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Ein Mann will nach oben. Ханс ФалладаЧитать онлайн книгу.

Ein Mann will nach oben - Ханс Фаллада


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es bloß nicht, Rieke«, sagte er warnend, aber auch er war zufrieden und stolz. Er hatte das Gefühl, als hätte er nun den Fuß auf die unterste Leitersprosse gesetzt. Hinauf, hinauf auf die Stadtmauer von Berlin!

      18. Ein Zwischenfall im Zeichenbüro

      Manchmal bedauerte es Rieke in der nächsten Zeit doch, daß sie sich ihre Näherei nicht durch einen Zwischenmeister hatte zuteilen lassen: man hätte sich da um ihre Arbeit gekümmert und ihr mit Rat und Tat beigestanden. So saß sie mitunter fast verzweifelt vor ihrer Näherei und wußte nicht aus noch ein. Dann ergriff sie eine panische Angst, ihre Arbeit könne wegen Pfuscherei zurückgewiesen werden und sie müßte dann all diese Stoffe ersetzen. Sie hatte schon immer wenig geschlafen, jetzt schlief sie fast gar nicht mehr, und auch durch dieses bißchen Schlaf spukten noch Abnäher, Kellerfalten und aufgesetzte Taschen. Aber Rieke biß die Zähne zusammen und sagte sich: Det hilft nu allens nischt mehr. Durch mußte! Mir von dem alten Felten ankotzen lassen? So blau! Und sie bezog Posten vor dem Feltenschen Hause – die Aufsicht über den alten Busch kam mal wieder zu kurz –, paßte dort einer Schneiderin auf, die ablieferte, und heftete sich an ihre Sohlen. Sie schob mal wieder die kranke Mutter vor, für die sie um Rat fragen müßte, und erreichte, daß sie mit auf die fremde Schneiderstube genommen wurde. Sie war dort still und bescheiden, oh, wie gut konnte Rieke den Mund halten, wenn es nötig war! Sie machte sich enorm nützlich, und dabei hielt sie ihre Augen offen: ihr entging nichts. Es kostete sie zwei volle Arbeitstage, aber in diesen zwei Tagen lernte sie mehr, als manche andere in zwei Monaten gelernt hätte. Hinter Rieke Busch stand ein ehernes Muß. Die Schneiderin, eine ältliche, sonst nicht gerade süße Person, sagte zu ihr beim Abschied: »Na, Rieke, und wenn de wieder nich Bescheid weeßt, denn fragste mir direkt – det olle Hintenherum mag ich uff den Tod nich ausstehen!«

      Rieke Busch machte ihren allerschönsten Schulmädchenknicks und sagte: »Denn dank ick ooch schön, Fräulein Zappow!«

      »Und mit dem Bügeln von die schweren Stoffe kommste doch nich zurecht, Rieke«, fuhr Fräulein Zappow kategorisch fort. »Det is nischt for dir. Wenn de mit deine Arbeit soweit bist, denn schick ich dir meinen Bügler. Der is nich teuer, der macht dir det so, det kein Jemecker bei Felten is.«

      Wieder ein tiefer Knicks, wieder ein: »Denn dank ich ooch schön, Fräulein Zappow!«

      »Noch billiger kommste«, sagte Fräulein Zappow, milde gestimmt durch so viel Dankbarkeit, »wenn de 'nen Mann im Haus hast, dem kann mein Bügler det zeigen. Det lernt jeder. Haste nich noch 'nen Vater? Mir war doch so.«

      »Mit Vata is for so wat nischt los, danke ooch schön, Fräulein Zappow. Aba vielleicht lernt's mein Freund ...«

      »Wat, 'nen Freund haste ooch schon in deinen Jahren – ick muß saren, ihr Mächen vom Wedding –!«

      »Doch nich so, Fräulein Zappow! Wat ick bin, for mir broochte de Liebe nich erfunden sein! Nee, det is so eener, mehr wie 'n Bruda, vastehn Se, Fräulein Zappow?« Aber auf der Treppe schon steckte Rieke der Zappowschen Tür die Zunge heraus. Du olle Zieje, sagte sie bei sich, von deinetwejen hätt ick die beiden Tage bloß Knopflöcher nähen dürfen! Wenn ick und wäre nich so uff 'n Kien jewesen ... Und Rieke kehrte mit neuem Mut zu ihrer Näherei zurück.

      Während seine kleine Freundin sich so mit mancherlei Sorgen plagte, von denen sie doch nie ein Wort – auch zu ihm nicht – laut werden ließ, freute sich Karl Siebrecht seiner Doppelverdiener-Existenz. Nach der süßlich lauen Luft der Zeichenstube in das abendlich lichterhellte Berlin sich zu stürzen, im Trab in die Jerusalemer Straße zu laufen, das schwere Dreirad zu holen, die vielen gewichtigen Pakete und Packen mit Konfektionsware aufzuladen, das war eine Wonne! Dann spürte er weder Hunger noch Kälte, Schnee mochte treiben, der Winterwind um die Ecke pfeifen: gewaltig klingend fuhr er los. Warm wurde ihm dabei, er hätte auch in Hemdsärmeln fahren können, das machte ihm gar nichts aus. Bloß kein Stubenhocker werden, dachte er. Und wenn er spät am Abend, meist schon in der Nacht, zu Rieke kam – sie hatte ihm seine Stullen hingestellt und saß noch immer bei ihrer Näherei –, dann sagte er wohl, eifrig kauend: »Daß du das aushältst, Rieke! Immer in der Stube hocken!«

