Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
oder später musste es so kommen. Überlegen Sie es sich, Annelie. Uli ist ein liebes Kind. Er wäre sehr glücklich, wenn seine liebe Schwester Annelie bei ihm sein würde. Sie sind doch viel zu zart, um diesen schweren Dienst zu versehen.«
»Sie sind sehr nett, Herr Grothe.«
»Nett? Ich mache Ihnen einen Vorschlag aus purem Egoismus.«
»Nein, Sie sind nicht egoistisch.«
»Kennen Sie mich schon so gut?«
»Ich habe tagtäglich mit Patienten zu tun, da bekommt man schon eine gewisse Menschenkenntnis. Ich habe selten einen Vater kennengelernt, der so rührend lieb zu seinem Kind ist. Aber vielleicht hat Ihre Frau jetzt eine andere Einstellung. «
»Marlies?« Er lachte blechern auf. »Sie hat alles zerstört. Sie hat sich nie um den Jungen gekümmert. So viel Scherben kann man nie mehr zusammenkitten. Es würden immer Bruchstücke fehlen, und das Fragment würde doch wieder auseinanderbrechen.«
Er drehte sich zu ihr um und sah sie an.
»Sie könnten immer bei uns bleiben, wenn Sie wollen, Annelie. Lassen Sie es sich durch den Kopf gehen.«
»Für Uli sorgen können«, flüsterte sie. »Schön wäre es. Ich werde es mir überlegen. Ich weiß nur nicht, wie ich es Dr. Behnisch sagen soll. Er ist ein netter Chef. Schwestern sind so rar.«
»Ich kann ihn ja fragen«, meinte Werner.
»Lassen Sie mir bitte etwas Zeit.«
Sie dachte auch daran, dass es nächste Woche schon wieder anders aussehen könnte. Marlies Grothe hatte auf sie nicht den Eindruck gemacht, als gäbe sie leicht auf, was sie besaß.
Das Leben war zu hart mit Annelie umgesprungen, als dass sie daran glauben konnte, dass es auch ihr mal einen geheimen Wunsch erfüllen könnte.
Werner brachte sie heim. Sie wohnte in einem alten grauen Miethaus.
Wie gut würde es ihr tun, einen Garten um sich zu haben, ein dankbares Kind und auch einen dankbaren Mann, der schon fast vergessen hatte, dass es auch solche Frauen gab.
*
Daniel Norden dagegen war nur glücklich. Zwischen ihm und Fee herrschte vollkommene Harmonie. Sie konnten miteinander reden, sie konnten schweigen, ihre Blicke, ihre Herzen hatten sich immer etwas zu sagen.
»Diese himmlische Ruhe«, bemerkte er mit einem tiefen Seufzer. »Es ist so schön, dass du schon heute gekommen bist.«
»Beschrei die Ruhe nicht«, meinte Fee neckend, und sie hatte es kaum ausgesprochen, als es läutete.
»Nein!«, rief Daniel.
»Ich schaue nach. Lenchen hört es ja doch nicht«, sagte Fee.
Er hielt sie zurück.
»Nein, du gehst nicht!«, erklärte er, und sie war ganz erschrocken, als er sie ins Zimmer zurückschob.
Uber die dramatischen Ereignisse dieses Tages hatte Daniel nämlich noch nicht gesprochen.
Voller Misstrauen öffnete er die Tür. Vor ihm stand Dr. Arndt, müde, abgekämpft, mit tiefen Ringen um die Augen. Daniel war erleichtert.
»Gott sei Dank, dass Sie wieder da sind!«, sagte er.
Fee hörte es, und ihr Herzklopfen legte sich.
»Kommen Sie herein«, forderte Daniel den Anwalt auf. »Ihnen sei es gestattet, obgleich ich Besuch habe.«
»Ich will nicht stören«, erwiderte Dr. Arndt.
»So würde ich Sie sowieso nicht gehen lassen«, bemerkte Daniel, in dem sich der Mediziner meldete.
Fee hatte schon die Tür zum Wohnraum geöffnet.
»Dr. Arndt«, stellte Daniel vor, »meine zukünftige Frau.«
»Es tut mir schrecklich leid, dass ich so hereinplatze«, beteuerte Herbert Arndt, »aber ich brauche die Akten.«
Fee sah Daniel verwundert an, aber jetzt bekam sie keine Auskunft.
