Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
Bescheid.
Die Fahrt durch die nächtliche Landschaft neigte sich ihrem Ende zu, der Vauxhall war von der Western Avenue abgebogen, hatte den Flugplatz Northolt passiert und näherte sich Harrow.
Agatha Simpson knuffte ihre Gesellschafterin in die Seite und deutete mit der Lorgnette auf das Orts-schild.
Kathy Porter nickte nur.
»Das ist doch die Höhe«, murmelte die Detektivin grimmig. »Sollte ich es die ganze Zeit über mit einem Schuft zu tun gehabt haben?«
»Sagten Sie was, Lady?« erkundigte sich Ritchie Cloud von vorn.
»Nichts, Sie Flegel«, raunzte sie ihn grimmig an. »Was wollen wir in Harrow?«
»Ich hab’ Ihnen doch ’ne standesgemäße Unterkunft versprochen«, meinte Eddy Falness und gab sich ironisch. »Sie werden Augen machen.«
»Das habe ich bereits hinter mir«, sagte Agatha Simpson.
»Ihnen ist also endlich ein Licht aufgegangen?«
»Dieser Schuft«, murmelte Lady Simpson und preßte dann die sonst so wortreichen Lippen fest aufeinan-der. Natürlich kannte sie sich hier aus, und ihr war klar, wo die Fahrt ihr Ende fand.
Sie sollte sich nicht getäuscht haben.
Nach etwa zwanzig Minuten bogen sie von einer Landstraße nach rechts ab und fuhren durch eine Allee, die in der Dunkelheit wie ein riesiger Tunnel wirkte. Nach weiteren Minuten waren sie auf der Auffahrt, die vor einem schloßähnlichen Landsitz endete.
Ritchie war sehr vorsichtig, als Lady Simpson ausstieg.
Er wußte, wie gefährlich diese Frau war und sorgte für Abstand. Selbst Paul Sanders, der ehemalige Bo-xer, hütete sich in die Nähe von Mylady zu kommen.
Agatha Simpson sah sich nach dem Landrover um, der ihnen die ganze Zeit gefolgt war. Sie wollte end-lich sehen, wer der Drahtzieher der Kidnapper war, doch dieser Mann ließ sich nicht blicken. Er blieb neben dem Albino im Wagen sitzen, was zusätzlich noch den Nachteil hatte, daß die Detektivin und Kathy Porter nichts unternehmen konnten. Die beiden Männer im Rover bildeten eine Art Nachhut, die man nicht überse-hen durfte.
Agatha Simpson schritt über die Stufen hinauf zum Portal des Schlosses und wartete, bis Ritchie Cloud aufgesperrt hatte. Abgestandene, kühle Luft wehte ihnen entgegen, ein sicheres Zeichen dafür, daß dieser schloßähnliche Landsitz seit einiger Zeit nicht mehr bewohnt wurde.
Die Möbel in der großen Halle waren mit Überzügen bedeckt worden und sahen in ihrer grauweißen Un-förmigkeit unheimlich aus. Der große Kamin gähnte die Eintretenden wie ein Höllenrachen an. Die Ritterrüs-tungen an den Wänden mit ihren Lanzen erinnerten an ein Panoptikum.
Agatha Simpson befand sich in sehr vertrauter Umgebung.
Dieser Landsitz hatte ihr noch vor wenigen Monaten gehört. Auf ihren Wunsch hin war dieses schloßähn-liche Gebäude verkauft worden, denn sie hatte dafür einfach keine Verwendung. Der Unterhalt dieses gro-ßen Kastens, wie sie das Castle nannte, verschlang nur unnötig Geld und brachte nichts ein. In diesen Din-gen kalkulierte Mylady sehr gut, man konnte ihr nichts vormachen.
Erst vor wenigen Tagen war sie noch mit Kathy Porter hier im Landsitz gewesen, um den Abtransport ge-wisser Möbel in die Wege zu leiten. Es handelte sich um ausgesuchte, alte Stücke, auf die sie nicht verzich-ten wollte. Lady Simpson hatte nicht geahnt, so schnell wieder hier zu sein.
Sie blieb stehen, als sie hinter sich Schritte hörte.
Agatha Simpson drehte sich um und sah sich dem Mann gegenüber, an den sie eben erst intensiv gedacht hatte.
