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Der Lügendetektor. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Der Lügendetektor - Edgar Wallace


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sein mochte, schaute Mr. Reeder wenig liebenswürdig an, zwang sich dann aber doch zu einem Lächeln.

      »Hallo, Reeder ...«

      »Mr. Reeder, wenn ich bitten darf. Nun, was führen Sie im Schild? Versuchen Sie wieder, Falschgeld unter die Leute zu bringen – oder handelt es sich diesmal nur um einfachen Diebstahl?«

      Higson war gut gekleidet, denn es gehörte nun einmal zu seinem Beruf, elegant und vornehm aufzutreten. Er nahm aus seinem goldenen Etui eine Zigarette und steckte sie an.

      »Ich werde es Ihnen sagen«, erwiderte er dann. Seine Stimme klang weder respektvoll noch unterwürfig. »Als Sie mich seinerzeit durch Ihre verdammten Aussagen ins Gefängnis brachten, hatte ich ein schönes Stück Geld beiseite gelegt. Da bricht Ihnen wohl das Herz, wenn Sie das hören, Sie alter Spürhund, wie? Es waren fünfzehntausend Pfund! Inzwischen habe ich meine Strafe abgesessen, und an das Geld können Sie nicht heran. Ich lasse mir jetzt nichts mehr zuschulden kommen – das kann ich mir leisten. Wenn ich nicht so gut gestellt wäre, würde ich ohne weiteres wieder falsche Fünfpfundnoten vertreiben und bestimmt auch ganz anständig von dem Verdienst leben. Nur würde ich mich diesmal nicht mehr von Ihnen erwischen lassen, Sie gerissener Fuchs!«

      Mr. Reeder klopfte ihm mit dem Griff seines Schirms so unsanft auf die Schultern, daß Hymie Higson einen Schmerzenslaut ausstieß.

      »Werden Sie nicht unverschämt«, sagte Mr. Reeder freundlich, »sonst lernen Sie mich noch von einer anderen Seite kennen.«

      Hymie erinnerte sich plötzlich daran, daß Mr. Reeder recht grob zupacken konnte. Er sah den Detektiv scheu von der Seite an und rieb sich die schmerzende Stelle; dann drehte er sich um und machte, daß er fortkam.

      »Sehr seltsam«, murmelte Mr. Reeder nachdenklich vor sich hin.

      Aber diese Begegnung war noch lange nicht so sonderbar, wie die Geschichte mit seinem Dienstmädchen.

      Lizzie Panton sah unscheinbar aus und fiel auch sonst so wenig auf, daß niemand sich weder für sie noch für ihre Verwandten besonders interessierte. Sie war hager, hatte ein längliches, schmales Gesicht, blasse Hautfarbe und dünne Beine wie Besenstiele.

      Das Arbeitszimmer Mr. Reeders staubte sie immer sehr sorgfältig ab, zerbrach nichts Wertvolles und machte vor allem niemals den Versuch seinen Schreibtisch aufzuräumen. Ihre Arbeit verrichtete sie so unauffällig wie nur möglich. In ihren Augen war er ›ein älterer Herr‹, und wenn sie sich über etwas wunderte, dann hauptsächlich darüber, daß er einen so altmodischen steifen Filzhut trug. Als ihr Reeders Haushälterin eines Tages erzählte, daß er ein bekannter Detektiv sei, war sie höchst erstaunt.

      »Was, der?« fragte sie ungläubig.

      »Sie wollen wohl sagen – Mr. Reeder!« verbesserte die Haushälterin.

      »Der soll bei der Polizei sein?«

      »Nicht gerade bei der Polizei, obwohl er viel in Scotland Yard zu tun hat. Er ist Regierungsbeamter und mit besonderen Ermittlungsaufgaben betraut.«

      »Um Himmels willen!«

      Das Dienstmädchen hieß eigentlich Elizabeth, aber da das ein so langer Name war, rief man sie einfach Lizzie. Nachdem sie den Beruf ihres Brotgebers erfahren hatte, dachte sie öfters über Mr. Reeder nach. Wenn sie ihm begegnete, sah sie ihn scheu von der Seite her an; manchmal beobachtete sie ihn auch vom Fenster aus, wenn er abends vom Büro heimkam. Aufregend sah er allerdings nicht aus mit seinem zusammengerollten Regenschirm und dem Klemmer, den er meistens an einer Schnur um den Finger wirbelte.

      Lizzie hatte Sorgen. Sie zerbrach sich schon seit einiger Zeit den Kopf über den Bräutigam ihrer Schwester, die sehr hübsch war. Sie hatte eine so herausfordernde Figur und so schöne Beine, daß kein Mann an ihr vorübergehen konnte, ohne sich umzudrehen. Wer die beiden nebeneinander sah, hätte es nicht geglaubt, daß Ena und Lizzie Panton Schwestern waren.

