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Seidenstadt-Schweigen. Ulrike RenkЧитать онлайн книгу.

Seidenstadt-Schweigen - Ulrike Renk


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irgendwo. Ich such nachher. Magst du ein Glas Wein?«

      »Ein Bier wäre mir lieber.«

      »Hab ich auch. Geh schon mal auf den Balkon.«

      Oliver blieb am Geländer stehen. Er wischte sich über das Gesicht, schaute in die Gärten, ohne etwas wahrzunehmen. War es richtig gewesen, zu Sabine zu fahren? Die Kollegen hielten zusammen, waren wie eine Familie. Sie kannten sich in Ausnahmesituationen, manchmal kannten sie sich besser als der Partner zu Hause. Er hatte jemanden zum Reden gesucht und Sabine war ihm als Erstes eingefallen. Ohne großartig nachzudenken, war er zu ihr gefahren.

      »Hier.« Sabine reichte ihm die Bierflasche. In der warmen Luft des Augustabends bildete sich sofort eine Kondensschicht auf der kalten Flasche. Oliver nahm sie, öffnete sie mit seinem Feuerzeug und trank einen großen Schluck. Er machte einen fahrigen Eindruck, wirkte unglücklich.

      »Setz dich doch.« Sabine wies auf die Alustühle und den kleinen Bistrotisch. Sie zündete zwei Teelichter an, die dort standen.

      »Vera hat Schluss gemacht.« Oliver lehnte sich mit dem Rücken an das Geländer, trank noch einen Schluck.

      »Wann?«

      »Vor einer Stunde. Sie war gestern bei mir, wollte mit mir reden. Sie ist fertig mit ihrer Ausbildung und ich war der Meinung, dass sie sich hier oder in der Umgebung auf eine Stelle bewirbt. Will sie aber nicht. Sie will das Bundesland wechseln.«

      »Oh, das ist gar nicht so einfach.«

      »Nein, ist es nicht. Aber möglich. Ihr Traum, das hat sie mir gestern gesagt, war schon immer, am Meer zu wohnen.«

      »Gestern? Ach. Ihr kennt euch schon knapp zwei Jahre und gestern erzählt sie dir ihren Lebenstraum?«

      »Ich habe es auch erst nicht begriffen. Wir haben uns gestritten. Heute hat sie mir dann gesagt, wenn ich nicht mitgehe, dann war es das.«

      »Ein Ultimatum?« Sabine schüttelte den Kopf. »Kannst du dir vorstellen, hier wegzugehen?«

      »Keine Ahnung. Hat sich aber auch erledigt. Es war nur ein vorgeschobener Grund. Sie hat da oben jemanden kennen gelernt. Er arbeitet in Kiel.« Wieder trank Oliver. Diesmal leerte er die Flasche.

      »Willst du noch eins?«, fragte Sabine.

      Er nickte stumm.

      Sabine holte das Bier, drückte es ihm in die Hand.

      »Sie wollte gar nicht, dass ich mitkomme, suchte nur einen Aufhänger für einen Streit, einen Grund für die Trennung.«

      »Miese Masche.« Sabine schluckte. Sie war nicht gut darin, andere zu trösten. »Hast du Hunger?«

      »Hunger?«

      »Ich wollte gerade kochen.« Sabine überlegte kurz. »Nudeln.«

      »Klingt gut. Kann ich helfen?« Oliver folgte ihr in die Küche und ließ sich auf einen Stuhl sinken. Er stützte die Arme auf den Tisch und vergrub den Kopf in den Händen.

      Schweigend setzte Sabine Wasser auf. Ihr wollte nichts Tröstliches einfallen. Ein ›sei froh, dass du sie los bist‹ erschien ihr zu platt.

      Schließlich setzte sie sich neben ihn und legte den Arm um seine Schulter. »Sei traurig. Du hast das Recht dazu. Dann sei wütend. Hasse sie, verdamme sie, trauere um sie. Irgendwann lässt der Schmerz nach.«

      »Vermisst du Martin?«

      »Nein«, log sie.

      »Hast du noch ein Bier?«

      »Eins oder zwei. Sonst nur Wein.«

      »Ich nehme alles, was mich über die Nacht bringt.«

      Zwei Stunden später deckte Sabine Oliver mit einer Wolldecke zu. Er hatte schon geschnarcht, bevor sein Kopf das Kissen auf dem Sofa berührte. Nur mit Mühe hatte sie ihn ins Wohnzimmer verfrachtet.

      Als er am nächsten Morgen aufwachte, stand die Sonne schon hoch am Himmel. Das Licht schien in seinen Augen zu explodieren und seine Zunge klebte am Gaumen. Mühsam hob er den Kopf, drückte eine Hand gegen die Schläfe, hinter der es schmerzhaft pochte.

