Эротические рассказы

Tage und Nächte in Urwald und Sierra. Kurt FaberЧитать онлайн книгу.

Tage und Nächte in Urwald und Sierra - Kurt Faber


Скачать книгу
dampfenden Kessel bis zum Rande anfüllte mit einem gewissen Etwas, das zwar ganz gut schmeckte, für das ich aber keinen Namen finden konnte, bis mir August erklärte, daß das gehackter Tintenfisch mit Süßkartoffeln war. Solches Gericht hatte ich noch nie gegessen, aber wie gesagt, es schmeckte gut und das, zusammen mit einer großen Mug voll jener dunklen Flüssigkeit, die man in den Mannschaftslogis der Schiffe aller Nationen mit einiger Kühnheit als Tee zu bezeichnen pflegt, trug sehr dazu bei, meine Meinung über das Land Peru und meine Hoffnungen in bezug auf meine Zukunftsaussichten unter dieser heißen Sonne erheblich heraufzusetzen.

      Nachdem wir sattgegessen hatten, holte Smutje eine große Buddel Rum aus dem Schranke, und mit dem heißen Wasser im Teekessel braute er einen steifen Grog, wie man ihn in der solidesten Schifferkneipe am Schaarmarkt oder am Großen Neumarkt in Hamburg auch nicht besser bekommen könnte. Dann sprachen wir von Geschäften. Smutje hatte ein Ding ausfindig gemacht, das uns alle miteinander zu Millionären machen sollte. An der Küste, nordwärts von Callao, lag hoch und trocken am Strande das herrenlose Wrack eines Küstenschoners. Wer hinderte uns daran, es in Besitz zu nehmen? August war ein gelernter Schiffszimmermann, Hein Jürgens, der schon draußen war, verstand etwas von der Schlosserei, und ich könne mich da und dort nützlich machen. In zwei bis drei Monaten hätten wir den Kasten nagelneu hergerichtet, mit einigen Walzen als Laufbahn und mit einer großen Talje werde man ihn flott machen und schon seien wir alle Reeder und Eigentümer und Kapitän. Man braucht es nur zu wollen. Das eben habe von jeher die reichen Menschen gemacht, daß sie die Gelegenheit beim Schopf ergriffen. So redeten sie eine Weile weiter, und ich hörte nur halb zu, aber wie gesagt – der Grog war »stief« und begann mir ein wenig in den Kopf zu steigen. Das Unternehmen schien nicht ganz aussichtslos. Es schmeckte nach Abenteuern. Es war einmal etwas anderes in der nimmer endenden Tretmühle des ewig gleichen Kampfes ums Dasein. Und warum sollte ich mich nicht an dem Geschäfte beteiligen, ich, der ich nichts zu verlieren hatte als einen leeren Magen?

      So kam es, daß wir beide – August und ich – uns auf den Weg machten nach der fernen Arbeitsstätte, als eben die Sonne glutrot hinter den schwarzen Hügeln der Insel San Lorenzo versank. August, der der Ansicht war, daß man, zur Arbeit immer noch früh genug komme, nahm einen Umweg über sämtliche Wirtshäuser am Wege, wo meine Tasche leichter und mein Kopf um so schwerer wurde. Beim letzten Haus hatte sich auch mein letzter Sol in Centavos verflüchtigt, und es blieb uns nun nichts mehr übrig, als tapfer auszuschreiten, wenn wir für die Nacht noch ein Quartier haben wollten. Es war eine klare Nacht. Der Schein des Vollmonds lag taghell über dem Lande, und das war gut so, denn die Nachwirkungen der vielen Getränke lagen mir dumpf im Kopfe und mein neuer Kamerad ging vollends »drei Strich im Winde«. Die letzten Häuser der Stadt hatten wir schon lange hinter uns gelassen und stampften nun mühsam durch den losen Sand zwischen hohen Dünen, die weiß wie Schnee im Mondlichte leuchteten, während in den Falten die Schatten so schwarz wie Tinte hockten. An einer steilen Stelle blieb August stehen und wühlte mit seinem Stock im Sande. »Paß auf!« rief er plötzlich.

      Schon kollerte etwas Rundes den Hang herunter. Ich bückte mich, um es aufzuheben, aber schnell ließ ich es wieder fahren. Es war ein Menschenschädel. »Vorwärts!« rief August. »Wir deutsche Jungs haben keine Angst vor den Toten!«

      Wieder blieb er stehen. Wieder wühlte er mit dem Stock im Sande. Nun rollten sie polternd von allen Dünen, wie so viele Kegelkugeln. So viele Kugeln, so viele Köpfe. Mir lief es kalt über den Rücken. Ich wollte umkehren, aber August marschierte weiter mit großen Schritten. »Bange machen gilt nicht! Wir deutsche Jungs ...«

      Und immer kollerten noch mehr Schädel von den Dünen. Wohin man sah, schauten sie grinsend aus dem Sand, wohin man ging, trat man auf zerstreute Knochen, die bleich unter dem bleichen Mondlicht lagen. August marschierte taumelnd voraus und ich immer hinterher, derweilen in meinem Kopfe ein Vers aus Dantes Hölle summte:

