Butler Parker Staffel 8 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
zustatten, daß sein Wagen eben derart hochbeinig war, daß er unebenes Gelände noch leichter nehmen konnte als ein Rover.
Im Rückspiegel beobachtete Parker, daß Waterson ihm verblüfft nachschaute. Mit dieser Reaktion hatte der Arzt sicher nicht gerechnet. Er ließ sich gerade zurück auf seinen Sitz fallen, während der Schnurrbärtige sich mühte, den Landrover wieder auf die Straße zu bekommen.
Die erwartete Verfolgung blieb aus, wie sich herausstellte.
Der Landrover kurvte zurück in das unübersichtliche Gelände und war bald verschwunden. Parker steigerte das Tempo seines Wagens und ließ dabei seine schwarz behandschuhte Hand mit den Kipphebeln und Tasten des Armaturenbretts spielen, worauf sich erstaunliche Dinge taten.
Unter dem Wagen, etwa in Höhe des Auspufftopfes, rasselte eine normale Eisenkette hinunter auf den Boden. Diese Eisengliederkette war etwa 30–40 Zentimeter lang und mündete in einer Art Glockenklöppel.
Dieser Glockenklöppel schlug und hämmerte auf den unbefestigten Feldweg und wirbelte hohe Staubwolken hoch. Es dauerte nur knapp hundert Meter, bis Parkers Wagen eine lange, dichte und gelbe Staubwolke hinter sich ließ, die jede Sicht versperrte.
Parker nutzte diese Staubwand, um hinter dem nächsten Wegknick scharf nach rechts abzubiegen. Er hielt zwischen hohem Gesträuch und barg erst mal seine Staubkette. Dann stellte er den Motor ab und verließ den Wagen.
In taktisch günstiger Position bezog er Stellung. Parker hatte, wenn es verlangt wurde, sehr viel Geduld. Sie hatte sich in der Vergangenheit schon recht oft mehr als gelohnt.
*
Es dauerte etwa fünf Minuten, bis der Landrover sich durchgekämpft hatte.
Zuerst hörte Parker nur den bulligen Motor, dann sah er den Wagen, der sich schemenhaft durch den hochgewirbelten Staub schob. Sehr langsam und sehr vorsichtig.
Parker wartete weiter, und es dauerte wiederum zehn Minuten, – bis der Landrover sein Versteck erneut passierte. Diesmal war der Wagen erheblich schneller, da die Staubwolken sich bereits zu legen begannen.
Parker erkannte Dr. Waterson und den Schnurrbärtigen Steve. Beide Männer schienen sich vergewissert zu haben, daß Parker wirklich das nähere Gelände des Sanatoriums verlassen hatte.
Genau darauf war es dem Butler angekommen.
Er legte seinen Universal-Regenschirm korrekt über seinen linken Unterarm und schritt dann würdevoll und gemessen durch das mit Gesträuch und Gestrüpp übersäte Gelände. Sein Ziel war eine kleine Anhöhe, von der aus man das Parktor des Sanatoriums beobachten konnte.
Parker hätte auch jetzt nicht sagen können, warum er sich so verhielt. Er handelte instinktiv aus einem vagen Mißtrauen, aus einem Verdacht heraus. Er konnte sich nämlich vorstellen, daß Waterson die Gelegenheit nutzte, um Gefahrenmomente aus dem Weg zu räumen.
Wie gut Parker sich in die Gedankenwelt der Gegenseite zu versetzen vermochte, sollte sich bald zeigen.
Nach etwa 30 Minuten öffnete sich das Parktor des Sanatoriums. Fast zögernd erschien ein kleiner Sportwagen, in dem zwei Bekannte saßen.
Das Steuer hatte der Schnurrbartträger Steve übernommen. Neben ihm saß der Pfleger Hank, der gegen seine Bartstoppeln einfach nicht ankam. Die beiden Pfleger trugen Zivilkleidung und schienen sich einen schönen Tag zu machen.
Sie nahmen Richtung auf die nahe Asphaltstraße, doch dazu mußten sie erst noch den unbefestigten Feldweg benutzen, den Parker mit seiner Eisenkette gepflügt hatte.
Parker wollte sich schon wieder dem Sanatorium widmen, als ihm eine Kleinigkeit auffiel.
Als der kleine Sportwagen vom Parktor auf den Feldweg kurvte, rutschte der Pfleger mit den Bartstoppeln etwas weich und schlaff gegen den Fahrer des Wagens. So, als wäre er nicht mehr Herr seiner Muskeln und Bewegungen.