      Früher hatte Ena eine Stellung als Stenotypistin gehabt und fünfzig Shilling in der Woche verdient. Dafür hatte sie unzählige Briefe auf der Maschine getippt, Briefe, die für gewöhnlich begannen: »In Erwiderung Ihres werten Schreibens vom ...« Jetzt aber brauchte sie nicht mehr zu arbeiten, lebte zu Hause und hatte sich ihr Zimmer gemütlich möbliert. Seit einiger Zeit war sie sogar zu fein dazu, im Bus zu fahren – sie benützte nur noch Taxis, und verschiedentlich hatte sie ihr Bräutigam in einem supereleganten Wagen nach Hause gebracht. Außerdem trug sie zwei wertvolle Brillantringe und hatte drei schicke Abendkleider. Wie sie beteuerte, führte sie aber trotzdem ein ordentliches Leben. Sie war mit Ernie Molyneux verlobt, einem reichen jungen Mann, der nicht in London wohnte, sondern auf dem Lande. Nur übers Wochenende besuchte er sie in der Stadt oder fuhr mit ihr nach Brighton.

      Die Verbindung war auf ganz normale Weise zustande gekommen. Mr. Molyneux war ein etwas bleicher junger Mann von etwa sechsundzwanzig Jahren, wie es viele gab. Sein Kinn zeugte nicht gerade von Willenskraft, aber sonst sah er sehr gut aus. In Ena hatte er sich bis über beide Ohren verliebt, als er sie einmal zufällig im Kino kennenlernte. Er hatte sie dann nach Hause begleitet und später bei ihren Eltern Besuch gemacht, wie es der Anstand erforderte. Sie hatte ihn ins gute Zimmer geführt und dort über das Wetter und die Politik geplaudert, wie es so üblich war. Er hatte freundlich und liebenswürdig Konversation gemacht und gab auch brav Antwort, als Enas Mutter einige der geschickten Fragen stellte, wie sie Mütter zu stellen pflegten, wenn es sich um die Zukunft ihrer Töchter handelt. Dabei hatte er zugegeben, daß er nicht mehr viel in die Kirche ginge, früher aber sehr eifrig im Kirchenchor mitgesungen habe. Das machte einen guten Eindruck, und man nahm ihn in die Familie auf. Einige Zeit darauf starb sein Onkel in Australien und hinterließ ihm ein großes Vermögen. Erst von da ab war Ena zu vornehm, den Bus zu benutzen, und trug glänzende Brillantringe.

      Deswegen hätte sich Lizzie Panton aber natürlich noch keine Sorgen gemacht. Sie wurde erst nachdenklich, als sie eines Abends ein vornehmer Herr besuchte. Er kam offensichtlich von einer Gesellschaft, denn er trug einen Smoking. Sein schwarzer Schnurrbart und eine dunkle Brille gaben ihm ganz das Aussehen eines Gentlemans. Es war an einem Samstagabend gegen elf Uhr, als er bei den Pantons in der Friendly Street auftauchte. Die Familie war schon zu Bett gegangen, mit Ausnahme von Lizzie, die sich noch ein paar Strümpfe auswusch. Da sie tagsüber im Haushalt von Mr. Reeder mithalf, fand sie nur wenig Zeit, sich um ihre eigenen Sachen zu kümmern.

      Sie öffnete die Haustür, als es klingelte.

      »Bitte entschuldigen Sie vielmals, daß ich so spät noch störe«, begann der Fremde, der vor der Tür stand, mit tiefer Stimme. »Ich möchte Sie fragen, ob hier Familie Panton wohnt?«

      »Ja«, entgegnete sie erstaunt.

      »Habe ich vielleicht das Vergnügen, mit Miss Ena zu sprechen?«

      Er trat einen Schritt näher, als Lizzie unwillkürlich einladend die Tür öffnete, und sah sie prüfend an.

      »Nein – ich bin Lizzie, Enas Schwester.«

      »Ach so!«

      Eine Pause.

      »Sie sind – Sie sind doch das junge Mädchen, das eine Stellung hat?«

      Lizzie war die Frage unangenehm, sie fühlte sich in ihrem Stolz verletzt.

      »Ich helfe bei Mr. Reeder im Haushalt aus«, erwiderte sie schnippisch.

      Wieder entstand eine längere Pause. Ihre Antwort schien ihn nachdenklich gemacht zu haben.

      »Sie haben eine Stellung bei Mr. Reeder? Bei welchem Mr. Reeder, wenn ich fragen darf?«

      »Er wohnt in der Brockley Road. Aber was interessiert Sie das eigentlich alles?«

      Sie sah, daß er die Stirn runzelte.

      »Ach – nur so! Ist Miss Ena zu Hause?«

      »Sie ist eben zu Bett gegangen. Kommen Sie vielleicht von Ernie? Ist ihm etwas zugestoßen?«

      Er zögerte.

      »Nein, zugestoßen ist ihm nichts. Aber ich bin ein Bekannter von Ernie und wollte Miss Ena etwas sagen: Ernie und Ena haben heute


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