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Zwischen den Rassen. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Zwischen den Rassen - Heinrich Mann


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dumm? Ich glau­be, dass ich Ta­lent habe.«

      »Das glau­be ich auch: du re­zi­tierst sehr nied­lich; des­we­gen ver­fällt aber doch kein ver­stän­di­ges Mäd­chen auf sol­ches dum­me Zeug. Möch­test du wohl einen Löf­fel Gicht­bee­ren­kom­pott?«

      Ver­wirrt ließ Lola sich den Löf­fel in den Mund schie­ben.

      »Nun geh, Kind«, sag­te Er­nes­te, und Lola ging, den Kopf ge­senkt. Vor der Tür zum Früh­stücks­zim­mer rich­te­te sie sich auf und kehr­te nach der Spei­se­kam­mer zu­rück.

      »Er­nes­te!«

      Lola war blass, ihre Stim­me hat­te ge­zit­tert; Er­nes­te sah sie sprach­los an.

      »Er­nes­te, du hast so ge­tan, als ob es Scherz wäre. Es ist mir aber ganz ernst.«

      »Umso schlim­mer«, sag­te Er­nes­te, pol­ternd vor Schre­cken. »Geh ins Klas­sen­zim­mer und er­war­te, wel­che Straf­ar­beit ich dir auf­ge­ben wer­de!«

      »Ich will alle Straf­ar­bei­ten ma­chen, die du mir auf­gibst, Er­nes­te. Aber ich bin fest ent­schlos­sen, Schau­spie­le­rin zu wer­den.«

      Lola re­de­te das wie ein Dik­tat; ir­gend­ei­ne Macht weih­te sie zum Spre­chen.

      »Es ist das ers­te Mal, dass ich so zu dir spre­che, Er­nes­te; dar­aus kannst du er­se­hen, wie wich­tig dies ist«, sag­te sie sanft, mit feuch­ten Au­gen; denn Er­nes­te tat ihr leid. Er­nes­te war auf einen Holz­sche­mel ge­fal­len; ihre von Frucht­saft blau­en Fin­ger la­gen wie tote klei­ne Sol­da­ten durch­ein­an­der im Schoß; ihr Ge­sicht war ganz lang und über alle Ma­ßen ver­stört.

      »Was kannst du denn auch da­ge­gen ha­ben«, mein­te Lola, »wenn ich es nun ein­mal als mei­nen Be­ruf er­kannt habe.«

      Da aber kam al­les wie­der zu Le­ben an Er­nes­te; sie sprang auf.

      »Dein Be­ruf? Eine un­an­stän­di­ge Per­son zu wer­den, das soll dein Be­ruf sein? Dazu habe ich dich durch sie­ben Jah­re auf Got­tes We­gen er­hal­ten? Du weißt nicht, was du re­dest; das ist das ein­zi­ge, was mir noch Hoff­nung lässt. Jen­ny, mein Kind, sie weiß nicht, was sie re­det; schwei­ge um Got­tes wil­len über das, was du ge­hört hast!«

      Lola wand­te sich um: in der Tür stand die di­cke Jen­ny und sah sie mit heuch­le­ri­schem Ent­set­zen an.

      »Du be­greifst, Jen­ny, wenn sie da­bei blie­be, das wäre noch schlim­mer als das mit Su­san­ne, und da­von habe ich doch schon graue Haa­re. Ver­sprich mir, mein Kind, dass nie­mand et­was er­fah­ren soll!«

      Jen­ny ver­sprach es ar­tig. Dann entließ Er­nes­te sie; und da sie un­be­ach­tet stand, ging auch Lola. Er­nes­tes Auf­re­gung be­griff sie nicht. Lola woll­te zur Büh­ne und mög­li­chen­falls die­sel­ben Stücke spie­len, die in der Klas­se ge­le­sen wur­den. Was hat­te das mit Su­san­ne zu tun, die weg­ge­schickt war, weil sie ir­gen­det­was, nicht recht Ver­ständ­li­ches, mit dem Gärt­ner zu tun ge­habt ha­ben soll­te? Lola saß in Rät­seln; aber schon nach der ers­ten Un­ter­richts­stun­de fing sie neu­gie­ri­ge Bli­cke auf, die so­gleich, mit künst­li­cher Fremd­heit, weg­ge­lenkt wur­den. Und auch die Leh­re­rin, die jetzt dar­an­kam, starr­te erst ein­mal Lola recht un­ver­schämt for­schend ins Ge­sicht, und dann rich­te­te sie plötz­lich das Wort an eine an­de­re. In der Pau­se be­merk­te Lola, dass man­che ihr aus­wi­chen und dass ei­nem harm­lo­sen Mäd­chen, mit dem sie sprach, von Jen­ny und meh­re­ren an­de­ren so lan­ge be­deut­sam ge­winkt ward, bis es sich ver­le­gen von Lola los­mach­te. Lola ging ge­ra­de­wegs auf Jen­ny zu: was das ei­gent­lich hei­ße. Jen­ny wen­de­te sich ge­pei­nigt hin und her, mur­mel­te, als sei sie um Lo­las wil­len in Sor­ge, dass nur kei­ne es höre: das wis­se Lola wohl selbst am bes­ten. Und rasch tauch­te sie in einen Kreis Schwat­zen­der.

