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Reisen nach Ophir. Rolf NeuhausЧитать онлайн книгу.

Reisen nach Ophir - Rolf Neuhaus


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Grasfluren wie durch eine Meeresfläche«. Die Ausbeute an neuen Pflanzen war bescheiden, die Fauna arm auβer an gelben Mücken, gegen die sie sich mit erstickenden Masken panzerten, dazu litten sie unter Hitze und Staub und kamen durch ein Gebiet, in dem die Sibirische Pest (Milzbrand) grassierte und jedem Infizierten den Tod nach fünf Tagen versprach. Sie tranken Tee mit den chinesischen Grenzsoldaten, die in kirgisischen Jurten hausten, dann ging es vom Irtysch durch die Staubsteppe zum Ural zurück und weiter an die Wolga. Dabei vermehrte »die groβe und allzu gütige Sorgfalt der Regierung« täglich ihr Begleitpersonal, Kosaken eskortierten sie, sogar ein russischer General gab sich die Ehre. Der Ausflug an die Wolga war Humboldts zweite eigenmächtige Planmodifikation, er galt weniger den Bodenschätzen oder den Wolgadeutschen als vielmehr dem Kaspischen Meer. »Ich kann (…) nicht sterben, ohne das Kaspische Meer gesehen zu haben«, rechtfertigte er sich vor Cancrin, dem Zaren und Gott. Über Sarépta (Wolgograd) gingen sie nach Astrachan, fuhren durch die Wolgamündung ein Stück weit auf den Kaspisee hinaus, entnahmen Wasserproben und kehrten per Kutsche über Moskau Mitte November 1829 nach Petersburg zurück. In 23 Wochen hatten sie mehr als 15 000 Kilometer zurückgelegt.

      Vor Antritt seiner Russlandfahrt war Humboldt mit Cancrin so verblieben, dass er seine Reise in den folgenden Jahren auf Kosten des Zaren zum Ararat und in andere südliche Gefilde fortsetzen möge. 1831 kam ein konkretes Angebot: Finnland – seit 1809 russisch – oder Kaukasus. Nein danke, wird Humboldt sich gedacht haben, bitte nicht noch mehr Kilometer durch eintönige Groβräume, nicht noch mehr Mücken und andere Plagegeister und charmante Gesellschafter.

      Humboldt unternahm keine gröβere physische Reise mehr, wohl aber einen wissenschaftlichen Höhenflug in den Kosmos. Knapp drei Jahrzehnte waren ihm noch vergönnt, sein Hauptwerk, den Kosmos, zu schreiben, bevor er 1859 in seinem Berliner Bett starb.

      3.

       Verfehlt – Hermann Hesse jenseits von Indien

      Im Jahr 1913 erschien ein Buch von Hermann Hesse mit dem Titel Aus Indien – Aufzeichnungen von einer indischen Reise. Der Band enthielt Impressionen, Reflexionen, Gedichte, Skizzen, Berichte von einer Seereise durch den Suezkanal, das Rote Meer und den Indischen Ozean zu Teilen der Malaiischen Halbinsel und Sumatras, nach Singapur und Ceylon. Nichts aus Indien. Zwar etwas über Indien, doch nichts von einer Reise nach Indien. Jedenfalls nichts aus Indien im heutigen Sinn. Hesse setzte seinen Fuβ nicht auf den Subkontinent, sofern man Sri Lanka nicht zum Kontinent zählt. Zwar hatte er vorgehabt, die südwestindische Malabar-Küste zu betreten, doch daraus wurde nichts. Hesse selbst nannte seine Reise von 1911 schon treffender Indonesienreise oder malaiische Reise, obgleich er nur zu einigen Punkten beiderseits der Straβe von Malakka vordrang, aber dies war das Zielgebiet seiner groβen Reise, die bloβ drei Monate dauerte, wovon er die Hälfte auf See zubrachte. Was ihn auf dieser Reise am meisten beeindruckte, das waren die Chinesen.

      So wie der Orient von Marokko bis Japan reicht, obwohl Nordafrika nicht gerade im Osten Europas liegt, so lag auch Indien auf vielen Längengraden, etwa zwischen Amerika und Borneo: Westindien, Vorderindien, Zwischenindien, Hinterindien, Ostindien … Das geheimnisvolle Indien, für Jahrhunderte Inbegriff aller Schätze und Kuriositäten, war der Garten Adams und Evas persönlich. Für Hesse, dessen Groβvater, Vater und Mutter jahrelang in Indien gelebt hatten und wohl mehr von Indien missioniert worden waren, als dass sie dort protestantischen Glauben verbreitet hätten, und die das häusliche Ambiente, in dem Hesse aufgewachsen war, entschieden indisch geprägt hatten, für ihn war Indien eher das Land der Spiritualität, der Urquell ewiger Weisheit, Sitz Tausender Götter, wo die Menschen zu Tausenden in der Gosse lagen und zugleich über allem standen, dort waren die Wurzeln alles Menschenwesens und die Quelle alles Lebens, von dort waren die Völker und ihre Lehren und Religionen ausgegangen, dort standen die Bilder der Götter und die Tafeln der Gesetze, im Asien des ehrwürdigen Bobaums, des goldenen Drachens und der heiligen Schlange. Als Hesse erfuhr, dass sein Freund Hans Sturzenegger, der Maler aus begüterter Schaffhausener Kaufmannsfamilie, eine »Indienreise« plante, um seinen Bruder Robert, der das Überseegeschäft der Familie in Singapur übernommen hatte, zu besuchen, schloss er sich ihm kurzerhand an. Für Hesse, der damals noch am deutschen Ufer des Bodensees lebte, war es eine Gelegenheit zur Flucht aus seiner ersten Ehe und zur Flucht aus Europa mit seiner grellen Geschmacklosigkeit, seinem lärmenden Jahrmarktsbetrieb, seiner hastigen Unruhe und seiner rohen Genusssucht. Hans Sturzenegger machte 1913 eine zweite Reise nach Südostasien, arbeitete in Singapur längere Zeit im Atelier und kehrte mit noch mehr Zeichnungen und »indischen« Bildern zurück, die den Einfluss Gaugins erkennen lassen.

