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Reisen nach Ophir. Rolf NeuhausЧитать онлайн книгу.

Reisen nach Ophir - Rolf Neuhaus


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»zur Urwelt führt kein Weg zurück«. Es gab in Europa genauso wie in Asien eine zeitlose, gleichsam unterirdische Schicht von Gemeinsamkeit, eine Welt der Werte und des Geistes, und es war gut und richtig, im Frieden einer solchen geistigen Welt leben zu wollen, an der die Veden und die Bibel, Buddha und Goethe gleichermaβen Anteil hatten, dann endeten auch Europaflucht und Indiensucht. Dann konnte es auch eine Gemeinschaft über die Völkergrenzen und Erdteile hinweg, Zusammengehörigkeitsgefühl, Brüderlichkeit, Einigkeit, die Menschheit als Einheit, eine Weltgemeinschaft geben.

      Bald darauf begann der Erste Weltkrieg.

      Hesse fror elendiglich, als sie in Nebel und Regen von Nurelia aufbrachen. Nach neun Stunden Bahnfahrt erreichten sie das heiβe Colombo. Die »York« brauchte 16 Tage und 17 Nächte bis Genua. Äuβerlich war alles gleich, in Hesses Innerem alles anders als bei der Hinfahrt. Am Golf von Aden brannten die kahlen Felsen und weiβen Sandwüsten. Am Roten Meer ging die Sonne hinter Abessinien unter, über den ganzen Himmel spannte sich ein Fächer nordlichtartiger Strahlung, auf der anderen Seite färbten sich die Berge Arabiens rosa. Fünf Sonnenuntergänge später glühten am Suezkanal tausend winzige Wolken über Afrika, über der arabischen Wüste zog der groβe Vollmond herauf. Port Said schlief bereits, doch bei Einlaufen des Schiffs öffneten die Läden und Cafés wieder. Hesse schloss sich ein paar Lebemännern von Passagieren an und besuchte drei Bordelle, interessant war es nicht. Im Hafen von Neapel lag eine Menge Soldaten, die auf ihre Verschiffung in den Krieg warteten, nach Libyen, wo sie die Türken aus ihren letzten nordafrikanischen Besitzungen vertreiben sollten; die meisten sahen ernst und beklommen aus. Hesse ging ins Teatro Bellini, man gab Verdis La forza del destino.

II

      4.

       Das unentrinnbare Ich – Paul Gauguin in Polynesien

      Im gleichen Alter, in dem Rimbaud starb, wurde Gauguin wiedergeboren. Vorher führte der gelernte Seemann als Börsenmakler und Sonntagsmaler ein komfortables bürgerliches Leben mit Gattin und fünf Kindern, nachher verschrieb er sich der Kunst als Vollzeitmaler und hielt sich mit Gelegenheitsjobs, sporadischem Verkauf seiner Arbeiten und der Hilfe von Freunden über Wasser. Nachdem er im Zuge des Börsenkrachs von 1882 seine einträgliche Stelle bei der Bank Bertin in Paris verloren oder aufgegeben und sich in Kopenhagen mit der Familie seiner dänischen Frau überworfen hatte, kehrte er im Juni 1885 allein mit seinem sechsjährigen Sohn Clovis nach Paris zurück. Er hatte kein Geld, hoffte auf den Verkauf einiger Bilder, suchte an der Börse erneut Fuβ zu fassen, arbeitete zeitweise als Plakatkleber auf Bahnhöfen, schlug jedoch eine feste Anstellung als Inspektor bei der Werbefirma aus. Im kalten Winter 1885/86 lebte er mit dem tapferen Clovis »kümmerlich« zwischen den vier Wänden seiner unbeheizten Mietwohnung und litt Hunger, abends lag auf dem Tisch nichts weiter als ein Kanten Brot, nachts lag Gauguin in seine Reisedecke gewickelt auf der Pritsche und fand keinen Schlaf, wie er in Briefen an seine Frau Mette klagte, die es vorgezogen hatte, mit den übrigen vier Kindern im Schoβ ihrer Familie in Kopenhagen zu bleiben. »Möge Gott geben, dass der Tod uns alle dahinrafft. Das wäre das schönste Geschenk, das er für uns bereithalten könnte.«

      Ein Grafiker kauft Gauguin für 250 Francs ein Bild ab und vermittelt ihm die Bekanntschaft eines Keramikers, der Gauguin vorschlägt, für ihn im nächsten Winter Kunstvasen herzustellen. Man bietet ihm auch eine Stelle als Plantagenarbeiter in Ozeanien an, doch das würde seine ganze Zukunft als Künstler aufs Spiel setzen, an die er glaubt. Das Vernünftigste wäre, meint er, sich in ein kleines Nest der Bretagne zurückzuziehen, um ungestört arbeiten zu können, in der Bretagne sei es noch am billigsten. Mit Mühe bringt er das Fahrgeld auf, gibt Clovis in eine Pension, mietet sich im Fischerdorf und Künstlertreff Pont-Aven gegen monatlich 65 Francs für Kost und Logis in einem Gasthof ein – und lebt auf Kredit. Er arbeitet viel und mit gutem Erfolg, man hält ihn für den fähigsten Künstler der Kolonie, allerdings bringt ihm das nicht einen Sou ein. Er wird in diesem Beruf nicht fett, sagt er, sondern trocken wie ein Hering, die Geldsorgen bedrücken ihn, er will sich lieber das Leben nehmen als abermals ein Bettlerdasein wie im letzten Winter fristen. Glücklicherweise verbringt er Ende 1886 fast einen Monat in einem Pariser Krankenhaus, immer suchen ihn im Winter Katarrhe heim, schreibt er, diesmal glaubte er schon draufzugehen, aber sein verteufelter Körper aus Eisen gewann wieder die Oberhand, und zu seinem Leidwesen wird er aus dem Krankenhaus entlassen. Dann arbeitet er als Kunsttöpfer bei dem Keramiker, der Gauguins Tongefäβe für Meisterwerke hält, jedoch für allzu kunstvoll, als dass sie sich verkaufen lieβen. Im April 1887 fährt Gauguin nach Panama.

