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Die kleine Stadt. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Die kleine Stadt - Heinrich Mann


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Cavaliere, daß Sie kommen würden!“

      Der alte Sänger machte ein bedenkliches Gesicht. Solche Dinge konnten Unglück bringen.

      „Mir ist prophezeit worden, ich werde in einer Stadt von weniger als hunderttausend Einwohnern sterben, umgeben von Geheimnis. Also muß ich vorsichtig sein.“

      „Sie sehen aus, als könnten Sie gar nicht sterben“, sagte Gaddi, mit einem Blick auf die geschminkten Wangen des Alten.

      „Der Ruhm macht unsterblich“, rief der Advokat und stieß die Turmtür zurück. Sie erstiegen, einer hinter dem anderen, eine schlüpfrige Treppe. Vor einer Tür mit eisernem Beschlag hielt der Advokat inne, streckte einen Arm über die Nachkommenden aus und prägte ihnen die Feierlichkeit der Stunde ein.

      „In der Geschichte des Eimers finden Sie, meine Herren, die Sie dem Ruhm dienen, ein großes Vorbild. Um diesen Eimer starben viele Brave. Was ist ein Leben? Der Eimer dauert! Der Ruhm stirbt nicht!“

      „Gut! gut!“ sagten alle drei. Der alte Giordano hatte feuchte Augen.

      „Aber der Schlüssel fehlt uns noch“, bemerkte der Advokat, und er rief in den Turm hinauf:

      „He! Ermenegilda!“

      Es hallte leer. Der Advokat erstieg noch drei Stufen, und auf jeder schrie er. Endlich beugte droben sich ein altes, finsteres Gesicht herüber.

      „Was wollt Ihr? Der Schlüssel ist nicht da. Für den Eimer gibt es keine Erlaubnis mehr.“

      „Was denn? Bist du verrückt geworden, Ermenegilda? Kennst du mich nicht mehr? Ich bin der Advokat Belotti.“

      „Das weiß ich. Aber den Schlüssel hat Don Taddeo.“

      „Was sagst du? Don Taddeo hat —. Aber das ist ein offenbarer Übergriff! Das ist erklärter Raub! Meine Herren, Sie sind Zeugen einer Gewalttat. Sie werden dabei sein, wenn ich dem Munizipium das Vorgefallene berichte. Ah! kaum, daß ich es fasse.“

      Der Advokat hatte die Hände über dem Kopf. Er stürzte — und fast warf er die drei Komödianten die Treppe hinab — mit fliegenden Schößen zum Turm hinaus, zwischen den unbewegten Löwen über die Stufen zum Dom und hinein. Die andern liefen ihm nach.

      „Herr Advokat,“ rief der Bariton, „bemühen Sie sich doch nicht! Wir erheben keinen —“

      Der Advokat war schon in der Sakristei verschwunden, er kam schon wieder heraus.

      „Glauben Sie, daß dieser Priester sich blicken läßt? Er fürchtet sich und tut wohl daran. Wir wollen sehen, wer der Stärkere ist! So werden die Dinge nicht verlaufen. Dort innen —“

      Er wies auf die Sakristei.

      „— ist also nicht nur ein Herd von Lügen und Ränken, sondern auch eine wahre Räuberhöhle.“

      „Schließlich haben auch Sie den Eimer einmal geraubt“, wendete der Bariton ein. Der alte Tenor vermutete:

      „Es wird ein Irrtum sein.“

      „Liegt denn überhaupt so viel daran?“ fragte Nello Gennari.

      Und da der Advokat die Arme hob:

      „Vielleicht hat übrigens der Priester recht. Der Eimer befindet sich in seinem Turm . . .“

      „O! hat man je solchen Sophismus gehört. Der Eimer, das Wahrzeichen der Stadt! Von uns erobert! — und ein Priester sollte wagen dürfen —. Aber ich werde ihn zu finden wissen: in der Schule ist er. Freunde, auf, zur Schule! Er soll eine Niederlage erleben, die er nie vergessen wird.“

      Sie hielten ihn mit Mühe. Jungen sammelten sich um sie. Am Platz und in den Eingängen der Gassen hörte Hämmern und Singen auf, und Leute traten auf die Schwellen. Der Apotheker Acquistapace zeigte sich. Er meinte, Don Taddeo wolle sich rächen, weil — und er wies auf die drei Sänger — in der Stadt jetzt die Kunst blühe.

