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Reise Know-How ReiseSplitter: Von Kasachstan in die Südsee – Wie ich mal eben vom Weg abkam. Katharina BahnЧитать онлайн книгу.

Reise Know-How ReiseSplitter: Von Kasachstan in die Südsee – Wie ich mal eben vom Weg abkam - Katharina Bahn


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dieser Zeit flirte ich heftig mit meinem Untermieter (ich sollte packen, stattdessen backe ich einen ganzen Tag Kuchen für seine 50-köpfige Abteilung). Aktueller Beziehungsstatus: unklar.

      Eine der schwierigsten Fragen ist, was ich mitnehme. Meine Gepäckbox im Land-Rover ist etwa 40 x 50 x 45 Zentimeter groß. Zwangstherapie für „Ich-packe-immer-zu-viele-Klamotten-ein“-Menschen wie mich. Ich rede mir permanent ein, dass ich nicht zum Mond fahre. Auch in anderen Teilen dieses Planeten gibt es schließlich Dinge des täglichen Bedarfs zu kaufen. Auf dem Boden meines leeren Wohnzimmers lege ich mir Stapel zurecht. Nehme Dinge weg, lege wieder etwas dazu. Rolle, quetsche, schiebe. Entscheide mich für oder gegen jedes einzelne Teil. Versuchte man meine Art des Packens in eine Formel zu pressen, würde diese in etwa lauten: Je kleiner der Stauraum bei proportionaler Steigerung der Reisezeit, umso geringer wird die mitgeführte „Gepäckmenge X“ und umso größer die maximale Annäherung an den Grenzwert „Reduzierung auf meine Grundbedürfnisse Y“.

      Unsere Abfahrt verzögert sich um wenige Tage. Wir warten noch auf unser „Carnet de Passage“, eine Art Reisepass und Zolldokument für das Auto. In vielen asiatischen Ländern ist das Carnet beim Grenzübertritt mit dem eigenen Fahrzeug Pflicht. Auch wir selbst sind inzwischen gut mit Dokumenten ausgestattet. Jeder von uns besitzt zwei Reisepässe voll mit Visa von Russland bis Indien. Auch sonst fühle ich mich gut vorbereitet. Ich habe meinen Erste-Hilfe-Kurs aufgefrischt. Zudem habe ich haufenweise Impfungen intus. Zu meinem Erstaunen habe ich bisher alle ohne Nebenwirkungen weggesteckt. Meine Reiseapotheke füllt einen ganzen Turnbeutel. Unterwegs krank zu werden, ist zu diesem Zeitpunkt meine größte Sorge. Mit Magen-Darm-Problemen irgendwo in der usbekischen Steppe? Mein persönliches Horror-Szenario.

      Mit meinen Freunden mache ich Abschied auf Raten, alles andere würde mich überfordern. Meine Freundin Vanessa spielt mir bei unserem letzten Treffen „Mein Ding“ von Udo Lindenberg vor und ich breche in Tränen aus. Meine Schwester verabschiedet mich auf ihre Art: „Wenn was ist, ruf mich an. Dann komm ich vorbei und hol dich ab.“

      Jetzt läute ich die Klingel am Haus meines Reisepartners Paul. Die letzten Sachen gepackt, die letzten Freunde verabschiedet und ein letztes Mal meinen Untermieter geküsst. Ich habe eine WhatsApp-Gruppe gegründet, ein Bündel US-Dollar in kleinen Scheinen in der Tasche und bin entgegen aller Logik und Vernunft frisch vergeben. In meinem Herzen habe ich eine Wagenladung voller guter Wünsche von meiner Familie, meinen Freunden und Kollegen.

      Meine Gefühle könnten gemischter nicht sein. Aber ich freue mich wirklich, dass es jetzt endlich losgeht. Paul öffnet die Tür. Morgen starte ich mit ihm in Richtung Osten.

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      Mein Zuhause auf vier Rädern für die kommenden Monate steht vor dem Haus. Ein weißer Land-Rover Defender 110. Einer der letzten seiner Art, dessen Bau Ende 2015 eingestellt wurde. In fast 70 Jahren sind mehr als zwei Millionen Exemplare vom Band gelaufen. Auf dem Dach haben wir ein Zelt, Wassertanks und eine Kiste für Feuerholz. Der hintere Innenraum ist ausgebaut mit einer Kühlbox und stabilen Kisten mit Deckeln. Eine davon für mich – erleichtert stelle ich fest, dass für meinen Turnbeutel voller Medikamente noch Platz in einer weiteren Kiste ist. Eine Rückbank gibt es in unserem Gefährt nicht mehr. Was sich zum Teil alles in den Behältern befindet, soll sich für mich erst nach und nach herausstellen. Nach dem Frühstück laden wir unser Gepäck in den Wagen. Ich sortiere nun wirklich zum allerletzten Mal Überflüssiges aus. Was mitfährt, sind: Klamotten, Kulturbeutel, Kamera, Reiseführer, Apotheke, etwas Kleinkram. Und eine Jahresration Tampons. (Ich weiß, dass ich wahrscheinlich auch diese überall auf der Welt kaufen kann – trotzdem.) Ich stelle fest, dass ich nun zum ersten Mal seit Jahrzehnten keine Schlüssel mehr bei mir habe. Ich besitze keinen Wohnungsschlüssel und keinen Autoschlüssel mehr. Ein merkwürdiges, aber befreiendes Gefühl. Ich habe mein Leben vorübergehend einmal komplett aus seinen Angeln gehoben und bin gespannt, was daraus wird.