*
Steve, der Pfleger mit dem Schnurrbart, beendete sehr schnell seine Ausfahrt. Zu schnell, wie Parker fand.
Der Butler war zurück zu seinem Wagen gegangen.
Und diesmal hatte Parker sich etwas mehr beeilt als sonst. Ja, im Grund hatte er eine unziemliche Hast an den Tag gelegt, die er sich normalerweise nie gestattet hätte. Parker hatte nämlich das sichere Gefühl, daß er die beiden Pfleger nicht aus den Augen lassen durfte.
Er hatte seinen Wagen erreicht und – blieb dann stehen. Parker brauchte nicht weiterzugehen. Wie auf einer Bühne spielte sich alles in seiner unmittelbaren Nähe ab. Die beiden Pfleger schienen vollkommen sicher zu sein, daß sie nicht beobachtet wurden.
Das heißt, diese Sicherheit hatte nur Steve.
Sem Partner Hank hingegen wirkte ungemein teilnahmslos. Ja, er schien inzwischen sogar eingeschlafen zu sein. Er hing mit dem Oberkörper halb über der seitlichen kleinen Wagentür und machte einen völlig desinteressierten Eindruck.
Was den Butler stutzig machen ließ.
Zumal Steve jetzt den Kofferraum öffnete und einen Benzinkanister hervorzog. Ihm war keineswegs das Benzin ausgegangen. Er öffnete den Verschluß des Kanisters und – schüttete eine gehörige Portion Treibstoff in den Kofferraum.
Dann wanderte er um den Wagen herum und übergoß die Sitze. Beide Sitze, um ganz genau zu sein. Dabei kümmerte es ihn überhaupt nicht, daß sein Partner Hank noch auf dem Beifahrersitz saß. Ja, auch Hank bekam eine gehörige Portion mit ab. Steve erwies sich als sehr benzinbewußt.
Parker hatte selbstverständlich schon lange und richtig geschaltet.
Hier sollte ein Türke gebaut werden, wie der Volksmund es vielleicht ausgedrückt hätte, deutlicher gesagt, es sollte ein tödlicher Unfall inszeniert werden. Ein Mord an dem Pfleger Hank!
Warum das so sein mußte, lag klar auf der Hand.
Der Krankenpfleger Hank hatte sich eine Blöße gegeben, als er den Minisender aus Parkers Hotelzimmer hatte holen wollen. Das war seinen Auftraggebern sicher nicht entgangen. Oder Hank selbst hatte in aller Offenheit davon berichtet. Hank war also zu einer Gefahr geworden. Mit Sicherheit hatte er noch mehr zu erzählen, falls man ihn in die Zange nahm.
Und solchen möglichen Erzählungen sollte jetzt vorgebaut werden. Ein toter Zeuge konnte eben nicht mehr reden. Und einem Toten konnte man alles in die Schuhe schieben, was unbequem war.
Später, nach der Brandsetzung, konnte man den ganzen Vorfall so darstellen, als habe Hank einen Wagen widerrechtlich benutzt und sich dabei zu Tode gefahren. Die Welt war ja voller Gefahren.
Da Josuah Parker schon immer etwas gegen Mord hatte, mußte er sich sehr schnell etwas einfallen lassen. Es wurde sogar höchste Zeit dazu, denn Pfleger Steve hatte seine Benzinverteilung beendet, und ließ den leeren Kanister, dessen Verschluß er zugeschraubt hatte, zurück in den Kofferraum gleiten. Dann trat er prüfend zur Seite und begutachtete sein mörderisches Werk.
Parker handelte inzwischen.
Er verdrehte den bleigefütterten Bambusgriff seines Universal-Regenschirms gegen den eigentlichen Schirmstock, der nichts anderes war als ein erstklassiges Blasrohr, auf das selbst Indianer des Amazonas neidisch geworden wären.
Durch das Verdrehen des Griffs tat sich zweierlei. Einmal wurde eine CO-Gaspatrone in Blasbereitschaft versetzt, zum zweiten wartete ein buntgefiederter Blasrohrpfeil darauf, durch das Treibgas in Bewegung gesetzt zu werden.
Steve war soweit.
Parker übrigens auch.
Jetzt hing alles davon ab, ob Parker auch genau traf.
*
Und wie er traf.
Mit feinem Zischen jagte der Blasrohrpfeil durch den hohlen Schirmstock und begab sich auf die Luftreise, die nicht lange währte.
Steve zuckte wie unter einem harten Peitschenhieb zusammen, als die Spitze des Pfeils sich in seine rechte Gesäßhälfte bohrte. Sein Gesicht nahm einen völlig verblüfften