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Kärntner Totenmesse. Roland ZingerleЧитать онлайн книгу.

Kärntner Totenmesse - Roland Zingerle


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direkt hinter ihm gingen die Einkaufswilligen vorbei, immer wieder so nahe, dass ihre Kleidung Heinz’ Hinterkopf streifte. Er fühlte einen Stress, der den Keim einer Panik in sich trug.

      Sabine sah mit zusammengezogenen Augenbrauen die Speisekarte durch, die in einem Bierdeckelhalter in Tischmitte geklemmt war.

      Auch das hatte Heinz befürchtet, dass sie sauer werden und ihm die kalte Schulter zeigen würde.

      „Was nimmst du?“, fragte sie betont kalt.

      Er sah sie an. „Einmal ‚Heiße Liebe’ wäre schön.“

      Es wirkte. Sabine blickte ihn überrascht an, hielt eine Sekunde lang inne und begann dann zu lachen, sichtlich wider Willen. „Du bist so ein ...!“

      Die Kellnerin kam, räumte das gebrauchte Gedeck der letzten Gäste vom Tisch und säuberte diesen mit einem nassen Lappen. Sabine bestellte gespritzten Orangensaft, Heinz Mineralwasser.

      Als sie wieder weg war, war Sabines Blick für Heinz schon um einiges freundlicher. „Also, kleiner Bruder, wo drückt der Schuh?“

      Sie wusste, dass er es nicht mochte, wenn sie ihn so nannte, und er wusste, dass sie es genau deshalb tat. Er musste zum Punkt kommen, damit nicht wieder sein Zustand in den Mittelpunkt der Unterhaltung geriet. Allerdings hatte er keine Ahnung, wie er das bewerkstelligen sollte, ohne dass Sabine eine Mauer zwischen ihnen aufziehen würde.

      Er fiel also mit der Tür ins Haus. „Landesrat Rudi Moritsch.“

      Erwartungsgemäß verhärtete sich ihr Gesicht sofort. „Was hast du damit schon wieder zu tun?“

      „Ich habe den Auftrag bekommen, seinen Mörder zu finden.“

      Sabine überspielte ihre Überraschung sehr geschickt, niemand außer Heinz hätte das bemerkt. „Von wem?“ Sie war nun nicht mehr seine Schwester, sie verhörte ihn.

      „Von jemandem, der kein Vertrauen in die Polizei hat.“

      „Lass mich raten, die Frau Landesrätin a. D., seine Mutter.“

      Heinz’ Hand imitierte eine Pistole, die auf Sabine abgefeuert wurde. „Ins Schwarze, Schwester.“

      „Und ich soll dir jetzt helfen? Vielleicht soll ich, wenn wir den Mörder gefunden haben, noch ein bisschen warten, bevor wir damit an die Öffentlichkeit gehen? Damit du es ihr zuerst sagen kannst? Damit sich ihr Misstrauen gegenüber der Polizei bestätigt?“

      Heinz seufzte. Ihm war klar, dass sein passives Auftreten der Grund dafür war, warum sie noch sarkastischer war als gewöhnlich. „Deine Hilfe wäre ganz anderer Art“, begann er. „Wie du weißt, bin ich finanziell ziemlich unter dem Hund, es dauert nicht mehr lange und ich werde meine Wohnung aufgeben müssen. Ich brauche diesen Auftrag, verstehst du?“

      „Voll und ganz“, erwiderte Sabine heftig, „Mama und Papa haben dir mehrmals angeboten, dass du bei ihnen wohnen kannst, bis es dir besser geht, aber der Herr ist sich ja zu fein dafür.“

      Heinz vergrub das Gesicht in seinen Händen. Da war er wieder, dieser panische Drang zu fliehen. „Bitte ... nein! Ich will in meiner Wohnung bleiben, okay?“

      Sabine lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. „Du kannst tun, was immer du willst.“

      „Ich brauche diesen Auftrag, und ich brauche deine Hilfe. Ohne dich schaffe ich es nicht.“

      „Wie stellst du dir das vor?“ Sie wurde nun doch wieder laut. „Dass ich als Leiterin der Mordgruppe dir Informationen aus erster Hand liefere? Nur weil du mein armer, bemitleidenswerter Bruder bist?“

      Wie sehr ihn das traf, musste Sabine sehen, als er sie ansah. Er erkannte in ihrem Blick, wie sie sich bewusst wurde, dass sie zu weit gegangen war. „Ich wäre dankbar, wenn wir bei der Sache bleiben könnten“, murmelte er.

      Die Kellnerin brachte die Getränke und fragte nach ihren Essenswünschen. Sabine orderte einen Schinken-Käse-Toast, Heinz erkundigte sich, welche Suppen es gebe, und bestellte eine Frittatensuppe.