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      Endlich dreht Paul den Zündschlüssel – wir starten! Nach all den Monaten der Vorbereitung liegen nun 40.000 Kilometer und mehr als 15 Länder vor uns. Von jetzt an vertraue ich mich voll und ganz einem Menschen an, den ich kaum kenne – seinen Fahrkünsten, seinem Orientierungssinn, seiner Geduld. Vom Armaturenbrett schaut uns Königin Elisabeth II. an, als kleine solarbetriebene winkende Figur. God save the Queen und uns hoffentlich auch.

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      Unsere ersten Kilometer führen uns zur Autobahn. Dort pendelt sich unsere Geschwindigkeit bei 120 km/h ein. Obwohl sich die Rückenlehne nicht verstellen lässt und die straffe Federung nicht gerade rückenfreundlich ist, sitze ich überraschend bequem.

      Paul und ich reden über die ersten Etappen unserer Route. Einzig unsere erste Übernachtung steht bereits fest: Stralsund. Paul hat uns ein Doppelzimmer im „Hiddenseer Hotel“ gebucht. Da wir ohnehin die nächsten Monate immer wieder gemeinsam in einem Dachzelt übernachten werden, kann ich damit leben.

      Wir arbeiten uns ab jetzt Stück für Stück nach Osten. Ich bin voller Vorfreude auf das, was vor mir liegt (trotzdem vermisse ich meinen Untermieter jetzt schon).

      Um unseren nächsten Halt Danzig in Polen zu erreichen, nehmen wir die kostenlose Autofähre bei Swinemünde. In Danzig haben wir eine ganz bezaubernde Unterkunft: das Hotel Goldwasser in einem verwinkelten Altbau mit knarzenden Böden. So schön wie das Hotel ist auch die Stadt: Am Morgen liegen die Straßen noch schlafend im Nebel vor uns. Wir gehen auf eine Erkundungstour. Alte Klinkerbauten mit verschnörkelten Zinnen und kleinen Treppchen zieren den historischen Stadtkern.

      Noch am gleichen Tag geht es weiter. Wir durchqueren die Masuren, eine polnische Seenlandschaft. Ein Warnschild mit einem Elch säumt die Straße – „Uwaga na łosie!“ Vorsicht vor Elchen! Ich hoffe, dass wir auf eines dieser einzigartigen Tiere treffen, aber leider haben wir kein Glück.

      Da wir uns noch in EU-Gebiet befinden, sind die Grenzübergänge unspektakulär einfach. Wir reisen ungehindert in Litauen ein und übernachten in der Nähe von Marijampolė im Hotel Vingis. Ein Geisterhotel – wir scheinen die einzigen Gäste zu sein und ich grusle mich ein wenig. Als wir abends zum Essen in den Ort fahren, frage ich mich zum ersten Mal, ob man dieses Auto eigentlich auch von innen verriegeln kann. Hier ist es wirklich finster! Die Stadt, auf Deutsch Mariampol genannt, ist eine kleine Industriestadt und überhaupt nicht touristisch. Wir werden eher kritisch beäugt. Auf der Speisekarte fällt auf, dass die Vokale weniger werden, aber immerhin können wir die Buchstaben noch entziffern.

      Wir brechen früh am nächsten Morgen auf. Schusselig wie ich bin, vergesse ich das teure Duschgel, das ich vor ein paar Tagen zum Abschied geschenkt bekommen habe, im Hotel. Mal sehen, wie ich mich in den nächsten Monaten so schlage. Solange mir nur solche Dinge wie Duschgel abhandenkommen, ist alles gut.

      Die letzte unbewachte Grenze – Latvija, Lettland – liegt mitten in einer staubigen Baustelle. Wir versuchen eine Übernachtung auf einem Boot zu buchen, aber der See im Nationalpark Rāzna im Osten des Landes ist noch zugefroren. Wir haben bereits Ende März, aber das Klima ist hier schon ein anderes. Auf dem See sitzen kälteresistente Eisfischer vor winzigen Löchern im dicken Eis. Mit baldigem Tauwetter ist also nicht zu rechnen. Stattdessen übernachten wir in einem Hotel in Rēzekne. Egal ob beim Hotel-Check-In, Essen oder Fragen nach dem Weg – die Menschen zeigen sich uns gegenüber offen und freundlich. Auch Paul und ich kommen gut miteinander aus. Wir wechseln uns beim Fahren ab und führen Gespräche über alles Mögliche. Was unsere Musikgeschmäcker angeht, gibt es sowohl Überschneidungen als auch Differenzen und wir werden uns immer irgendwie einig. Das ein oder andere behalte ich um des Friedens willen für mich. Beispielsweise sucht Paul stets über Google und Tripadvisor nach Restaurants in der Nähe. Ich bezweifle, dass in diesem und den noch folgenden Ländern alle Google-Einträge aktuell und ansatzweise vollständig sind.

      Zudem umtreibt mich noch ein weiterer Punkt: Im Auto hat Paul ein Geheimfach für wichtige Dokumente eingebaut. Ich frage mich, was passiert, wenn einfach das ganze Auto samt Geheimfach gestohlen wird. Aber auch das behalte


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