Das beste von Nikolai Gogol. Nikolai GogolЧитать онлайн книгу.
Teufel folgte ihr auf die gleiche Weise. Da aber dieses Vieh flinker ist als mancher Geck in Strümpfen, so ist es kein Wunder, daß er gleich an der Mündung des Schornsteins seiner Geliebten an den Hals fuhr; so befanden sich die beiden auf einmal in einem geräumigen Ofen zwischen den Töpfen.
Die heimgekehrte Reiterin machte leise das Ofentürchen auf, um zu sehen, ob ihr Sohn Wakula keine Gäste in die Stube geladen hätte; als sie aber sah, daß niemand da war außer einigen Säcken, die mitten in der Stube lagen, kam sie aus dem Ofen gekrochen, warf den warmen Pelz ab, zupfte ihre Kleider zurecht, und niemand hätte ihr ansehen können, daß sie vor einer Minute auf einem Besen geritten war.
Die Mutter des Schmiedes Wakula war nicht mehr als vierzig Jahre alt. Sie war weder schön noch häßlich. Es ist auch schwer, in diesem Alter schön zu sein. Doch verstand sie es, die gesetztesten Kosaken (die sich, nebenbei bemerkt, wenig um die Schönheit kümmerten) so an sich zu fesseln, daß selbst der Amtmann, der Küster Ossip Nikiforowitsch (natürlich wenn die Küsterin nicht zu Hause war), der Kosak Kornij Tschub und der Kosak Kaßjan Swerbygus sie aufzusuchen pflegten. Zu ihrer Ehre muß gesagt werden, daß sie mit ihnen vorzüglich umzugehen verstand: keinem von ihnen kam es in den Sinn, daß er einen Nebenbuhler habe. Ging ein frommer Bauer oder ein Edelmann, wie die Kosaken sich selbst nennen, in seinem Mantel mit der Kapuze am Sonntag zur Kirche, oder, bei schlechtem Wetter, in die Schenke, wie sollte er da nicht bei Ssolocha einkehren, um ein paar fette Quarkkuchen mit Sahne zu essen und ein wenig mit der gesprächigen und gefälligen Hausfrau in der warmen Stube zu schwatzen? Der Edelmann machte zu diesem Zweck einen großen Umweg, ehe er die Schenke erreichte, und das nannte er »unterwegs einkehren«. Und wenn Ssolocha mal an einem Feiertag in ihrem grellen Rock und Nankingjacke und dem blauen, mit goldenen Streifen benähten Überrock in die Kirche kam und sich direkt neben dem rechten Chor aufstellte, so mußte der Küster unbedingt hüsteln und unwillkürlich nach jener Seite hinüberblinzeln; der Amtmann strich sich den Schnurrbart, wickelte sich seinen Kosakenzopf ums Ohr und sagte zu dem neben ihm stehenden Nachbarn: »Ach, ist das ein feines Frauenzimmer! Ein Teufelsweib!« Ssolocha grüßte jeden Menschen, und jeder glaubte, sie grüße ihn allein.
Aber jeder, der Lust hat, sich in fremde Angelegenheiten zu mischen, könnte sofort merken, daß Ssolocha den Kosaken Tschub am freundlichsten behandelte. Tschub war Witwer. Vor seinem Hause standen immer acht Schober Getreide. Zwei Paar kräftige Ochsen streckten ihre Köpfe aus dem Flechtwerk des Stalles auf die Straße hinaus und brüllten, sooft sie die Gevatterin – die Kuh, oder den Gevatter – den dicken Stier, kommen sahen. Ein bärtiger Ziegenbock stieg sogar aufs Dach hinauf und meckerte mit einer so schrillen Stimme wie der Stadthauptmann, um die im Hofe herumspazierenden Truthennen zu necken, und kehrte den Rücken, wenn er seine Feinde, die Jungen, erblickte, die sich über seinen Bart lustig machten. In den Truhen Tschubs gab es viel Leinwand, teure Kaftans und altertümliche Röcke mit goldenen Tressen: seine verstorbene Frau hielt viel auf Putz. In seinem Gemüsegarten wurden außer Mohn, Kohl und Sonnenblumen alljährlich auch zwei Beete Tabak gesät. Ssolocha hielt es für gar nicht so ohne, dies alles mit ihrer eigenen Wirtschaft zu vereinigen und malte sich schon im voraus aus, welche Ordnung in der Wirtschaft herrschen würde, wenn sie in ihre Hände käme; darum verdoppelte sie ihr Wohlwollen gegen den alten Tschub. Damit aber ihr Sohn Wakula sich nicht an Tschubs Tochter heranmache, alles einheimse und ihr die Möglichkeit nehme, sich in etwas einzumischen, griff sie nach dem üblichen Mittel aller vierzigjährigen Weiber: sie bemühte sich, den Schmied mit Tschub so oft als möglich zu entzweien. Vielleicht waren diese schlauen Ränke und ihre Gewandtheit schuld daran, daß die alten Weiber manchmal, besonders wenn sie bei einer lustigen Versammlung etwas zu viel getrunken hatten, davon redeten, Ssolocha sei wahrlich eine Hexe; der Bursche Kisjakolupenko habe bei ihr hinten einen Schwanz von der Größe einer Weiberspindel gesehen; erst am letzten Donnerstag sei sie in Gestalt einer schwarzen Katze über die Straße gelaufen; zu der Popenfrau sei aber einmal eine Sau gekommen, die wie ein Hahn gekräht, den Hut des P. Kondrat aufgesetzt habe und wieder weggelaufen sei…
Einmal traf es sich, daß, als die alten Weiber darüber redeten, ein gewisser Kuhhirt Tymisch Korostjawyj herbeikam. Er unterließ es nicht, zu erzählen, wie er im Sommer, kurz vor den Petrifasten, sich im Stalle schlafen gelegt und ein Bündel Stroh unter den Kopf gelegt habe und wie er mit eigenen Augen gesehen hätte, daß die Hexe mit aufgelöstem Zopf, in bloßem Hemd angefangen habe, die Kühe zu melken; er hätte sich gar nicht rühren können, so behext sei er gewesen; auch hätte sie ihm die Lippen mit etwas so Abscheulichem beschmiert, daß er nachher den ganzen Tag spucken mußte. Das alles war jedoch zweifelhaft, da doch nur der Assessor von Ssorotschinzy allein eine Hexe zu sehen vermag. Darum wehrten sich alle angesehenen Kosaken gegen dieses Gerücht. »Sie lügen, die Hundeweiber!« war ihre gewöhnliche Antwort.
