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Sprachwitze. Robert SedlaczekЧитать онлайн книгу.

Sprachwitze - Robert Sedlaczek


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Im Sommer 2019 lief auf diesem Sender die Comedyserie Casa Chaos mit witzigen Dialogen aus einer Wohngemeinschaft. Einige Male wurde in Casa Chaos auch auf tagesaktuelle Ereignisse Bezug genommen, so auf den Dopingskandal unter Skilangläufern im Februar 2019.

      Reini: Also diese Langlauf-Dopingskandale im ÖSV sind eh dauernd. Da kriegt der Name Schröcksnadel eine völlig neue Bedeutung.

      Sarah: Geh Reini, der Skisport ist für Österreich ungemein wichtig. So was kannst echt ned sagen. Des is Spitzensport.

      Reini: Ja, Spritzensport.

      Auch manche Dialoge des Ö3-Callboys sind Sprachwitze. Als Beispiel möchte ich zwei Anrufe von Gernot Kulis verkürzt wiedergeben, einen bei der Wiener Städtischen Versicherung, einen bei einer Trafikantin.

      Ö3-Callboy: Do is’ Mirko, Grieß Gott. Ich hobe Party. Wos kostet fier a Wochenende dreißig Stuck Stehtische.

      Wiener Städtische: Ich weiß nicht, was Sie wollen.

      Ö3-Callboy: Dreißig Stuck Stehtische. Ich habe schon alles eingekauft, Getränke, alles. Barhocker habe ich. Jetzt braucht er Stehtische.

      Wiener Städtische: Stehtische?

      Ö3-Callboy: Ich habe angerufen in Linz. Aber jetzt braucht er Wiener Stehtische.

      Wiener Städtische: Ich kann Ihnen eine Versicherung anbieten für eine Veranstaltung.

      Ö3-Callboy: Versicherung? Bitte ned! I’ pass auf … Auf Stehtische. Verspricht er.

      Wiener Städtische: Wir haben aber keine Stehtische. Wo soi ma die hernehma?

      Ö3-Callboy: Wieso? Ist dort nicht die „Wiener Stehtische“?

      Wiener Städtische: Der Name: „Wiener Städtische Versicherung“! Aber Stehtische bekommen Sie bei uns keine!

      (Kulis, Wiener Stehtische, CD, Track 10)

      ◊

      Ö3-Callboy: Könnts ös ma zwanzig Rubbellose auf die Seit’n leg’n? Und zwoa ganz bestimmte. Mei’ Bua hat gsagt, es gibt’s neue Lose da im Herbst. Was habts da?

      Trafikantin: Hennen-Rennen, Double Win, Fünfundzwanzig fette Jahre.

      Ö3-Callboy: Herbstzeit-Lose hat ihm die Lehrerin gsagt.

      Trafikantin: Herbstzeit-Lose? Des sagt ma goa nix.

      Ö3-Callboy: Die soll’s jetzt geben – mit der Jahreszeit.

      Trafikantin: Ich stehe grad vor die Lose …

      Ö3-Callboy: Habts ös Brieflose?

      Trafikantin: Ja, die hamma scho’.

      Ö3-Callboy: Vielleicht liegen daneben die Herbstzeit-Lose …

      Trafikantin: Na.

      Ö3-Callboy: Habts ös Arbeits-Lose?

      Trafikantin: Na, hamma aa ned … Wollen S’ mich jetzt verarschen?

      Ö3-Callboy: Habts ös Tuberku?

      Trafikantin: Was is’ das?

      Ö3-Callboy: Tuberku-Lose. Aber mei’ Bua hat gsagt, er möcht’ unbedingt Herbstzeit-Lose.

      Trafikantin: Was is’ mit Ihna? Wissen Sie was? Sie und Ihna Bua san Ahnungs-Lose!

      (Kulis, Herbstzeit-Lose, gesendet auf Hitradio Ö3 am 19. 9. 2019)

      Es ist erstaunlich, dass es Gernot Kulis immer wieder gelingt, bei anonymen Anrufen Dialoge zu produzieren, die reif fürs Kabarett wären. Dass er auf Verwechslungen wie „Stehtische“ und „Städtische“ baut oder zusammengesetzte Wörter wie „Herbstzeitlose“ falsch zerlegt, erweist ihn als Kenner der Witzetechniken.

      Vielleicht wird es Ihnen beim Lesen dieses Buches so wie mir ergehen. Anfänglich konnte ich mit Flachwitzen nicht viel anfangen. Aber je länger ich mich damit beschäftigte, desto mehr faszinierten sie mich.

