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Waidmannsruh. Alexandra BleyerЧитать онлайн книгу.

Waidmannsruh - Alexandra Bleyer


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den Namen Hannes Guggenberger noch einmal in den Mund nimmst, dann –«

      Sepp wurde unterbrochen, da Vinzenz Hinteregger seinen Namen kreischte. Da man mit Toni nicht diskutieren konnte, wenn er angesoffen war – also so gut wie nie, da er mittlerweile schon frühmorgens seinen Pegel erreichte –, ließ Sepp ihn stehen und ging zu Vinzenz, der neben Walter beim Hirschhaupt stand.

      »Waidmannsheil«, richtete er sich zuerst an den erfolgreichen Schützen. »A guata Hirsch.«

      »Waidmanns–«

      »Das wäre mein Hirsch gewesen«, platzte Vinzenz dazwischen. »Sepp, der Walter –«

      »Weißt du, was der Vinzenz getan hat?«, unterbrach Walter ihn heftig. »Am Hochsitz ist er gesessen und hat mir zugesehen, wie ich den Hirsch erlegt habe. Aber glaubst, der hätte mir bei der roten Arbeit geholfen? Oder beim Aufladen vom Hirsch?«

      Walter wurde immer lauter; die Gespräche der Jagdkameraden verstummten.

      »Aber … Du hast –«, stammelte Vinzenz.

      »Der gönnt mir nicht, dass ich den Hirsch erlegt hab!«, verkündete Walter und riss seine Arme hoch wie ein in Fahrt kommender Prediger. Vinzenz stolperte zurück und landete fast auf Irmis Schoß, was Sepp nur verhindern konnte, indem er ihn am Arm packte.

      »Aber … was der Walter getan hat … das …«, japste Vinzenz mit sich überschlagender Stimme.

      »Überleg dir gut, was du sagst« – Walter fuhr Vinzenz mit dem Zeigefinger ins Gesicht – »und ob du deine Anschuldigung auch beweisen kannst. Weil sonst stehst du da wie ein schussneidiger Oberloser, der einen anderen schlechtmachen will!«

      Vinzenz presste sich beide Hände auf den Bauch und sah fast so aus, als ob er gleich in Tränen ausbrechen würde. Alles, nur das nicht!

      Sepp räusperte sich. »Hast was zu sagen?«

      »Ich … Walter … er …« Vinzenz brach ab und schüttelte den Kopf. Seine Augen glänzten verdächtig feucht.

      »Bist du echt am Hochsitz hocken geblieben und hast dem Walter keine Hilfe angeboten?«, wollte nun Irmi wissen, die längst aufgestanden war und sich zwischen Sepp und Vinzenz drängte.

      Der nickte schuldbewusst.

      »Das ist –«, begann sie – für Sepps Geschmack viel zu ruhig.

      »Wo kommen wir denn hin?«, schimpfte Sepp. »Wir sind hier in einem Verein, und da gehört die gelebte Kameradschaft dazu.«

      Irmi machte eine seltsame Kopfbewegung in Richtung Sepp, bevor sie sich wieder an Vinzenz wandte. »Also, wir werden das –«

      »Das können wir nicht einfach so stehen lassen. Zumindest vereinsintern wird das Konsequenzen haben!«

      »Sepp! Jetzt sei einmal still!«, giftete Irmi.

      »Was denn? Willst das einfach so tolerieren? Als Obfrau –«

      »Genau! Ich bin die Obfrau, und du bist der Aufsichtsjäger im Verein und lässt mich jetzt ausreden!«

      »Meinetwegen! Für den Kindergarten da hast du vermutlich eh mehr Geduld, also, ich mein, als Frau, also …«

      Zugegeben, Sepp tat sich nicht immer leicht, Irmis Stimmungen zu deuten. Aber in diesem Fall erinnerte sie ihn stark an den Dampfdruckkochtopf seiner Mutter, der einmal etwas zu viel Druck entwickelt hatte und zum Geschoss geworden war. In einem solchen Fall half nur eines: Rückzug und Deckung suchen.

      Er marschierte zum Hirschhaupt und blendete aus, wie Irmi kalmierend auf Vinzenz und Walter einwirkte. Nur ein verächtliches Schnauben konnte er nicht ganz unterdrücken, als sie die beiden aufforderte, sich die Hände zu reichen. Kindergarten eben.