      Er hatte Schwierigkeiten sich zu orientieren. Wo war er? Was war passiert? Stöhnend richtete er sich auf und kämpfte gegen die Übelkeit an. Er war nicht zu Hause, aber wo dann?

      Nach und nach begriff er, dass er in Sabines Wohnung war. Die Erinnerung an den gestrigen Abend kehrte bruchstückhaft zurück. Er hatte Sabine sein Herz ausgeschüttet, weil Vera sich von ihm getrennt hatte. Sabine gab ihm Bier und später fand sie noch eine Flasche Ouzo. Seine Erinnerungen endeten in der Küche, wie er ins Wohnzimmer gekommen war, wusste er nicht.

      Ihm wurde klar, dass es schon spät am Vormittag sein musste und er eigentlich im Dienst war.

      »Scheiße, Scheiße, Scheiße.« Brackhausen stand auf, tastete sich an der Wand entlang zur Küche. Sein Mund war trocken und die Zunge wie Sandpapier. Der Nachdurst quälte ihn gewaltig. Auf dem Küchentisch lag ein Zettel, daneben eine Packung Aspirin.

      »Ich habe dich krankgemeldet. Im Badezimmer ist eine neue Zahnbürste. Gruß, Sabine.«

      »Gott sei Dank«, murmelte er, beugte sich über die Spüle, drehte den Wasserhahn auf und trank.

      9. Kapitel

      Herbst 1939

      »Liebe Mutti, …« Fritz saß an dem wackeligen Schreibtisch in dem Zimmer, das er sich mit Alfred Peerhoven teilte. Es war der dritte Versuch, seiner Mutter einen Brief zu schreiben. Zwei Bögen Papier lagen zerknüllt auf dem Boden.

      »Liebe Mutti,

      nun habe ich die Grundausbildung hinter mich gebracht. Es war eine gute Zeit, besser als die Monate davor beim Reichsarbeitsdienst. Keine Feldarbeit mehr, sondern Kopfarbeit. Natürlich haben wir auch Sport gehabt und mussten uns körperlich verausgaben. Marschieren mit voller Ausrüstung ist ganz schön anstrengend und die Geländeübungen und der Gefechtsdienst erst. Nur gut, dass du mir hin und wieder Pakete hast zukommen lassen. Die Speckseiten waren köstlich.« Er kaute an seinem Füller. Es gab so viel, was er hätte schreiben wollen, doch seine Eltern würden ihn nicht verstehen.

      »Jetzt bin ich an der Offiziersschule in der Nähe von Hannover. Wünstorf, falls du auf der Karte nachschauen möchtest.

      Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Natürlich weiß ich, dass Vati und du gerne mit mir darüber gesprochen hättet. Ich weiß auch, dass Vati ärgerlich sein wird. Er hat mir sehr deutlich klar gemacht, dass er nichts von dieser Laufbahn hält, dass er mich lieber zu Hause hätte, damit ich das Geschäft übernehme. Nun sind die Zeiten aber nicht danach. Letzte Woche sind wir in Polen einmarschiert. Wir haben das schon lange geahnt, lange befürwortet. Es ist Krieg und wir werden ihn gewinnen. Meine Zukunft liegt in der Armee. In ein paar Monaten werdet ihr meine Entscheidung verstehen und begrüßen, da bin ich mir sicher.

      Dies hier ist die Panzertruppenschule. Ihr habt richtig gelesen. Ich werde in den nächsten Monaten am Panzerspähwagen ausgebildet und ein Aufklärer sein.

      Vielen Dank, Mutti, für die Zeitungsausschnitte. Mich interessiert natürlich sehr, was in der Heimat passiert. Zu gerne wäre ich am 9. November letzten Jahres dabei gewesen.

      Einer meiner Kameraden war auf Sonderurlaub, da seine Mutter verstarb. Er hat mir vom Brand der Synagoge erzählt. Mann, was habe ich ihn beneidet.« Er las die letzten Sätze noch mal, überlegte, sie durchzustreichen. Sein Vater beschäftigte Juden in der Weberei. Darüber hatten sie schon oft heftig gestritten. »Ich sehe den Menschen und nicht seine Herkunft«, argumentierte sein Vater. »Sie sind fleißig und gut ausgebildet.« Fritz konnte darüber nur den Kopf schütteln.

      »Ich habe jetzt einen Weg beschritten, um das Vaterland zu schützen. Seid stolz auf mich! Ich hoffe, dass ich die Ausbildung schnell schaffe und noch eine Chance habe, an der Front eingesetzt zu werden.

      Heil Hitler

      Euer Fritz.«

      Noch


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