      »Im Winta?« fragte sie dagegen, echtes Großstadtkind, das sie war. »Da verderbe ick mir doch draußen bloß mein Zeug. Det spart – in de Stube sitzen. Det wirste schon sehen, wie lange deine Klamotten halten, Karl, jetzt wo de alle Tage uff de Straße liegst.«

      »Ach was«, lachte er. »Das tut gerade gut, sich ordentlich durchpusten zu lassen. Und wenn die Kleider hinüber sind, gibt's neue, ich verdiene ja genug Geld!«

      »Jetzt noch«, sagte sie warnend. »Hat denn der Felten noch imma keenen neuen Jungen?«

      »Ach, der! Der ist, glaube ich, mit mir so zufrieden, daß er gar nicht mehr nach einem neuen sucht. Nicht mal gejammert hat er, als er mir meine zwanzig Mark ausgezahlt hat!«

      »Und wie is det uff de Zeichenstube?«

      »Auch im Lot, Rieke! Alles im Lot! Beim Oberingenieur bin ich Hahn im Korbe. Da sitze ich fest, auf der Zeichenstube kann ich hundert Jahre alt werden.«

      Ach, der ahnungslose Knabe Karl! Wohl hatte er bei Rektor Tietböhl die Schillersche Ballade vom Ring des Polykrates auswendig lernen müssen, aber die richtige Nutzanwendung dazu, das Inwendige gewissermaßen, mußte ihm erst ein besserer Lehrer beibringen: das Leben selbst. Hundert Jahre sicherer Sitz in der Zeichenstube? Dieser ahnungslose Knabe – keine hundert Stunden saß er mehr sicher ... Denn gegen Mittag des nächsten Tages öffnete sich die Tür der Zeichenstube, und herein trat, an der Spitze einer Kommission, die er herumführte in seinem ausgedehnten Betriebe – herein also trat Herr Kalubrigkeit selbst, kurz, fett, schwärzlich, wiederum in einem Gehpelz, aber in einem noch viel feineren als damals auf der Baustelle, das sah Karl Siebrecht sofort. Karl Siebrecht trat in den Schatten eines großen Schrankes, Herr Kalubrigkeit machte eine umfassende, doch unsichere Geste durch den ganzen Raum: »Herr Oberbaurat! Meine Herren! Das sind nu alles meine Malersch!« Er schwieg, schielte unsicher auf das nächste Reißbrett, sah hastig weg und schwieg weiter. In der Gruppe, der er sich nun wieder zuwandte, wurde einiges gemurmelt. »Na ja«, sagte Herr Kalubrigkeit. »Da ist ja wirklich nicht viel zu sehen. Das ist ja immer dasselbe. Ich komme nie her. Gehen wir rauf, meine Herren, Herr Oberbaurat! Eine Treppe höher, da ist meine Finanzabteilung. Siebenundzwanzig Angestellte, die beiden Prokuristen nicht gerechnet –«

      Seine Stimme verlor sich im Füßescharren der Auswanderer. Karl Siebrecht atmete auf – es wäre ihm doch nicht angenehm gewesen, hier vor allen Kollegen ... Übrigens hatte er in der Gruppe der Besucher sehr wohl den Herrn von Senden gesehen, dem hätte er gern guten Tag gesagt, aber es hatte sich wirklich nicht so gemacht. Auch die anderen Zeichner atmeten auf: je seltener der Chef kommt, um so gefürchteter ist er, um so leichter schlug jetzt wieder das Herz. Sie steckten die Köpfe zusammen, das Wort von den »Malersch« kursierte. Einige grinsten dazu, andere waren empört, vor allem Herr Feistlein. Oberingenieur Hartleben ging unermüdlich den langen Gang auf und ab, er sorgte dafür, daß allmählich wieder Ruhe wurde. Karl Siebrecht saß schon längst an seinem Zeichentisch, die Reißschiene klapperte, mit einem sanften Schnurren glitt die Reißfeder um das Kurvenlineal. Hinter ihm, über seine Schulter, sagte der Oberingenieur Hartleben: »Das war unser Chef, Karl. Kanntest du ihn schon?«

      »Doch, ich habe ihn schon mal gesehen«, antwortete der Junge, ohne hochzublicken.

      »Da regen sie sich künstlich auf«, sagte der Oberingenieur immer in seinem Rücken, »weil er sie ›Malersch?‹genannt hat, wo sie doch Zeichner sind. Sie sind empört, daß er ihre Arbeit nicht richtig würdigt. Aber keiner zieht die Konsequenzen und geht. Auch ich nicht. Verstehst du das, Karl? Es müßte dich eigentlich empören.«

      »Jeder hängt an seinem Brot«, sagte Karl Siebrecht und blies sanft auf die Zeichnung, damit die Tusche schneller trocknete. »Auch ich hätte gerade jetzt meinen Posten ungern verloren.«

      »Wir sagen alle immer ›gerade jetzt‹, Karl! Wir sind alle feige. Wir sind ein feiges Geschlecht geworden«, rief der Oberingenieur bitter.

      »Gerade hier in Berlin habe ich das


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