Perry Rhodan Chronik, Band 2. Michael NagulaЧитать онлайн книгу.
wurde kein weiteres Wort mehr darüber verloren. Bernhardt ließ das Horror-Projekt stillschweigend sterben, und Dirk Hess verzichtete auf den Versuch, vielleicht doch noch zu retten, was zu retten war. »Die Zeit war noch nicht reif für ein solches Projekt, über das Kids von heute nur müde lächeln würden«, resümiert er im Februar 2004.
Und doch blickt Hess auch etwas wehmütig auf das große Potenzial der Serie zurück, die sich nicht zuletzt durch die äußere Gestaltung Ausdruck verschafft hätte. »Der Originalcover-Entwurf für FRANKENSTEIN war vom späteren Bundesfilmpreisträger Klaus Dill gestaltet worden. Ob die Arbeit noch im Verlagsarchiv existiert, weiß ich nicht. Das Cover bildete den phantastisch verschlungenen Rahmen eines Zauberspiegels ab. Im Spiegel erschien großflächig das jeweilige Romanthema, während der Spiegelrahmen aus versteinert, hölzern wirkenden Körper- und Tierelementen, also einem phantastischen Bestiarium, bestand.«
Klaus Dill, der als Gestalter von Kinoplakaten bekannt wurde, malte Anfang der Neunzigerjahre auch Titelbilder für Haffmans, einen damals hoch angesehenen Literaturverlag. Die FRANKENSTEIN-Serie war mit großen Ambitionen verbunden gewesen, und es ist ein Jammer, dass sie letztlich aus Angst vor einer Indizierung gar nicht erst auf den Markt kam.
Getrennte Wege
Jahrelang hatte es bei ATLAN, dem kleinen Bruder von PERRY RHODAN, der am 6. Oktober 1969 ebenfalls von K. H. Scheer gestartet und inzwischen von William Voltz exposémäßig geleitet wurde, immer dieselben Hauptfiguren gegeben. Bis zur Einführung der EXCLUSIV-Romane am 11. Juni 1973 war das Psycho-Team aus Ronald Tekener und Sinclair Marout Kennon die treibende Kraft gewesen – der Smiler mit den Lashat-Pocken, smarter Herzensbrecher und Waffensammler, und das Gehirn eines verwachsenen Zwergs im Robotkörper, der es hasst, in einer Vollprothese durchs Leben zu gehen.
Im letzten Krimi-Zyklus der Serie änderte sich das. Die Bände erschienen nun alternierend mit der EXCLUSIV-Reihe, und Exposéautor Voltz nutzte die Gelegenheit für die »Querschaltung« eines Protagonisten, den er fast elftausend Handlungsjahre überwinden ließ. Der Wechsel der Zeiten erfolgte in ATLAN 173, in dem Ronald Tekener sich als Hobbyarchäologe auf einem fremden Planeten aufhält, während Kennon in seiner Abwesenheit das USO-Hauptquartier Quinto-Center leitet. Als dort neue Informationen über den verschollenen Atlan eintreffen, macht das Team sich gemeinsam auf die Suche und entdeckt die Traummaschine, die Atlans Geist in der Vergangenheit festhält.
Tekener und Kennon retten den Lordadmiral, aber in dem Robotermenschen erwacht eine eigenartige Sehnsucht: Nun will er an die Traummaschine angeschlossen werden. Atlan gewährt ihm zwei Stunden, in denen Kennons Bewusstsein sich in seinem ursprünglichen, verwachsenen Körper befindet und im Jahre 10.498 arkonidischer Zeitrechnung. Die kurze Erfahrung zeigt Kennon, wie wichtig ihm der Besitz seines Originalkörpers ist. Er lässt sein Gehirn im Roboterleib mit einem Lebenserhaltungssystem verbinden und an die Traummaschine anschließen. Dann wechselt er endgültig die Epoche.
Die Leser brauchten nicht lange auf ein Wiedersehen mit Kennon zu warten. Schon in ATLAN EXCLUSIV 176/37, also drei Realwochen später, erfuhren sie, dass der Plan des Kosmokriminalisten aufgegangen war. Er war wieder in seinem schwächlichen Körper zu der Zeit gelandet, in der Orbanaschol III. den jungen Kristallprinzen Atlan erbittert verfolgte. Damit begann Kennons Vergangenheitszyklus, der die gesamte Laufzeit der EXCLUSIV-Serie andauerte. Er wurde fast ausschließlich von H. G. Francis geschrieben, der Voltz bei mindestens zwei Bänden auch mit Exposé-Vorschlägen versah.
Handlungsmäßig fällt es Kennon nicht schwer, sich in der Gesellschaft des Großen Imperiums zurechtzufinden – immerhin hat er ausführliche Studien über die galaktischen Altvölker getrieben. Er baut sich einen Roboter namens Gentleman Kelly, der ihm als Transportmittel dient, nimmt den Namen Lebo Axton an und beschließt, auf Arkon II eine Position zu erlangen, durch die er den Kristallprinzen heimlich unterstützen kann.
