Krimi Paket 10 Thriller: Mord ist kein Vergnügen. Pete HackettЧитать онлайн книгу.
bedachte Dorothy ihr Gegenüber mit einem kalten abschätzenden Blick, der Sally ein wenig frösteln ließ. Es war ein eisiger, durchdringender Blick, mit dem die alte Dame sie bis den Grund ihrer Seele zu prüfen schien...
Aber Sally hielt dem Blick stand.
Dann entspannte sich das Gesicht der Herrin von Carson Manor ein wenig. Sie versuchte ein Lächeln, was ihr nicht sonderlich gelang.
"Sie werden sich vermutlich über mein Ansinnen etwas wundern, habe ich recht?"
Sally zuckte die Achseln.
"Es ist Ihre Sache. Sie brauchen mir keine Rechenschaft darüber abzulegen."
"Ich möchte aber", erklärte Dorothy. "Auch um Ihretwillen..."
"Um meinetwillen?" Jetzt war Sally perplex. Was sollte das denn heißen?
"David ist nicht der charmante junge Mann, als der er Ihnen vielleicht bis jetzt erschienen ist. Ich habe gesehen, wie er Sie angeblickt hat..." Die alte Dame sah Sally sehr ernst an und beugte sich etwas vor. "Wissen Sie, alle Welt wartet eigentlich nur darauf, dass ich sterbe und endlich dieses Anwesen unter den Hammer kann... Alle, die sich irgendeinen Vorteil davon versprechen, insbesondere meine Verwandtschaft."
"Aber David...", wollte Sally einwenden.
"Gerade David!", erwiderte Dorothy kalt. "Er sähe mich lieber heute als morgen tot oder in einer Irrenanstalt..."
"Nun, ich kenne Ihren Neffen noch nicht allzu lange..."
"Lange genug offenbar, dass er Sie bereits für sich eingenommen hat, Miss Rogers", war die düstere Erwiderung der alten Dame. Ihre Hände waren dabei wieder so sehr zusammengekrampft, dass die Knöchel weiß hervortraten. "Das ist so seine Art. Aber lassen Sie sich davon nicht täuschen. Hinter seiner lächelnden, herzlichen Fassade steckt eiskalte Berechnung. Er ist ein Mann, der sehr talentiert ist - deshalb hat Arthur ihn auch seinerzeit bereits in sehr jungen Jahren in die Firma geholt. Aber er sucht nur seinen eigenen Vorteil. Und dafür würde er über Leichen gehen, wenn Sie diesen Ausdruck verzeihen..."
Sally konnte nichts sagen.
David, dieser nette, charmante Sunny-Boy in Wahrheit ein eiskaltes Monstrum? Kaum vorstellbar. Nein, Sally bildete sich einiges auf ihre Menschenkenntnis ein. Sie musste Menschen einschätzen können, wenn sie ihre Geschäfte für Jackson & Graves machte. Das war fast so wichtig wie die Sachkenntnis in Bezug auf Antiquitäten, wenn man Erfolg haben wollte. Und alles, was sie an Erfahrung hatte, sagte ihr, dass zumindest Davids Zuneigung ihr gegenüber ehrlich gewesen war...
"Haben Sie gerade zugehört, als ich David danach fragte, wie es mit der Firma geht?", fragte Dorothy.
"Ja."
"Er sagte, dass die Krise bald vorbei sei und ich mir keine Sorgen zu machen brauchte..."
"Das ist richtig."
"Aber es war eine Lüge, Miss Rogers! Im Wirtschaftsteil der Zeitung steht etwas ganz anderes! Carson Industries ist in Schwierigkeiten! Ich verstehe nichts von den Dingen, aber wenn man dem vertrauen kann, was in der Zeitung steht, dann haben diese Schwierigkeiten mit der Wirtschaftslage nichts zu tun, sondern mit Missmanagement!" Sie hob die Schultern und setzte dann bitter hinzu: "Sie sehen, er verkauft mich für dumm! Hat er Ihnen erzählt, dass er sogar schon einmal mit einem Psychiater hier war, um mich untersuchen zu lassen?"
"Nein."
"Charles, mein treuer Butler konnte das Schlimmste verhindern, sonst würde ich jetzt in einer Anstalt vor mich hindämmern - und David wäre fein raus. Man würde ihn vermutlich zu meinem Vormund bestimmen. Nach meinem Tod bekäme er ohnehin alles. Das hat Arthur leider so in seinem Testament bestimmt..."
