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Die Krieger des alten Japan. Roland HabersetzerЧитать онлайн книгу.

Die Krieger des alten Japan - Roland Habersetzer


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mischten sich mit Strömen von Blut, und die Leichen bildeten einen Hügel. Sie wurden später unten im Tale verbrannt. Man sagt, daß man noch heute in diesem Tal Überreste von Pfeilen und Schwertern finden kann.

      Tonamiyama wurde zum Grab für die Blüte der Taira-Kavallerie. Die Überlebenden zogen sich im Eilmarsch in Richtung der Hauptstadt zurück, wo sich mit der Nachricht von der verheerenden Niederlage Panik ausbreitete. Man versuchte dennoch, die Hauptstadt zu halten, aber allein der Anblick der weißen Banner der anrückenden Minamoto trieb die Taira dazu, ihre Truppen abzuziehen. Den jungen Kaiser Antoku und die Kronjuwelen nahmen sie mit sich. Der frühere Kaiser Go-Shirakawa hingegen eilte zu einem Treffen mit Yoshinaka und schloß sich diesem bei seinem Marsch auf die Hauptstadt an. Dies ermöglichte ihm einen triumphalen Wiedereinzug in Kyôto in Begleitung von Yoshinaka und Yukiie.

      Somit waren die Minamoto wieder in Besitz der Hauptstadt. Zumindest galt dies für Minamoto Yoshinaka. Tatsächlich war Yoritomo über den grandiosen Erfolg seines Cousins in hohem Maße verärgert und eifersüchtig, denn er sah sich selbst in der Rolle des tatsächlichen Anführers des Aufstands. Er mußte also schnell handeln, um nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dabei sollte ihm sein Halbbruder Yoshitsune helfen, den er kurz zuvor endlich kennengelernt hatte. Kaum, daß Yoshitsune davon gehört hatte, daß sein Bruder im Begriff stand, eine Minamoto-Streitmacht aufzustellen, war er zu ihm geeilt, begleitet von 2 000 Reitern aus seiner Wahlheimat Mutsu. Die erste Begegnung der Halbgeschwister hatte in der Provinz Suruga, nahe dem Fluß Kise, stattgefunden. Yoshitsune wünschte nichts weiter, als Yoritomo, den er zutiefst bewunderte, dienen zu dürfen.

      Yoritomo betraute Yoshitsune unverzüglich mit seiner ersten Mission: Er sollte um jeden Preis seinen Cousin Yoshinaka dazu bringen, innezuhalten und seinen Ehrgeiz zu zügeln. Tatsächlich hatte sich Yoshinaka schon bald nach seinem Einzug in Kyôto sehr unbeliebt gemacht. Die Zivilbevölkerung hatte die Minamoto zunächst als Befreier betrachtet, mußte aber ihre Erwartungen rasch zurückstecken. Die Truppen Yoshinakas und Yukiies verhielten sich wie Besatzer auf erobertem Gebiet. Sie suchten die leidgeprüfte Stadt mit Plünderungen heim und mißbrauchten ihre Macht aufs ärgste. Yoshinaka unternahm nichts, um ihrem Treiben Einhalt zu gebieten und die Ordnung wiederherzustellen. Das mag daran gelegen haben, daß ihn andere Sorgen quälten. Benommen von seinem Erfolg, hatte er Go-Shirakawa unter Hausarrest gestellt. Damit wollte er erreichen, daß dieser die Maßnahmen, die er selbst für die Verwaltung der Stadt durchsetzen wollte, sanktionierte und ihnen durch sein kaiserliches Ansehen Gewicht verlieh. Doch es blieb ihm wenig Zeit, seine Vorhaben zu verwirklichen. Im Februar 1184 wurde ihm zugetragen, daß eine große Armee unter Führung von Yoshitsune auf die Stadt zumarschierte.

      Nachdem alle Verhandlungen erfolglos geblieben waren, befahl Yoshinaka, der selbst in Kyôto blieb, zwei seiner besten Generäle, die Truppen Yoshitsunes am Fluß Uji, der zwischen Kyôto und Nara lag, so lange wie möglich aufzuhalten. Sein Plan bestand darin, hierfür dieselbe Brücke, an der schon vier Jahre zuvor Minamoto Yorimasa versucht hatte, dem Ansturm der Taira standzuhalten, zu nutzen. Zu diesem Zweck ließ er den Brückenbelag entfernen und zahlreiche Pfähle mit Hilfe von Seilen fest im Flußbett verankern. Doch Yoshitsunes Kavallerie gelang es, den durch die Schneeschmelze angeschwollenen Fluß in einem Schwung zu durchqueren. Sie schlossen sich mit den Truppen von Minamoto Noriyori, einem weiteren Bruder Yoshitsunes, zusammen, die den Fluß bei Seta überquert hatten.