      Daneben gibt es auch noch längere Sprachwitze, die ein Wortspiel enthalten oder durch Verwendung sprachlicher Mittel zustande kommen. Das halte ich übrigens für eine recht brauchbare Definition für den Terminus „Sprachwitz“.

      Geht eine Katze ins Fitnessstudio. Fragt die Trainerin: „Was machst du denn hier?“ Darauf die Katze: „Mein Frauerl hat mir erzählt, dass man sich hier einen prima Muskelkater holen kann.“

      Auf diesen intelligent konstruierten Dialog werde ich später zurückkommen (siehe S. 116), genauso auf den folgenden Witz, der von einem regionalen Sprachunterschied handelt (siehe S. 283 f.).

      In Tirol. Ein Förster führt Urlauber aus dem hohen Norden durch den Wald. „Sagen Sie mal, Herr Förster, wie nennen Sie denn die Blaubeeren da?“ – „Schwarzbeeren.“ – „Die sind aber doch rot!“ – „Ja, weil s’ noch grün san.“

      Sprachwitze und Wortspiele existieren in so gut wie allen Kulturen. Den Begriff calembour(g) im Französischen habe ich bereits erwähnt, im Englischen wird ein Wortspiel pun genannt. In den Theaterstücken und Sonetten von William Shakespeare finden sich viele puns, es sollen mehr als dreitausend sein. Hier ein oft zitiertes Beispiel aus Richard III.:

      Now is the winter of our discontent made glorious summer by this son/sun of York.

      Richard, der hier von sich spricht, ist ein Sohn des Hauses York. Shakespeare verwendet das Wortspiel zwischen den gleichklingenden Wörtern son (= Sohn) und sun (= Sonne), um einen Gegensatz zwischen Winter und Sommer herzustellen.

      Vor allem die intelligenten Figuren in den Shakespeare’schen Stücken sind regelrechte punster:

      Auf einem Friedhof fragt Hamlet einen Arbeiter, für wen er gerade ein Grab gräbt. Der Arbeiter, der in dem Grab steht, sagt: „Mine, Sir.“ Darauf Hamlet: „I think it be thine indeed, for thou liest in it.“

      Hamlet nimmt die Neckerei des Friedhofsarbeiters auf und beschuldigt ihn, dass er lüge – wobei „liegen“ und „lügen“ im Englischen gleich klingen.

      Von Shakespeare stammt auch ein Satz, der gerne fälschlich als Hinweis verstanden wird, dass unsere heutigen Witze kurz sein müssen. Es sagt nämlich der Schwätzer Polonius in Shakespeares Hamlet (II. Akt, 2. Szene):

      Weil Kürze dann des Witzes Seele ist, / Weitschweifigkeit der Leib und äußre Zierat, / Fass’ ich mich kurz.

      Puns waren nicht immer und nicht bei allen so beliebt. Für den Schriftsteller Samuel Johnson, Herausgeber einer epochalen Shakespeare-Ausgabe, stellten sie „the lowest form of humor“ dar. Die gegensätzlichen Beurteilungen reichen bis in die Gegenwart. So war beispielsweise Alfred Hitchcock ein begeisterter Anhänger von Wortspielen: „Puns are the highest form of literature.“ Andere haben ihm heftig widersprochen.

      Friedrich Schiller lässt in Wallensteins Lager (8. Auftritt) den Kapuziner, der Abraham a Sancta Clara nachgebildet ist, in Klangwitzen und Wortspielen schwelgen.

      Lässt sich nennen den Wallenstein, / Ja freilich ist er uns allen ein Stein / Des Anstoßes und Ärgernisses. / Kümmert sich mehr um den Krug als den Krieg, / Wetzt lieber den Schnabel als den Sabel, / Frisst den Ochsen lieber als den Oxenstirn’ / Der Rheinstrom ist geworden zu einem Peinstrom / Die Klöster sind ausgenommene Nester / Die Bistümer sind verwandelt in Wüsttümer, / Die Abteien und die Stifter / Sind nun Raubteien und Diebesklüfter / Und all die gesegneten deutschen Länder / Sind verkehrt worden in Elender.

      Heinrich Böll legt in Die verlorene Ehre der Katharina Blum seiner Hauptfigur am Ende der Erzählung folgenden Satz in den Mund:

      Dieser Kerl wollte bumsen – und ich dachte: Gut, jetzt bumst’s.

      Dann fällt der sexuell aufdringliche Zeitungsschreiberling tödlich getroffen zu Boden. Böll hat also in die Schlüsselszene seiner Erzählung einen Sprachwitz eingebaut. Einige Kritiker meinten, ein derartiges Wortspiel wäre eines angesehenen Schriftstellers nicht würdig gewesen.

      Wortspiele polarisieren, und sie sind so alt wie die Sprache selbst.


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