Эротические рассказы

Der Untertan. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Der Untertan - Heinrich Mann


Скачать книгу
als habe nicht er selbst ge­spro­chen, als gehe er im Ne­bel, rede falsch und hand­le wi­der Wil­len. Aber das ver­ging.

      Ag­nes kam, so­oft er sie be­stell­te, und ging fort, wenn es Zeit für ihn war, zu ar­bei­ten oder zu knei­pen. Sie ver­führ­te ihn nicht mehr zu Träu­me­rei­en vor Bil­dern, seit er ein­mal an ei­nem Wurst­ge­schäft an­ge­hal­ten und ihr er­klärt hat­te, das sei für ihn der schöns­te Kunst­ge­nuss. Ihm selbst fiel es end­lich auf das Herz, wie sel­ten sie sich nur noch sa­hen. Er warf ihr vor, dass sie nicht dar­auf drin­ge, öf­ter zu kom­men. »Frü­her warst du ganz an­ders.« – »Ich muss war­ten«, sag­te sie. – »Worauf?« – »Dass auch du wie­der so wirst. Oh! Ich weiß ganz si­cher, es wird kom­men.«

      Er schwieg, aus Furcht vor Aus­ein­an­der­set­zun­gen. Den­noch kam es, wie sie ge­sagt hat­te. Sei­ne Ar­beit war end­lich be­en­det und gut­ge­hei­ßen, er hat­te nur noch eine be­lang­lo­se münd­li­che Prü­fung zu be­ste­hen und war in der ge­ho­be­nen Stim­mung ei­ner Le­bens­wen­de. Wie Ag­nes ihm ih­ren Glück­wunsch brach­te und Ro­sen dazu, brach er in Trä­nen aus und sag­te, dass er sie im­mer, im­mer lieb­ha­ben wer­de. Sie be­rich­te­te, dass Herr Göp­pel so­eben eine mehr­tä­gi­ge Ge­schäfts­rei­se an­tre­te. »Und nun ist das Wet­ter so wun­der­schön …« Die­de­rich fiel so­fort ein: »Das müs­sen wir be­nut­zen! Sol­che Ge­le­gen­heit ha­ben wir noch nie ge­habt!« Sie be­schlos­sen, aufs Land hin­aus­zu­fah­ren. Ag­nes wuss­te von ei­nem Ort na­mens Mit­ten­wal­de; es muss­te ein­sam dort sein und ro­man­tisch wie der Name. »Den gan­zen Tag wer­den wir bei­sam­men sein!« – »Und die Nacht auch«, setz­te Die­de­rich hin­zu.

      Schon der Bahn­hof, von dem man ab­fuhr, war ent­le­gen und der Zug ganz klein und alt­mo­disch. Sie blie­ben al­lein in ih­rem Wa­gen; es dun­kel­te lang­sam, der Schaff­ner zün­de­te ih­nen eine trü­be Lam­pe an, und sie sa­hen, eng um­schlun­gen, stumm und mit großen Au­gen hin­aus in das fla­che, ein­tö­ni­ge Acker­land. Da hin­aus­ge­hen, zu Fuß, weit fort, und sich ver­lie­ren in der gu­ten Dun­kel­heit! Bei ei­nem Dorf mit ei­ner Hand­voll Häu­ser wä­ren sie fast aus­ge­stie­gen. Der Schaff­ner hol­te sie jo­vi­al zu­rück; ob sie denn auf Stroh über­nach­ten woll­ten. Und dann lang­ten sie an. Das Wirts­haus hat­te einen großen Hof, ein wei­tes Gast­zim­mer mit Pe­tro­le­um­lam­pen un­ter der Bal­ken­de­cke und einen bie­de­ren Wirt, der Ag­nes »gnä­di­ge Frau« nann­te und schlaue sla­wi­sche Au­gen dazu mach­te. Sie wa­ren voll heim­li­chen Ein­ver­ständ­nis­ses und be­fan­gen. Nach dem Es­sen wä­ren sie gern gleich hin­auf­ge­gan­gen, wag­ten es aber nicht und blät­ter­ten ge­hor­sam in den Zeit­schrif­ten, die der Wirt ih­nen hin­leg­te. Wie er den Rücken wand­te, war­fen sie ein­an­der einen Blick zu, und, husch, wa­ren sie auf der Trep­pe. Noch war kein Licht im Zim­mer, die Tür stand noch of­fen, und schon la­gen sie ein­an­der in den Ar­men.

      Ganz früh am Mor­gen schi­en die Son­ne her­ein. Im Hof drun­ten pick­ten Hüh­ner und flat­ter­ten auf den Tisch vor der Lau­be. »Dort wol­len wir früh­stücken!« Sie gin­gen hin­ab. Wie herr­lich warm! Aus der Scheu­er duf­te­te es köst­lich nach Heu. Kaf­fee und Brot schmeck­ten ih­nen fri­scher als sonst. So frei war ei­nem um das Herz, das gan­ze Le­ben stand of­fen. Stun­den­weit woll­ten sie ge­hen; der Wirt muss­te die Stra­ßen und Dör­fer nen­nen. Sie lob­ten freu­dig sein Haus und sei­ne Bet­ten. Sie sei­en wohl auf der Hoch­zeits­rei­se? »Stimmt« – und sie lach­ten herz­haft.

