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Morde am Fließband: Kriminalgeschichten. Alexis WillibaldЧитать онлайн книгу.

Morde am Fließband: Kriminalgeschichten - Alexis Willibald


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erblickt und wieder eingefangen zu werden. Aber welche Todesangst, im Angesichte der Freiheit, des bewegten Lebens einer Stadt, wo er seine kühnen Taten vollbracht hatte, auf einem Dache zu schweben, zwei Stunden lang, und jede Minute konnte verräterisch werden! Ein Blick in seinen Kerker, ein später Besuch, und alle seine Arbeit war umsonst.

      Dennoch war die ihm gewahrte Muße zu seinem Vorhaben von Nutzen; er hatte gedacht, von dem niedrigsten Punkte des Bleidachs auf das Dach eines der Nachbarhäuser springen zu können. Aber die Höhe bis auf das Dach von Turners Hause war noch sehr bedeutend, der Sprung konnte lebensgefährlich werden. Er mußte sich herablassen und hatte kein Seil bei sich. Rasch entschlossen kehrte er auf demselben Wege, auf dem er heraufgekommen war, wieder in sein Gefängnis zurück, holte das Laken seines Lagers und kam wohlbehalten durch den Schornstein, die gesprengten Türen und über die Mauer wieder zurück. Jetzt war es zehn Uhr geworden. Mittels der Eisenstange aus der Kapelle befestigte er das Laken an der Mauer und ließ sich daran auf das auch flache Vordach des Turnerschen Hauses herab.

      Zu seinem Glück war die Tür, welche vom flachen Dach nach dem Boden führte, unverschlossen. Leise schlich er zwei kleine Treppen hinab, als er in einem unteren Zimmer, dessen Tür halb offen stand, Stimmen hörte. Da klirrte seine Kette. Eine Weiberstimme rief: »Herr Gott, was ist das?« Eine andere Stimme sagte: »Entweder der Hund oder die Katze!« Sheppard wand sich still wieder zurück auf den Boden, wo er über zwei Stunden liegen blieb. Die Ruhe tat ihm not. Endlich machte er sich wieder heraus, als er einen Herrn von der Gesellschaft Abschied nehmen hörte. Das Dienstmädchen leuchtete ihm hinunter. Sobald sie zurückgekommen war und die Stubentür verschlossen hatte, huschte er die Treppe hinab, riegelte die Haustür auf und – war frei.

      Wenigstens auf der freien Straße. Noch mußte er beim Wachthause an der Heiligengrabkirche vorbei. Er rief der Schildwacht einen guten Morgen zu und war schnell aus ihrem Bereich. Gegen drei Uhr lag er schon in einer verfallenen öden Gartenhütte, in einer wüsten Gegend Londons, die Leuten seines Gelichters wohl bekannt war, auf modernder Streu, von Schmerzen gefoltert, vor Kälte zitternd, aber von Todesmüdigkeit überwältigt, und schlief mehrere Stunden.

      Merkwürdigerweise war niemand von Donnerstag nachmittag zwei Uhr bis zum Freitagmorgen um acht Uhr in sein Gefängnis gekommen. Als der Schließer Austin an jenem Morgen die wohlverriegelte und verschlossene Tür öffnete, überzeugte ihn beim ersten Anblick ein Haufen Schutt und Backsteine von dem, was hier vorgegangen war. Die Spuren des Flüchtlings wurden durch die sechs erbrochenen Türen verfolgt, und das am Bleidache niederhängende Laken gab ihnen Gewißheit von dem Geschehenen. Statt des einen Gefangenen im Kerker war dieser an jenem Tage von Scharen zahlloser Neugieriger angefüllt. Sheppards Arbeiten wurden jedem gezeigt, ein Wunderwerk, wie Reste der Tätigkeit von Dämonen, welche jeder menschlichen Kontrolle und Aufsicht spotten. Nur seine Ketten konnte man nicht zeigen. Wohin? In die Luft hatte er sie mitgenommen. Man konnte ernstlich sich dem Glauben hingeben, hier sei es mit natürlichen Dingen nicht zugegangen.

      Nach den freilich bald darauf gedruckten Akten von Old-Bailey wußte man nicht, wo und wie Sheppard die folgenden Tage verbracht habe und wie er der Ketten ledig geworden sei; die gedruckten Berichte geben aber darüber ausführliche Nachricht.

      Dieser folgende Tag, der Freitag, an welchem Jac in Tyburn hängen sollte, war ein grauer Regentag. Es goß vom frühen Morgen bis zum späten Abende, so daß sich kaum jemand in der verlassenen Gegend, wo er Zuflucht gefunden hatte, sehen ließ. Sheppard ward durch die furchtbaren Schmerzen seiner zerstoßenen und geschwollenen Beine erweckt; dazu trug er noch die engen Kettenringe mit den Ketten an seinen Knien. In den Taschen hatte er zwar gegen fünfzig Schilling Geld, aber keine Nahrung, und er wußte keinen Menschen umher, dem er sich anvertrauen konnte.

      Er blieb den Tag über in seinem Versteck; doch gegen Abend trieb ihn der Hunger hinaus. Er tappte nach einem entlegenen Vorstadtgäßchen und kaufte bei einem blinden Krämer ein Flasche Bier, Käse und Brot. Einen Hammer, um sich von seinen Ketten zu befreien, konnte er nicht auftreiben. Er schlief darauf am vorigen Orte die ganze Nacht durch und auch den folgenden Sonnabend. Am Abend wiederholte er den nämlichen Gang nach Fourage und schlief wieder bis zum Sonntagmorgen.