      Er­nes­tes Be­neh­men war noch viel auf­fal­len­der. Lola er­in­ner­te sich nicht, dass Er­nes­te je­mals län­ger als eine Nacht mit ihr böse ge­we­sen war. Am Mor­gen hat­te sie sich im­mer an­mer­ken las­sen, dass sie gern ver­söhnt wer­den wol­le. Da­bei ging sie bei­na­he bit­tend zu Wer­ke; nach je­der von Lo­las Un­ge­zo­gen­hei­ten war Er­nes­te es, die ge­wis­ser­ma­ßen Ver­ge­bung such­te und de­ren Mie­ne um ein gu­tes Wort warb. Lola bat schwer um Ver­zei­hung. Wenn sie sich dazu ent­schloss, tat sie’s aus Mit­leid mit Er­nes­te. Das jun­ge Mäd­chen dach­te dann an des Kin­des ers­te Be­geg­nung mit Er­nes­te: als Er­nes­te zu­erst streng auf sie ein­ge­drun­gen und plötz­lich, wie sie Lo­las Trä­nen sah, ganz aus der Fas­sung ge­ra­ten war. So ging es im­mer. Er­nes­te schi­en sich manch­mal viel zu dün­ken, und plötz­lich fiel sie in Schüch­tern­heit. Nach­dem sie an­fangs ihre gnä­di­ge Ge­sin­nung als Be­loh­nung hin­ge­stellt hat­te, be­müh­te sie sich schließ­lich um Lo­las Zu­nei­gung. Was sie be­kam, war eine et­was ge­ring­schät­zi­ge Freund­lich­keit.

      Jetzt aber ge­bär­de­te sich Er­nes­te Tag um Tag trau­rig und be­hut­sam ge­gen Lola: wie wenn Lola schwer krank sei und man kön­ne mit ihr nur noch we­nig und lei­se re­den. Lola sah: auch die wohl­wol­len­den Mit­schü­le­rin­nen be­ka­men da­von die Emp­fin­dung, Lola sei auf­ge­ge­ben – und sie selbst ge­riet über sich ins un­kla­re. Hät­te Er­nes­te ihr Sze­nen ge­macht, Lola wür­de sich ver­steift, sich be­haup­tet ha­ben. So er­schi­en, was sie ge­wagt hat­te, all­mäh­lich ihr selbst als et­was Un­ge­heu­er­li­ches. Kei­ne an­de­re also war des­sen fä­hig! Lola fühl­te sich ab­ge­son­dert, ihre Schrit­te un­heim­lich ge­dämpft, ihr gan­zes Da­sein frag­wür­dig. »Bin ich denn an­ders als alle?«

      Da er­in­ner­te sie sich ge­wis­ser Träu­me, ge­wis­ser ah­nen­der, grü­beln­der Ge­füh­le, für die sie, kam sie da­mit her­aus, nir­gends Ver­ständ­nis ge­fun­den hat­te. Be­frem­det und et­was pein­lich be­rührt, hat­te man sie ste­hen­ge­las­sen. Die bes­ten hat­ten gut­mü­tig ge­lacht. Auch das mit Herrn Diet­rich und dem Früh­ling fiel Lola wie­der ein, und nun be­deck­te sie, im ver­schlos­se­nen Schlaf­zim­mer, die Au­gen mit den Hän­den, glü­hend rot durch die­se vor Jah­ren ge­spro­che­nen Wor­te. Plötz­lich rich­te­te sie sich auf.

      »Und ich bin doch so!« sag­te sie laut vor sich hin, und:

      »Auch ich habe mein Recht!«

      Sie über­leg­te:

      »Soll­te al­les da­her kom­men, dass ich aus ei­nem an­de­ren Lan­de bin? Wenn im Som­mer alle stöh­nen, dann wird mir erst wohl. Na­tür­lich: ich ge­hö­re gar nicht hier­her! Oh, zu Hau­se, wie viel schö­ner war es zu Hau­se!«

      Ir­gend­ein glän­zen­des Bild aus Kin­der­ta­gen war ihr un­ver­mu­tet durch den Sinn ge­schos­sen; sie hielt den Atem an: es war fort. Durch Nach­den­ken woll­te sie ihre Ge­füh­le von einst zu­rück­ban­nen: es kam nichts. Und als sie end­lich eins zu hal­ten mein­te, war es nur die Erin­ne­rung an eine An­sicht aus den Tro­pen, die sie kürz­lich in ei­ner Zeit­schrift ge­se­hen hat­te. Kla­gend trat sie ans Fens­ter, die Schul­tern hoch­ge­zo­gen, als trä­fe sie der kal­te Re­gen, der ge­gen die Schei­be schlug.

      »Hier bin ich nicht hei­misch ge­wor­den; und das, was mei­ne Hei­mat war, habe ich ver­ges­sen. Wo­hin ge­hö­re ich denn? Drü­ben hat­te ich mei­ne Fa­mi­lie und mei­ne Freun­de. Drü­ben ver­stan­den mich alle. Drü­ben war ich glück­lich.«

      Und bit­te­re Ge­dan­ken rich­te­ten sich ge­gen den Va­ter, der sie los­ge­ris­sen und ver­bannt hat­te.

      »Wa­rum


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