»Essen Sie etwas«, sagte Daniel. »Was darf ich Ihnen zu trinken anbieten?«
»Wenn ich vielleicht ein Bier haben dürfte?«
»Gern, aber zuerst ein paar Happen essen«, erwiderte Daniel. »Um Ihre Verlobte und Petra brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Es ist alles in Ordnung. Außerdem sind heute ein Mann namens Kemmler und ein gewisser Baku verhaftet worden.«
Dr. Arndt sah ihn verwundert an. »Wie das?«
»Hier im Haus, Baku in meiner Praxis. Kemmler ist mit Hilfe Ihres Bruder dingfest gemacht worden.«
Dr. Arndts Miene hellte sich auf.
»Das sind ja glänzende Aspekte! Ist es sehr unverschämt, wenn ich Sie bitte, mir Genaueres zu erzählen?«
Nun bekam Fee auch gleich einen Teil mit, und da Daniel ihr die Vorgeschichte schon am Telefon berichtet hatte, fiel es ihr nicht schwer zu kombinieren.
»Du hast mir nicht erzählt, welchen aufregenden Tag du hinter dir hast«, warf sie ein.
»Ist doch alles gutgegangen. Jetzt brauchst du dich nicht mehr aufzuregen«, entgegnete Daniel. »Du wirst bestimmt alles noch ganz genau erfahren. Haben Sie erreicht, was Sie wollten?«, fragte er dann den Anwalt.
»Ich konnte eine sehr wichtige Sache klären«, erwiderte der Anwalt. »Ich weiß jetzt, wie das Rauschgift in Sperbers Wagen gelangte.«
»Darf ich fragen, wie?« Daniel war daran doch sehr interessiert.
»Es wurde unten in die Karosserie eingebaut.«
Daniel und Fee sahen ihn staunend an.
»Ohne sein Wissen? Das ist doch kaum möglich«, bemerkte Daniel.
»O doch, es war doch möglich. Ich wollte es zuerst auch nicht glauben, als er immer wieder beteuerte, dass er ahnungslos sei, aber glücklicherweise erfuhr ich von einem Parellelfall. Der davon Betroffene war nicht so naiv wie Jürgen Sperber. Auch er wurde in einen leichten Autounfall verwickelt. Auch ihm wurde Hilfe von den daran Beteiligten angeboten. Auch er war selbstverständlich froh, nicht mit der ausländischen Polizei konfrontiert zu werden. Sie wissen ja, welche Schwierigkeiten einem daraus erwachsen können.
Die Hilfsbereitschaft war keine Menschenfreundlichkeit. Es waren äußerst clevere Ganoven, die auf diese Weise das Rauschgift unterbringen konnten, mit der begründeten Hoffnung, dass man nicht darauf stoßen würde. Aber irgendjemand muss wohl doch gepfiffen haben. Nun, ich denke, dass nun genügend Entlastungsmaterial gesammelt ist, um meinen Mandanten freizubekommen.«
Offen blieb jetzt noch die Frage, warum er sich persönlich so sehr engagiert hatte und auch in Gefahr begab. Auch das erklärte Dr. Arndt.
»Das Fatale für uns an der Geschichte war, dass Petra und Jürgen Sperber sich recht gut kennen. Ich fühlte mich ganz schön in die Enge gedrängt, als ich erfuhr, dass sie gekidnappt worden war. Wenn sie jetzt noch die Burschen identifizieren könnte, die das getan haben, brauchten wir nichts mehr zu fürchten.«
»Sie kann und wird es«, erklärte Daniel. »Sie kann sich an alles erinnern.«
»Das ist ja phantastisch!«, sagte Dr. Arndt erleichtert. »Nun will ich Ihnen aber wirklich nicht mehr auf die Nerven fallen. Jetzt kann ich wieder eine Nacht ruhig schlafen, und morgen werde ich mich gründlich vorbereiten. Einstweilen vielen Dank für Ihre Hilfsbereitschaft und Ihre tatkräftige Unterstützung, Herr Norden.«
*
Er war mit seinem Aktenkoffer entschwunden. Daniel und Fee waren wieder allein. Er nahm sie in die Arme und küsste sie.
»Weißt du, was wir morgen machen, Liebstes? Die Tür hinter uns zu, dann fahren wir an den Chiemsee und segeln mal wieder. Mein Boot verrottet sonst. Und wir haben unsere Ruhe.«
»Wenn uns das Wetter keinen