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Kärntner Totenmesse. Roland ZingerleЧитать онлайн книгу.

Kärntner Totenmesse - Roland Zingerle


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was ich meine.“

      „Wer hat den Toten gefunden?“

      „Ein junger Aussteller. Er sagt, er sei aufs Klo gegangen und habe einen Fuß durch den Spalt unter der Tür der hintersten Toilettenkabine herausragen sehen, wie von einem liegenden Mann. Er habe angenommen, der Mann sei kollabiert, und wollte ihm helfen. Die Kabinentür sei nicht verschlossen gewesen, er habe sie geöffnet und ... den Schock seines Lebens erlitten.“

      „Und weiter?“

      „Dann hat er sich die Seele aus dem Leib gekotzt und Hilfe geholt. Ein anwesender Arzt hat die Leiche untersucht und den Tod festgestellt. Dann hat er die Polizei gerufen.“

      „Warum hat das nicht gleich jemand getan?“

      Sabine seufzte. „Was weiß ich? Wahrscheinlich war es wichtiger, danebenzustehen und zu gaffen. Mich wundert eh, dass bis jetzt noch keine Fotos von der Leiche im Internet aufgetaucht sind.“

      „Und die anderen Anwesenden? Gibt’s irgendwelche sachdienlichen Hinweise?“

      „Du wirst lachen, die gibt es.“ Sabines Augen begannen zu leuchten. „Zuletzt gesehen worden ist der Landesrat von vier Betreuern eines Messestands von einem Bioenergie-Unternehmen.“

      „Was, Bioenergie?“

      „Ja, eines seiner Referate als Landesrat war die Wirtschaft, und in dem Bereich wollte er mit dem ‚Grün’-Thema punkten. Deshalb wollte er sich bei dem Go-Green-Schwerpunkt auf der Herbstmesse einklinken. Jedenfalls haben die Standbetreuer, die ihn zuletzt gesehen haben, erzählt, dass es zu einem Eklat gekommen sei zwischen dem Landesrat und einem der Messeleute.“

      „Wegen was?“, fragte Heinz.

      „Ich habe die Aussagen noch nicht gelesen, aber Gruppeninspektor Roth hat mir eine Zusammenfassung gegeben. Anscheinend haben der Landesrat und ein gewisser Fritz Teppan in der Vergangenheit irgendein Problem miteinander gehabt. Die Rede war von Körperverletzung, Roth ermittelt noch dahingehend. Jedenfalls ist Teppan an dem Stand vorbeigekommen, wo der Landesrat mit den vier Männer geredet hat. Der Landesrat hat ihn gefragt, ob es ihm auf der Messe gefalle, und Teppan hat geantwortet, er solle das Maul halten.“

      Heinz verschluckte sich fast an seinem Mineralwasser.

      Sabine fuhr fort. „Daraufhin ist der Streit eskaliert und Teppan wollte ihm anscheinend eine reinhauen, jedenfalls hat der Landesrat gedroht, er werde ihn anzeigen und dass das nicht einmal seine Frau mehr verhindern könne.“

      „Seine Frau? Was hat die damit zu tun?“

      „Der Landesrat hat es so dargestellt, dass Teppans Frau ihm sexuell gefällig war, damit er Teppan nicht anzeigt, wegen dieser Sache in der Vergangenheit.“

      „Ist ja interessant“, entfuhr es Heinz, „und dann?“

      „Dann ist Teppan wortlos gegangen, offenbar hat er kapiert, dass er den Kürzeren ziehen würde.“

      „Wie ist denn Teppans Version?“

      „Das weiß ich noch nicht. Zum Zeitpunkt unserer Ermittlungen gestern war er nicht mehr auf der Messe.“

      „Das heißt, er kommt als Täter nicht infrage?“

      „Nein, das heißt es nicht.“ Sabine seufzte. „Doktor Grabner, der Polizeiarzt, der den Landesrat obduziert hat, meint, von der Absenkung der Körpertemperatur her könnte der Tod bis zu vierzig Minuten vor seinem Eintreffen am Tatort eingetreten sein.“

      „Was, vierzig Minuten?“

      „Näher kann er es nicht bestimmen. Es war warm, und der Landesrat hat einen Anzug getragen. Wenn er zum Todeszeitpunkt geschwitzt hat, erhöht das die Ausgangstemperatur ...“ Sabine ließ den Satz unvollendet.

      „Wann ist der Polizeiarzt denn am Tatort eingetroffen?“

      „Um 19.10 Uhr.“

      „Das heißt, der Mord hat frühestens um 18.30 Uhr stattgefunden?“

      „Ja, ungefähr.“

      Heinz dachte nach. „Das ist ein langer Zeitraum“, sagte er schließlich.

