Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
abbog, und dann waren sie auch bald am Ziel.
Aber als sie oben ankam, stand sie vor verschlossener Tür.
Das Büropersonal musste doch wenigstens dasein! Doch es öffnete niemand auf ihr Klingeln, und dann vernahm sie Schritte auf der Treppe.
Ihr Herz schlug bis zum Hals. Sie hastete weiter hinauf und stand vor Dr. Nordens Praxis. Das war doch der Arzt, der Petra geholfen hatte!
Sie drückte auf die Glocke. Es summte, sie drückte gegen die Tür, und die tat sich auf. Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ Monika sie wieder ins Schloss fallen.
Helga Moll saß in dem geräumigen Vorraum hinter ihrem Schreibtisch. Erstaunt blickte sie die elegante junge Frau an.
»Sind Sie vorgemerkt?«, fragte sie, da sie dieses Gesicht noch nie gesehen hatte.
»Nein. Mein Name ist Schönauer. Ich muss Dr. Norden unbedingt sprechen.«
»Er kommt erst in einer Stunde. Er macht Besuche. Heute ist auch alles belegt«, erwiderte Molly, die grundsätzlich keine Ausnahmen machte, wenn es sich nicht um einen dringenden Fall handelte.
»Bitte, schicken Sie mich nicht weg! Ich weiß nicht, wohin ich soll!«, stammelte Monika erregt. »Ich werde verfolgt! Dr. Norden hat heute Nacht meiner Schwester geholfen.«
Es klingelte, und Monika zuckte zusammen.
»Bitte, verstecken Sie mich!«, flüsterte sie. »Sagen Sie niemandem, dass ich hier bin!«
Molly war nun allerdings schon bestens informiert, denn ihre Tochter Sabine war Volontärin in Isabel Guntrams Redaktion.
Sie geriet ebenfalls in Erregung und schickte Monika ins Sprechzimmer, bevor sie den Türöffner betätigte.
Aber es war nur ein ihr wohlbekannter Patient, der seinen Krankenschein brachte. Er ging bald wieder.
Molly konnte Monika beruhigen, aber das war nicht so einfach. Sie zitterte am ganzen Körper.
»Möchten Sie ein leichtes Beruhigungsmittel?«, fragte sie. »Das kann ich Ihnen geben.«
»Bitte, ja«, flüsterte Monika. Und als sie es genommen hatte, erklärte sie, dass sie eigentlich zu ihrem Verlobten wolle, aber dass niemand in der Kanzlei sei.
Sie wollte per Telefon versuchen, jemanden zu erreichen, aber auch das war vergeblich.
»Sie können warten, bis Dr. Norden kommt. Der weiß bestimmt einen Rat«, sagte Molly zuversichtlich, da sie nicht verraten wollte, wie gut sie selbst informiert war. Sie war da vorsichtig, denn Dr. Norden liebte es gar nicht, wenn zu viel geredet wurde.
Daniel war indessen in der Klinik gewesen. Einmal, um nach Herrn Grothe und Uli zu sehen, zum andern aber auch, um zu erfahren, ob Petra von Schönauer ihr Erinnerungsvermögen zurückerlangt hätte.
Das musste Dr. Behnisch verneinen. Er erzählte Daniel, dass ihre Schwester mit dem jungen Arndt dagewesen sei, dass beide aber dann bald von einem Polizeiinspektor abgeholt wurden.
»Und bisher hat sie sich noch nicht wieder gemeldet.«
Komisch ist das schon, dachte Daniel. Sollte sie doch tiefer in die Sache verwickelt sein, als Isabel vermutete?
Er sollte sich sehr wundern, als er in seine Praxis zurückkam.
*
Dr. Behnisch bemühte sich erneut, mit Petra ins Gespräch zu kommen, da sie wieder erwacht war.
»Nun, wie geht es uns?«, fragte er freundlich.
»Etwas besser«, erwiderte sie leise.
»Petra von Schönauer heißt unsere hübsche kleine Patientin also«, unternahm er einen Vorstoß.
»Petra von Schönauer?«, wiederholte sie fragend, und es war, als lausche sie in sich hinein. »Ich kann mich wirklich an nichts erinnern, Herr Doktor. Glauben Sie mir doch! Es ist so, als wäre ich eben erst zur Welt gekommen.«
»Und was ist mit Monika?«
Ihr Gesicht zeigte nur Erstaunen. »Monika?«
»Ihre Schwester Monika«, sagte er.