      Die Pflas­ter­stei­ne der Haupt­stra­ße streck­ten ihre Spit­zen nach oben, und die Ju­li­son­ne färb­te sie bunt. Die Häu­ser wa­ren höck­rig, schief und so klein, dass die Stra­ße zwi­schen ih­nen sich aus­nahm wie ein Feld mit Stei­nen. Die Glo­cke des Krä­mers klap­per­te lan­ge hin­ter den Frem­den her. We­ni­ge Leu­te, halb städ­tisch ge­klei­det, schli­chen durch den Schat­ten und wand­ten sich um nach Ag­nes und Die­de­rich, die stol­ze Ge­sich­ter mach­ten, denn sie wa­ren die Ele­gan­tes­ten hier. Ag­nes ent­deck­te das Mo­den­ge­schäft mit den Hü­ten der fei­nen Da­men. »Nicht zu glau­ben! Das hat man in Ber­lin vor drei Jah­ren ge­tra­gen!« Dann tra­ten sie durch ein Tor, das wack­lig aus­sah, in das Land hin­aus. Die Fel­der wur­den ge­mäht. Der Him­mel war blau und schwer, die Schwal­ben schwam­men dar­in wie in trä­gem Was­ser. Die Bau­ern­häu­ser dort drü­ben wa­ren ein­ge­taucht in hei­ßes Flim­mern, und ein Wald stand schwarz, mit blau­en We­gen. Ag­nes und Die­de­rich fass­ten sich bei den Hän­den, und ohne Verab­re­dung fin­gen sie zu sin­gen an: ein Lied für wan­dern­de Kin­der, das sie noch aus der Schu­le kann­ten. Die­de­rich mach­te sei­ne Stim­me tief, da­mit Ag­nes ihn be­wun­de­re. Als sie nicht wei­ter wuss­ten, wand­ten sie ein­an­der die Ge­sich­ter zu und küss­ten sich, im Ge­hen.

      »Jetzt seh’ ich erst recht, wie hübsch du bist«, sag­te Die­de­rich und sah zärt­lich in ihr ro­si­ges Ge­sicht, mit den blon­den Wim­pern um die­se blon­den, gold­ge­stirn­ten Au­gen.

      »Der Som­mer steht mir gut« – und Ag­nes at­me­te frei auf, dass ihre Hemd­blu­se ge­schwellt ward. Schlank ging sie da­hin, mit schma­len Hüf­ten und dem blau­en Schlei­er, der ihr nach­weh­te. Die­de­rich hat­te es zu warm, er zog den Rock aus, dann auch die Wes­te, und end­lich ge­stand er, dass er sich Schat­ten wün­sche. Sie fan­den wel­chen, am Rand ei­nes Fel­des, wor­auf noch das Korn stand, und un­ter ei­nem Aka­zi­en­busch, der noch duf­te­te. Ag­nes setz­te sich und leg­te Die­de­richs Kopf in ih­ren Schoß. Sie spiel­ten noch mit­ein­an­der und scherz­ten: plötz­lich merk­te sie, dass er ein­sch­lief.

      Er wach­te auf, sah um sich, und als er Ag­nes’ Ge­sicht fand, er­glänz­te er se­lig. »Lie­ber«, sag­te sie. »Was du für ein gu­tes, dum­mes Ge­sicht machst.« – »Er­laub’ mal! Ich habe doch höchs­tens fünf Mi­nu­ten – nein, wahr­haf­tig, eine Stun­de hab’ ich ge­schla­fen. Hast du dich ge­lang­weilt?« Aber sie war er­staun­ter als er, dass so viel Zeit ver­gan­gen war. Sei­nen Kopf zog er un­ter der Hand her­vor, die sie ihm auf das Haar ge­legt hat­te, als er ein­sch­lief.

      Zwi­schen den Fel­dern gin­gen sie zu­rück. In ei­nem lag eine dunkle Mas­se; und als sie durch die Hal­me späh­ten, war es ein al­ter Mann mit ei­ner Pelz­kap­pe, rostro­ter Ja­cke und Samt­ho­sen, die auch schon röt­lich wa­ren. Sei­nen Bart hat­te er sich, zu­sam­men­ge­krümmt, um die Knie ge­wi­ckelt. Sie bück­ten sich tiefer, um ihn zu er­ken­nen. Da be­merk­ten sie, dass er sie schon längst aus schwar­zen Fun­kelau­gen an­sah. Un­will­kür­lich schrit­ten sie schnel­ler aus, und in den Bli­cken, die sie ein­an­der zu­wand­ten, stand Mär­chen­grau­en. Sie blick­ten um­her: Sie wa­ren in ei­nem wei­ten, frem­den Land, die klei­ne Stadt dort hin­ten schlief fremd­ar­tig in der Son­ne, und selbst der Him­mel sah ih­nen aus, als sei­en sie Tag und Nacht ge­reist.

      Wie aben­teu­er­lich das Mit­ta­ges­sen in der Lau­be des Wirts­hau­ses, mit der Son­ne, den Hüh­nern, dem of­fe­nen Kü­chen­fens­ter, aus dem Ag­nes sich die Tel­ler rei­chen ließ. Wo war die bür­ger­li­che Ord­nung der Blü­cher­stra­ße, wo Die­de­richs an­ge­stamm­ter Kneip­tisch? »Ich gehe nicht wie­der fort von hier«, er­klär­te Die­de­rich. »Dich lass’ ich auch nicht fort.« Und Ag­nes: »Wa­rum denn auch? Ich schrei­be mei­nem Papa und lass’ es ihm durch mei­ne Freun­din schi­cken, die in Küstrin ver­hei­ra­tet ist. Dann glaubt er, ich bin dort.«

      Spä­ter gin­gen sie noch­mals aus, nach der an­de­ren Sei­te, wo Was­ser floss und der Ho­ri­zont von den Flü­geln drei­er Wind­müh­len um­se­gelt ward. Im Kanal lag ein Boot; sie mie­te­ten es und schwam­men da­hin. Ein Schwan kam ih­nen ent­ge­gen. Der Schwan und ihr


Скачать книгу
Яндекс.Метрика