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Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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wo sind dein Daddy und Daisy? Ist Daisy deine Schwester?«

      »Ja. Sie ist mit Daddy in der Kirche. Und Daddy ist so traurig. Und Daisy hat gesagt, Mummy sei tot und kommt nie wieder.« Jeremy begann nun wieder zu schluchzen.

      »Es ist schon so, wie Heidi sagt. Wo hast du den Jungen denn aufgelesen?«, fragte Denise das kleine Mäd­chen.

      »In der Kirche«, gestand Heidi beschämt. »Ich wollte doch nur hinter Schwester Renate hergehen und …«

      »Schon gut, Heidi.« Denise sah ein, dass dies nicht der richtige Augenblick war, Heidi wegen ihres Fortlaufens Vorwürfe zu machen. »Jeremy hat seine Mutter bei dem Flugzeugunglück verloren. Armer kleiner Jeremy.«

      »Aber er heißt doch Only Jeremy«, behauptete Heidi.

      »Only Jeremy?« Nick schüttelte den Kopf. »Only heißt auf deutsch nur. Aber ich frage ihn noch mal.«

      Jeremy erwiderte leise: »Ich heiße Jeremy.« Seine Tränen waren schon wieder versiegt. Die vielen Kinder um ihn herum gefielen ihm. Auch die liebe Dame und die andere Dame mit dem grauen Haar – damit meinte er Frau Rennert – mochte er.

      »Mutti, wir werden ihm die Eisenbahn zeigen«, schlug Nick vor.

      »Das ist ein guter Einfall, Nick. Ja, geht mit dem Jungen ins Eisenbahnzimmer. Ich werde indessen zur Kirche fahren. Vermutlich wird Jeremy dort schon vermisst werden. Schwester Regine, nicht wahr, Sie kümmern sich um den Jungen?«, bat sie die Kinderschwester, die sich inzwischen zu ihnen gesellt hatte. »Sie können doch auch Englisch?«

      Schwester Regine nickte und redete dann auf Jeremy ein, dem es immer besser in Sophienlust gefiel. Er machte sich nun keine allzu großen Ge­danken mehr um seinen Vater und seine Schwester. Und die elektrische Eisenbahn verschlug ihm dann den Atem.

      Jeremy hatte sich schon lange eine solche Eisenbahn gewünscht. Aber sein Daddy hatte immer gesagt, so eine elektrische Anlage koste zu viel Geld.

      »Ist die aber schön!«, rief er begeistert.

      Schwester Regine übersetzte seine Worte. Jeremy fragte, ob er mal den Zug fahren lassen dürfe.

      Nun waren Nick und Henrik in ihrem Element. Mit leuchtenden Augen zeigten sie Jeremy alle Hebel.

      Schwester Regine dolmetschte, soweit es nötig war. Die größeren Kinder, die schon ins Gymnasium gingen, konnten sich aber bereits ganz gut mit dem Kleinen verständigen. Schon nach wenigen Minuten schien es keine Verständigungsschwierigkeiten mehr zu geben.

      Denise wollte gerade in ihr Auto einsteigen, als sie Renate Hagen in Begleitung eines großen Mannes und eines kleinen Mädchens erblickte. Sofort erriet sie die Zusammenhänge.

      »Ist Jeremy hier?«, fragte Renate aufgeregt.

      »Er ist hier. Heidi hat ihn hergebracht.«

      Renate wandte sich an Roy. »Jeremy ist hier, wie ich angenommen hatte«, erklärte sie. »Daisy, das ist Sophienlust«, sagte sie dann zu dem Kind.

      Daisy sah sie nicht einmal an. Mit gesenktem Kopf stand sie stumm neben ihrem Vater, dessen Hand sie noch immer umklammert hielt.

      Renate stellte Roy und das Kind Denise vor. Diese fand sogleich die richtigen Worte, ohne an den schmerzlichen Verlust, den die beiden erlitten hatten, zu rühren. Roy war ihr dankbar dafür. Denn im Augenblick hätte er nicht über Mary sprechen können. Mit Daisy an der Hand folgte er Denise ins Haus.

      Erst in der Halle löste sich Daisy von ihrem Vater. Verwundert sah sie sich um und fragte leise: »Ist das hier ein Schloss?«

      »Es ist ein Kinderheim«, erwiderte Denise freundlich und öffnete die Tür zum Eisenbahnzimmer.

      Im gleichen Augenblick lachte Jeremy glücklich auf. Es war ihm gelungen, den Zug genau vor dem Bahnhof anzuhalten. Vor Begeisterung klatschte er in die Hände und rief: »Oh, das ist wundervoll. Nick, zeig mir doch noch, wie ich die Weichen stellen kann.« Seine dunklen Augen glänzten vor Freude, seine Wangen waren rosig gefärbt. »Schon lange habe ich mir eine solche Eisenbahn gewünscht.«

      »Sieh, hier ist der Hebel für die Weichenstellung«, erklärte Nick in einen etwas holprigen Englisch, weil ihm einige Fachausdrücke unbekannt waren.

