Tod in Amsterdam. Ben KossekЧитать онлайн книгу.
unsere Indizien zu hieb- und stichfesten Beweisen werden, die dann auch endlich für eine Verurteilung ausreichen. Es wäre auch für Sie von Vorteil, wenn sie uns in dieser Sache unterstützen könnten.“
„Ich kann das nicht. Ich habe keine Lust zu sterben, verstehen Sie?“ Auf Brosinskis Stirn bildete sich ein Schweißfilm, der durch das schummrige Licht der Hängelampe über dem Tisch noch mehr glänzte. Nervös fingerte er eine Packung Zigaretten aus seiner Hosentasche. Elsa gab ihm Feuer und legte ihm dann beruhigend die Hand auf dem Unterarm.
„Ohne Ihre Hilfe sind wir ziemlich machtlos, und solange diese Kerle ihr Unwesen treiben, sind auch Sie nicht mehr sicher. Selbst wenn die nur annehmen, dass Sie geplaudert haben, ob es nun stimmt oder nicht, ist Ihr Leben in ständiger Gefahr. Diese Angst hat für Sie nie ein Ende! Wollen Sie denn jeden Augenblick ihres Lebens mit dem Schlimmsten rechnen müssen? Möchten Sie ständig über die Schulter schauen, ob man Sie verfolgt, beobachtet oder bedrohen will?“ fragte Elsa mit eindringlicher und zugleich mahnender Stimme.
„Nur wenn wir diese Leute hinter Gitter bringen können, sind auch Sie wieder sicher. Aber Sie müssen uns helfen“, soufflierte Brandstetter, „ohne die Mitarbeit von Ihnen und den anderen Zeugen werden wir nicht viel erreichen. Alles bleibt dann beim Alten, auch ihre ständige Bedrohung lebt weiter.“
„Sie werden auch die anderen befragen?“
„Ja, jeden einzelnen. Und ich sage Ihnen, dass wir nicht eher ruhen werden, bis wir die erforderlichen Beweise haben, darauf können Sie sich verlassen, ob mit oder ohne Ihre Hilfe. Aber wenn Sie mitmachen, wäre es für uns wesentlich einfacher.“
„Und welche Sicherheiten habe ich, wenn ich auspacke?“
Von diesem Augenblick an wusste Elsa Groninger, dass Roman Brosinski zumindest in Erwägung zog, doch mit Ihnen zu reden. Nun galt es, die Worte vorsichtig zu wählen.
„Die Sicherheit, dass Sie danach wieder ein Leben ohne Angst führen können“, sagte sie. „Erst wenn aufgrund unserer Recherchen eine Festnahme aller Beteiligten erfolgt ist und es wirklich zum Prozess kommt, werden wir Ihre Aussage und die der anderen Zeugen veröffentlichen. Vorerst sind Sie für uns eine anonyme Quelle. Ihre Identität werden wir nicht preisgeben. Darauf haben Sie unser Wort. In einem möglichen Prozess würden Sie dann allerdings aussagen müssen, denn wenn Sie das nicht tun, war alles umsonst.“
„Verdammt, ich habe es irgendwie geahnt. Es führt zu nichts Gutem, wenn ich Sie reinlasse. Ich hab’s ja geahnt!“ Nun stand Roman Brosinski auf und ging unruhig in seinem Wohnzimmer auf und ab. Devil spitzte derweil die Ohren und man konnte fast sehen, wie er die Gefühlslage seines Herrchens instinktiv spürte. Eine angespannte Stille herrschte im Raum. Würde Brosinski einer Aussage zustimmen? Wie würde er sich jetzt entscheiden? Es vergingen zwei endlose Minuten, bevor er neben Elsa Groninger stehenblieb und die erhofften Worte sagte:
„Also gut. Ich habe Ihr Wort, Frau Groninger?“
„Ja, von uns beiden. Hundertprozentig! Bekanntgabe der Namen erst, wenn der Prozess tatsächlich stattfindet. Ansonsten bleiben Sie eine anonyme Quelle.“
„Dann los, bevor ich es mir nochmal anders überlege.“ Seine Entschlossenheit war greifbar, als er sich zu den beiden Journalisten an den Tisch setzte. Die schwarzen Augen von Devil verfolgten aufmerksam jede seiner Bewegungen.
„Dürfen wir Ihre Aussage auf Band aufzeichnen, Herr Brosinski?“ erkundigte sie Heino Brandstetter.
