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Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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Sophienlust und in ihrer eigenen Familie stark in Anspruch genommen war, konnte sie nicht ständig über Renis Tun und Treiben wachen. Vielleicht hätte sie sonst an diesem sonnigen Mittag Einspruch erhoben, als Henrik die Kranke zu einem gemeinsamen Ritt über die Felder aufforderte.

      »Magst du mit mir reiten, Tante Reni? Du kannst Muttis Pferd haben. Sascha sagt immer, dass es viel zu wenig bewegt wird.«

      Reni stand auf und schaute in den Wandschrank. Sie stellte fest, dass Emmi ihr das Reitzeug mitgeschickt hatte – aus welchem Grund auch immer. Die Vorstellung, mit dem blonden Jungen ein bisschen durch die warme Frühsommerluft zu traben, hatte eine gewisse Verlockung für sie. In Hellendorf war sie täglich ausgeritten.

      »In Ordnung, Henrik. Reiten wir«, sagte sie leise. »Ich muss mich nur umziehen.«

      »Ich auch, Tante Reni. In zehn Minuten hole ich dich ab.«

      Unbemerkt verließen die beiden das Haus. Ein Stallbursche sattelte Denises Pferd und Henriks Pony. Henrik legte dabei mit Hand an, wie es sich für einen richtigen Reiter gehörte. Er kramte sogar ein Stück Zucker für sein Pony aus der Tasche seiner Reithose.

      Im strahlenden Mittagssonnenschein ritten die beiden Seite an Seite langsam vom Hof. Reni tat die körperliche Betätigung gut. Sie spürte den weichen Wind auf ihren Wangen und empfand vielleicht zum ersten Mal seit Gittis Tod, dass sie noch jung und voller Leben war.

      Henrik fand das Tempo zu beschaulich und verfiel in Trab. Reni schloss sich ihm an. Auf einer Wiese wurde der Trab sogar zum Galopp. Erst als sie den Wald erreichten, zügelten sie ihre Tiere.

      »Da drüben kommt Irmela«, rief Henrik plötzlich aus. »Sie ist die beste Reiterin von Sophienlust. Nach Nick natürlich.«

      Reni erblickte das blonde Mädchen, das in tadelloser Haltung zu Pferde saß, nun auch. »Sie war früher in Indien«, berichtete Henrik mit wichtiger Miene. »Dort hat sie in einer englischen Schule reiten gelernt. Ihre Mutti und ihr zweiter Vati sind immer noch in Indien. Aber Irmela bleibt bei uns in Sophienlust, weil sie in Deutschland studieren möchte.«

      Irmela war nun herangekommen und hob grüßend ihre kleine Gerte. Sie gehörte zu den größeren Kindern von Sophienlust. Nick hatte ihr erzählt, dass Reni von Hellendorf bei seinen Eltern zu Gast sei. Auch der tragische Tod von Renis Tochter war ihr bekannt.

      »Du kannst gut reiten«, sagte Reni freundlich zu Irmela. »Henrik hat mir gerade erzählt, wieso.«

      Irmela lächelte. »Ich tu’s schrecklich gern. Wenn ich mit den Schularbeiten fertig bin, muss ich in den Sattel.«

      Das blonde Mädchen schloss sich den beiden an, und Reni empfand Irmelas Nähe durchaus nicht störend. Am Ufer des großen Sees legten sie eine Rast ein. Die Pferde rupften junges Gras, die Reiter saßen auf einem gefällten Stamm. Reni fragte Irmela ein wenig aus und erfuhr vom Tod ihres Vaters, der in Indien als Arzt tätig gewesen war.

      »Jetzt ist Mutti wieder glücklich«, schloss Irmela lächelnd ihren Bericht. »Zuerst war ich eifersüchtig, als sie zum zweiten Mal heiraten wollte.«

      Reni hörte zu und versuchte, sich das Schicksal dieses sympathischen Mädchens vorzustellen. Ob sie nicht manchmal Sehnsucht nach der Mutter habe, fragte sie.

      »Nächstes Jahr kommen meine Eltern nach Europa auf Urlaub«, berichtete Irmela fröhlich. »Und im Jahr darauf werde ich vielleicht in den großen Ferien nach Bombay fliegen.« Irmela warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und stieß einen kleinen Schrei aus. »Höchste Zeit, Henrik! Wir sitzen hier gemütlich und erzählen, während in Sophienlust eine Geburtstagsfeier ist.«

      Henrik sprang sofort auf die Füße. »Mensch, dass ich das vergessen konnte! Wo doch heute Magdas Geburtstag ist. Was soll ich jetzt bloß machen, Tante Reni?«

      »Wieso?«, fragte Reni etwas verständnislos.

      »Na, ich muss natürlich so schnell wie möglich nach Sophienlust. Erstens gehört es sich, weil es ausgerechnet Magdas Geburtstag ist, und zweitens hat sie bestimmt fantastische Torten gebacken. Aber ich darf dich auch nicht allein lassen. Ein Herr muss eine Dame immer nach Hause bringen.«

      Irmela und Reni tauschten einen Blick. Sogar um Renis sonst so ernsten Mund spielte der Anflug eines Lächelns, denn es war wirklich rührend, dass Henrik sich als »Herrn« betrachtete.

