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Tagespflegen wirtschaftlich führen. Peter WawrikЧитать онлайн книгу.

Tagespflegen wirtschaftlich führen - Peter Wawrik


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      Die vielfältigen rechtlichen Rahmenbedingungen für den Betrieb einer solitären Tagespflege, das seit Beginn bis heute im betrieblichen Alltag hohe Ausfallrisiko durch kurzfristige Absagen der Gäste und eine Konkurrenz zwischen der ambulanten Pflege und der Tagespflege bei der Abrechnung der Pflegeleistung führten vermehrt bis zum Jahr 2005 auch wieder zu Schließungen von solitären Tagespflegen.

      In den letzten zwei Dekaden betrachtete die Gesellschaft die Pflegebedürftigkeit im Alter, die im Laufe der Jahre in fast jeder Familie, Nachbarschaft oder im Bekanntenkreis vorkam, in zunehmendem Maße als „Normalität“. Ambulante, teilstationäre und stationäre Hilfen wurden immer weiter ausgebaut.

      Damit erlangte auch die Tagespflege vermehrt Anerkennung und wurde als sinnvolle Hilfe sowohl für somatische als auch an Demenz erkrankte Pflegebedürftige gesehen. Die damit verbundene Entlastung der pflegenden Angehörigen bekam parallel ebenfalls eine größere Bedeutung und Akzeptanz.

      Mit den Pflegestärkungsgesetzen I - III in den Jahren 2015 bis 2017 gab es einen weiteren deutlichen politischen Schub zur Weiterentwicklung der Tagespflege in Deutschland. Die politische Zielsetzung, Pflegebedürftige durch ein eigenes Tagespflegebudget weiter zu unterstützen und gleichzeitig auch Angehörige zu entlasten, muss als erreicht bewertet werden.

      Gab es 2013 in Deutschland 1.814 Tagespflegen mit 30.943 Plätzen, so waren es im Jahr 2017 schon 4.455 Tagespflegen mit 66.484 Plätzen.

      Tabelle 1: Tagespflegen und Plätze 2017. Quelle: Pflegestatistik 2017, Statistisches Bundesamt (Destatis) 2018.

      Alle zwei Jahre im Dezember werden deutschlandweit Pflegedaten erhoben. Die Ergebnisse der Abfrage der Pflegedaten in Deutschland, die in der Pflegestatistik 2019 (Stand 15.12.2019) zusammengefasst werden, werden im Frühjahr 2021 veröffentlicht. Es wird vermutet, dass dann die Tagespflegen in Deutschland die Anzahl von 6.000 überschritten haben.

      Hat sich die Anzahl der Tagespflegen und der Plätze zwischen 2013 und 2017 mehr als verdoppelt, so gehen wir davon aus, dass zwischen den Jahren 2020 bis 2029 die Anzahl von 6.000 Tagespflegen mit den entsprechenden Plätzen in Deutschland aufgrund regionaler Marktsättigung nur noch gering weiter steigt. Die Prognosedaten ab 2019 sind in gelben Balken dargestellt:

      Abbildung 1: Entwicklung der Tagespflegen und Plätze. Quelle: Pflegestatistik 2001 – 2017. Destatis. Ergänzt von Wawrik Pflege Consulting, 2020.

      Die Anzahl der Plätze pro Tagespflege, die Ende 2017 im Durchschnitt bei 14,92 Plätzen lag, wird sich nach unserer Prognose in den nächsten Jahren deutlich erhöhen und im Durchschnitt bei 18 bis 20 Plätzen liegen, weil eingestreute Tagespflegeplätze reduziert werden, kleine Tagespflegen aufgestockt und neue Tagespflegen mit eher 15 bis 24 Plätzen gebaut werden.

      Für die weiteren Folgejahre wird bei der Anzahl der Tagespflegen von einer abflachenden Wachstumskurve ausgegangen, da in einigen Regionen in Deutschland heute schon eine Marktsättigung an Tagespflegeplätzen feststellbar ist.

      1.1 Die Tagespflege in den einzelnen Bundesländern

      Der Föderalismus in Deutschland führte dazu, dass die Pflegeversicherung (Bundesgesetz) in den einzelnen Bundesländern verschieden umgesetzt und geprägt wurde. Dieses führte somit auch zu einem unterschiedlichen Engagement von Trägern, Tagespflegen zu planen und zu betreiben, und erhöhte oder verringerte das wirtschaftliche Risiko für den Betrieb einer Tagespflege.

