Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
Bedauerlich ist nur, dass ich alle meine Karten aufdecken musste«, erwiderte er. Und für Dr. Norden setzte er erklärend hinzu: »Es geht um einen sehr schwierigen Prozess.«
Dass Dr. Norden schon ausreichend informiert war, konnte er nicht wissen.
Dr. Arndts große Sorge war, Monika nun irgendwo unterzubringen, wo niemand sie vermutete, und da wusste Daniel einen Rat.
»Warum nicht in der Behnisch-Klinik, in unmittelbarer Nähe Ihrer Schwester?«, fragte er Monika. »Ich bin mit Dr. Behnisch befreundet. Es ist öfter der Fall, dass ein naher Familienangehöriger bei einem Kranken bleibt. Und gerade in diesem Fall wäre es auch für die Patientin nur von Vorteil.«
Dr. Arndt war voller Zweifel, aber Monika nickte.
»Ja, ich glaube, dass dies am besten wäre, Berti«, sagte sie.
Für Dr. Norden gab es kein Problem, sie ungesehen aus dem Haus zu bringen, falls man dieses beobachten sollte.
Sein Wagen stand in der Tiefgarage. Dorthin gelangt man mit dem Lift.
Monika legte sich auf den Rücksitz. Eine Decke wurde über sie gebreitet, und auf diesem Weg verließ sie das Haus.
Vorher hatte Daniel Dr. Behnisch verständigt und mit ihm eine Verabredung getroffen, die auch vor der Klinik etwaige Beobachter täuschen sollte. Als sie dort anlangten, kamen zwei Krankenpfleger mit einer Tragbahre, auf welche die in Decken gehüllte Monika gelegt wurde.
Schließlich geschah es öfter, dass ein Arzt eine Kranke in die Klinik brachte. Monika gelangte so in Petras Zimmer.
Petra blickte ihr mit weit offenen Augen entgegen.
»Petra!«, sagte Monika bebend.
Forschend glitten die grüngrauen Augen über ihr Gesicht. In Petras war mehr Grün als Grau, in Monikas mehr Grau als Grün.
»Ich bin deine Schwester Monika, Petra!«, erklärte sie eindringlich.
»Wenn ich mich doch nur erinnern könnte!«, stöhnte Petra. »Es ist alles so leer.«
»Es wird wieder besser werden. Ich bleibe jetzt bei dir.«
»Was geschehen ist, hat man mir schon gesagt«, flüsterte Petra, »aber warum ist es geschehen?«
»Das weiß niemand«, erwiderte Monika ausweichend, denn sie war von Dr. Behnisch zu äußerster Vorsicht gemahnt worden.
»Bitte, erzähl mir etwas aus meinem Leben. Du musst doch alles wissen, wenn du wirklich meine Schwester bist.«
»Ich weiß alles von dir. Wo soll ich anfangen?«
»Bei der Kindheit. Wenn ich mich nicht mehr erinnern kann, möchte ich doch wenigstens erfahren, wie ich bisher gelebt habe.«
Ihre Lebensgeister regten sich jetzt wieder, und Monika begann zu erzählen, nachdem sie eine Tasse Kaffee getrunken hatte, die Schwester Martha gebracht hatte.
»Du sorgst für Abwechslung, Daniel!« Mit diesen Worten verabschiedete sich Dr. Behnisch von Dr. Norden. »Immer mal was Neues!«
»Du wirst mich zum Teufel wünschen«, meinte Daniel.
»Ganz im Gegenteil. Ich wünschte, du wärest mein Partner, nicht nur Zubringer von interessanten Patienten.«
Mit einem festen, freundschaftlichen Händedruck gingen sie auseinander.
*
Immer mal was Neues gab es auch auf der »Insel der Hoffnung«. Heute war es ein Tanztee, bei dem Lissy ihre Erfahrungen als Tanzlehrerin ins rechte Licht rücken konnte. Man war mit Freuden dabei. Auf der »Insel der Hoffnung« sollten nicht nur Krankheiten ausgeheilt werden, sondern auch die Lebensfreude der Patienten sollte nicht zu kurz kommen.
Lissy war in ihrem Element, und dazu trugen auch die bewundernden Blicke bei, die Maximilian Moeller ihr zollte. Zudem erwies er sich als gelehrigster Schüler.
