Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
gestellt hat. Wenn er das ohne dein Einverständnis durchzieht, haben wir ihn.« Siegessicher bleckte er die Zähne. »Na, wie findest du das?«
Doch Dieter Fuchs hatte nur ein müdes Lächeln für diese Neuigkeit übrig.
»Die Anschaffung dieses Geräts ist meine Idee. Dr. Norden handelt nur nach meinen Anweisungen.«
Lammers‘ Miene erstarrte.
»Wie bitte?«
»Du hast richtig gehört.« Dieter Fuchs schob ein paar Unterlagen auf seinem Schreibtisch zusammen. »Mit diesem Gerät wird es der Klinik gelingen, an internationale Standards aufzuschließen. Die Patienten werden aus ganz Europa zur Behandlung anreisen. Das ist eine einmalige Chance.«
»Das ist nicht dein Ernst. So etwas tust du nicht! Du willst so viel Geld ausgeben für ein paar Patienten?«
»Das sagst du doch nur, weil du nichts davon hast.« Fuchs lächelte kühl. »Im Übrigen habe ich Dr. Norden die Wahrheit gesagt.«
Volker Lammers fiel von einem Schrecken in den nächsten.
»Du hast was?«
»Bist du schwerhörig?« Fuchs zog eine Augenbraue hoch. »Dann solltest du dich untersuchen lassen. Wir haben hervorragende Spezialisten …«
Er hatte noch nicht ausgesprochen, als Lammers Hand auf den Schreibtisch niederfuhr, dass die Stifte im Behälter zitterten.
»Was ist hier eigentlich los? Seid ihr alle verrückt geworden?«, rief er außer sich vor Zorn.
Unwillig schnalzte Dieter Fuchs mit der Zunge. Er ließ sich nicht gern beleidigen.
»Das Gegenteil ist der Fall. Ich bin endlich zur Vernunft gekommen und habe reinen Tisch gemacht. Schmiedle, die Pläne der Investorengruppe, die ganze Geschichte. Man wird diesem Lügner das Handwerk legen. Und Dr. Norden wird dabei eine große Hilfe sein.«
Mit offenem Mund starrte Lammers den Verwaltungschef an. Es kam selten vor, dass er keine passende Antwort parat hatte. Doch diesmal war es so weit. Deshalb beschloss er, den Rückzug anzutreten. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und marschierte zur Tür.
»Ach, eines noch«, rief Fuchs ihm nach. Einen Hoffnungsschimmer in den Augen, drehte sich Volker Lammers um.
»Ja?«
»Wenn du dich in Zukunft in solchen Etablissements herumtreibst, achte bitte darauf …«
Mehr hörte Lammers nicht. Krachend fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
*
»Ach, Frau Dr. Norden!« Als Fee das Vorzimmer betrat, begrüßte Andrea Sander sie erfreut. »Einen kleinen Moment noch. Ihr Mann hat gleich für Sie Zeit.«
»Er scheint ja heute sehr begehrt zu sein.« Fee blieb vor dem Schreibtisch der Chefsekretärin stehen.
»Das können Sie laut sagen. Hier geht es zu wie im Taubenschlag.«
»Das bekommen Sie wohl auch zu spüren.« Fees Blick wanderte über den vollgepackten Schreibtisch.
»Sieht man das?« Andrea schmunzelte. Sie genoss die kleine Pause sichtlich. »Zum Glück ist es noch nicht so viel, dass ich den neuesten Skandal verpasse«, fuhr sie mit gesenkter Stimme fort. »Haben Sie schon gehört, was unserem geschätzten Kollegen Lammers passiert ist?« Sie zwinkerte Fee belustigt zu.
»Die Spatzen pfeifen es ja schon von den Dächern«.« Auch Felicitas konnte sich das Lächeln nicht verkneifen. »Ich würde mich in Grund und Boden schämen …«
»… und hätte mich für mindestens drei Wochen krankschreiben lassen, bis Gras über die Sache gewachsen ist«, ergänzte Andrea, als sich die Tür zu Dr. Nordens Büro öffnete und eine Dame im Kostüm herauskam. Sie verabschiedete sich mit einem Lächeln und verließ sichtlich zufrieden das Zimmer.
Neugierig sah Felicitas ihr nach.
