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Reisen nach Ophir. Rolf NeuhausЧитать онлайн книгу.

Reisen nach Ophir - Rolf Neuhaus


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damit, lange in Harar zu bleiben, schreibt er zwei Monate nach seiner Ankunft, was er vermutete, hat er nicht angetroffen. Im Winter ist es viel zu kalt für ihn auf 1800 Metern Höhe, von März bis Oktober regnet es unaufhörlich, er verabscheut Kälte und Regen. Es ist ein ungesundes Klima und bei jeder Art von Krankheit heimtückisch, eine Wunde heilt nie, ein kleiner Schnitt am Finger eitert monatelang und geht leicht in Brand über, dass er sich die Syphilis eingefangen hat, schreibt er seiner Familie nicht. Er geht mit dem Wetter um, wie es ihm gerade passt, später ist das Klima von Harar und Abessinien ausgezeichnet, besser als in Europa, es gibt weder Frost noch die maβlose Hitze von Aden, die Luft ist frisch und die Vegetation wunderbar. Dann wieder liebt er das Klima von Aden, wo es nie regnet und man auch im Winter unter offenem Himmel schlafen kann, schlieβlich verträgt er fast jedes Klima, sagt er, ob feucht oder trocken, kalt oder heiβ, er läuft nicht mehr Gefahr, Fieber zu bekommen, aber er spürt, dass er sehr schnell altert, kein Wunder »bei dieser idiotischen Beschäftigung und in Gesellschaft von Wilden oder Trotteln«. Dieses scheuβliche Land von Harar ist eine Wildnis, aber nicht vollkommen wild dank des ägyptischen Militärs und der Zivilverwaltung, das Ganze ist so wie in Europa, »nur mit einem Haufen Hunde und Banditen«.

      Rimbaud handelte mit Kaffee, Tierhäuten, Elfenbein, Moschus, unternahm von Harar aus Handels- und Erkundungsreisen, stieβ dabei auch in Gebiete vor, die Europäern bis dahin unzugänglich geblieben waren. Solche Expeditionen waren nichts weniger als ungefährlich, das zeigte der Tod des französischen Forschungsreisenden Pierre Sacconi, der zur gleichen Zeit in das von muslimischen Somali-Nomaden bewohnte Ogaden im Südosten von Harar zog, als Rimbaud dort eine Karawane laufen hatte. Sacconi machte – nach Darstellung Rimbauds – aus Unwissenheit und Leichtsinn eine ganze Reihe von Fehlern. Sacconi trieb unbekümmert seine verdächtigen Feldmesserkünste, stellte an allen Ecken des Weges seine Sextanten ein, kaufte nichts, wollte sich ausschlieβlich mit geografischem Ruhm schmücken, trug europäische Kleidung und hüllte sogar die ihn begleitenden Somali in Gewänder, wie sie von äthiopischen Christen getragen wurden, und er aβ seinen Schinken und trank seinen Schnaps bei den Festessen, zu denen ihn die Scheichs einluden. Als er sich weigerte, Führer von einem Stamm zu engagieren, durch dessen Gebiet er ziehen wollte, und auf seinem mitgebrachten Führer eines anderen Stammes beharrte, kam es zum Streit und zum Gemetzel. Rimbaud hingegen war bestrebt, die Sitten, religiösen Bräuche und die Rechtsordnung der Eingeborenen zu respektieren und sich von Stammesfehden fernzuhalten, vermied es, sich mit Attributen des Europäers wie dem Tropenhelm zu schmücken, pflegte vielmehr in mohammedanischer Kluft und unter arabischem Namen zu reisen. In Harar vervollkommnete er nicht nur sein Arabisch, er studierte auch Harari und in der Umgebung Harars gesprochene Sprachen wie Somali, Oromo und Amhari. Er plante, eine Arbeit über Harar und das Galla-Volk (Oromo) zu erstellen, sie der Société de Géographie in Paris vorzulegen und diese um Förderung weiterer Forschungen anzugehen; fürs Erste veröffentlichte sie 1884 einen Bericht Rimbauds über das Ogaden. Ihn reizte das Unbekannte, nach Auffassung seines Patrons in Aden war es Rimbauds gröβter Wunsch, sich einen Namen als Forscher zu machen. Die Routine hingegen, seine stumpfsinnige Arbeit, der tägliche blödsinnige Ärger widerten ihn an und bereiteten ihm Langeweile und Überdruss bis zur existenziellen Müdigkeit, »ich lege nicht im Geringsten Wert auf das Leben«.