      »Und wie bei Pola, nahe dem Guarnero,

       Der Welschland schließt und seine Grenzen netzet,

       Der Grund uneben ist von lauter Gräbern–«

      Erst später erfuhr ich, was es auf sich hatte mit diesem Geisterspuk. Wir waren mitten über den Schauplatz der Schlacht von Chorillos gekommen, die im Januar 1881 die Tore frei machte zur Eroberung Limas und damit den blutigen Krieg entschied, den die Chilenen stolz den pazifischen nennen. So wie sie damals gefallen sind, so liegen sie auch heute noch auf dem blutgetränkten Felde, doch in dem treibenden Sande der Dünen gibt es keine ruhige Stätte für die Toten. Rotos und Cholos liegen hier wild durcheinander, so wie sie sich kurz zuvor im Leben noch bekämpft hatten. Alles andere ist längst schon gestohlen von den Hyänen des Schlachtfeldes. Die letzte Mütze, der letzte Uniformknopf, das Bajonett, das die blutige Arbeit tat. Ringsum ist alles still und tot. Man hört nur das Summen des Windes in den Telegraphendrähten, das Heulen der Schakale zwischen den Dünen und in der Ferne das Donnern der Brandung, die das ewig unruhige Meer gegen die Küste wirft. – Ich bin, weiß Gott, kein Pazifist, aber hierher möchte man doch manchen der befrackten Diplomaten wünschen, ehe er auf glattem Parkett die Minen springen läßt für seine »petite guerre«.

      Endlich hatten wir den Spuk hinter uns gelassen und kamen in eine stachelige Baumwollplantage, wo man trotz des hellen Mondlichtes alle Augenblick in das faule Wasser eines Bewässerungsgrabens stolperte. Die Nacht war schon weit vorgeschritten, als wir endlich am Ziel unserer Reise angelangt waren. Mehr wie halbwegs aus dem Wasser lag hier ein Schoner von der Art, wie man ihn vielfach im Kleinverkehr an der pazifischen Küste sehen kann. Mit dem Heck nach vorne war er gestrandet, mit einer starken Schlagseite nach Backbord. Sonst aber war er noch auffallend gut erhalten, mit beiden Masten und sogar einem Teil des Tauwerks, soweit man sehen konnte in der Dunkelheit, denn der Mond stand schon tief und hüllte die Schattenseite des Fahrzeuges in pechschwarze Nacht. August, der sich auskannte, faßte ein herunterhängendes Tau und schlüpfte durch ein Bullauge. Ich folgte ihm nach und schon stand ich in einem der seltsamsten Schlafräume, die ich je gesehen hatte, und das will schon etwas heißen. In manchen sonderbaren Schlafgelegenheiten hatte ich schon das Dunkel der Nacht überdauert. In Urwäldern und Eiswüsten, in verlassenen Winkeln heimatloser Großstädte und einmal sogar auf hoher See auf einem toten Walfisch, aber noch niemals in einem Raume, der halbwegs auf dem Kopfe stand. An so etwas mußte man sich erst gewöhnen. In einer Koje, die wie ein Schwalbennest an der schiefen Bordwand klebte, streckte ich meine Glieder aus und versuchte etwas zu schlafen. Aber es blieb bei dem Versuch. Der düstere Raum in der ägyptischen Finsternis, das Knacken und Krachen im Holze und draußen das ewige, nimmer endende Spiel der Brandung, die polternd anrannte und rauschend und gurgelnd sich wieder verlief, das alles verursachte ein dumpfes, bedrückendes Gefühl. Unmerklich fiel ich in einen unruhigen Halbschlaf, aus dem ich plötzlich aufschreckte und plumps! aus der Koje fiel.

      Da mochte ich es nicht mehr aushalten in der Höhle. Ich verstaute meinen Zeugsack in einer Ecke und ging an Deck, als eben der junge Tag aus dem Meere heraufgestiegen kam. Es war ein klarer, wolkenloser, glorreich schöner, aber auch ein recht stürmischer Tag mit einem steifen Nordost, der die Gischt der Brandung über das ganze Verdeck hinjagte. Vor dem Ruder stand ein stämmiger Mann mit einem Gesicht wie ein Hamburger Hafenlöwe, offenbar Hein Jürgens, der Schlosser. Wie er es machte, daß er aufrecht stehen konnte auf dem schiefen Verdeck, wußte ich nicht. Jedenfalls fand er dabei noch Zeit und Muße, sich eine Pfeife zu stopfen. Nicht im geringsten schien er erstaunt über meine Anwesenheit. »Da bist du ja!« sagte er gemütlich. »Es wird höchste Zeit. Wir haben schon lange keine Abwechslung mehr gehabt. Der letzte hat's drei Tage lang ausgehalten und das war schon ein Rekord unter fünfundzwanzig.«

      Und wie lange denn die anderen dageblieben wären? fragte ich.

      »Nun ja,« sagte er, »manche sind einen ganzen Tag geblieben, manche sogar zwei. Die meisten aber hatten schon mit drei oder vier Stunden genug. Denn wenn du hier arbeiten willst, so mußt du Schwimmhäute haben, und das ist nicht jedermanns Sache. Heute wird es überhaupt nichts werden mit der Arbeit, ehe nicht der Nordostwind abgeflaut hat, und das kann vierzehn Tage dauern.«

      »Vierzehn Tage?«

      »Und manchmal noch viel länger.«


Скачать книгу
Яндекс.Метрика