Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2). Perry RhodanЧитать онлайн книгу.
hatten, an denen die Forschungsabteilungen bis zum heutigen Tag arbeiteten.
Aber natürlich hatten Perry und ich viele Geschichten gehört über all das, was sich in dem halben Jahrtausend unserer Abwesenheit in der Milchstraße und ihrer kosmischen Umgebung abgespielt hatte: das Attentat auf Hekéner Sharoun, der Raub von Terra und Luna, der Verschluss des Solsystems, die Ausbreitung des Odiums, das Sagittarius-Moratorium, das Erscheinen der Cairaner auf der galaktischen Bühne. Dann die beiden Orion-Kriege, die beschämende Aarus-Affäre, schließlich das Ende des Galaktikums und die Ausrufung des Cairanischen Friedensbundes, mit dem die Cairanische Epoche begonnen hatte – das meiste davon schien mir wichtiger für das Verständnis der Gegenwart als eine in ferner Vergangenheit gescheiterte Expedition von Bullys neuem Busenfreund, dem Tamaron, und eine Ansammlung rätselhafter Informationen.
Illustration: Swen Papenbrock
Die Tatsache, dass Molauds ehemaliger Leibwächter neuerdings für den Residenten arbeitete, hatte mein Bild von diesem Tefroder auch nicht eben verklärt. Mir wäre wohler gewesen, einen gestandenen USO-Spezialisten an Bulls Seite zu wissen und keine Leihgabe des Tamarons.
Ein USO-Agent, der dem Lordadmiral und über den Lordadmiral einem gewissen Mascanten regelmäßig Bericht erstattet, nicht wahr?
Durchaus, gab ich dem Extrasinn recht. Vertrauen ist gut ...
... und Kontrolle nicht immer besser, wo das Vertrauen sicheren Grund hat, fiel mir der Extrasinn in den Gedanken.
»Wird dieser Bericht lange dauern?«, fragte ich Ganud. »Könntest du ihn gegebenenfalls auf einen Datenkristall sprechen? Ich würde ihn mir dann bei Gelegenheit anhören.«
»Ich würde keine zwei Stunden brauchen«, versprach Ganud. »Gesetzt, ich spreche in einer dir verständlichen Geschwindigkeit. Sollte in dieser Zeit die Schlacht um die Bleisphäre beginnen oder diese Bleisphäre sich auflösen, lege ich eine angemessene Pause ein.«
Ich meinte zu bemerken, wie mich das Zain-Konstrukt taxierte.
In einer Zeit, in der der positronisch gehütete Datenschatz einer ganzen Galaxis verdorben und von einem Tsunami gegenstandsloser Botschaften überflutet worden ist, könnte es hilfreich sein, einen Augenzeugen zu hören, meldete sich der Logiksektor.
Zumal, wenn der Augenzeuge drei Augen hat, spöttelte ich.
Investieren wir diese zwei Stunden, schlug der Extrasinn vor. Unsere Vere'athor muss es eben verkraften, in der Zentrale die Stellung zu halten, ohne dass der Mascant an ihrer Seite bedeutungsschwer in den Panoramaschirm starrt.
Ich nickte Ganud zu. »Gehen wir in mein Quartier. Wäre es dir recht, wenn mein Freund Gucky deinem Bericht ebenfalls zuhört?«
*
Es war ihm recht. Das Zain-Konstrukt Bonthem hatte von Mava da Valgathan die Erlaubnis erhalten, in der Zentrale zu bleiben. Allerdings hatte sie zuvor einige Katsugos dorthin abkommandiert – »und zwar nicht zu Dekorationszwecken«, wie sie mir versicherte.
Der Thantur-Baron hatte das Angebot der Union inzwischen mit Dank akzeptiert. Die 1200 Fragmentraumer durften damit ungehindert in den Kugelsternhaufen einfliegen und sich bei der TARTS einfinden.
Das hörte ich gerne. Die Posbis waren seit Jahrtausenden verlässliche Verbündete der Terraner, und ich hatte keinen Zweifel, dass die Zusammenarbeit mit ihnen problemlos verlaufen würde.
Was die Raumschiffe der Zain-Konstrukte anging, sah ich ihrer Ankunft mit Neugierde entgegen. Und das, obwohl mir diese Wesen alles andere als geheuer waren.
Vielleicht ergibt sich die Gelegenheit, einen ihrer Raumer unter einem Vorwand zu entern und einer gründlichen Analyse zu unterziehen, überlegte mein Extrasinn.
Das müsste ein ziemlich guter Vorwand sein, dachte ich.