Immer wieder taucht Axton in der Serie auf, firmiert in ATLAN 183 als Mutantenjäger für den arkonidischen Geheimdienst, tritt in ATLAN 195 endgültig in Orbanaschols Dienste, wird in ATLAN 204 auf seine Loyalität geprüft und plant in ATLAN 211 den Sturz des Usurpators, der neun Romane später auch erfolgt. In ATLAN 231 versucht er den flüchtigen Ex-Regenten aufzuspüren und wird in ATLAN 239 beinahe als Kämpfer für Atlan enttarnt.
Es folgen fünf Doppelromane, bis Lebo Axton im letzten Band von ATLAN EXCLUSIV wieder in die Zukunft gerissen wird, weil die Traummaschine versagt. Er kann sie reparieren, aber nach einem neuerlichen Ausfall stirbt sein Gehirn im Roboterkörper ab. Axton ist in der Vergangenheit gefangen – als erste »virtuelle« Hauptfigur des PERRY RHODAN-Universums.
Sinclair Marout Kennons Geschichte endete damit nicht. Der Atlantis-Zyklus, der mit ATLAN 300 startete, sah noch mehrere Auftritte mit ihm, darunter eine Begegnung mit dem Lordadmiral der USO, bevor sich seine Spur endgültig in der Zeit verlor.
Der Smiler wechselt die Serie
Aber nicht nur der Robotmensch wurde aus der klassischen ATLAN-Serie in eine neue Handlung hinübergerettet, auch Ronald Tekener sollte den Lesern des Perryversums erhalten bleiben, wenngleich er im EXCLUSIV-Zyklus keine Rolle mehr spielte.
Seinen letzten ATLAN-Auftritt hatte Tekener in Band 175, mit dem die Ära der SF-Krimis innerhalb der Serie endete. Er hatte seinen Psychopartner Kennon noch darin unterstützt, sich an die Traummaschine anschließen zu lassen. Nun lauscht er dem Bericht von Atlans Sohn, eines Wanderers durch Raum und Zeit, der den Lordadmiral auffordert, mit Hilfe eines speziellen Geräts in die Vergangenheit zu reisen, um seine Mutter Ischtar zu unterstützen. Atlan weigert sich, weil er seiner einstigen Geliebten nicht mehr traut.
In der abschließenden Szene versichert der Smiler ihm, richtig gehandelt zu haben. Und das alles auch nicht geträumt zu haben. »Ich persönlich bin sicher«, sagt Tekener, »dass sowohl Sinclair Marout Kennon, der in der Traummaschine liegt, als auch Chapat, Ihr Sohn, zumindest Ihren Weg kreuzen werden. Denken Sie daran, dass es in Ihren Träumen und in Chapats Seelenwanderung keine Grenzen von Raum und Zeit gab.«
Unerwähnt blieb Tekeners weiteres Schicksal. Aber der treue Leser wusste Bescheid. Seinen ersten Auftritt bei PERRY RHODAN hatte der Smiler schon in Band 680 gehabt, der fünf Realmonate zuvor – im September 1974 – erschienen war, chronologisch gesehen 616 Jahre nach den in ATLAN 175 geschilderten Ereignissen!
Damals provozierten Tekener und zwei weitere USO-Agenten auf dem Mars ihre Verhaftung durch die Überschweren, um eine Revolte in einem Gefangenenlager anzuzetteln. Drei Monate später fungiert Tekener in PERRY RHODAN 697 als Atlans Stellvertreter, und gemeinsam schmieden sie einen Plan gegen Leticron, den Anführer der Überschweren, der die Herrschaft über die Milchstraße angetreten hat.
Nach seinem letzten Auftritt in der ATLAN-Serie vergingen lediglich drei Realwochen, bis Tekener voll bei PERRY RHODAN einstieg. H. G. Ewers schildert in Band 707, dass der Smiler zu den von Atlan ausgesandten Beobachtern der galaktischen Szene gehört. Sein Einsatzgebiet ist der Mars, wo er seit Jahren als terranischer Sklave lebt – unter dem Namen Kalteen Marquanteur. Da er zu unbequem und gefährlich geworden ist, wird er von den Überschweren zum Saturn deportiert und dort mit Leticrons Plan konfrontiert, die Unsterblichkeit zu erlangen – ein Plan, der scheitert.
Drei Romane in Folge wurden für diese Handlung aufgewendet, mit der Tekener sich eindrucksvoll einen Platz in der PERRY RHODAN-Serie erkämpfte. Francis, Darlton und Voltz beteiligten sich an der Etablierung dieses Charakters.
1978, drei Realjahre später, als die Handlung mit Lebo Axton in ATLAN EXCLUSIV abgeschlossen war, zeigte H. G. Francis noch einmal, dass er eine besondere Vorliebe für das Psycho-Team hatte. Er setzte Sinclair Marout Kennon und Ronald Tekener auch in den Taschenbüchern ein – einzeln und im Team, sage und schreibe zehn Mal.
Der Smiler, der die Serie heute noch begleitet, gehört mittlerweile zu den langlebigsten und wichtigsten Charakteren von PERRY RHODAN.
Der Horror des Serienkarussells
Als ATLAN-Autor Dirk Hess Anfang 1974 den Auftrag erhielt, sich eine Unterhaltungsserie auszudenken, die Frankenstein in den Mittelpunkt stellte, aber eigentlich eine Mischung aller phantastischen Spielarten bildete, war das Ergebnis eine Serie, die er DAS BÖSE nannte. Sie hatte auch