Mein Gott, Adam!. Klaus MullerЧитать онлайн книгу.
danach sichtlich geschwächt aus dem Haus an Adam vorbei.
»Wie ist es gelaufen, Sir?«
Die Wolke hielt kurz neben ihm an.
»Besorge dir schon mal Schneeschuhe.«
Die Wolke entschwand über den Horizont gleitend im Licht der untergehenden Sonne.
Adam schaute ihr ohne ein erkennbares Verständnis hinterher und hoffte, die Erklärung von Eva zu bekommen, die mit verschränkten Armen in der Tür stand.
Er hoffte auf eine gute Erklärung.
Ihr Grinsen ließ ihn allerdings schon erahnen, dass das Ganze für ihn nicht wirklich gut ausgegangen war.
Kapitel 3
Es war noch sehr früh an diesem Morgen.
Adam hatte die Augen kaum aufgeschlagen, als er sich schon daran machte, mit Schwung aus dem Bett zu klettern.
Er setzte sich seitlich auf die Bettkante und beobachtete Eva durch den leicht geöffneten Vorhang in ihrem Badezimmer.
Sie stand dort auf Zehenspitzen, in ihrem kleinen (um ehrlich zu sein, sehr kleinen!) Tigerfell, das sie immer dann im Bett trug, wenn er sie darum gebeten hatte. Oder wenn sie wollte, dass der Abend nicht nur mit tiefgründigen Gesprächen endete.
Allerdings hatte Adam über die Jahre gelernt, das auch an einem mysteriösen Glitzern in ihren Augen zu erkennen. Das erste menschliche Frühwarnsystem, wenn man so will.
Das System funktionierte aber auch genauso gut andersherum. – Dann, wenn er nicht einmal zu fragen brauchte.
Vor dem Spiegel drehte sie sich mal rechts-, mal linksherum. Immer so, dass sie ihre eigenen Bewegungen gut sehen konnte.
Sie fühlte sich gänzlich unbeobachtet, weil sie davon ausging, dass Adam noch fest schlief.
Und Gardinen gegen allzu neugierige Blicke gab es nicht, da es außerhalb des eigenen Hauses noch niemanden mit neugierigen Blicken gab.
Der Beruf oder besser gesagt die Neigung des Spanners war damals noch nicht bekannt.
Ihre Hände strichen langsam von den Achseln abwärts bis zu den Hüften hinunter. Die eigenen Blicke folgten dabei kritisch den gleitenden Bewegungen.
All das spielte sich vor einer großen, flachen Muschel ab. Adam hatte sie einmal am Strand gefunden und sie ihr zum Geschenk gemacht. Danach hatte er sie für sie langwierig flach mit Sand poliert, sodass man sich darin, sehr zu Evas Freude, einigermaßen brauchbar betrachten konnte.
Eva war schlichtweg begeistert und lange sehr dankbar.
»Diese Erfindung«, hatte sie damals zu Adam gesagt, »ist ein großer Schritt für die Menschheit.«
Er war sich dabei allerdings nicht so sicher. Denn einerseits hatte die Muschel für ihn keine wirklich relevante Funktion, andererseits verbrachte Eva doch in der Folgezeit sehr viele Stunden davor, ohne wirklich sichtbar etwas zu tun.
Adam hatte sich selbst, in einem breit angelegten Feldexperiment, ein paarmal so, wie er es bei ihr beobachtet hatte, für eine längere Zeit davorgesetzt. In der Hoffnung, die Magie dieses Teils zu erkunden. Es war ein großer Fehlschlag und er brach das Experiment ohne ein greifbares Resultat ab. Es ist ihm nie gelungen, das Geheimnis des Spiegels zu entschlüsseln. Er schloss die gesamte enttäuschende Versuchsreihe mit den Worten »Wenn es ihr Spaß macht!« ohne weitere brauchbare Ergebnisse ab.
Es dauerte nicht lange an diesem Morgen und Eva entdeckte Adam noch etwas schlaftrunken auf dem Bett sitzend.
Mit hüpfenden, fast schwerelosen Schritten kam sie beschwingt auf ihn zu. Sie stellte sich dicht vor ihn und bewegte sich dann so wie kurz vorher vor der Muschel. Dabei ließ sie mehrfach ihre Hände seitlich über die Hüften bis zu ihrem Busen hinauf- und langsam wieder hinabgleiten.