      »Warum kommen Sie nicht einfach mit zur Geburtstagsfeier, Frau von Hellenbach?«, fragte Irmela unbefangen.

      Reni zögerte. Einerseits scheute sie davor zurück, mit vielen fröhlichen Leuten zusammenzutreffen, andererseits erschien es ihr wenig verlockend, den Rückweg nach Schoeneich allein antreten zu müssen. Insofern hatte Henrik mit seiner Bemerkung gar nicht unrecht gehabt.

      »Bitte, Tante Reni«, bettelte der Junge jetzt. »Es gibt bestimmt prima Kuchen. Magda ist nämlich die beste Köchin der Welt. An ihrem eigenen Geburtstag hat sie sich sicher besonders angestrengt.«

      Es geschah eigentlich mehr aus Rücksicht auf Henrik, dass Reni schließlich doch ja sagte. Der Junge atmete erleichtert auf. Sie bestiegen ihre Pferde und ritten in scharfem Trab nach Sophienlust, wo zwei lange Tafeln im Freien gedeckt waren.

      Die Reiter kamen gerade im rechten Augenblick. Das Ehepaar von Schoenecker war bereits eingetroffen. Auch Andrea und Dr. Hans-Joachim von Lehn fehlten nicht. Selbst die Huber-Mutter, eine uralte weise Kräuterfrau, die ihren Lebensabend in Sophienlust verbrachte, hatte zur Feier dieses Tages ihr Zimmer verlassen und saß in ihrem besten schwarzen Seidenkleid am oberen Ende der einen Tafel.

      Die drei Reiter wurden herzlich begrüßt. Denise verlor kein Wort darüber, dass sie sich um Reni gesorgt hatte. Pünktchen aber lief ins Haus und holte ein weiteres Gedeck für den neuen Gast.

      Reni wurde mit der größten Selbstverständlichkeit in den frohen Kreis aufgenommen. Magda ließ es sich nicht nehmen, ihre Torten selbst aufzuschneiden. Eine sah verlockender aus als die andere. Ihre berühmte Schokoladentorte war natürlich auch dabei.

      Denise wurde zwar von den Kindern vollkommen mit Beschlag belegt, fand aber doch hin und wieder Gelegenheit, Reni zu beobachten. Die junge Frau saß durch Zufall genau gegenüber von Manuela. Sie schien von dem hübschen Kind mit dem dunklen Haar und den lebhaften schwarzen Augen fasziniert zu sein. Kein Wunder. Auch Gitti hatte spanisches Blut in den Adern gehabt. Eine gewisse Ähnlichkeit zwischen ihr und Manuela war nicht zu verkennen. Außerdem war Manuela ungefähr so alt wie die verstorbene Gitti.

      Nick hielt eine Geburtstagsrede. Die Kinder riefen hoch, hoch, hoch und klatschten Beifall. Die gute Magda, die schon zu Lebzeiten Sophie von Wellentins in der großen Küche geherrscht hatte, konnte wieder einmal spüren, wie beliebt sie bei allen war.

      Die Tafel wurde erst aufgehoben, als auch das letzte Stückchen Torte seinen Weg in einen Kindermagen gefunden hatte. Anschließend riefen Schwester Regine und Frau Rennert die Kinder zu den Gesellschaftsspielen, während Wolfgang Rennert, der Sohn der Heimleiterin und Haus- und Musiklehrer, sowie dessen junge Frau Carola eine Tombola vorbereiteten, bei der jedes Kind etwas gewinnen sollte. Die Gewinne hatte Alexander von Schoenecker gestiftet. Dabei war es ihm gelungen, manchen heimlichen Wunsch eines Kindes zu erfüllen. Die jungen Rennerts mussten nun aber auch dafür sorgen, dass die einzelnen Päckchen in die Kinderhände kamen, für die sie bestimmt waren.

      Reni stand zuerst etwas abseits. In dem lustigen Trubel fühlte sie sich zwar nicht ausgeschlossen oder unglücklich, aber doch ein wenig fremd. Etwas zog sie magnetisch zu Manuela hin, die eben beim Sackhüpfen der Kleinsten eine Tafel Schokolade als Preis erhalten hatte.

      »Wie heißt du?«, fragte das Kind. »Du bist noch nie hier gewesen.«

      »Ich heiße Tante Reni. Und du?«

      »Manuela Cortez. Wohnst du auch in Sophienlust, Tante Reni?«

      »Nein, ich bin in Schoeneich zu Besuch.«

      »Ach so, bei Tante Isi. Gefällt es dir in Sophienlust?«

      »Ja, sehr.« Reni war wie verzaubert. Manuela sah Gitti zwar nicht allzu ähnlich, aber sie erinnerte sie sehr stark an ihr eigenes


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