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Eine Reise nach Hawaii. Theodor KirchhoffЧитать онлайн книгу.

Eine Reise nach Hawaii - Theodor Kirchhoff


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in der Nähe einen reizenden Park, aus welchem munteres Vogelgezwitscher erschallt. Daneben befindet sich ein vielbesuchter Rasenplatz für Lawn-Tennis-Spieler. Jenseits des Gartens liegt eine hohe, weißgetünchte Steinmauer, die den Raum einschließt, auf welchem der Königspalast steht. Eine Anzahl niedlicher Häuschen, die zum Gasthof gehören, liegen in der Nähe desselben. Von den Verandas an der Rückseite des Gebäudes gewahrt man in nicht weiter Entfernung die nackten, steilen Abhänge des alten Punch-Bowl-Kraters, hinter demselben eine meistens mit Wolken bedeckte und oft mit einem Regenbogen geschmückte vielgipflige Bergkette, den 2013 Fuß hohen Tantalus (Puu Ohia) und den 2447 Fuß hohen Olympus oberhalb des Manoathales. Im Vordergrunde des Bildes prangt ein reicher tropischer Pflanzenwuchs. Herrlich ist die Rundschau aus einem oben auf dem Gebäude stehenden kleinen Glashause (cupola). Zu Füßen liegt die Stadt, wie in einem Park, und ringsum breiten sich das Gebirge, malerische grüne Triften und Thäler, Landsitze, der Hafen und das blaue Meer aus.

      Auf einer der breiten Verandas zur Zeit der Passatwinde in einem bequemen Schaukelstuhl zu sitzen, den blauen Rauch einer echten Habana emporzuringeln, sich von den weichen Lüften fächeln zu lassen, in die fremdartige Umgebung hinauszuschauen und die Insassen der jeden Augenblick anlangenden oder abfahrenden hübschen Einspänner zu mustern, ist ein beneidenswerter Zeitvertreib. Und wenn bei allen diesen Genüssen noch die Tonflut des trefflichen hawaiischen Orchesters von Queen Emma's Square herüberschallt, wenn vielleicht des Abends eine Tanzgesellschaft sich im Gasthause versammelt hat, die vielen großen bunten Papierlaternen reihenweise an den Verandas hängen, die elektrischen Glühlampen an den Säulen und zwischen dem Laub der Bäume und in den bunten und roten Blättern der Sträucher im tropischen Park glänzen, wenn Honolulus bräunliche und weiße Schönen – wahre junonische Gestalten! – in leichten hellen Gewändern und geschmückt mit den prächtigsten Rosen, sich einstellen, das braune niedere Volk, auf den Kieswegen dicht geschart, der Freude zuschaut, der König selber in bürgerlicher Kleidung erscheint, die Fremden sich vorstellen läßt und mit ihnen plaudert, so befindet man sich dort wie in einer neuen Welt.

      Honolulu ist während der Tageszeit ein sehr lebendiger Ort. Der Verkehr beginnt aber erst nach neun Uhr morgens, da die Kaufleute hier selten zu einer früheren Stunde ihre Geschäftshäuser und Läden öffnen. Die Hauptstraßen sind den Tag über voll von Fuhrwerken und Menschen. Nach Dunkelwerden dagegen wähnt man bei der schlechten Straßenbeleuchtung, namentlich in den Seitengassen, wo die Häuser sehr zerstreut stehn, sich in einer weitläufig gebauten Vorstadt zu befinden. Sonntags herrscht in Honolulu die Stille des Kirchhofs. Die vielen Schänken und alle Geschäftshäuser sind geschlossen; nur die Kirchen erfreuen sich eines lebhaften Besuchs. Die »Bar« im Hawaiian Hotel ist am Tage des Herrn nur durch ein niedriges viereckiges Loch vom Keller aus zu erreichen, da die dorthin führenden Thüren sonntags alle verriegelt sind. Die Geschäftsstraßen und viele Nebenstraßen in der inneren Stadt sind schmal und auch nicht immer nach dem Lineal ausgelegt. Die neuen, außerhalb des Geschäftsteils liegenden Straßen, an denen die Wohnhäuser stehn, sind dagegen breit und gerade. Es befinden sich in der Stadt große Lagerhäuser und Kaufläden, eine Eisengießerei, mehrere Maschinenwerkstätten, Holzhöfe, zwei Banken, zahlreiche Kirchen und Schulen und stattliche Regierungsgebäude.

      Die Bauart der Häuser an den Geschäftsstraßen ist ganz amerikanisch. Die vornehmeren Wohnhäuser sind im Villenstil erbaut, und fast alle aus Holz. Beim Bau der Geschäftshäuser, Kirchen und öffentlichen Gebäude haben Ziegel, Korallen- und Lavasteine vielfach Verwendung gefunden. Das Holz wird vom Puget Sund und aus Oregon und Kalifornien eingeführt, die Ziegel werden in San Francisco angefertigt, weil es auf den Sandwichinseln keinen dafür passenden Lehmboden giebt. Die alten Grashütten der Eingeborenen sieht man heute nur noch in entlegenen Plätzen auf dem Lande. Sie werden auch von dort durch die billig herzustellenden Holzhäuser schnell verdrängt.