Sally wusste nicht, was sie von alledem halten sollte, was Dorothy ihr da erzählte. Möglich, dass sie sich alles nur einbildete und unter Art Verfolgungswahn litt. Andererseits, wenn David tatsächlich versucht hatte, die alte Dame in eine Irrenanstalt zu bringen, dann warf das natürlich kein gutes Licht auf ihn.
Dorothy mochte etwas seltsam sein und ihre Ansichten darüber, ob man mit Verstorbenen in Kontakt treten konnte, waren sicher etwas unkonventionell. Aber das bedeutete noch lange nicht, dass man sie nicht so leben lassen konnte, wie sie selbst dies wollte.
"Also - Schweigen Sie, Miss Rogers", hörte sie die Stimme ihrer Auftraggeberin. "Sagen Sie ihm nicht, wie viel die Büchersammlung wert ist. Das geht niemanden etwas an. David denkt ohnehin nur, dass ich sein zukünftiges Erbe sinnlos verprasse, wenn ich einen kleinen Teil davon zu Geld mache... Aber ich brauche nunmal dringend Geld..." Ein Ruck ging durch Dorothy Carson. Danmn sagte Sie: "Ich danke Ihnen, Miss Rogers, das war alles. Ich bin sehr müde und möchte mich jetzt zurückziehen."
"Gute Nacht, Mrs Carson", sagte Sally und sah der alten Dame nach, die bei der Tür noch einmal kurz stehenblieb und Sally einen Blick zuwandte, von dem diese nicht so recht wusste, was sie davon halten sollte.
16
In der weiträumigen Eingangsdiele traf Sally auf David, der dort in einem der zierlichen Sessel platzgenommen hatte und in einer Zeitung blätterte.
Als er Sally bemerkte, legte er sie zur Seite.
"Na, die Gardinenpredigt von Tante Dorothy hat ja ziemlich lange gedauert!", witzelte er. "Darf ich raten, was sie dir gesagt hat?"
Sally lächelte matt.
"Das ist streng geheim", sagte sie und versuchte dabei einen ähnlich lockeren Ton wie David zu treffen, was ihr allerdings gründlich misslang.
"Sie hat dir gesagt, dass ich es nicht abwarten kann, dass sie stirbt oder wahnsinnig wird und ich über ihr ach so großes Vermögen verfügen kann, richtig?"
"Stimmt das denn etwa nicht?"
Er lachte.
"Aber sicher! Ich kann es gar nicht erwarten, meine Tante zu beerben! Was hältst du davon, wenn wir noch auf einen kurzen Spaziergang hinausgehen. Es ist ein wunderschöner Abend..."
Sally zögerte kurz.
Dann nickte sie. "In Ordnung, David."
Sie gingen hinaus. Der Mond stand bereits am Himmel und tauchte alles in ein fahles Licht, das irgendwie gespenstisch wirkte.
David legte den Arm um sie, während sie ein Stück den Weg entlanggingen, der zum Portal des Landhauses führte. Aber die Vertrautheit, die sie bis dahin David gegenüber empfunden hatte, war nicht mehr da. Sally konnte es nicht erklären, aber sie fühlte sich unbehaglich.
Sie schob seinen Arm von ihrer Schulter, nahm seine Hand und sah ihn an.
"Was ist los?", fragte er.
"Hast du... Hast du versucht, deine Tante in eine Anstalt zu bringen?"
David hob die Augenbrauen. Das Mondlicht fiel direkt in sein Gesicht.
"Das hat Tante Dorothy dir erzählt, nicht wahr?"
"Stimmt es?", beharrte Sally.
"Du hast sie ja nun ein wenig kennengelernt. Ich war der Meinung, dass sie Hilfe braucht. Sie hat den Tod von Onkel Arthur einfach nicht verkraftet. Und da dachte ich, dass ich ihr einen Gefallen tue..."
"Einen Gefallen?", echote Sally verständnislos.
"Ich habe einen befreundeten Psychologen mit hier her gebracht. Nur für ein Gespräch. Ich fühle mich für Tante Dorothy verantwortlich und ich wolle nicht, dass sie sich am Ende etwas antut..."
"Was ist passiert?", erkundigte sich Sally.
David zuckte die Achseln. "Zu einem Gespräch ist es nicht gekommen. Tante Dorothy hat sich eingeschlossen und erst wieder aufgemacht, als mein Freund davongefahren war... Und was das Geld angeht! Ich bin nicht scharf darauf! Schließlich verdiene ich nicht so schlecht, dass ich darauf angewiesen wäre, Tante Dorothys Erbe anzutreten. Ich bin nur dagegen, dass sie ihr Geld zum