»Wer war denn das?«, erkundigte sie sich, als sie mit Daniel allein war.
»Eine äußerst geschäftstüchtige Dame, die sich jetzt mit Dieter Fuchs über eine ebenso teure wie beachtliche Neuanschaffung unterhalten wird.« Er küsste seine Frau, ehe er zum Sideboard ging, um sich ein Glas Wasser einzuschenken. »Auch einen Schluck?«
»Nein, danke.«
»Trinken ist aber gesund. Ich hoffe, dir ist bewusst, dass der Mensch mindestens zwei Liter Flüssigkeit in Form von Wasser und ungesüßtem Tee zu sich nehmen sollte.«
»Du wolltest mich aber nicht sprechen, um mir eine Nachhilfestunde in Sachen Ernährung zu geben, oder?«, fragte Fee keck, nahm ihm das Glas aus der Hand und leerte es in einem Zug.
Daniel lachte und schenkte es noch einmal voll.
»Es geht um Viola respektive um Svenja.« Nach und nach wurde seine Miene ernst.
Felicitas musterte ihn aus schmalen Augen.
»Nachdem es sich bei der Neurofibromatose Typ 2 um eine genetisch bedingte und vererbbare Krankheit handelt, befürchtest du, Svenja könnte auch daran leiden.«
»Du hattest also den gleichen Gedanken wie ich«, bemerkte Daniel zufrieden. Schon immer waren sie sich Bestätigung und Bereicherung, teilten oft die Meinung oder ergänzten sich in ihrer Sichtweise.
Tausend Gedanken gingen Fee durch den Kopf. Eine Frage war besonders wichtig.
»Weiß Svenja es schon?«
Bekümmert schüttelte Daniel den Kopf.
»Nein. Viola will nicht, dass sie es erfährt.«
Fee schnaubte ungläubig.
»Wie stellt sie sich das vor? Wir müssen Svenja untersuchen. Nachdem sie noch so jung ist und wir viel Erfahrung mit Neurofibromatosen im Kindes- und Jugendalter haben, bietet es sich an, dass das meine Abteilung übernimmt. Wenn ich ihr Blut abnehme, wird sie wissen wollen, warum.«
»Das habe ich Viola auch gesagt.« Daniel ging um den Schreibtisch herum und ließ sich in den Chefsessel fallen. »Sie meint, wir sollten einen Vorwand erfinden, damit Svenja keinen Verdacht schöpft.«
»Wie stellt sie sich das vor?«, fragte Fee aufgebracht. »Das dürfen wir nicht.«
»Wir sollen Svenja sagen, dass es um eine Blutspende für die Operation geht.«
»Erstens ist das eine Lüge. Und zweitens gibt es keine Verwandtenblutspende.«
Trotz seiner Sorgen musste Daniel lächeln.
»Vielen Dank für den Hinweis, den ich natürlich längst weitergegeben habe.«
Felicitas atmete tief durch.
»Natürlich. Es tut mir leid. Ich verstehe nur nicht, wie sie so handeln kann. Was, wenn sich der Verdacht bestätigt und Svenja auch an der Krankheit leidet? Was will sie ihrer Tochter dann sagen?«
Daniel zuckte mit den Schultern.
»Das hat Viola mir nicht verraten. Sie hat mir lediglich versprochen, Svenja zu uns zu schicken. Ich wollte, dass du Bescheid weißt.«
Mit hängenden Schultern, die Hände in den Kitteltaschen versenkt, stand Dr. Felicitas Norden ratlos vor dem Schreibtisch ihres Mannes. In diesem Moment war guter Rat teuer. Noch wusste sie nicht, wie sie sich entscheiden würde.
*
»Halt! Der Patient ist frisch operiert und braucht absolute Ruhe«, rief Schwester Elena, als Dr. Sandra Neubeck auf das Intensivzimmer ihres Vaters zustürmte. »Das hat Dr. Weigand verordnet.«
Doch Sandra kümmerte sich nicht um Anweisungen. Schwer atmend blieb sie vor dem Bett ihres Vaters stehen.
Hugo Wimmer spürte ihre Anwesenheit, drehte den verbundenen Kopf und öffnete blinzelnd die Augen. »Sandra!« Seine Stimme war heiser vom Tubus.
Sie wusste selbst nicht, warum sie am ganzen Körper bebte.