      Durch den Zollvertrag zwischen den Vereinigten Staaten und dem Königreiche Hawaii sind die Handelsbeziehungen des letzteren Reiches zu Amerika derartige geworden, daß man die Sandwichinseln heute, fast eine amerikanische Kolonie nennen kann. Aber jener Gegenseitigkeitsvertrag (reciprocity treaty), der 1876 geschlossen wurde, hat Hawaii weitaus den größten Vorteil gebracht. Man hat berechnet, daß dieses bis zum Jahre 1888 allein an Zoll für Rohprodukte 22 Millionen Dollars gespart hat. Dagegen erwarben die Vereinigten Staaten, und zwar vorwiegend San Francisco, den Löwenanteil am Einfuhrgeschäft. Fast die Hälfte aller Manufakturwaren, Kleidungsstücke u. s. w. und Massen von californischen Lebensmitteln werden von dort bezogen.3 Auf den Sandwichinseln zeigt sich infolge der günstigen Handelslage ein großartiger Aufschwung. Eisenbahnen, Telegraphen, Telephone, gute Straßen, Wasserwerke, neue Bauten, elektrische Beleuchtung u. s. w. werden in Menge angelegt. Die Schiffahrt hat sich fast verdoppelt.4

      Als Ersatz für die dem Königreiche Hawaii gleichsam geschenkten Millionen ist der Einfluß der Vereinigten Staaten dort fast maßgebend geworden. Überall stehn die Amerikaner voran. In Regierungsangelegenheiten, im Handel, im bürgerlichen Verkehr u. s. w. geben sie den Ton an. In Honolulu zeigt sich dies ganz auffallend, und es ist dort fast alles nach californischem Vorbild zugeschnitten. Das Silbergeld ist amerikanisches oder gleichwertiges hawaiisches, das in San Francisco genau nach dem Münzfuß der Vereinigten Staaten geprägt wurde. Man rechnet wie in Kalifornien nach »Bit« (= 12 ½ Cents). Für die Weißen ist ein 2 Bit-Stück (¼ Dollar – ungefähr 1 Mark) eigentlich die kleinste gangbare Münze. Unter den Kanaken dagegen bilden 10 Cents Silberstücke (Dimes) und 5 Cents Nickels das übliche Kleingeld. Die Goldmünzen sind ausschließlich amerikanische; »Greenbacks« (Papiergeld der Vereinigten Staaten) haben in Honolulu Goldwert wie in Amerika.

      Die Freimaurer und Odd Fellows besitzen in Honolulu ihre Logen, es giebt dort eine ansehnliche freie Bibliothek mit Lesezimmer, wo die besten englischen und amerikanischen Zeitungen und Monatsschriften ausliegen, sogar ein Gebäude der young men's Christian Association befindet sich in der Stadt, geradeso wie in San Francisco oder in einem größeren californischen Platze. Die Umgangsformen sind ganz californisch. Trotz des Völkergemisches in den Straßen und trotz der vielen neuen Eindrücke fühlt sich ein Californier in Honolulu schnell heimisch, zumal auch die englische Sprache dort im Verkehr fast ausschließlich gebraucht wird.

      Auffällig sind die vielen Einspänner (cabs), welche die Straßen beleben und die jeden Augenblick vorüberfahren. Die Zahl dieser Droschken beträgt gegen 300 – eine größere Anzahl derartiger Fuhrwerke, als ich je in einem Platze von der Größe von Honolulu irgendwo in der Welt gesehen habe. Die Droschken werden sehr viel benutzt, weil das Gehen wegen der feuchtwarmen Luft hier außerordentlich schnell ermüdet. Nur wenige werden sich besinnen, vom Hafen nach dem Hawaiian Hotel zu fahren, statt den Weg zu Fuß zu machen, eine Entfernung, die man bequem in sieben bis acht Minuten zurücklegt. Selten sieht man in Honolulu jemand schnell gehen, und kommt es mitunter vor, so ist der rüstige Wanderer gewiß ein Fremder, der erst kurze Zeit in der Stadt war.

      Das Fahren in den Droschken verursacht eine nicht unbedeutende Ausgabe. Eine kleine Entfernung kostet allerdings nur 10 Cents, aber es bezahlt selten jemand weniger als ¼ Dollar an den Kutscher. Nach 11 Uhr des Nachts soll doppeltes Fahrgeld berechnet werden, was aber meistens schon um 10 Uhr geschieht. Dabei herrscht die für den Kutscher außerordentlich nette Einrichtung, daß zwei Personen, die in demselben Wagen sitzen, doppelte, drei Personen dreifache Taxe u. s. f. bezahlen müssen. Mache ich eine Spazierfahrt allein, so kostet es z. B. einen Dollar, lade ich einen Freund ein, mitzufahren, so kostet mich das Vergnügen zwei Dollars. Wer einen Besuch macht und spät nach Hause fährt, den kostet das Hin- und Herfahren so viel, als ginge er in New Jork oder in San Francisco in die Oper. Ich will noch erwähnen, daß ein Droschkenkutscher in Honolulu durchschnittlich 8 Dollars, mitunter sogar bis 20 Dollars den Tag einnimmt, und daß diese Rosselenker wohl die am besten gestellten Kutscher in der Welt sind. Mein Leibkutscher, ein rothaariger Irländer, mit dem ich sehr vertraut wurde, erzählte mir, daß er mit Leichtigkeit 100 Dollars den Monat, nach Abzug aller Unkosten und aller Ausgaben für seinen Lebensunterhalt, erübrige.5

      Das Getriebe in den Straßen, besonders am Hafen, am Fischmarkt und dort, wo sich größere Volksmengen zusammenfinden, ist außerordentlich mannigfaltig. Die verschiedenen Volksarten der Inselbewohner treten sofort ins Auge. Alle möglichen Hautschattierungen, von weiß bis zur Schwärze des Ebenholzes


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