Darüber hatte Lissy ganz vergessen, dass Dr. Schoeller nicht anwesend war.
»Sagen Sie bloß, Sie können nicht tanzen«, sagte sie munter zu dem netten Maxi, wie sie ihn schon ungeniert nannte. Das gehörte nämlich auch zur Therapie, dass die Patienten sich untereinander mit dem Vornamen ansprachen.
»Es kommt immer auf die Partnerin an«, gab Maximilian hintergründig zurück.
»Sie können perfekt tanzen«, erklärte sie. »Ich habe doch meine Erfahrungen. Sie sind sehr sicher auf dem Parkett.«
»Bis man mal ausrutscht«, meinte er doppelsinnig. »Ich bin es im wahrsten Sinne des Wortes, Lissy.«
»Das müssen Sie mir ein anderes Mal erzählen«, flüsterte sie ihm zu. »Ich habe jetzt meine Pflichten.«
Es behagte ihm nicht, dass sie auch die anderen Herren herumschwenkte und von ihm wohl erwartete, dass er sich der Damen annahm. Aber es kam eine so fröhliche Stimmung auf, dass er sich mitreißen ließ.
Lissy war wie ein Quirl. Überall war sie und steckte die Gesellschaft mit ihrem Temperament an.
»Da geht es ja lustig zu«, sagte Dr. Cornelius zu Anne Fischer, die umsichtig die Verwaltung des Sanatoriums leitete. »Man sollte nicht meinen, dass wir Kranke zu betreuen haben.«
»Fröhlichkeit trägt zur Genesung bei«, äußerte sie lächelnd.
»Hoffentlich jammern sie morgen nicht wieder recht.«
»Höchstens über einen Muskelkater«, meinte sie.
»Warum schließt sich Katja aus? So ein bisschen könnte sie doch auch mitmischen«, bemerkte Johannes Cornelius nachdenklich.
Katja, Anne Fischers Tochter, war nach einem Skiunfall für einige Monate an den Rollstuhl gefesselt gewesen.
Es schien erst, als wäre alle ärztliche Kunst vergebene Mühe, aber auf der »Insel der Hoffnung« hatte sie die Schocklähmung überwunden.
Ihre Genesung hatte schnelle Fortschritte gemacht, doch ihr Seelenleben konzentrierte sich ganz auf den jungen Pianisten David Delorme, der einer der ersten Patienten auf der Insel gewesen war.
»Sie hört mal wieder Davids Platten, und wahrscheinlich schreibt sie ihm wieder einen Roman«, sagte Anne seufzend. »Manchmal mache ich mir Sorgen, Johannes.«
»Sie ist jung. Sie schwärmt für ihn, und anscheinend hat er Katja doch auch nicht vergessen. Sollte man sich da einmischen? Jeder Mensch muss mit seinen Problemen fertig werden. Fee kann ich auch nirgends sehen. «
»Sie telefoniert schon seit einer halben Stunde mit Dr. Norden.«
»Damit die Post nicht pleite geht«, bemerkte er lachend.
Er wunderte sich dann doch, dass Fee mit so ernster Miene am Schreibtisch saß, als er in das Verwaltungsgebäude kam.
»Na, was haben wir denn für Sorgen?«, fragte er nachsichtig.
»Daniel erlebte einen ganzen Kriminalroman«, erwiderte Fee. »Es ist allerhand los bei ihm.«
Er wollte natürlich Genaueres wissen, und Fee musste Bericht erstatten.
»Was soll man dazu sagen«, meinte Dr. Cornelius kopfschüttelnd. »Was da so alles passiert. Wir haben anscheinend eines der letzten Paradiese hier. – Willst du nun nicht hinfahren?«, sagte er nach längerem nachdenklichem Schweigen.
»Doch, Paps, wenn du es erlaubst.«
»Dummerchen! Wir haben uns doch darauf eingerichtet.«
»Dann fahre ich Samstag früh.«
»Meinetwegen auch schon morgen Nachmittag.«
Ein heller Schein huschte über ihr Gesicht.
»Danke, Paps!«, sagte sie erfreut.
*
Es war Zeit zum Abendessen. Der Tanztee mit recht erfolgreichem Unterricht war beendet. Die heitere Stimmung