      Jeremy verstand ihn trotzdem. »Lass es mich mal machen«, bat er. »Mache ich es so richtig?«, fragte er dann.

      Nick, der ihn sofort verstanden hatte, nickte.

      Schwester Regine beobachtete das Kind gerührt. Die Eisenbahn begeisterte Jeremy derart, dass er seinen großen Kummer vergessen hatte.

      »So, und nun lassen wir die Lokomotive rückwärts fahren!«, rief Fabian auf deutsch.

      Schwester Regine übersetzte seine Worte. Eifrig betätigte Jeremy wieder den Hebel. Als der Zug sich so nach seinem Willen bewegte, lachte er wieder vor Begeisterung auf.

      Daisy war fassungslos angesichts der Fröhlichkeit ihres Bruders. Wie versteinert stand sie neben ihrem Vater an der Tür. Dass Jeremy sich so heiter zeigte, wollte ihr nicht in den Kopf. Statt über den Verlust der beliebten Mummy zu weinen, lachte Jeremy übers ganze Gesicht.

      Empörung flammte in Daisy auf. Wütend lief sie zu dem Jungen hin und zog ihn hoch. »Wie kannst du nur so fröhlich sein?«, rief sie erregt. »Mummy ist doch gestorben. Sie liegt in einem Sarg in der Kirche.« Sie schluchzte verzweifelt auf. Viel hätte nicht gefehlt, dass sie ihren Bruder geohrfeigt hätte.

      Rasch griff Roy ein. »Daisy, nicht«, bat er. »Lass Jeremy in Ruhe.«

      »Ich will Mummy wiederhaben!«, schrie das Mädchen unglücklich. »Niemand hat mich mehr lieb.« Sie lief aus dem Zimmer.

      Jeremy begann nun ebenfalls laut zu schreien. Als er dann sah, dass sein Daddy ebenfalls fortlief, flüchtete er sich zu Schwester Renate. Diese setzte sich und zog den kleinen Jungen auf ihren Schoß. Beruhigend redete sie in seiner Muttersprache auf ihn ein. Allmählich versiegte Jeremys Tränenstrom. Aber seine Freude am Eisenbahnspiel war vorbei.

      Die anderen Kinder und Schwester Regine hatte diese Szene stumm beobachtet. Dann aber flüsterte Pünktchen Nick zu: »Wir müssen uns Jeremys Schwester vornehmen. Nicht wahr, sie heißt Daisy?«

      »Ja, Pünktchen. Ihr Vater hat sie so gerufen.«

      »Wir müssen ihr klarmachen, dass sie eher froh darüber sein sollte, dass Jeremy nicht so traurig ist.«

      »Das wird gewiss ihr Vater schon tun.«

      Aber Roy kam allein zurück. »Daisy ist wie vom Erdboden verschwunden. Ich weiß nicht, was in sie gefahren ist. Bisher war sie immer ein sehr liebes Kind.«

      »Der Tod ihrer Mutter wird sie so durcheinandergebracht haben, dass sie völlig außer sich ist«, erwiderte Renate leise. Dabei stiegen auch ihr Tränen in die Augen. »Ich werde sie suchen.«

      »Ich begleite Sie«, erklärte Roy.

      »Weit kann sie nicht sein«, meinte Nick. »Komm, Pünktchen, wir suchen Daisy. Oft laufen Kinder zu den Ställen, wenn sie Kummer haben.«

      »Mister Bennet und ich suchen im Park«, schlug Renate vor. »Kinder, ihr sollt euch alle an der Suche beteiligen.«

      Jeremy ließ Renates Hand auch dann nicht los, als sie das Haus verließen. Die kleine warme Kinderhand weckte mütterliche Gefühle in Renate. Roy sprach kaum etwas, als sie mit ihm durch den schönen Park ging.

      Nick und Pünktchen waren zu den Ställen gelaufen, die um diese Jahreszeit meist leer waren, denn die Pferde, Ponys und Kühe waren Tag und Nacht draußen auf den Wiesen.

      »Pst, horch mal«, flüsterte Pünktchen, als sie ein Geräusch hörte. »Es klingt wie unterdrücktes Weinen. Ich glaube, Daisy ist hier.«

      »Es scheint fast so. Lauf du dort entlang, und ich suche die Boxen auf der anderen Seite ab«, sagte Nick.

      Daisy saß auf einem Heuhaufen in der letzten Box und schluchzte in sich hinein. Pünktchen


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