Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
ist zusammen gebrochen, wie …«
Tina versagte die Stimme. Sie kämpfte mit den Tränen.
»Alles hat seine Zeit. Also wenn du reden magst, dann sollst wissen, dass wir immer für dich da sind. Vielleicht ist es wirklich besser, wenn du erst mal eine Runde Schlaf nimmst. Ich gebe dir einen schönen warmen Biwakschlafsack und eine Matte. Dann gehst hinter der Berghütte ein Stück den Hang hinauf, schlägst den Weg in Richtung ›Paradiesgarten‹ ein. Nach dreihundert Metern ist ein Felsüberhang. Dort spielen Franzi und Sebastian oft. Es ist eine schöne geschützte Stelle. Dort bist du vor Wind und praller Sonne geschützt. Da legst dich nieder und tust dich ausschlafen. Wenn du später wiederkommst, dann haben wir deine Kammer fertig.«
»Gute Idee! Bald werden die Hüttengäste wach werden und aufstehen. Ich will von niemandem angesprochen werden.«
»Hoffentlich bin ich dir net zu nah’ getreten, Tina!«
»Schmarrn, du doch net, Toni! Ich bin wirklich völlig fertig. Will nur noch schlafen und schön träumen und alles vergessen.«
Toni war sehr besorgt, aber er sagte nichts mehr. Er ließ Tina ihren Kaffee austrinken. Währenddessen holte er ihr eine Isomatte und einen Biwakschlafsack.
»Danke, Toni!«
Tina schaute ihn ernst an.
»Toni, falls meine Eltern hier anrufen und nach mir fragen, ich war nicht hier, ich bin nicht hier, ich werde nicht hier sein, du weißt nichts! Des ist zwar gelogen, aber ich bin in einer Notsituation, da muss der Himmel sich damit abfinden, dass Lügen verbreitet werden. Und du stellst ihnen keine Fragen, klar?«
»Verstehe! Dann hast Ärger mit den Eltern?«
Tina beantwortete Tonis Frage nicht, warf Toni stattdessen nur einen vielsagenden Blick zu. Sie nahm die Isomatte und den Biwakschlafsack und ging davon. Toni sah ihr nach und war sehr besorgt.
*
Markus hatte herrlich geschlafen. Er ging gleich hinaus auf die Terrasse der Berghütte. Toni und Anna saßen mit Alois an einem Tisch zusammen und tranken einen Kaffee.
»Guten Morgen! Ich habe herrlich geschlafen!«
»Setz dich, ich hole dir dein Frühstück!«, sagte Anna.
Markus nahm Platz. Er grinste.
»Es war ja auch ziemlich spät gestern Abend. Hast net lange schlafen können, Toni.«
»Naa, des war eine kurze Nacht. Aber des bin ich gewöhnt. Im Winter schlafe ich umso länger. Dann sind wir drunten im Dorf bei den Eltern und machen Winterpause, wenn hier oben alles eingeschneit ist. Aber es freut mich, wenn du gut geschlafen hast. Des ist die gute Bergluft. Einige können sie gar nicht so recht vertragen, die brauchen einige Tage, bis sie sich an den vielen gesunden Sauerstoff gewöhnt haben. Ich freue mich auf jeden Fall, dass du mal wieder Gast bei uns bist. Ich habe die Plauderei am Kamin mit dir genossen.«
»Ja, es war schön. So ein echtes Männergespräch, das hat etwas! Dass ich so lange schlafen werde, hätte ich nicht gedacht. Ich bin ein alter Hase, was die Berge betrifft und die Bergluft gewöhnt. Waldkogel ist meine zweite Heimat.«
Anna brachte schon mal den Kaffee. Markus trank.
»Weißt, Toni, ich habe Pläne. Es könnte ja sein, dass ich net heirate, dann dachte ich mir, verbringe ich meinen Lebensabend in Waldkogel. Ich kaufe mir eine kleine Almhütte oder ein kleines Gehöft und lebe in den Bergen.«
Toni lachte laut.
»Was lachst du? Lachst du mich aus?«
»Naa, Markus, naa! Ich lache dich net aus. Ich freue mich, dass dir Waldkogel und die Berge so gut gefallen. Aber bis dorthin wird es noch viele Sommer und viele Winter geben. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass du wirklich kein Madl findest. Musst mehr suchen!«
»Schmarrn, Toni! Du weißt doch selbst, dass des mit dem Suchen net so einfach ist. Entweder trifft der Amors-Pfeil oder er trifft nicht. Bis jetzt hat der Gute immer mit größter Genauigkeit gezielt, aber doch daneben geschossen. Es könnte ja sein, dass des Schicksal kein Madl für mich vorgesehen hat.«
»Des wäre aber eine schöne Vergeudung, wo du so ein Prachtbursche bist, Markus!«, warf Alois ein.