Als Ssolocha aus dem Ofen gekrochen war und ihre Kleider zurechtgezupft hatte, fing sie als gute Hausfrau an, die Stube aufzuräumen und alles auf seinen Platz zu stellen; aber die Säcke rührte sie nicht an: »Wakula hat sie gebracht; soll er sie auch selbst hinaustragen!« Der Teufel hatte sich indessen, als er in den Schornstein hineinflog, zufällig umgeschaut und Tschub Arm in Arm mit dem Gevatter schon recht weit vom Hause erblickt. Er fuhr sofort aus dem Ofen, lief ihnen über den Weg und begann die Haufen des gefrorenen Schnees auf allen Seiten aufzuwühlen. Es erhob sich ein Schneegestöber. Die ganze Luft wurde weiß. Der Schnee wirbelte so, daß man ein weißes Netz zu sehen glaubte, und drohte die Augen, Münder und Ohren der Fußgänger zuzukleben. Der Teufel flog wieder in den Schornstein hinein, fest davon überzeugt, daß Tschub mit dem Gevatter heimkehren, den Schmied bei sich antreffen und ihn sicherlich so traktieren würde, daß er lange Zeit nicht mehr imstande sein werde, einen Pinsel in die Hand zu nehmen und verletzende Karikaturen zu malen.
Und in der Tat, kaum hatte sich das Schneegestöber erhoben und der Wind angefangen, ihn in die Augen zu stechen, äußerte Tschub schon Reue; er zog sich die Kapuze tiefer über die Ohren und fluchte auf sich selbst, den Gevatter und den Teufel. Sein Ärger war übrigens geheuchelt. Tschub war über den Schneesturm sehr froh. Bis zum Hause des Küsters hatten sie etwa achtmal so weit zu gehen, als sie schon zurückgelegt hatten. Die Wanderer kehrten um. Der Wind blies ihnen jetzt in den Nacken, aber durch das Schneegestöber war nichts zu sehen.
»Halt, Gevatter! Ich glaube, wir sind auf einem falschen Wege«, sagte Tschub, nachdem sie eine kurze Strecke gegangen waren. »Ich sehe kein einziges Haus. Ach, dieser Schneesturm! Bieg doch etwas seitwärts ab, Gevatter, vielleicht findest du einen Weg; ich will indessen hier suchen. Was für ein Teufel treibt uns auch bei solchem Unwetter aus dem Hause! Vergiß nicht, zu schreien, wenn du den Weg gefunden hast. Ach, was für einen Haufen von Schnee hat mir der Satan in die Augen gejagt!«
Vom Wege war aber nichts zu sehen. Der Gevatter, der seitwärts abgebogen war, irrte in seinen langen Stiefeln hin und her und stieß schließlich auf die Schenke. Dieser Fund hatte ihn dermaßen erfreut, daß er alles vergaß, den Schnee von sich abschüttelte und in den Flur trat, ohne sich im geringsten um den auf der Straße zurückgebliebenen Gevatter zu kümmern. Tschub kam es indessen vor, daß er den Weg gefunden habe. Er blieb stehen und schrie aus vollem Halse; als er aber sah, daß der Gevatter nicht kam, entschloß er sich, allein weiterzugehen. Als er eine kurze Strecke gegangen war, erblickte er sein eigenes Haus. Ganze Berge von Schnee lagen vor dem Hause und auf dem Dache. Er schlug die von Kälte erstarrten Hände gegeneinander und fing dann an, an die Tür zu klopfen und seiner Tochter gebieterisch zuzurufen, daß sie aufmachen solle.
»Was suchst du hier?« schrie ihn streng der Schmied an, der aus dem Hause trat.
Als Tschub die Stimme des Schmiedes erkannte, trat er einige Schritte zurück. – Nein, das ist nicht mein Haus –, sagte er sich, – in mein Haus wird sich der Schmied nicht verirren. Und wenn ich es genau anschaue, so ist es auch nicht das Haus des Schmiedes. Wessen Haus mag es wohl sein? Jetzt weiß ich es, wie hab’ ich es nur nicht gleich erkannt?! Das ist das Haus des lahmen Ljewtschenko, der sich neulich ein junges Weib genommen hat. Nur sein Haus sieht dem meinigen ähnlich. Darum kam es mir eben so merkwürdig vor, daß ich so schnell heimgekommen war. Aber Ljewtschenko sitzt beim Küster, das weiß ich bestimmt. Was hat dann hier der Schmied zu suchen? … He, he, he! Er besucht seine junge Frau. So ist es! Schön! Jetzt weiß ich alles. –
»Wer bist du und was treibst du dich an den Türen herum?« sagte der