      „Viel zu lange“, bestätigte seine Schwester. „Wir versuchen herauszufinden, wer in dieser Zeit alles die Messe verlassen hat, aber das ist, realistisch gesehen, ein unmögliches Unterfangen, immerhin haben wir die Messe erst um 19.20 Uhr vollständig abgeriegelt.“

      „Hast du mit diesem Teppan telefoniert?“

      „Sein Telefon ist abgeschaltet. Aber seine Frau habe ich erreicht, und die hat gesagt, er schlafe noch seinen Rausch aus.“

      „Interessant“, meinte Heinz erneut. „Was ist das eigentlich für einer? Du hast gesagt, er arbeitet für die Messe?“

      „Nicht direkt, er ist bei der Grafikagentur angestellt, die ihre Geschäftsstelle auf der Messe hat. Die fertigen Werbematerialien, Aufschriften, Banner und so weiter an, die für die Messen gebraucht werden. Deshalb war er gestern Abend wohl auch auf dem Gelände unterwegs. Die vier Aussteller, die mit dem Landesrat geredet haben, haben ausgesagt, er habe einen Packen Schilder unter dem Arm gehabt.“

      „Und Landesrat Moritsch“, fragte Heinz nun, „wann hat der die vier verlassen?“

      „Bald nach diesem Eklat. Er hat gesagt, er müsse weiter.“

      „Schade.“

      Sabine sah ihn irritiert an. „Was meinst du?“

      „Wenn er gesagt hätte: ‚Ich muss aufs Klo’, hätten wir den genauen Todeszeitpunkt gewusst.“

      Heinz’ Schwester schüttelte den Kopf. „Nicht einmal dann. Von den vier hat kein einziger auf die Uhr geschaut, als der Landesrat gegangen ist.“

      „Haben sie nicht gleich versucht, die Uhrzeit zu rekonstruieren?“

      „Nein, weil zu dem Zeitpunkt, als die Nachricht vom Toten im Klo die Runde gemacht hat, noch niemand gewusst hat, wer der Tote eigentlich ist, und von Mord war sowieso nicht die Rede. Und danach ist alles drunter und drüber gegangen.“

      „Immerhin“, meinte Heinz dumpf, „dieser Teppan scheint mir eine heiße Spur zu sein. Befragst du ihn heute noch?“

      „Davon kannst du ausgehen. Ich habe mich seiner Frau schon angekündigt.“

      Das Essen wurde serviert. Während Heinz seine Suppe löffelte, erzählte er Sabine von seinem bevorstehenden Termin in Landesrat Moritschs Büro. Sie reagierte zunächst verhalten, begrüßte sein Vorhaben dann aber doch. Dieser Besuch stehe bei ihr für den nächsten Morgen auf dem Plan, sagte sie, da könne es von Vorteil sein, wenn Heinz sie schon heute mit etwas Vorwissen versorge.

      Donnerstag, 13.30 Uhr

      Als Heinz nachhause kam und die Tür hinter sich schloss, atmete er einmal tief durch. Am liebsten hätte er jetzt sein Schlafzimmer abgedunkelt, das Nachtlicht eingeschaltet und sich unter der Bettdecke verkrochen, doch das ging nicht. Er musste alle Informationen aufschreiben, solange sie ihm in Erinnerung waren. Dann, so versprach er sich selbst, würde er ein wenig schlafen, ehe er zu dem Termin in der Landesregierung ging.

      Die Niederschrift gestaltete sich als schier unmöglich, weil er es nicht schaffte, Ordnung in seinen Kopf zu bekommen. Wann immer er an einem Thema dran war, lenkten ihn zig andere Details ab. So beschloss er, einfach alles zu notieren, was ihm in den Sinn kam, und dieses Durcheinander zu einem späteren Zeitpunkt zu ordnen. Doch auch das wollte ihm nicht gelingen, weil bei jedem Gedankenfetzen Fragen auf ihn einstürmten, die ihn so sehr beschäftigten, dass er schnell nicht mehr wusste, was ihr Ausgangspunkt gewesen war.

      Irgendwann stellte er fest, dass er dasaß und an die Wand starrte. Wie lange, das konnte er nicht sagen, mindestens jedoch zehn Minuten, weil sich der Bildschirm seines Laptops deaktiviert hatte – und das tat er nach dieser Zeitspanne.

      Heinz war verzweifelt. Dieses Phänomen war ihm nicht neu, ebenso wie jenes, dass er Informationen,


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