for­ni­ens, ja nicht ein­mal eine Nacht au­ßer­halb sei­ner Ge­burts­stadt Oa­k­land ge­we­sen war, hat­te recht in sei­nem Ur­teil. Sie war eine Blü­te der an­gel­säch­si­schen Ras­se, eine Sel­ten­heit mit ih­ren un­ge­wöhn­lich klei­nen Hän­den und Fü­ßen, mit der Fri­sche ih­rer Haut, mit ih­rer An­mut – sie war ein Rück­schlag in jene fer­nen Zei­ten, da die ver­hee­ren­den fran­zö­si­schen Nor­man­nen ihr Blut mit der kräf­ti­gen säch­si­schen Ras­se ver­misch­ten.

      »Und wie du dei­ne Klei­der trägst! Sie sind mit dir ver­wach­sen. Sie sind gleich­sam ein Teil von dir, wie dei­ne Haut und die Küh­le dei­ner Stim­me. Sie sind im­mer, wie sie sein sol­len und könn­ten nicht an­ders sein. Und weißt du, ein Mann zeigt sich nun ein­mal gern mit ei­nem Mäd­chen wie du, de­ren Klei­der wie ein Traum an ihr sit­zen, und hört gern die an­de­ren Män­ner sa­gen: ›Wer ist Bil­lys neu­es Mä­del? Don­ner­wet­ter, ist die fesch! Die möcht ich gern mal zu fas­sen krie­gen!‹ Und der­glei­chen mehr.«

      Und Sa­xon drück­te ihre Wan­ge ge­gen die sei­ne und fühl­te sich reich be­lohnt für die vie­len nächt­li­chen Stun­den, die sie mit Nä­hen ver­bracht, die vie­len qual­vol­len Stun­den, da sie schläf­rig über dem Näh­zeug ge­nickt hat­te, tod­mü­de nach der Ar­beit des Ta­ges, wäh­rend sie für ih­ren ei­ge­nen Be­darf die Ide­en neu schuf, wel­che sie von den ele­gan­ten Klei­dungs­stücken, die un­ter ih­rem flei­ßi­gen Ei­sen dampf­ten, ge­stoh­len hat­te.

      »Wirst du mei­ner nie über­drüs­sig wer­den?« frag­te sie.

      »Dei­ner über­drüs­sig? Weiß Gott, wir sind doch für ein­an­der ge­schaf­fen.«

      »Ist es nicht wie ein Wun­der, Bil­ly, dass wir uns tref­fen soll­ten! Denk, wenn wir uns nie ge­trof­fen hät­ten. Es war doch der rei­ne Zu­fall.«

      »Wir sind Glücks­kin­der«, er­klär­te er. »Das ist si­cher.«

      »Vi­el­leicht ist es mehr als Zu­fall«, mein­te sie.

      »Ge­wiss. Es ist Schick­sal. Nichts in der Welt hät­te uns von­ein­an­der fern­hal­ten kön­nen.«

      Sie sa­ßen schwei­gend da, aber das Schwei­gen zit­ter­te von ei­ner Lie­be, die kei­ne Wor­te fand. Lang­sam zog er sie an sich, sei­ne Lip­pen zit­ter­ten an ih­rem Ohr, und sie hör­te ihn flüs­tern: »Was meinst du, wol­len wir zu Bett ge­hen?«

      *

      Vie­le Aben­de ver­brach­ten sie auf die­se Art. Zu­wei­len aber gin­gen sie aus und tanz­ten oder gin­gen ins Or­phe­um oder ins Bell-Thea­ter oder ins Kino und zu den Frei­tags­kon­zer­ten im City-Hall-Park. Sonn­tags pack­ten sie oft einen Früh­stücks­korb und fuh­ren mit Prin­ce und King, die Bil­lys Chef gern von ihm be­we­gen ließ, in die Ber­ge.

      Je­den Mor­gen wur­de Sa­xon vom We­cker ge­weckt. Am ers­ten Mor­gen hat­te Bil­ly dar­auf be­stan­den, dass er mit ihr zu­sam­men auf­ste­hen und Feu­er im Herd ma­chen soll­te. Sie er­laub­te es ihm am ers­ten Mor­gen; aber spä­ter leg­te sie al­les abends zu­recht, so­dass sie am Mor­gen nichts zu tun hat­te, als ein Streich­holz an­zu­zün­den. Und dann zwang sie ihn, im Bett zu blei­ben und wei­ter­zu­schla­fen, bis sie ihn rief, wenn das Früh­stück fer­tig war. In den ers­ten Wo­chen gab sie ihm sein Es­sen mit. Dann kam eine Wo­che, in der er mit­tags nach Hau­se kam. Dann muss­te er wie­der Es­sen mit­neh­men. Es hing da­von ab, wie weit er zu fah­ren hat­te.

      »Du machst es nicht rich­tig mit dei­nem Mann«, ver­si­cher­te Mary ihr. »Du be­dienst ihn zu sehr. Du ver­ziehst ihn ja di­rekt. Und er soll­te dich ver­zie­hen.«

      »Er ist der Ver­sor­ger«, ant­wor­te­te Sa­xon. »Er ar­bei­tet schwe­rer als ich. Ich habe so viel Zeit üb­rig, dass ich nicht weiß, was ich da­mit ma­chen soll. Au­ßer­dem ver­zie­he ich ihn, weil ich ihn lie­be und weil … nun, weil ich es will.«

      *

      Trotz der sorg­fäl­ti­gen Be­sor­gung des Haus­halts merk­te Sa­xon doch, so­bald sie es in ein Sys­tem ge­bracht hat­te, dass sie freie Zeit ge­nug hat­te. Na­ment­lich, wenn ihr Mann sein Es­sen mit­nahm, so­dass sie mit­tags nicht zu ko­chen brauch­te, stand ihr ein großer Teil des Ta­ges zur Ver­fü­gung. An die viel­jäh­ri­ge Rou­ti­ne der Ar­beit in der Fa­brik und der Plät­te­rei ge­wöhnt, konn­te sie sich noch schwer mit die­sem Mü­ßig­gang ver­söh­nen, und es war ihr kaum er­träg­lich, da­zu­sit­zen und nichts zu tun, zu­mal ihre Freun­din­nen aus der Mäd­chen­zeit sie nicht be­su­chen konn­ten, da sie im­mer noch in der Fa­brik oder in der Plät­te­rei ar­bei­te­ten. Die Nach­bar­frau­en kann­te sie nicht, mit Aus­nah­me ei­ner wun­der­li­chen al­ten Frau, die ne­ben­an wohn­te. Sa­xon und sie un­ter­hiel­ten sich hin und wie­der über das Git­ter hin­weg, das die bei­den Höfe trenn­te.

      Eine Be­schäf­ti­gung, mit der sie doch im­mer­hin ei­ni­ge Zeit


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