      Handels- und Forschungsreisen wurden indes nicht einfacher, Land und Wege nicht sicherer, im Gegenteil. Die Schwäche Ägyptens, das in den 1870er-Jahren unter osmanischer Oberhoheit nach dem Sudan und Abessinien gegriffen und Harar von Zeila aus erobert hatte, zeigte sich auch in Harar. Rimbaud hält es für möglich, dass die Briten, nachdem sie in Ägypten eingegriffen und das Land unter ihren Schutz gestellt haben, in den Sudan vorgestoβen sind und Zeila eingenommen haben, demnächst auch Harar besetzen werden. Er wirft ihnen vor, mit ihren Unternehmungen den Handel in der gesamten Region zu lähmen und zu ruinieren. Rimbauds Geschäfte gehen schlecht, der Ertrag deckt die Kosten nicht mehr, die Gesellschaft in Aden schreibt Verluste. Mit dem Zusammenbruch der ägyptischen Herrschaft und der Machtübernahme durch den Sohn des letzten Emirs, der Harar nach auβen und besonders gegen Christen erneut abschottet, wird Rimbauds Agentur in Harar aufgehoben, das Kontor in Aden geschlossen, das Handelshaus vollständig liquidiert, später unter neuem Firmennamen wieder eröffnet. Rimbaud findet sich »in diesem schrecklichen Loch von Aden« und in derselben Bude von Kontor wieder, hangelt sich von Kurzzeitvertrag zu Kurzzeitvertrag, hängt in der Luft, weiβ nicht was wird. Er lebt so bescheiden wie möglich, ist äuβerst sparsam, er hat jetzt 13 000 Francs zusammengekratzt – Rimbaud, der ehemalige Bürgerschreck und Kommunarde. Sein Kapital könnte ihm eine kleine Rente einbringen, doch in Aden nimmt die Bank bloβ zinslose Einlagen an, und die Handelshäuser sind alles andere als zuverlässig, man kann niemandem auch nur das Geringste anvertrauen, also trägt er sein Geld andauernd mit sich herum. »Was für eine trostlose Existenz ich in diesen blödsinnigen Breiten (…) weiterschleppe.« Er sieht, dass er auf die Dreiβig zugeht – die Hälfte des Lebens, meint er –, dass seine Haare bereits grau werden, weil man in dieser Gegend fünfmal so schnell altert wie anderswo, er hat sich mühsam in der Welt herumgeschlagen und nichts erreicht. Trost findet er bei einer Äthiopierin, eine der acht Beziehungen zu Eingeborenen, die man ihm nachsagte, und von denen er Mutter und Schwester nie schrieb.

      Mit ihrem Expansionsdrang machten sich die Engländer ganz Europa zum Feind, so Rimbaud. Ihre hirnverbrannte Politik hatte nur weitere Sinnlosigkeiten und Verheerungen zur Folge. England vereinigte Zeila mit dem ebenfalls besetzten Berbera zu Britisch-Somaliland, rückte jedoch nicht ins Landesinnere nach Harar vor. Die Italiener nisteten sich im vormals ägyptischen Massaua ein und breiteten sich in Eritrea aus. Frankreich beging in dieser Gegend ebenfalls Dummheiten und besetzte die Küste des Golfs von Tadschura, um sie mit Obok zur Französischen Somaliküste (Dschibuti) zu verbinden und die Ausgangspunkte der Karawanenwege nach Abessinien zu kontrollieren. Obok hatten die Franzosen schon während des Baus des Suezkanals den Ägyptern abgekauft, um über eine Bekohlungsstation und ein Gegengewicht zu Aden zu verfügen, von dem aus britische Schiffe die Einfahrt zum Roten Meer blockieren konnten. Faktisch besetzte Frankreich Obok aber erst 1883, als die Engländer Zeila kassierten. Die Kolonie Obok war nichts als Wüste, eine verbrannte Küste, wo die kleine französische Verwaltung sich laut Rimbaud damit beschäftigte, ein gutes Leben zu führen und die Gelder der Regierung zu verschleudern, die nicht die geringste Aussicht hatte, auch nur einen Sou aus dieser fürchterlichen, vorher von zehn Seeräubern beherrschten Kolonie herauszuholen, solange man nicht in die Hochebenen des Innern vordrang. Keine Nation trieb eine so unfähige Kolonialpolitik wie Frankreich, keine zweite Macht verstand es so gut, ihr Geld ohne allen Nutzen an unmöglichen Orten zu vergeuden. England machte Fehler und verschwendete gleichfalls Geld, aber es hatte wenigstens ernsthafte Interessen und handfeste Aussichten. In Aden stellte man sich bereits auf kriegerische Auseinandersetzungen ein und erneuerte das ganze Befestigungssystem. »Vielleicht bombardiert man uns demnächst. (…) Das würde mir Spaβ machen, wenn dieser Platz zu Staub verwandelt würde, – aber nicht, wenn ich da bin!«

      Rimbaud überlegt, wie er sich aus dem Staub machen kann. Aber wohin soll er sich wenden? Falls die Engländer sich doch noch in Harar festsetzen, könnte er dort von seinem Ersparten ein paar Pflanzungen – Kaffee, Bananen – kaufen und versuchen, einen kleinen Handel zu betreiben. In Indien würfe sein Kapital – nun 16 000 Francs – genug Zinsen ab, um dort davon leben zu können, in Aden ist alles sehr viel teurer, und auβerdem ist Indien angenehmer als Arabien. Er könnte auch ins französische Protektorat Tongking (Vietnam) gehen, nach dem Krieg gegen China müsste es dort wohl ein paar Stellen geben, und wenn da nichts zu machen sei, könnte er weiter nach Panama ziehen, der Kanal ist noch lange nicht fertiggebaut. Aber letztendlich sind das alles grässliche Länder und klägliche Geschäfte, »es vergiftet einem das Leben«. Wie immer klagt er in seinen Briefen nach Hause, aber er sagt auch, seine Klagen seien »irgendwie so eine Art zu singen«. Später setzt er auf die Liste seiner möglichen Fluchtpunkte oder Sehnsuchtsorte noch den Sudan, Abessinien, Arabien, China und Japan. Sansibar, von wo er lange Reisen ins Innere Afrikas unternehmen könnte, ist nach wie vor eine ernsthafte Option. Doch am liebsten möchte er »Schluss machen mit all diesen verflixten Ländern«, schreibt er, »was soll dieses Hin und Her, diese Anstrengungen und Abenteuer bei fremden Rassen und diese Sprachen, mit denen man sich das Gedächtnis vollstopft, und diese unbeschreiblichen Plackereien, wenn ich nicht nach ein paar Jahren mich eines Tages an einem Ort, der mir einigermaβen gefällt, niederlassen und eine Familie


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