Südwestfrankreich Reiseführer Michael Müller Verlag. Marcus X SchmidЧитать онлайн книгу.
verkürzt man sich bei der kleinen Dokumentationsausstellung, die u. a. auch eine Kopie der oben genannten Venus zeigt. Eine weitere Einführung bietet eine informative Diaschau (ca. 10 Min.). Die Besichtigung selbst (ca. 30 Min.) ist wenig spektakulär, gibt jedoch einen guten Einblick in die Arbeit der Archäologen. Deutlich sind die verschiedenen Gesteinsschichten zu erkennen. Das sog. Abri des Marseilles ist noch nicht gänzlich abgetragen, unter dem Boden warten vermutlich weitere steinzeitliche Kunstwerke auf ihre Entdeckung.
Anthropogenetischer Schnellkurs für Périgord-Besucher
Paläonthropine, Neanthropine, Neandertaler, Micoquien, Moustérien, Cro Magnon, Magdalénien, Aurignacien, Périgordien - der Laie versteht Bahnhof, wenn die Fachleute über einem Schädelknochen brüten und sich darüber streiten, ab wann der Mensch den Namen Homo sapiens verdient.
Wir sind verwegen genug, ein paar 100.000 Jahre Menschheitsgeschichte in einigen Zeilen zusammenzufassen und geben einen groben Überblick über die gesicherten Erkenntnisse.
Der Akt der Menschwerdung erstreckt sich über mehr als zwei Millionen Jahre und geht verschlungene Wege. Verschiedene „Homo” lebten zu verschiedenen Zeiten, manchmal auch gleichzeitig, kreuzten sich vermutlich und starben wieder aus. Überlebt hat einzig unsere Spezies, der Homo Sapiens. Und auch dieser ist allenfalls in Afrika reinrassig, in Europa dürften seine Vorfahren mit dem Homo Neandertalensis Sex gehabt haben Die heutigen Europäer - so vermutet die Wissenschaft - sind genetisch zu rund fünf Prozent Neandertaler. Entscheidendes für die Entwicklung des modernen Menschen fällt in die Altsteinzeit (Paläolithikum).
Ältere Altsteinzeit (Altpaläolithikum), ca. 600.000-100.000 v. Chr. Frühe „Menschen“-Funde (Australopethicine) in China und Südafrika. Es handelt sich um aufrecht gehende Lebewesen, die aus Geröllstein werkzeugähnliche Geräte schlagen, was gemeinhin als Zeichen von Intelligenz gewertet wird.
Den Australopethicinen folgen die Archanthropinen, die bereits mit Feuer umgehen und im Gegensatz zu den Vorgenannten unwidersprochen als frühe Menschen anerkannt werden. Die Ältere Altsteinzeit ist im Périgord einzig durch einige Feuersteinfunde im Stollen von La Micoque, der später vom Neandertaler (Micoquien) bewohnt war, vertreten.
Mittlere Altsteinzeit (Mittelpaläolithikum), ca. 100.000-50.000 v. Chr. Der Neandertaler-Typus (zur Gruppe der Paläonthropinen gehörend) taucht auf, benannt nach einem Fundort im Neandertal bei Düsseldorf, ein Mensch mit flacher Stirn und großen Wülsten über den Augen.
Im Périgord wurden mehrere Siedlungsstätten des Neandertalers ausgemacht. Zu ihnen zählt La Micoque in der Nähe von Les Eyzies. Nach diesem Ort wird das Micoquien benannt, das für eine bestimmte Form der Werkzeugherstellung (u. a. doppelseitiger Faustkeil) steht. Ein weiterer Ort, Le Moustier, zwischen Montignac und Les Eyzies gelegen, lieh seinen Namen dem Moustérien (im Vergleich zur vorgenannten Kultur verfeinerte Werkzeuge). Künstlerische Betätigung war dem Neandertaler fremd.
Jüngere Altsteinzeit (Jungpaläolithikum), ca. 50.000-10.000 v. Chr. Etwa 35.000 v. Chr. stirbt der Neandertaler aus unbekannten Gründen aus. Ihm folgt im Périgord der Menschentyp des Cro Magnon (zur Gruppe der Neanthropinen gehörend), der unbestritten als Homo sapiens gilt. Vermutlich stammt er in keinster Weise vom Neandertaler ab, er hat auch nicht dessen menschenaffenähnliches Gesicht. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern ist er künstlerisch tätig und kreiert Schmuck sowie Menschen- und Tierdarstellungen.
Verschiedene Cro-Magnon-Kulturen, ältere und jüngere, werden nach ihren Fundorten unterschieden - Aurignacien, Périgordien, Solutréen, Magdalénien etc. Das Magdalénien (benannt nach La Madeleine bei Tursac) ist eine der späteren Cro-Magnon-Kulturen (ca. 15.000-10.000 v. Chr.). Aus dieser Epoche stammen die weltberühmten Felsenmalereien in der Grotte von Lascaux.