      Für Pflegebedürftige und deren Angehörige als auch Mitarbeiter und Träger von Pflegeeinrichtungen ist dies zum Teil nur bedingt versteh- und erklärbar.

       Mehrere Beispiele dazu:

      1) Ausfallerstattung und Platzzahlüberschreitung: Eine teilweise Erstattung des pflegebedingten Aufwandes bei einer kurzfristigen Absage eines Tagespflegegastes gibt es heute z. B. in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein. In Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Thüringen gibt es dies aber nicht. Dafür dürfen die anerkannten Tagespflegeplätze in NRW und Bayern z. B. nach Genehmigung tageweise überschritten werden, in vielen anderen Bundesländern wiederum nicht.

      2) Heimaufsicht: Tagespflegen sind zum Beispiel in Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz von der Heimaufsicht befreit. In Hamburg, Hessen, Niedersachsen, NRW unterstehen die Tagespflegen dieser Behörde.

      3) Öffnungszeiten: Tagespflegen sind gemäß der „Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität und die Qualitätssicherung sowie für die Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements nach § 113 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI)“ in der teilstationären Pflege üblicherweise an fünf Tagen in der Woche jeweils mindestens 6 Stunden täglich geöffnet. Dies ist in einer Reihe von Bundesländern so auch übernommen worden. In Thüringen besteht für Träger von Tagespflegen die Pflicht, die Tagespflege mindestens 8 Stunden am Tage geöffnet zu halten.

      4) Buchungsmöglichkeiten: In Bayern können Träger dem Tagespflegegast im Rahmen ihrer Konzepte unterschiedliche Angebote unterbreiten: einen halben Tag bis 4,5 Stunden Aufenthalt in der Tagespflege und zwei Möglichkeiten bis zu 9 Stunden und über 9 Stunden. In den anderen Bundesländern gibt es dies nicht.

      Die Anzahl der Tagespflegen in den einzelnen Bundesländern und die Versorgungsdichte mit Tagespflege-Plätzen pro Einwohner über 65 Jahre als potenzielle Zielgruppe sind in einer Abfrage vom Autor zusammen mit dem Vincentz-Network Anfang 2019 zusammengestellt worden:

      Tabelle 2: Tagespflegen und Plätze in den einzelnen Bundesländern. Stand: Frühjahr 2019, Abfrage von Vincentz Network bei den AOK Landesverbänden 10/18 bis 01/19. Zusammengestellt und ergänzt durch Wawrik Pflege Consulting.

      Statistisch gesehen gibt es derzeit die größte Versorgungsdichte an Tagespflegeplätzen für Menschen über 65 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Bremen. Deutlich unterdurchschnittlich wird dies für Hessen, Hamburg und Bayern mit entsprechendem Nachhol- und Entwicklungsbedarf ausgewiesen.

       UnserTipp

      Für Planungen von neuen Tagespflegen sollten vorab jeweils Marktanalysen im Umkreis von ca. 25 Kilometer durchgeführt werden, die die Anzahl der vorhandenen Tagespflegen und Plätze, die Bevölkerung- und Altersstruktur und die möglichen Synergieeffekte des Trägers berücksichtigen.

      1.2 Perspektiven der Tagespflege für die Zukunft

      Grundsätzlich ist und bleibt die Tagespflege für Pflegebedürftige und deren Angehörige auch in Zukunft ein wichtiges teilstationäres Angebot, das die häusliche Versorgung unterstützt.

       Und wie wird es mit der Entwicklung der Tagespflegen weitergehen?

      Festzustellen ist, dass heute schon in einigen Regionen und Landkreisen in Deutschland eine „Marktsättigung“ von Tagespflegen und Plätzen festzustellen ist. So nutzen z. B. Landkreise in NRW auch ihre von der Landesregierung ermöglichte Steuerungsfunktion und definieren im Rahmen ihrer kommunalen Pflegebedarfsplanung lokale Bedarfe – oder sperren für einen bestimmten Zeitraum Regionen oder Stadtbereiche für weitere Tagespflegeplanungen und Neugründungen.

      Eine differenzierte Marktanalyse über den aktuellen und lokalen Bedarf an Tagespflegeplätzen sollte jeder durchführen (lassen), der noch eine neue oder weitere Tagespflege plant, da immer hohe Investitionsaufwendungen für den Neubau oder die Renovierung eines bestehenden Gebäudes entstehen und auch im laufenden Betrieb ein wirtschaftliches Risiko


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