      Der Armee Yoshinakas blieb keine andere Wahl, als sich nach Kyôto zurückzuziehen. Noch einmal versuchte Yoshinaka, durch einen Gegenangriff das Kriegsglück zu wenden. Doch trotz der Tapferkeit seiner Samurai und nicht zuletzt auch der seiner Gefährtin Tomoe Gozen, die eine furchteinflößende Kriegerin war, scheiterte er. Einer seiner engsten Waffengefährten, Imai Kanehira, ein Bruder Tomoes, bot ihm an, ihm lange genug den Rücken freizuhalten, damit er entsprechend den Regeln seppuku begehen konnte. Aber Yoshinaka blieb selbst diese letzte Genugtuung versagt, die jeder Samurai sich wünschte, wenn es galt, aus dem Leben zu scheiden. Sein Pferd glitt auf einer gefrorenen Pfütze aus. Er verlor im Sattel das Gleichgewicht, und in eben diesem verhängnisvollen Moment durchbohrte ein Pfeil den Hals des Mannes, dem es gelungen war, die mächtigen Taira zu besiegen. Zwei gegnerische Samurai stürzten sich unverzüglich auf ihn, um ihn zu enthaupten. Als er sah, daß sein Plan, seinem Herren die Möglichkeit zu schenken, auf ehrenvolle Weise aus dem Leben zu scheiden, vereitelt worden war, beging Imai Kanehira auf spektakuläre Weise Selbstmord. Nachdem er den beiden Samurai einen letzten Fluch entgegengeschleudert hatte, nahm er die Spitze seines Schwertes in den Mund und stürzte sich mit dem Kopf voran vom Pferd. Tomoe Gozen wurde gefangengenommen. Später wurde sie begnadigt. Sie entsagte der Welt und zog sich in ein Kloster zurück, um Priesterin zu werden.

      Der Gempei-Krieg trat in seine letzte Phase. Damit brach die große Zeit des Minamoto-no-Yoshitsune an.

      Nachdem Yoshitsune Kyôto eingenommen hatte, empfing ihn Go-Shirakawa und beherbergte ihn im kaiserlichen Palast. Doch er blieb nur wenige Tage in der Hauptstadt. Yoritomo beauftragte ihn, die verbliebenen Taira-Truppen aus ihren zahlreichen befestigten Schlupfwinkeln an der Küste der Inlandsee zu vertreiben. Diese Festungen galten als uneinnehmbar, und die Taira waren zudem hervorragende Seefahrer. Wer anders als der ungestüme Yoshitsune hätte mit solch einer schwierigen Aufgabe betraut werden sollen?

      Die erste Schlacht fand bei Ichi-no-Tani statt, einer von den Taira errichteten Verschanzung, die sich auf einem schmalen Küstenstreifen unterhalb einer schroffen Felswand befand. Nach Süden hin, zum Meer, war das Lager der Taira weit offen. Hier ankerte ihre Flotte. Die Felswand im Norden hinauf führte ein in Serpentinen verlaufender Pfad, der so steil war, daß selbst die behenden Affen ihn mieden. Die üblichen Belagerungsmethoden konnten für diese Seefestung somit nicht angewendet werden.

      Yoshitsune befahl seinem Bruder Noriyori, den Gegner aus Richtung Osten kommend an der Küste anzugreifen. Er selbst begab sich in weitem Bogen mit seinen Kriegern auf dem Landweg nach Westen, um so die Festung der Taira in die Zange zu nehmen. Siebentausend seiner Leute setzten den Marsch fort, während Yoshitsune das direkte Kommando über dreitausend von ihnen übernahm, mit denen er den Angriff auf Ichi-no-Tani von hinten, also von Norden aus, wagen wollte. Mitten in der Nacht begab er sich mit diesen in die Berge, weit hinter das Angriffsziel. Eile war geboten, denn der konzertierte Angriff sollte zu Tagesanbruch stattfinden. Im Fackelschein wanderten sie durchs Gebirge, und schließlich standen sie oben auf der Felswand und blickten hinab auf das Lager der schlafenden Taira. Sobald der erste Sonnenstrahl am Horizont sichtbar wurde, drang Kriegsgeschrei aus dem Wald von Ikuta. Noriyori hatte seinen Angriff aus dem Osten begonnen. Yoshitsune beschloß, seinen aberwitzigen Plan in die Tat umzusetzen. Er ließ zwei reiterlose Pferde auf den Pfad, der am Hiyodori-Paß begann, treiben und beobachtete ihren langsamen Abstieg. Als die Tiere unten angelangt waren, gab er den zweihundert besten unter seinen Reitern den Befehl, ihnen zu folgen. Zum Erstaunen seiner Leute wagte er selbst als erster den Weg in den Abgrund, gefolgt vom treuen Benkei. Sein kleiner, sorgfältig ausgewählter Samuraitrupp folgte ihm unverzüglich. Sie ritten so dicht hintereinander, daß immer wieder Geräusche von aufeinandertreffenden Rüstungen und Waffen zu vernehmen waren. Als sie den halben Abstieg hinter sich gebracht hatten, trieben die Samurai, ermutigt durch die Entschlossenheit ihres Anführers, ihre Pferde an und begannen Kampfschreie auszustoßen. Im Lager der Taira, die sich von drei Seiten angegriffen sahen, brach heillose Panik aus. Die waghalsigen Männer Yoshitsunes legten, sobald sie das Lager erreicht hatten, Feuer. Angefacht durch einen kräftigen Westwind breitete es sich rasch in Richtung Meeresküste aus, so daß die Taira fürchteten, daß die Flammen auf ihre Flotte übergreifen könnten. In vollkommener Auflösung flohen die Überlebenden der Schlacht zu ihren Schiffen, um dort Schutz zu suchen. Ihre Stellung auf dem Festland war verloren.

      Viele Samuraigeschichten haben ihren Ursprung in dieser Schlacht. Die ergreifendste davon ist jene über den Tod des jungen Samurai Taira-no-Atsumori. Im Lager der Taira herrschte bereits Panik. Wiehernd und in wildem Galopp versuchten die vor Angst kopflosen Pferde, mit oder ohne Reiter, dem Schlachtenlärm, dem Rauch und dem Feuer in Richtung des Meeres zu entkommen. Die letzten Verteidiger von Ichi-no-Tani zerstreuten sich gleich Spinnenkindern, deren schützender Kokon zerrissen war. Kumagai-no-Naozane, ein Yoshitsune nahestehender Samurai, zügelte sein Pferd und


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