Dass die Laugerie Basse auch im Mittelalter bewohnt war, beweisen einige Felsenlöcher, die den Wachtposten als Spähfenster dienten. Die Rekonstruktionen mittelalterlicher Unterschlüpfe aus Holz, Stein und Baumrinde hingegen können kaum überzeugen.
♦ Geöffnet wie Grotte du Grand Roc (siehe oben). Eintritt 8,40 €, Kind 5,90 € oder Kombi-Tickt Laugerie Basse + Grotte du Grand Roc 11,50 €, Kind 7,30 €.
Grotte de Rouffignac: Eine der größten Höhlen im Schwarzen Périgord, ca. 20 km von Les Eyzies entfernt (Straße nach Périgueux, bei Miremont rechts ab, ausgeschildert). Mehr als 10 km sollen die auf drei Etagen liegenden Gänge der Grotte de Rouffignac messen, die noch immer nicht vollständig erforscht ist. Solche Strecken rufen nach Transportmitteln, und so ist ein freundliches Elektrobähnchen in Betrieb, das den Besucher durch die Stollen fährt.
Die Höhle hat den Namen Grotte des 100 Mammouths bekommen, und das ist noch untertrieben. Gut 150 in die Wände geritzte Mammutdarstellungen wurden bisher gefunden, teils sehr realistisch gezeichnet, teils nur angedeutet. Diese außergewöhnliche Häufung der Steinzeitkolosse konnte bisher nicht befriedigend erklärt werden. Im weiteren sind Pferde, Bisons, Steinböcke und als Rarität ein hübsches Wollnashorn (sozusagen das Urnashorn) zu sehen.
♦ April-Juni und Sept./Okt. 10-11.30/14-17 Uhr. Juli/Aug. 9-11.30/14-18 Uhr. Eintritt 7,80 €, 6-12 J. 5,10 €. Die Führung ist auf Französisch. Alternative: iPod mit deutschsprachiger Stimme
(1,50 €). Die tägliche Besucherzahl ist auf 550 limitiert. Die Karten können nur am Tag des Besuchs gekauft werden, in der Vorsaison ab 9 Uhr für den Besuch vormittags, ab 14 Uhr für den Besuch nachmittags, in der Hauptsaison (Juli/Aug.) ab 9 Uhr für den ganzen Tag; in der Hauptsaison empfiehlt es sich, spätestens um 10.30 Uhr an der Kasse zu sein. Keine telefonische Reservierung möglich.
Campagne
Ein paar Häuser, ein schönes Schloss, ein angenehmer Zwischenstopp und vielleicht auch ein gutes Essen - mehr nicht.
Das schmucke Château de Campagne, einst Residenz der Bischöfe von Bordeaux, ist heute im Besitz des Departements, das hier Teile der Verwaltung des Pôle d’Interprétation de la Préhistoire (→ Les Eyzies) untergebracht hat. Gleichzeitig ist es eine Örtlichkeit für Ausstellungen, Konzerte, Theater, und im Park findet gelegentlich cineastische Open-Air-Aufführungen statt.
Der gepflegte Schlosspark (ab 10 Uhr geöffnet, Schließzeit saisonabhängig) lädt zu einem Spaziergang ein, der im hintersten Teil zu einem niedrigen Heckenlabyrinth führt, wie man es aus Stanley Kubricks „Shining“ kennt - fehlt einzig der verrückte Jack Nicholson mit seiner Axt.
Mein Tipp B & B Au Pré des Source, 500 m in Richtung Les Eyzies. Seit 2016 eröffnete das lange geschlossene B & B unter einem neuen Besitzer, einem sehr freundlichen Mann, der zwar kein Einheimischer ist, aber sich in der Gegend hervorragend auskennt und gerne gute Tipps gibt. Die Lage im Grünen, etwas unterhalb der Straße, ist ideal. Schmuckstück ist ein winziges Häuschen mitten auf der Wiese mit Terrasse davor, in dem - man wundert sich - nicht nur ein großes Bett (160 cm) Platz hat, sondern auch noch Dusche/WC und ein Kühlschrank. 4 Zimmer, DZ 65-95 €, Frühstück inklusive. Lieu-dit Picharlou, 24260 Campagne, Tel. 06.80.26.67.65, www.aupredessources.com.
Camping **** Le Val de la Marquise, 400 m vom Schloss in Richtung St-Cyprien. Gepflegter, schattiger Platz mit Swimmingpool. 100 Stellplätze. Geöffnet Mitte April bis Sept. Le Petit Moulin, 24260 Campagne, Tel. 05.53.54.74.10, www.levaldelamarquise.com.
Restaurant Du Château, gegenüber dem Schloss. Beliebtes Restaurant mit ausgezeichneter périgourdinischer Küche. Derzeit - aber das ändert sich vielleicht wieder - leider nur mittags geöffnet, April-Okt. Sa geschlossen, Nov.-März Sa/So geschlossen. Tel. 05.53.07.23.50.