»Meine Schwester Monika«, wiederholte sie monoton. »Habe ich eine Schwester?«
Tränen drängten sich plötzlich in ihre Augen.
»Es ist schrecklich, wenn man so grübelt. Es kann doch nicht alles ausgelöscht sein! Wie lange bin ich jetzt schon hier?«
»Achtzehn Stunden, aber grübeln Sie nicht. Es wird Ihnen schon alles von selbst wieder in Erinnerung kommen.«
»Wenn ich eine Schwester habe, warum kommt sie dann nicht?«
»Sie wird schon kommen. Wir werden sie verständigen.«
Er wollte sie nicht quälen. Er wusste, dass sie sich nicht verstellte. So konnte man sich nicht verstellen. Aber er machte sich Sorgen.
Ein Fall von Amnesie war ihm bekannt als Unfallfolge, wo der Patient niemals sein Erinnerungsvermögen zurückerhielt. Wie ein Fremder lebte er innerhalb seiner Familie, schwermütig seiner Vergangenheit nachforschend und immer wunderlicher werdend.
Da freute es Dr. Behnisch schon mehr, den kleinen Uli bei Bewusstsein zu sehen.
»Papi hat gesagt, dass er nur meinetwegen hier ist und sich ins Bett gelegt hat, damit ich nicht allein bin«, erklärte er mit heiserem Stimmchen.
Dr. Behnisch tauschte schnell einen Blick mit Werner Grothe. Unauffällig nickte er ihm zu.
Es war eine gute Idee gewesen, es dem Kind so zu erklären, denn wie sehr der kleine Uli an seinem Papi hing, konnte man ihm vom Gesicht ablesen.
»Schwester Annelie ist lieb«, versicherte der Kleine.
»Wirklich sehr aufmerksam«, warf Werner Grothe rasch ein. »Ich fühle mich richtig wohl bei Ihnen.«
»Wir bleiben noch lange«, sagte Uli. »Hier ist es so schön ruhig.«
Das sagte ein Kind, das daheim alles hatte, alles, bis auf eine fürsorgliche und verständnisvolle Mutter.
Armes reiches Kind, dachte Dr. Behnisch.
Nach seiner Mutter fragte Uli gar nicht. Schwester Annelie war genau die richtige Betreuerin für ihn, sicher auch für seinen Vater. Sie war sanft, sprach nicht viel, vor allem hörte man von ihr nicht das oberflächliche Geschwätz, mit dem Marlies Grothe ihre Familie zu unterhalten pflegte.
Dr. Behnisch hatte schnell herausgefunden, dass Werner Grothes Zusammenbruch auf seelischen Kummer zurückzuführen war.
Jedenfalls waren Vater und Sohn sehr angenehme Patienten, wie ihm auch Schwester Annelie bestätigte. Nicht nur das, sondern sogar anspruchslos. Sie läuteten nie wegen Nichtigkeiten, sie wollten nichts Besonderes.
Dr. Behnisch hatte den Eindruck, dass es Schwester Annelie leid tat, keine Nachtwache bei ihnen mehr halten zu müssen.
*
Daniel hatte also die Überraschung erlebt, Monika von Schönauer in seiner Praxis vorzufinden.
Er hörte, wie sie von Ängsten gepeinigt, von Unruhe getrieben, von Sorge um ihren Verlobten, ihre Schwester, auch um Thomas erfüllt war. Man sah es ihr auch an.
Er redete ihr Mut zu. Mehr konnte er augenblicklich nicht für sie tun. Und natürlich konnte sie in seiner Praxis bleiben.
Endlich, gegen fünf Uhr, konnte Molly Dr. Arndt unten in der Kanzlei erreichen. Immer wieder hatte sie es versucht. Da er seinerseits überall nach Monika gesucht hatte, konnte sie ihn von seinen Sorgen befreien.
Dr. Norden hatte in der Zwischenzeit seine bestellten Patienten untersucht, und der letzte war gerade gegangen, als Dr. Arndt kam, um seine verängstigte Verlobte abzuholen.
Mit einem befreienden Schluchzen fiel sie ihm um den Hals, und der sonst so zurückhaltende Herbert ließ es sich auch in Gegenwart