      „Willst du nicht etwas Anständiges essen?“, fragte Sabine besorgt, als die Kellnerin gegangen war, „du fällst ja völlig vom Fleisch.“

      Heinz blickte um sich, ihm war, als wären die Menschen um ihn herum viel zu groß und viel zu nahe. „Ich ... ich kann nichts essen, wenn so ein Trubel herrscht.“

      In Sabines Blick wuchs die Besorgnis. „Na schön, ich soll dir helfen. Zurück zu meiner Frage: Wie stellst du dir das vor?“ Sie klang gesprächsbereit.

      „Ich ... ich kann dir nur die Informationen anbieten, die ich herausfinden werde. Als privater Ermittler komme ich an andere Informationen als die Polizei. Wenn wir unsere Erkenntnisse zusammenwerfen, kommen wir schneller ans Ziel.“

      Heinz konnte sehen, wie Sabines Kaumuskeln pulsierten. „Und dann?“, fragte sie, „geben wir es gemeinsam bekannt? Glaubst du, die alte Liese Moritsch wird dir auch nur einen Cent für deine Ermittlungsergebnisse bezahlen, wenn die ach so unfähige Polizei den Täter gleichzeitig geschnappt hat?“

      Heinz spürte wieder dieses Abfließen seiner Kraft. Es war ein Gefühl, als müsste er in sich zusammensinken. „Ich weiß es ja auch nicht“, murmelte er, „ich versuche nur irgendwie, die Dinge auf die Reihe zu kriegen.“ Er atmete, nein, er schnaufte mehrere Male tief durch, bis sich das Schwindelgefühl ein wenig legte, dann fuhr er fort. „Ich kann dir nur meine Ermittlungsergebnisse anbieten, mehr nicht.“ Da sich sein Gesicht über die Tischplatte gesenkt hatte, konnte er Sabines Reaktion nicht sehen.

      Erst nach einigen Sekunden hörte er sie seufzen. „Heinz, ich ... du bringst mich in eine unmögliche Lage.“ Sie schwieg wieder. Offensichtlich dachte sie nach, denn wieder einige Zeit später fuhr sie fort: „Wir machen es so: Als Gegenleistung für deine Erkenntnisse versorge ich dich mit Informationen, die du für den Fortschritt deiner Ermittlungen brauchst. Aber: Du sprichst jeden deiner Schritte mit mir ab, hast du verstanden? Ich will nicht, dass du mir oder meinen Kollegen ins Handwerk pfuschst und ich will nicht, dass du, solltest du zu Ergebnissen kommen, die aus ermittlungstaktischen Gründen noch unter Verschluss bleiben müssen, diese nach draußen trägst. Versprichst du mir das?“

      Heinz sah auf und blickte in ein entschlossenes, aber freundliches Gesicht. Er nickte.

      „Großes Indianer-Ehrenwort?“ Sabine schmunzelte.

      Heinz legte zwei Schwurfinger in seine Herzgrube und führte sie dann nach oben. „Alles, was du willst. Danke.“

      „Schön. Ach ja, und noch etwas. Lass diesmal nach Möglichkeit die Medien aus dem Spiel, hörst du? Ich habe nicht die geringste Lust, mich bei jeder Pressekonferenz mit dir vergleichen zu lassen und mich danach vor meinem Vorgesetzten rechtfertigen zu müssen.“

      Heinz lächelte müde. „Du weißt genau, dass das nicht in meiner Macht liegt. Aber ich verspreche dir, dass ich mich nicht aktiv an die Presse wenden werde. Habe ich übrigens nie getan.“

      „Ich wollte es nur gesagt haben. Also, was hast du schon herausgefunden?“

      Heinz wusste, dass sie das nicht ernst meinte, also wiederholte er, was er in den Radionachrichten über den Mord gehört hatte.

      Sabine lachte. „Ich sehe schon, die Kripo wird von deiner Hilfe echt profitieren. Hör zu. Ich komme gerade von der Obduktion, drüben, in der Bestattung Klagenfurt.“ Die Bestattung Klagenfurt befand sich gleich hinter den City Arkaden. Das erklärte, warum Sabine dieses Lokal als Treffpunkt vorgeschlagen hatte, obwohl sie eigentlich kleine, verschwiegene Lokale vorzog. „Die Untersuchung hat ergeben, dass unser Mordopfer mit einem breiten, harten Band erwürgt worden ist, vermutlich mit einem Gürtel. DNA-Spuren gibt es leider jede Menge, aber das war zu erwarten, immerhin war der sympathische Herr Landesrat gestern den ganzen Tag unterwegs und hat zigtausend Hände geschüttelt und einen oder zwei Schulterklopfer bekommen.“ Sie schmunzelte ironisch. „Auf diese Weise werden wir den Mörder also nicht ausfindig machen können.“

      „Aber immerhin“, schaltete


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