      Hesse und Sturzenegger schifften sich Anfang September 1911 in Genua auf der »Prinz Eitel Friedrich« des Norddeutschen Lloyd ein, lagen einen halben Tag im Hafen von Neapel, sahen den unheimlichen, elenden schwarzen Kohlenträgern zu, Italienern und Chinesen, »darunter hübsche nackte Kulis«, wie Hesse in sein Tagebuch notierte. Sie hörten den kitschigen Volkssängern zu, die abends an Bord kamen, um sich folkloristisch zu prostituieren, aus Quarantänegründen durften die Passagiere bis Colombo nirgendwo an Land gehen. Hesse hat eine winzige Kabine mit kleinem Fensterloch und elektrischem Fächer in der ersten Klasse, Mitreisende sind der deutsche Generalkonsul in Batavia nebst Gemahlin, ein Italiener, der in Singapur reich geworden ist, ein deutscher Gummibauer aus Borneo mit norwegischer Frau, ein Petroleumbohrer, der von Rumänien und Indien erzählt, ein britischer Captain, der den Zulukrieg mitgemacht hat und im Burenkrieg in Gefangenschaft geraten war, ein deutscher Botaniker aus Neuguinea, ein Chinese aus Schanghai, der das alte Weisheitsbuch I Ging auswendig kann und mit einem englischen Beamten aus Ceylon über Gummipreise redet, Rubber ist das beherrschende Wort im Osten, das Hesse bisher unbekannt war. Die meisten Mitreisenden kehren von kurzen Ferien oder Besuchen in der Heimat zurück oder fahren zum ersten Mal hinaus wie die sieben Bräute an Bord, die nach Übersee verheiratet werden. Man speist in wechselnden Gruppen, plaudert und gibt Anekdoten zum Besten, man ruht in Deckstühlen, die manchmal angebunden werden müssen, dann liegt man matt und apathisch, doch still und gesittet, die weiβbeschuhten Füβe der Reling zugekehrt, schaukelt im Seegang und starrt in die ewige Meeresöde. Man spielt Scheffelbord und Schach, veranstaltet Dicht- und Rätselspiele, Wettrennen an Deck, Kissenkämpfe, Kotillons, Maskenbälle im Saal, man knobelt um Bowle, im Rauchsalon würfeln junge Deutsche unter Führung eines alten Australienkapitäns und saufen alles deutsche Bier weg. So hätte Rimbaud reisen mögen. Oder auch nicht. Wo sind die Streifzüge, die Gewaltritte, wo die Freiheit? Das Bordleben erster Klasse ist eine angenehme Mischung aus bequem und elegant, etwas leichthin und träge, man macht Ausflüge in die zweite und dritte Klasse, wo mehr Leben ist und bessere Laune herrscht, in der zweiten reisen Missionare aus dem Schwarzwald, eine Opernsängerin, der Schweizer Direktor eines Elektrizitätswerks bei Kuala Lumpur, Hesse leidet an Schlaflosigkeit sowie Magen- und Darmbeschwerden, mehr noch vielleicht unter dem Vegetieren, an Untätigkeit und Smalltalk, »er meint«, schreibt Sturzenegger nach Schaffhausen, »man komme hier aus der Operette nicht heraus«.

      Nach fünf Tagen kommt die ägyptische Küste am Nildelta in Sicht, ein schmaler Streifen gelben Landes mit einzelnen, merkwürdig verlassenen und seltsam zwischen Himmel und See schwebenden Palmen. Port Said liegt grell und öde, neu und kahl in der Sonne, hat nur wenige arme Bäume, aber der Hafen ist voller Boote mit schönen Arabern und voll prächtiger Kohlenträger. Dann der schmale, endlose Suezkanal, zur einen Seite Sand und Schlamm, zur anderen der lange gerade Bahndamm mit Gebüsch, dahinter Lachen, Sümpfe, Binsenteiche. In der Nacht verstummt die Maschine, das Schiff verharrt regungslos in unerhörter Stille, bleiche Sandhaufen liegen im matten Mondlicht, giftige Reflexe zucken über den schwarzen Wasserstreifen, entfernte Scheinwerfer ziehen genauso lautlos und unheimlich ihre geradlinige Bahn wie der fürchterliche Kanal, es ist die ödeste Gegend, unsäglich tot und unwirklich, hier ist zum ersten Mal alles fremd, ein anderer Erdteil, die »Prinz Eitel Friedrich« liegt wie verzaubert in der Wüste. Das Rote Meer wird seinem Ruf gerecht, eine tolle Hitze und schwere Schwüle lasten auf ihm, Hesse schwitzt ohne Pause, die fliegenden Fische und springenden Delphine sind quicklebendig, die Passagiere aber liegen wie tot herum, erschöpft und schläfrig, die Dritte-Klasse-Chinesen halbnackt. Die Inseln im Bab al-Mandab sind völlig nackt, purer glühender Fels, es ist eine quälende Hölle, besonders abends im Smoking. Hinter Aden sorgt eine leichte Brise für Erleichterung,


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