Grußloser Vorbeiflug am Flaggschiff des Mascanten, schlug der Extrasinn vor. Hast du nicht den Terranern gegenüber verlautet, in den alten Zeiten wären Raumfahrer aus weit geringerem Anlass aus der Luftschleuse gestoßen worden – ohne Raumanzug, versteht sich?
Das habe ich anders in Erinnerung.
Ich auch. Aber warum sollen wir uns in diesen verworrenen Zeiten nicht ein paar neue, hilfreiche Erinnerungen zulegen?
Wir waren auf dem Weg zu meinem Quartier, das ganz in der Nähe der Zentrale lag. Hin und wieder kamen uns Besatzungsmitglieder entgegen und grüßten mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte ich nicht etliche Jahrhunderte außerhalb dieses galaktischen Machtzentrums oberhalb der Öden Insel verbracht, wie Arkoniden die Milchstraße immer noch, wenn nun auch eher scherzhaft, bezeichnete.
Ganud glitt lautlos und elegant neben mir her, wobei er die zarten Tentakel wie witternd bewegte. Gucky hielt sich ganz gegen seine Gewohnheit einige Schritte hinter uns, die Hände auf dem Rücken verschränkt. Ich blickte kurz zu ihm zurück, aber er sah zu Boden. Das grelle Licht in den Korridoren des Schiffes behagte ihm als Kind einer altersmüden Roten Sonne nicht.
Wir traten ein. Gucky nahm ungebeten Platz auf meiner Liege und bat die Raumpositronik, das Licht ein wenig abzuschwächen. Ich nickte, und gleich darauf wurde das Licht mild, beinahe abendlich.
Ich setzte mich. Ganud schwebte in der Mitte des Raums wie eine rätselhafte Dekoration.
»Sollten wir wegen dieses Zain-Konstruktes besorgt sein?«, fragte der Ilt.
»Keineswegs«, antwortete Ganud. »Der Plasmakommandant der BOX 6161 vertraut ihm ebenso wie das Zentralplasma auf der Hundertsonnenwelt.«
»Dem du vertraust und also auch Bull?«, fragte ich.
»Vertrauen breitet sich aus wie Licht«, sagte der Posbi.
»Dann bring mal etwas Licht in euren Betriebsausflug nach Andromeda«, krähte Gucky.
Ganud hat sich bereits kurz nach dem Attentat auf Hekéner Sharoun im Jahr 1572 NGZ Reginald Bull zur Verfügung gestellt, erinnerte mich der Extrasinn. Warum ist er dann ein halbes Jahrhundert später an die Seite von Vetris-Molaud zurückgekehrt? Beziehungsweise zu Caer-Cedvan, wie Reginald den Tefroder vertraulich nennt?
Ja, warum? Um dieses Rätsel zu lösen, fragte ich Ganud: »Hatte der Tamaron dich für diese Expedition angefordert? Oder war es dein eigener Entschluss, mit nach Andromeda zu reisen?«
»Weder noch«, sagte der Posbi. »Ich habe es auf die Bitte des Residenten hin getan.«
»Reginald Bull hat dich gebeten?«, versicherte ich mich etwas ungläubig. Hatte Reginald den Posbi aus dem Weg haben oder als Spion für die Liga platzieren wollen?
»Reginald hat mich gebeten«, wiederholte Ganud. »Aber überreden musste er mich nicht. Wann bekommt ein einfacher Posbi wie ich schon einmal die Gelegenheit, sein galaktisches Bezugssystem zu wechseln? Aber ich will von Anfang an erzählen.«
2.
Ganud
14. Mai 1637 NGZ
Im Panoramaholo der HEKÉNER SHAROUN strahlten die drei roten Riesensonnen vom Spektraltyp M2, die die Terraner nach einem altväterlichen Zeichensystem Alpha, Beta und Gamma genannt hatten – eine wahre Orgie der Originalität.
Reginald Bull saß auf dem COMMAND-Podest neben dem Sessel des Schiffskommandanten. Fero Luuk schien manchen Besatzungsmitgliedern als Kommandant eines Schiffes der TRITON-Klasse reichlich jung zu sein. Luuk dagegen bemerkte es nicht oder wollte es nicht bemerken.
Mit seinem breiten Erscheinungsbild – angefangen beim Gesicht über das gelegentliche Grinsen und die Schultern bis hin zur etwas untersetzten Gestalt – mochte er auf den ersten Blick wie ein Ebenbild Bulls wirken. Aber anders als Bull war Luuk die Ruhe selbst.
Meist jedenfalls.
Ich stand einige Schritte hinter den beiden, nah genug, um ihre Hirnströme wahrnehmen