»Sie widerliches Subjekt«, sagte sie dann verächtlich. »Und von so etwas habe ich mich die ganze Zeit über täuschen lassen!«
Der Mann, den sie angesprochen hatte, machte ein verkniffenes Gesicht. Im Schein der Taschenlampe des Albinos sah dieses Gesicht plötzlich wie das eines Teufels aus, abstoßend, triumphierend und gefährlich …
*
Parker stieg aus dem Wagen und lüftete höflich seine schwarze Melone.
»Entschuldigen Sie meine bescheidene Wenigkeit für nur wenige Minuten«, bat er Charles Geoffrey.
»Ich möchte bloß wissen, was Sie hier am Flugplatz wollen«, sagte der junge Bankierssohn. »Hoffentlich können wir uns den Umweg zeitlich leisten.«
»Das, Mister Geoffrey, wird sich herausstellen«, erwiderte Parker und schritt auf die Glastüren der Emp-fangshalle des Flughafens zu. Gemessen und ohne Hast begab er sich hinüber zu den Abfertigungsschaltern einer amerikanischen Fluglinie und zog hier jene Erkundigungen ein, auf die es ihm ankam. Telefonisch hatte sich das leider nicht machen lassen, man hätte ihm wohl die Auskunft verweigert.
Parker baute auf seine Erscheinung. Und er hatte nicht auf Sand gebaut!
Die Würde und Gemessenheit, die er ausstrahlte, erstickten jedes Mißtrauen. Parker stellte sich vor, nannte den Namen der Lady Simpson und erhielt seine Auskunft. Innerhalb weniger Minuten wußte er Bescheid. Ein Irrtum war jetzt ausgeschlossen Er wußte, wer der Drahtzieher der Kidnapper war!
Charles Geoffrey sah den Butler neugierig an, als sie wieder unterwegs waren, um jetzt endlich Harrow anzusteuern.
»Machen Sie’s nicht so spannend«, sagte Charles schließlich gereizt, »was haben Sie erfahren?«
»Wer der Drahtzieher der Kidnapper ist!«
»Ach nee … Am Flugplatz?«
»In der Tat, Mister Geoffrey! Es handelt sich um Mister Arthur B. Collins!«
»Um Collins?«
»Um Arthur B. Collins«, bestätigte der Butler würdevoll, »um den Vermögensverwalter von Mylady!«
»Ich … ich kann’s einfach nicht glauben!«
»Die nahe Zukunft wird das mit Sicherheit erweisen«, antwortete der Butler. »Mister Collins ist laut Aus-kunft der Fluggesellschaft keineswegs nach New York geflogen. Er hat im letzten Moment von seinem Flug Abstand genommen, wie man mir mitteilte. Er ist kurz vor dem Start wieder aus der Maschine ausgestie-gen.«
»So ein Idiot!« schimpfte Charles Geoffrey. »Was verspricht er sich denn von der Entführung?«
»Zweihunderttausend Pfund!«
»Aber er verdiente doch sagenhaft gut als Vermögensverwalter.«
»Es reichte ihm wohl nicht«, mutmaßte Parker. »Zudem bin ich davon überzeugt, daß er sich mit zwei-hunderttausend Pfund niemals begnügt hätte. Das war die erste Rate und nur der Anfang …«
»Und wie sind Sie auf diesen Collins gekommen?«
»Durch eine Blondine«, lautete Parkers vage Antwort, »oder noch besser gesagt, durch einen Pizzabä-cker … Aber davon später mehr! Sie kennen Mister Collins?«
»Natürlich, wir haben doch laufend mit ihm zu tun. Das heißt, mehr mein Vater als ich … Ich bin ja nur ein kleiner Volontär in der Bank.«
»Er legte es offensichtlich darauf an, Sie in Mißkredit zu bringen, Mister Geoffrey.«
»Dafür werde ich Collins auf die Nase klopfen«, versprach der junge Bankierssohn drohend. »Aber wie ist er an die Kidnapper gekommen? Collins hat doch keine Verbindung zur Unterwelt …?«
»Es gibt Gaunerbörsen, wo man sich Spezialisten mieten kann«, erläuterte der Butler. »Eine dieser Börsen habe ich erst vor kurzem aufgesucht.«
»Aber, selbst davon muß man wissen.«
»Mister Collins kennt einen gewissen Eddy Falness, der auf Benwood-Castle als Gärtner gearbeitet hat. Und dieser Falness ist einer seiner Handlanger.«
»Diesen Falness kenne ich ebenfalls«, sagte Charles Geoffrey überrascht, »nicht persönlich, aber seine Af-färe. Er war als Gärtner angestellt, klaute