      Beim Geläute der Glocken fing er an, mit einem Steine gegen seine Ketten zu hämmern. Dies Geräusch führte den Eigentümer des Gartens herbei, der über diesen Besuch nicht wenig erschreckt schien. Auf Sheppards Versicherung, daß er ein armer unglücklicher Mensch sei, der sich mit einer Dirne abgegeben und, weil er dem Kirchspiel für das Kind, das sie zur Welt gesetzt, keine Sicherheit habe gewähren können, ins Zuchthaus gesperrt worden und nun entlaufen sei, beruhigte sich der Mann zwar wieder, versicherte ihm aber, daß sein Gesicht ihm nicht gefalle und er sich aus seinem Eigentum auf und davon machen möge.

      Einen armen Schuhmachergesellen, dem er in einem verlassenen Feldgäßchen begegnete, wußte er durch dasselbe Märchen und zwanzig Schillinge dahin zu bringen, daß er ihm Hammer und Schroteisen verschaffte und ihm treulich half, sich von der Last der Ketten zu befreien.

      Kaum indessen der Ketten ledig, war der alte Mutwille und die volle Lebenslust in ihm erwacht. Ehe er noch Gelegenheit gefunden hatte, seine zerlumpte Kleidung zu bessern, saß er schon in einem Austernkeller und aß Austern und trank Porter. Wo er einkehrte, wo er speiste, es gab nur ein Gespräch: Sheppards Flucht; er redete dreist mit und versicherte, in ein paar Tagen werde die Polizei ihn schon wieder haben, und dann werde er gewiß baumeln. Es war ihm eine Seelenlust, wenn er dafür Rippenstöße bekam oder zur Tür hinausgewiesen wurde; er war der Liebling des Volks. Er drängte sich unter die Volkshaufen auf der Gasse, wo ein paar Bänkelsänger Jac Sheppards Flucht bei einem Porträtbilde, welches ihn nicht verraten konnte, absangen und das Volk mit immer neuem Jubel die Wiederholung des Liedes verlangte.

      Ja er trieb die Keckheit so weit, zwei Briefe an seine Gefangenenwärter Applebar und Austin zu schreiben, die er selbst, verkleidet, an der Haustür soll abgegeben haben. Im Briefe an den ersteren versicherte er dem Empfänger, daß er sich bei bester Gesundheit befinde, und wünschte ihm dasselbe; er bedauerte ihn, daß er mit dem Verkauf seiner letzten Todesrede (wie sie bekanntlich vor dem Tode des armen Sünders gedruckt werden, um während seiner Hinrichtung verkauft zu werden) schlechte Geschäfte gemacht haben werde, erlaubte ihm aber, als Ersatz dafür den Brief zu drucken. Schließlich deutete er an, daß er auf einem Schmugglerschiff die englische Küste verlasse. In dem Schreiben an Austin entschuldigte er sich, daß er so ohne alle Zeremonien von ihm Abschied genommen habe, und daß jener um seine Ketten gekommen sei. »Hättet Ihr sie mir nicht aufgedrungen, so hätte ich sie nicht mitgenommen.«

      Er trieb seine Einbrüche nach wie vor fort und setzte sich dadurch in den Stand, wieder als Gentleman unter seinen alten Freunden zu erscheinen. In seinem schwarzen Anzuge, mit langer Perücke, Handkrausen, einem Silberdegen an der Seite, einem Diamantring am Finger und eine goldene Uhr aus seiner Tasche hängen lassend, zeigte er sich wieder mit ihnen in Drurylane und Clare-Market.

      Er ward das Opfer seines eigenen Leichtsinns, ja seiner Tollkühnheit. Am 31. Oktober speiste er mit zwei seiner Geliebten, den Dirnen Cook und Key, in Newgatestreet in einem Speisehause. Damit nicht zufrieden, nahm er eine Mietskutsche und fuhr mit den beiden Mädchen nachmittags bei heruntergelassenen Fenstern spazieren. Abends ließ er seine Mutter in ein Wirtshaus bestellen und bewirtete sie mit Branntwein, von dem er leider selbst den größten Teil trank. Die Mutter beschwor ihn, nicht auf sein Glück zu trotzen, sondern bei der Gefahr, die ihm von allen Seiten drohe, sich auf und davon, am besten außer Landes zu machen. Jac war durch das Trinken zu weise geworden, um noch andern Rat anzunehmen, und zu mutig, um sich vor etwas zu fürchten. Er verließ die Mutter und streifte in übermütiger Laune von Schenke zu Schenke. Ein Kellner in einem Alehause erkannte ihn endlich und zeigte ihn an. Er war aber in einem so trunkenen Zustande, daß von Widerstand bei seiner Ergreifung nicht die Rede war. Die scharf geladenen Pistolen nahm man ihm aus der Tasche und brachte ihn völlig besinnungslos, diesmal zum letzten Male, nach Newgate.

      Die Zahl derer, welche ihn jetzt besuchten, war noch größer als früher, darunter Männer vom höchsten Adel und Staatsbeamte in den höchsten Würden. Jac war nichts weniger als niedergeschlagen, er tat das Seinige, um sie aufs beste zu unterhalten. Er war so voll von seinen Streichen und gelungenen Verbrechen, daß man ihm ansah, wie sehr weit er davon entfernt war, sie zu bereuen,


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