      „Mir gilt es, der ich sie hergerufen habe“, behauptete der Advokat. Dennoch ließ er sich bewegen, vor Beginn des Kampfes beim Gevatter Achille den Vermouth zu nehmen. Auch Polli und Camuzzi erschienen. Der Barbier Nonoggi, der sie aus seinem Laden hinausbegleitete, zog sich zurück, sobald er den Advokaten gewahrte, und gleichzeitig kam der Leutnant der Carabinieri vorüber. Der Advokat forderte den Soldaten auf, sofort auf dem Gewaltwege die Stadt in den Besitz des Schlüssels zu bringen. Der Gemeindesekretär hielt dies Verfahren für ungesetzlich.

      „Also gehen Sie zu den Priestern über! Ich wußte wohl, Camuzzi, daß Sie den Fortschritt nicht lieben. Auch die Bogenlampe, an der sich jeder stößt, haben Sie, um mich zu verhöhnen, über Nacht an einen falschen Fleck setzen lassen. Aber nie hätte ich gedacht, Sie würden so tief sinken.“

      Der Sekretär erklärte sich für ganz unbefangen. Hier liege eine Kompetenzfrage vor, denn wenn der Eimer der Stadt gehöre, sei der Turm, in dem er hänge, doch Eigentum der Kirche.

      „Sagte ich es nicht?“ bemerkte Nello Gennari. Der Streit dieser Leute, die Wichtigkeit, die sie ihren Angelegenheiten beilegten, erbitterten ihn eigentümlich. Es schien ihm, um sich und sein Gefühl dürfe er eine weite, ehrfurchtsvolle Stille verlangen. Mochten sie sich gegenseitig totschlagen!

      „Der Priester hat recht!“ rief er mit böser, heller Stimme. „Überhaupt müssen wir Religion haben.“

      Der Advokat beachtete ihn nicht. Er sah auf einmal siegesgewiß aus.

      „Wollt ihr Logik? Ihr sollt sie haben. Ah! ihr sollt sie haben.“

      Mit dem Finger an der Nase:

      „Der Eimer hängt im Turm: gut, aber er hängt. Den Boden berührt er nicht, und das Seil, das ihn mit der Decke verbindet, ist städtisch: ich weiß es, denn ich selbst habe es beim Seiler Fierabelli gekauft, weil mir das alte nicht mehr sicher genug schien. Nun wohl! Weder oben, noch unten, noch ringsherum stößt der Eimer auf kirchliches Gebiet, und wer wollte behaupten, die Luft, in der er hängt, gehöre der Kirche?“

      „Das bleibt unentschieden“, sagte Camuzzi, und Nello unterstützte ihn.

      „Sie werden mich nicht beirren. Die Luft ist frei. Aus der Luft über Ihrem Weingarten darf ich so viele Vögel schießen, als ich will, vorausgesetzt, daß ich Ihren Acker nicht zerstampfe.“

      Der Advokat führte seinen Vermouth an den Mund und betrachtete dabei, genußsüchtig blinzelnd, die geschlagene Miene seines Gegners. Sein Sieg hatte ihn beruhigt.

      „Setzt die Füße auf die Leisten eurer Stühle, ihr Herren!“ sagte er jovial. „So entgeht ihr unseren Flöhen. Ah! an solch einem schönen Morgen hat man einen guten Kopf, und es ist eine wahre Lust, sich unter Männern über dies und das zu unterhalten. Die Weiber taugen dafür nicht.“

      Indessen verbeugten sich alle vor Mama Paradisi, die eins ihrer Fenster ganz ausfüllte mit ihrem Wogen. Am nächsten stießen sich ihre beiden schönen Töchter.

      „Sie sind schon angezogen,“ sagte der Apotheker, „ob das nicht Ihnen gilt, Herr Gennari? Ohne die andern Herren beleidigen zu wollen: aber auf mich selbst beziehe ich es nicht.“

      Der Tenor sah weg.

      „Sie sind verwöhnt, junger Mann“, und der alte Krieger legte ihm seine breite Hand auf. Nello brach aus:

      „Sollte man den Weibern nicht verbieten, über Tag die Läden zu öffnen? Da liegen sie rings um den Platz und würden am liebsten gleich die Arme öffnen. Eine Frau ohne Zurückhaltung stößt mich ab: ich bin so.“

      „Aber Nello!“ sagte der Bariton. „Bisher konnte es dir nicht rasch genug gehen. Noch gestern, gleich in der ersten halben Stunde, warst du auf eine aus, die in den Dom ging.“

      „Wer ging in den Dom? Schweige doch! Vielleicht bist du dafür bezahlt, mir eine anzubieten?“

      „Ich kenne dich nicht wieder, Nello! Dieser Rasende, ihr Herren, war sonst ein Cherubim, die Freude der Frauen, aller Frauen in den Städten, wo wir sangen. Noch keiner hat er etwas


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