Perry Rhodan 3063: Ceres. Susan SchwartzЧитать онлайн книгу.
»Möglicherweise hat es davor ein durch die Kontinente getrenntes Urmeer gegeben, das an manchen Stellen zeitweise durch vulkanische Tätigkeit verdampfte und alles Leben dort auslöschte«, äußerte Dorksteiger eine Vermutung. »An anderen Stellen starben die Tiere und Pflanzen, versteinerten und bildeten eine eigene Schicht. Es gibt viele Variablen. Das, was wir hier sehen, muss nicht überall so sein.«
Und nicht nur das. Sepheroa wies darauf hin, dass einige Hundert Meter weiter ein gewaltiger Salzstock stand, der sich offenbar im Lauf der Jahrmillionen nach dem Verdunsten des Urmeeres und dem anschließenden Absinken der Salzkristalle in die tieferen Schichten gebildet hatte. Der aufbereitete Scan zeigte weiße Kristalle, die sich wie Schnüre aneinanderpressten und insgesamt eine dicke Säule bildeten, die beachtliche acht Kilometer in die Tiefe reichte.
Die meisten vollständig versteinerten Fossilien waren nicht größer als eine Handfläche, dazu zeigten sich Überreste teils riesiger Tiere, von denen Zähne und Kieferteile erkennbar waren, auch diverse Knochen und knorpelartige Gebilde, Abdrücke von Flossen oder sehr langen Stacheln.
Aus den gewonnenen Daten setzte die Positronik Bilder zusammen, die das vermutliche Aussehen dieser Geschöpfe zeigten.
»So sehr unterschieden sie sich nicht von dem, was wir kennen«, meinte Derowia. »Sie sind teils grobschlächtiger, als wären sie noch nicht fertig ausgebildet. Aber eines trifft auf alle zu: Sie sind extrem wehrhaft, ob nun Karni- oder Herbivore.«
Zwischen den Tiergebeinen entdeckten sie eingepresste Pflanzen, darunter lange Fäden, fiedrig aussehende Blätter, ferner einige zu Kohle versteinerte Strukturen.
Durch diese beiden Schichten war mit der Zeit Wasser gesickert, das sich, durch die verschiedenen chemischen Verbindungen sauer geworden, allmählich durch das Gestein fraß. Und das wahrscheinlich bis in die Gegenwart.
Die Fossilien wurden schließlich abgelöst von einer vergleichsweise dünnen bräunlichen Schicht, durch die sich schwarze Adern zogen.
Sepheroa musste Gegenschub geben, als die ORPHEUS zu einem Hohlraum durchbrach. Die Ortung hatte rechtzeitig vorgewarnt, dennoch war der Übergang abrupt, von extremem Widerstand zu – nichts.
*
Es war eine gewaltige Höhle, die mehrere Hundert Meter in die Tiefe reichte und sich über einen Kilometer ausdehnte.
Am Grund reflektierte Wasser das Scheinwerferlicht, das sich durch den Austritt von oben seit Jahrmillionen in einem Becken sammelte. Die Gesteinsschicht darunter war massiv und ließ sich nicht so leicht aushöhlen.
Sepheroa steuerte die ORPHEUS stark verlangsamt durch die schrundige, von vielen Überhängen, Vorsprüngen und Zacken durchsetzte Kaverne. Sie mochte wie eine gewöhnliche Höhle wirken – doch in dieser Tiefe war der Druck bereits zehntausendmal höher als an der Oberfläche und die feuchtwarme Luft von giftigen Gasen geschwängert.
»Da bewegt sich etwas!«, rief Yaradua und grinste.
Derowia fuhr zu ihm herum. »Das ist nicht witzig!«
»Ich habe auch keinen Scherz gemacht.« Der Metabolist deutete auf den rechten Holoausschnitt, und Dorksteiger zoomte ihn mit einer Geste heran.
Und tatsächlich, auf einem Vorsprung bewegte sich etwas. Weiß und flach, nicht länger und dicker als ein Finger, aber mit sehr langen, feinen Fühlern und Tasthaaren ausgestattet. Es mochte ein gutes Dutzend dieser Tiere sein, die sich fast anmutig herumwanden und den Felsen nach Nahrung absuchten. Dabei hatten sie keine Hemmungen, übereinander wegzukriechen oder einen Konkurrenten zur Seite zu schubsen. Zwei oder drei tasteten einander mit Fühlern ab, als wollten sie sich näherkommen.
»Entweder fressen sie den Stein, oder, was wahrscheinlicher ist, das, was den Stein frisst«, meinte Dorksteiger. »Wahrscheinlich sind es steinfressende Bakterien, die Mikrolebewesen als Nahrungsgrundlage dienen, die wiederum von Räubern dieser Größe vertilgt werden. Ganz ähnlich wie bei den Schwarzen Rauchern in der Tiefsee von Terra.«
»Und da sind noch andere.« Yaradua wies auf mehrere Stellen.