      Gauguins Schwester Marie, die sich in Paris zeitweise um Clovis kümmerte, hatte ihrem Bruder einen Floh ins Ohr gesetzt. Ihr Mann, der kolumbianische Kaufmann Juan Uribe, der in Panama eine Handelsniederlassung hatte, dachte – vielleicht – daran, dort ein Kommissions- und Bankhaus zu eröffnen, und brauchte jemanden, der zuverlässig und im Bankfach bewandert war, ihn vertrat, wenn er auf Reisen in Europa weilte, und ihn nicht bestahl. Gauguin versetzte diese Perspektive nicht gerade in Verzückung, doch er fuhr trotzdem nach Panama. Ihn trieb vor allem der Wunsch, aus Paris zu fliehen, »das eine Wüste für einen armen Teufel ist, wie ich es bin«. Sein Ruf als Künstler wuchs von Tag zu Tag, manchmal hatte er jedoch tagelang nichts zu beiβen, hinzu kam die Hoffnungslosigkeit, an der sein Leben zu zerbrechen drohte, schrieb er seiner Frau. All das untergrub seine Gesundheit und vornehmlich seine Energie, und um diese zurückzugewinnen, hatte er eine bessere Idee, als ins Bankgeschäft zurückzukehren. Eine Meile von Panama-Stadt entfernt gab es eine kleine, vom Stillen Ozean umspülte Insel, die er aus seiner Zeit bei der Handelsmarine kannte: Taboga, fast unbewohnt und sehr fruchtbar, Früchte und Fische bekam man spottbillig, und die Luft war sehr gesund. Dort wollte er »wie ein Wilder leben«, fern von allen Menschen neue Kraft schöpfen und malen.

      Zusammen mit Charles Laval, den er in Pont-Aven kennengelernt hatte, schifft sich Gauguin in Saint-Nazaire ein, die Überfahrt bei schlechtem Wetter ist sehr beschwerlich, in der dritten Klasse sind die Passagiere zusammengepfercht wie die Hammel. Nach Zwischenstopps in Guadeloupe und Martinique kommt er so gut wie mittellos in Colón an, doch er ist zuversichtlich, in acht Tagen werden sie sich auf Taboga eingerichtet haben und wie die Wilden leben, was nicht das schlechteste Los ist. Und wenn man einmal in der Klemme steckt, findet man in drei Tagen Arbeit, in Panama braucht man sich keine Sorgen zu machen. Wenige Tage später klingt Gauguin schon ganz anders, die Reise ist »so blöde wie nur möglich verlaufen«, schreibt er nach Kopenhagen, jetzt sitzen sie in der Patsche. Sein einfältiger Schwager, dessen Geschäft nicht im Mindesten den Eindruck macht, als florierte es, hat sie praktisch vor die Tür gesetzt, das billigste Hotel kostet 15 Francs pro Person und Nacht. Seit dem Baubeginn des Panamakanals sind auch die Grundstückspreise explodiert, und diese Trottel von Kolumbianern – Panama gehörte damals zu Kolumbien – überlassen einem kein Stück Land für weniger als sechs Francs pro Quadratmeter. Unmöglich, sich auch nur ein Kellerloch zu graben und auszubauen und von Früchten zu leben. Von Taboga, der 20 Kilometer vor Panama-Stadt gelegenen Insel, die Núñez de Balboa Isla de San Pedro genannt hatte und deren Name in der Eingeborenensprache »viel Fisch« bedeutet, ist fortan keine Rede mehr. Es wäre schlauer gewesen, gesteht Gauguin, auf Martinique zu bleiben, einem herrlichen Land mit freundlichen, heiteren Menschen, wo es für einen Maler viel zu tun gibt und das Leben billig ist. Jetzt gilt es, Geld zu verdienen, um nach Martinique zurückzukommen, Gauguin und Laval verdingen sich als Erdarbeiter beim Kanaldurchstich, von halb sechs morgens bis sechs Uhr abends hacken und schippen sie bei tropischer Sonne und täglichem Regen, nachts werden sie von Moskitos zerstochen. Die Sterblichkeit ist nicht so hoch, wie in Europa behauptet wird, schreibt Gauguin mit schwarzem Humor, von den »Negern«, denen man die schlechtesten Arbeiten gibt, sterben drei von Vieren, von den anderen nur jeder Zweite. Nach zwei Wochen werden Gauguin und Laval entlassen, die skandalumwitterte Compagnie Universelle du Canal Interocéanique, unter deren Leitung der Kanalbau stand und die ein Jahr später zahlungsunfähig wurde, baute Personal ab. Das rettete die beiden Maler vielleicht vor dem Tod.

      Von Martinique ist Gauguin begeistert, er zeichnet und malt die tropische Natur der Blumeninsel und die exotische Natürlichkeit ihrer Bewohner, am besten gefallen ihm die Menschentypen, zumal die schwarzen Frauen mit ihren bunten Kleidern, ihrem anmutigen Gang unter der Last auf dem Kopf und ihren graziösen,


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