      Sepp hockte sich hin und musterte die Trophäe. Das Haupt war waidgerecht auf Fichtenästen gebettet, aber es fehlte …

      »Wo ist der letzte Bissen?«

      »Wird wohl rausgefallen sein«, verteidigte sich Walter lahm.

      »Du, das ist eine Frage der Waidgerechtigkeit und des Respekts dem Leben gegenüber!«

      »Dem Hirsch ist das doch scheißegal!«

      »Aber mir nicht! Das ist Tradition!«

      »Die Zeiten ändern sich«, maulte Walter zurück.

      Sepp stand auf und baute sich vor Walter auf, der zwar nur halb so alt war wie er und damit voll im Saft stand, aber wenn jemals der Tag kommen sollte, an dem die Jagdvereinsmitglieder keinen Respekt mehr vor ihm hatten, würde er sein Gewehr an den Nagel hängen.

      »Aber ich ändere mich nicht«, knurrte er ihn an. »Hast das verstanden?«

      Walter zögerte; sein Blick flackerte zu den anderen, aber wenn er von denen Rückenstärkung erwartete, hatte er sich getäuscht. Er nickte knapp.

      »Ich hör nichts! Hast du mich verstanden?«

      »Ja, Sepp.«

      »Dann erweis dem Stück die letzte Ehre. Aber zack, zack!«

      Die Hände in die Hüften gestemmt, beobachtete Sepp, wie Walter ein Stück Fichtenast abbrach und es dem Hirsch in den Äser schob. »Zufrieden?«

      »Mit dir? Nicht wirklich. Aus dir wird nie ein richtiger Jäger werden! Du bist eine Schande –«

      »Sepp, lass es gut sein«, sagte Irmi leise. »Setz dich her und trink was.«

      Sie klopfte auf den freien Platz neben sich. Er ließ sich nicht zweimal bitten. Aber ganz vergessen konnte er seinen Groll auch nicht.

      »Ist doch wahr!«, schimpfte er. »Schau ihn dir an, den Walter. Der geht mit einer Hauben mit dem Logo von seinem Baumarkt auf die Jagd! Wie schaut denn das aus?«

      Irmi antwortete ihm nicht, sondern stellte eine Flasche Radler vor ihn hin. Sie reichte ihm auch einen der Plastikbecher, die noch ineinandergestapelt ihrer Benutzung harrten. Sepp hob ihn an und betrachtete angewidert die bunten Drachenmotive darauf.

      »Hat die der Walter noch vom letzten Kindergeburtstag übrig gehabt?« Er warf ihn zurück.

      »Vermutlich. Der Valentin ist fünf, oder?«, fragte Irmi Walter, der hinter ihnen eine leere Bierkiste über eine andere stapelte.

      »Hm, ja. Der ist schon ein großer Bua.«

      Stolz rief Walter Valentin zu sich, der ihm wie aus dem Gesicht geschnitten war. Da brauchte es keinen Vaterschaftstest.

      »Wirst du auch amål ein Jäger werden wie der Papa?«, betrieb Irmi kindgerechte Konversation, wobei ihre Stimmlage gleich noch um einiges höher wurde.

      Dass die Leute mit kleinen Kindern nicht normal reden konnten.

      »Ja«, erklärte Valentin. »Das Christkindl hat mir ein Schießgewehr gebracht. Ein echtes!«

      »Das war heuer ein besonders braves Christkind.« Walter zauste Valentins Haare, und das Kind drückte sich an ihn. »Nur die Mama hat ka Freud damit und hat mit dem Christkind geschimpft. Die Mama versteht das eben nicht, Valentin. Die hat keine Ahnung!«

      »Er ist doch erst fünf«, wandte Manuela ein.

      »A Jaga braucht a Gewehr.«

      »Aber nicht schon im Kindergarten!«

      Walter äffte sie kindisch nach, wobei er ein paar der anderen zum Lachen brachte. Als er dann jedoch versuchte, seinen Arm um Manuela zu legen, wich sie ihm aus und begann, leere Flaschen und Becher von den Tischen zu räumen.

      »Manuela hat recht, Waffen sind kein Spielzeug, und du Nupla bist blöd gnua, dass du vorn in den Lauf hineinschaust, wenn der Valentin damit spielt«, warnte Sepp.

      Walter gab sein nervtötendes wieherndes Lachen von sich, als ob er einen Schmäh gemacht hätte. Dabei war mit Waffen in Jägerhaushalten nicht zu spaßen; leider kam es immer wieder zu unglücklichen Unfällen.

      Manuela


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