Ihre Augen waren dabei unablässig und gnadenlos auf Adam gerichtet.
Es war ihre Ouvertüre zu dem, was ohne weitere Ankündigung folgen sollte.
»Wenn du irgendetwas an meinem Äußeren ändern könntest, Liebling – was wäre es?«, fragte sie, stoppte abrupt ihre Bewegungen und schaute ihn mit erwartungsvollen, großen Augen an.
Hätte es damals schon Sirenen sowie rote, rotierende Warnlichter gegeben, sie wären alle auf einmal angegangen.
Alle!
Sie hätten die Warnung herausgeschrien: »Vorsicht, von jetzt an gehen Sie nur auf eigene Gefahr weiter!!!«
In wenigen Bruchteilen einer Sekunde lief Adams gesamtes bisheriges Leben vor seinem inneren Auge ab.
Ein helles Licht erschien ihm, auf das er ohne die Möglichkeit des Haltens zusteuerte.
»So sieht also mein Ende aus«, schoss es durch seinen Kopf und er wusste sofort, dass nichts mehr wieder so sein würde wie vorher.
Er wusste ohne weiteres Nachdenken, dass es eins von jenen tödlichen Spielen war, bei denen er nicht gewinnen konnte. Bei dem es nie einen Gewinner gab.
Hier spielte eine übermächtige Katze mit einer kleinen Maus.
Mag sein, dass der kleine Nager als Held starb, aber das Sterben war schon beschlossen.
Denn egal, was immer er auch antworten würde, er würde letztlich als kleines, vertrocknetes Häufchen Elend liegen bleiben, vom Wind noch bestenfalls gnädig in alle vier Himmelsrichtungen verteilt werden – bestenfalls!
Wahrscheinlicher aber war das Szenario, dass ihn eine pyroplastische Feuerwalze gnadenlos dahinraffen würde, bevor er auch nur ansatzweise die Chance hätte, sich auf die Knie in den Staub zu werfen und um Gnade zu flehen.
In nicht einmal einer weiteren Sekunde spielte er alle möglichen Endzeitszenarien, die ihn so einfielen, durch.
Würde er »Gar nichts, mein Schatz. Du bist wundervoll so, wie du bist!« sagen, würde sie ihrerseits »Das sagst du doch nur so!« antworten und weiterbohren.
Würde er aber leichtsinnigerweise oder aufgrund von mangelnder Erfahrung den nie wieder aus der Welt zu tilgendem Fehler machen und tatsächlich etwas vorschlagen, das sie ändern sollte, wäre es das unausweichliche Armageddon.
Das würde zwangsläufig bedeuten, wieder monatelang auf dem Sofa zu schlafen, Blumen zu pflücken, Füße zu massieren, Geschenke und so weiter.
Das ganze endlose Wiedergutmachungsprogramm inklusive der endlosen Schwüre, ab jetzt ein besserer Mann zu werden.
Als dritte Alternative aber kam ihm noch kurz in den Sinn, einen plötzlichen Hörsturz oder gar Schlimmeres vorzutäuschen.
Das hatte er aber in anderen kritischen Situationen schon ein paarmal gemacht.
Deswegen hatte es sich leider schon zu sehr abgenutzt, um noch wirklich erfolgsversprechend zu sein.
Es war auch nicht einfach, eine Krankheit glaubhaft vorzutäuschen, wenn es doch im Paradies so etwas noch nicht gab und somit als wirkliche Bedrohung unglaubwürdig war.
Für ihn galt es jetzt genauestens abzuwägen, bei welcher der möglichen Antworten auf die gestellte Frage seine Überlebenschance am größten war.
Es gab keinen zweiten Versuch.
Oder besser noch sollte die Frage beantwortet werden, bei welcher Antwort die Wunden nicht allzu tief werden dürften.
»Gar nichts, mein Schatz. Du bist wundervoll so, wie du bist!«, hörte er sich wie in einem Traum sagen und lehnte sich dabei sicherheitshalber ein wenig nach hinten.
Er wusste natürlich, dass es mit dieser Antwort nicht vorbei war, wollte sich aber damit noch ein wenig Zeit erkaufen.
Eva kam auf ihn zu, setzte sich schwungvoll auf seinen Schoß und fuhr mit ihrer Hand durch seine Haare.
»Adam,