Hinter Vorsprüngen, in Kuhlen und Löchern porösen Gesteins, waren nun überall Kreaturen zu erkennen, die kein Sonnenlicht kannten, die niemals die Oberfläche erreichten und die mühelos den unvorstellbaren Druck aushielten. Um sich vorwärts zu tasten, verfügten die meisten über Antennen, Fühler und Sinneshaare. Auch Spinnenähnliche waren dabei, die auf fast gläsern durchsichtigen, langen Beinen dahinstaksten. Manche waren wie Skorpione und mit Giftstacheln ausgestattet, andere verfügten über Fangarme. Es gab sogar Netzspinner und Netzwerfer.
An der Spitze der Hierarchie aber schienen mächtige Würmer zu sein, fast so lang und so dick wie ein Unterarm, deren Kopf aus einem kreisrunden Maul mit Zähnen bestand, die beunruhigend an Sägeblätter erinnerten. Zusätzlich konnte das Maul nach vorn ausgestülpt und aufgeklappt werden, was ein Entrinnen der Beute unmöglich machte. Die schneeweißen Würmer waren sehr beweglich, obwohl viele sich eher als Lauerjäger damit begnügten, darauf zu warten, dass die Beute in bequeme Nähe kam. Einige gingen hingegen aktiv auf die Jagd und machten keinen Unterschied zwischen anderen Jägern oder harmlosen Gesteinsfressern. Sie schnappten sich alles, was lebte, ohne sich an Giftstacheln, Reißzähnen oder scharfen Scherenarmen zu stören.
Manche Kreaturen, die in Gruppen unterwegs waren, stoben auseinander, sobald sie die Annäherung eines Wurms spürten, und so gelang es ihm nicht immer, die Beute zu erwischen. Aber Fehlschläge waren selten. So mancher schnappte daraufhin nach einem Artgenossen, der sich gerade in der Nähe aufhielt. Doch nicht einmal die Sägeblattzähne konnten den Hautpanzer der eigenen Art durchdringen, sodass der Kampf schnell und ohne Sieger endete. Man kroch getrennt seiner Wege.
Der audiovisuelle Sensorstreifen übertrug hörbar gemachtes, hochfrequentes, zartes Zirpen und Flüstern ins Innere des Gäonautikums. Hinzu kamen schabende und raspelnde Geräusche und ab und zu das Glucksen eines Wassertropfens.
Dorksteiger war sicher, dass es auch im Wasser in dem Becken Leben gab, vielleicht sogar höher entwickelt, womöglich etwas wie terranische Olme, deren genügsames Dasein hunderte Jahre währen konnte.
Von dem Hohlraum aus navigierte Sepheroa durch eine Art Tunnel einen Kilometer tiefer zu einem beeindruckenden Höhlensystem aus Kalkstein, mit Säulen, Domen, nadelspitzen Stalagmiten und skurril geformten Stalaktiten.
In diesen Höhlen schien nichts mehr zu leben, oder es versteckte sich zu gut. Die Ortung konnte jedenfalls nichts entdecken. Es sah aus, als bewegten sie sich durch eine verlassene Stadt mit Turmbauten, Schlössern und filigranen Steingärten.
Stetig ging es abwärts. Die Tropfsteine zogen sich zurück, das Gestein wurde allmählich massiver, die Gänge enger. Die Temperatur stieg sprunghaft an und näherte sich schnell der 100-Grad-Grenze.
Ein Scan zeigte, dass das Gäonautikum eine Magmakammer kreuzte, die 500 Meter weiter unten lag. Von dort flossen heiße Adern und Kanäle in Seitentaschen, die wiederum die glühende vulkanische Masse durch Gasentwicklung weiter nach oben drückten. Diese Stellen waren instabil durch sich verflüssigendes Gestein, das stetig nach oben gepresst wurde, während sich oben festere Brocken lösten und nach unten sanken.
Sepheroa empfahl eine leichte Kursänderung. Sie konnten einen Seitengang des Höhlensystems nehmen, der sie zügig von der brodelnden Kammer wegbrachte.
Illustration: Swen Papenbrock
Es ging auf diese Weise noch einen Kilometer hinab, bis die Expedition erneut festes Gestein erreichte und die ORPHEUS den Desintegrator wieder einsetzen musste.
*
Die Gesteinsschichten zwischen Kilometer 30 und 45 zeigten sich extrem farbenfroh durch die eingeschlossenen Metalle, unter denen oxidiertes Eisen und Kupfer am häufigsten vertreten waren. Nahezu alle Farben des Regenbogens und Mischungen daraus boten eine abwechslungsreiche Palette, von Ocker bis Schwarzblau. Dazwischen zogen sich Adern weiterer Metalle wie Aluminium, Eisen und