Noch einmal ein kurzes Zögern, dann ein entschlossenes Nicken. Brosinski stand noch einmal auf, ging zu einer Anrichte neben dem Tisch und zog einen schwarzen Ordner aus einer der Schubladen. Dann setzte er sich wieder an den Tisch. Heino Brandstetter holte ein Aufnahmegerät hervor und schaltete es ein. Dann begann Roman Brosinski, nachdem er sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn gewischt hatte, mit langsamen Worten:
„Alles begann am 4. September 2014, einem Donnerstag. Ich weiß es noch wie heute. Ich war gerade dabei, ein Angebot für die Reparatur einer meiner Hallen zu prüfen, als ich etwa gegen 9 Uhr einen Anruf von meinem Makler erhielt. Er sagte, er hätte nun endlich einen Interessenten für meine beiden Hallen hier in Neuss-Süd, die er in meinem Auftrag schon seit über zwei Monaten zur Vermietung angeboten hatte. “
„Und der Name des Maklers?“
„Karl Josef Steuler, Industrie-Makler in Kaarst. Er sagte nur, dass es sich bei dem Interessenten um eine niederländische Spedition handele, die in erster Linie Firmenumzüge vom und ins Ausland durchführen würde und meine Hallen als Zwischenlager nutzen wollte. Der Name der Spedition sei Van de Heijden. Ich stimmte einem Termin am nächsten Tag um 10 Uhr 30 zu. Als ich das Büro des Maklers betrat, war der Niederländer bereits da. Nach der Begrüßung fragte er sogleich, ob ich die Hallen auch auf einen längeren Zeitraum, er dachte dabei an zehn Jahre, vergeben würde. Da das Mietpreisangebot sehr großzügig ausfiel, war ich natürlich sofort einverstanden und wir unterzeichneten direkt den Vertrag. Für mich bedeutete das einige Jahre keinen Vermietungsstress. Die Schlüssel wurden übergeben und damit war die Sache für mich erledigt.“ Er öffnete seinen Ordner und holte eine Kopie des Vertrages mit Daan Van de Heijden heraus, die er vor Elsa und Heino auf den Tisch legte.
„Können wir eine Kopie des Vertrages von Ihnen erhalten?“ fragte Heino Brandstetter, nachdem er das Dokument überflogen hatte.
„Das ist eine Kopie. Nehmen Sie die, Sie können sie behalten. Das Original liegt unter Verschluss bei meinem Anwalt – nur zur Sicherheit, versteht sich.“
„Hatten Sie ihm bei Übergabe alle Schlüssel der Hallen überlassen?“ wollte Elsa noch wissen.
„Nein. Einen Schlüssel halte ich immer für Notfälle zurück wie beispielsweise Brand oder Einbruch. Ist zwar nicht in Ordnung, aber wenn dort irgendetwas passiert, kann ich notfalls mit Abstimmung der Mieter handeln. Ich nutze die Schlüssel jedoch nicht, um die Hallen meiner Mieter zu betreten und um dort herumzuschnüffeln. Nicht, dass Sie das meinen. Manche Hallen werden tage- und wochenlang von ihren Nutzern nicht betreten. Da kann schon mal was passieren.“
„Und Van de Heijden wusste das?“
„Nein, natürlich nicht. Dann, irgendwann Anfang Februar des folgenden Jahres, hat mich ein Bekannter aus der Branche angerufen und mir erzählt, ich solle mal ein Auge auf meine beiden Hallen in Neuss-Süd haben, dort würden seltsame Aktivitäten stattfinden.“
„Wer war der Bekannte?“
„Müssen Sie das denn wirklich alles wissen?“ Roman Brosinski war es etwas unbehaglich zumute. Eigentlich wollte er nicht, dass sein Bekannter, mit dem er auch noch gut befreundet war, da mit reingezogen wurde.
„Ja, wäre schon besser. Aber das heißt noch lange nicht, dass auch alle Namen später öffentlich werden. Wir fragen nur, um dort nochmal nachhaken zu können, falls noch etwas unklar ist.“
Den wahren Grund wollte Elsa nicht nennen. Aber am Ende war es wichtig, dass die Beweiskette lückenlos und gut nachvollziehbar war. Und dazu gehörte jeder noch so kleine Hinweis, vor allem auf die beteiligten Personen. Außerdem hatten Elsa und Heino inzwischen den Eindruck, dass das Reden ihrem Zeugen doch guttat und er erleichtert wirkte. Und je mehr Informationen sie bekamen, desto besser! Aber der Mann brauchte nicht alle Einzelheiten zu wissen.
„Den Tipp gab mir Walter Boenicke. Wir kennen uns seit vielen Jahren. Er hat dort ganz in der Nähe ebenfalls einige Objekte vermietet, die er regelmäßig aufsucht.“
„Was haben Sie danach gemacht, als Sie diese Information erhalten hatten?“ fragte Brandstetter.
„Ich habe mir diese Aktivitäten zusammen mit Boenicke mal angesehen, natürlich nur aus der Ferne. Aber was dort passierte, war schon äußerst merkwürdig. Eines Abends standen dort zwei Geländewagen, ein weißer Porsche und drei Zugmaschinen mit Hängern. Eine gehörte Van de Heijden, die beiden anderen einer Spedition namens Steelmans Transporten. Wir haben beobachtet, das aus dem Fahrzeug von Van de Heijden und aus einer der Lagerhallen jede Menge Kisten, alle in gleicher Form und Größe auf die Lastzüge von Steelmans Transporten verladen wurden. Erstmal