Alle lachten laut und herzlich.
»Sei, wie es sei, Alois! Bis jetzt ging es immer daneben. War vielleicht auch besser so, denke ich oft. Lieber ledig, als die Falsche geheiratet. Einige meines Jahrgangs sind schon geschieden. Das ist scheinbar heute eine Krankheit. Bei den ersten Schwierigkeiten laufen die Frauen davon. Oft denke ich, dass das vom Fernsehen kommt. Das Leben ist keine Soap Opera, in der es nur Höhepunkte gibt und keine Tiefen. Alles soll immer rosarot und himmelblau sein. Das ist doch schlimm, Toni, findest nicht auch?«
»Du sagst es! Deshalb bin ich so dankbar, dass ich meine Anna habe. Sie liebt mich wirklich und hat das Leben in feinen schwarzen Klamotten mit einem Leben im Dirndl auf der Berghütte getauscht. Des ist Liebe, wahre Liebe!«
»Ja, das ist Liebe, Toni. Bist schon ein bissel zu beneiden.«
»Gib die Hoffnung nicht auf! Die einen finden die Liebe früh, die anderen später. Darfst dein Herz nur nicht verschlossen halten. Vielleicht findest du sogar hier in Waldkogel ein Madl?«
»Des wäre natürlich ein Glücksfall! Aber so viel Glück habe ich bestimmt nicht, Toni. Ich bin jetzt schon so oft hier gewesen. Ich habe so viele Hüttenabende mit euch gefeiert, bin auf Kirchweihfesten und auf Wallfahrten mit den Waldkoglern gewesen. Und nie ist mir die Liebe begegnet. Sicher habt ihr hier fesche Madln. Aber die waren alle schon in festen Händen oder wollten wohl von mir nix wissen. Ja, so war es. Jedenfalls habe ich beschlossen, mich nimmer bewusst umzusehen. Wenn der Himmel es vorgesehen hat, dass ich heiraten soll, dann muss er sich schon die Mühe machen, mir ein Madl zu bringen.«
»Mei, bist ganz schön anspruchsvoll, Markus«, lachte Toni. »Aber irgendwie hast schon recht. Was hast du heute vor?«
»Ich will rauf zum ›Paradiesgarten‹.«
»Mmm!«, brummte Toni.
»Was hast du?«, fragte Markus. »Mir scheint, es ist dir nicht recht.«
»Doch, gehe ruhig. Musst nur unterwegs aufpassen und leise sein!«
»Wieso leise? Wie soll ich das verstehen? Wandern macht doch keinen Lärm.«
»Mei, des war ungeschickt gesagt. Es ist nur so, weil unter dem Felsvorsprung, oberhalb der Berghütte, ein Madl biwakiert.«
Markus grinste.
»Ist das eine geheime Stelle, an der ihr Waldkogler Madln versteckt? Wer ist sie? Wie heißt sie?«
»Bist ganz schön neugierig! Des mit der Tina, ja, Tina Gerstmair heißt des Madl, ist net so einfach. Sie war müde, hatte heute Nacht nicht geschlafen und ist früh auf die Berghütte gekommen. Sie ist eine Freundin. Der Hüttenboden und alle Kammern waren voll. Hier auf der Terrasse hätte sie keine Ruhe gehabt. Deshalb habe ich ihr geraten, etwas weiter oben zu biwakieren. Ich werde ihr später eine Kammer geben. Die Tina wurde heute Nacht um ihren wohlverdienten Schlaf gebracht. Also, wenn du dort vorbeigehst, sei leise. Störe sie nicht!«
»Einverstanden! Muss ein besonderes Madl sein, dass du so ein Aufhebens um sie machst.«
»Ja, das ist sie, und ihr geht es nicht gut. Ich will es mal so sagen, sie will in den Bergen neue Kraft schöpfen und Klarheit gewinnen. Sie hat wohl …« Toni brach den Satz ab. »Jedenfalls lass sie in Ruhe, verstehst?«
»Nein! Aber ich lasse sie in Ruhe, versprochen!«
Anna brachte das Frühstück. Es waren Eier mit Speck, Brot, Butter und Käse vom Oberländer Hof und Wurst. Markus ließ es sich schmecken. Während er frühstückte, versuchte er Toni, Anna oder auch dem alten Alois etwas über Tina Gerstmair zu entlocken. Aber sie waren alle drei sehr verschwiegen. Nun, ich werde mir diese Tina genauer ansehen, dachte Markus. Die drei hatten ihn neugierig gemacht. Markus konnte es sich nicht