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Kärntner Totenmesse. Roland ZingerleЧитать онлайн книгу.

Kärntner Totenmesse - Roland Zingerle


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ich mich recht erinnere. Sollte ich mich in Ihnen getäuscht haben? Ich meine, Sie kennen ja nicht einmal die Schlagzeile des Tages, wie sollen Sie da ...“ Als er bemerkte, dass er laut geworden war, ließ er den Satz unvollendet im Raum stehen. Sein harter Blick haftete weiterhin auf Heinz, offensichtlich wollte er eine Antwort hören.

      Heinz konnte ihm keine geben. „Wissen Sie“, seine Worte kamen zögerlich, vor allem, da er schon wieder den Namen seines Gegenübers vergessen hatte, „bis jetzt weiß ich ja noch nicht einmal, worum es überhaupt geht. Ich habe heute länger geschlafen, Ihr Anruf hat mich aufgeweckt. Ich habe geduscht und gefrühstückt, dann bin ich hierhergefahren. Wenn Sie von mir erwarten, dass ich schon mit der halben Lösung zu unserem ersten Treffen komme, dann, fürchte ich, erwarten Sie etwas zu viel.“

      Auch wenn Doktor Werginz es sich nicht anmerken lassen wollte, erschien ihm die Antwort schlüssig, Heinz konnte es in seinen Augen sehen. Dennoch behielt er seinen Blick noch mehrere Sekunden lang bei. Das mochte bei Befragungen vor Gericht durchaus Wirkung haben, Heinz ermüdete es nur.

      „Gut“, meinte der Rechtsanwalt schließlich spitz, „gut, wir werden sehen. Frau Doktor Moritsch erwartet uns im Garten. Bitte haben Sie so viel Respekt und üben Nachsicht, wenn sie plötzlich das Thema wechselt.“ Er stand abrupt auf und ging voraus.

      Heinz spürte, wie die Kraft von ihm abfiel. Diese Schmähung und der Zweifel an seinem Taktgefühl machten ihm zu schaffen, ebenso die Weigerung, ihn ins Bild zu setzen. Warum, zum Teufel, sagte der Rechtsvertreter nicht einfach, was es mit der Ermordung von Frau Doktor Moritschs Sohn auf sich hatte, wenn er Heinz deswegen hergebeten hatte? Nein, Heinz hatte echt keinen Bock auf diesen Auftrag!

      Die noble Ausstattung der Innenräume setzte sich auf der Gartenterrasse fort. Die Sitzbereiche aus Steinpflaster wurden von kleinen Grünflächen unterbrochen, auf denen weiße Pavillons inmitten von Blumen und kugelig geschnittenen Büschen standen. In der Mitte der Terrasse, die sich über die gesamte Breite des Gebäudes erstreckte, plätscherte ein dreistöckiger, etwa zweieinhalb Meter hoher Brunnen, dessen weißer Stein vollständig mit Zierreliefs bedeckt war. Die Sitzgarnituren aus schwerem, altweiß lackiertem Gusseisen bestanden aus großen Tischen und jeweils vier stabilen Stühlen. Die runden Tischplatten waren ein Stückwerk aus konzentrischen Blüten- und Streifenmotiven mit relativ großen Zwischenräumen, auf den Sitzflächen der Stühle lagen taubengraue Sitzpolster.

      Liese Moritsch wirkte klein und gebückt, wie sie da auf ihrem Stuhl saß und aus einer Kaffeetasse trank, die Untertasse in der anderen Hand. Heinz erkannte in ihren Gesichtszügen jene der starken Politikerin wieder, die in seinen Kindestagen selbstbewusst von diversen Wahlplakaten herabgelächelt hatte, doch sie wirkten nicht mehr wie die körperliche Ausformung eines starken Charakters, sondern wie eine im Laufe der Jahre geformte Maske.

      Neben ihr am Tisch saß ein alter Mann mit schütteren, grauen Haaren und abstehenden Ohren.

      Doktor Werginz eilte zu Frau Moritsch und stellte sich so hin, dass sie auf ihn aufmerksam werden musste. „Frau Doktor“, sagte er laut, mit übertriebener Freude in der Stimme, „haben Sie schon auf uns gewartet?“

      Die alte Frau hob langsam den Kopf und musterte den Anwalt. „Herbert“, sagte sie, „was gibt es Neues von der Causa Sankt Magdalen?“ Ihre Stimme klang fest aber brüchig.

      Werginz ignorierte ihre Worte. „Darf ich Ihnen Herrn Sablatnig vorstellen?“ Er deutete auf Heinz und gestikulierte diesem, er solle nähertreten.

      Heinz gehorchte, und die ehemalige Politikerin musterte nun auch ihn. Ihr Blick war leer.

      „Wir haben Herrn Sablatnig engagiert, um den Mord aufzuklären, erinnern Sie sich?“, fuhr der Anwalt fort.

      Heinz kam es etwas seltsam vor, dass er und Frau Moritsch offenbar noch immer per Sie waren, obwohl sie, wie er erzählt hatte, viele Jahre lang zusammengearbeitet hatten.

      „Den Mord ...“, wiederholte die alte Frau, und mit einem Mal füllte sich ihr Blick mit Leben – und mit tiefem Schmerz. Eine wellenartige Bewegung ging durch ihren hageren Körper, doch nur kurz, dann setzte sie Kaffee- und Untertasse am Tisch ab, richtete sich auf und sagte betont förmlich: „Doktor Werginz, ich möchte Ihnen meine Tischgesellschaft vorstellen, Herrn Diplomkaufmann Sorger, Gründer und Mehrheitseigentümer der Immobilien-Investmentgruppe Immosorg.“

      Der Anwalt reichte dem alten Mann höflich die Hand.

      „Herr Diplomkaufmann“, fuhr die alte Dame mit der Vorstellung fort, „Herr Doktor Werginz, mein Rechtsvertreter und seine Begleitung, Herr ...“ Sie sah Heinz auffordernd an, doch Doktor Werginz war schneller:

      „Sablatnig, Heinz Sablatnig, Kärntens erfolgreichster privater Ermittler.“

      Frau Moritsch reichte Heinz die Hand, die sich anfühlte wie Knochen in warmem Zellophan. Anschließend wandte Heinz sich Herrn Sorger zu. Dieser streckte ihm einen seiner spindeldürren Arme entgegen, welche in starkem Kontrast zu seinem gesetzten Leib standen. Für sein Alter – Heinz schätzte den Mann auf über achtzig – hatte er einen erstaunlich festen Händedruck.

      „Es ist eine Tragödie! Eine Tragödie, was da passiert ist.“ Sorgers Stimme war dünn und heiser.

      „Ja, das stimmt“, pflichtete ihm Doktor Werginz bei und nickte dabei heftig.

      „Die Dinge sind so, wie sie sind.“ Frau Moritschs Urteil klang fest und endgültig. „Aber das heißt nicht, dass wir sie hinnehmen müssen.“ Sie vollführte eine wegschleudernde Armbewegung. „Herr Sablatnig ist hier, um den Mörder meines Sohnes zu stellen und ihn seiner gerechten Bestrafung zuzuführen.“ Während sie redete, blickte sie geradeaus, als spräche sie über die Köpfe eines großen Publikums hinweg. „Auf die Polizei ist kein Verlass. Sie steht entweder im Dienst der herrschenden Partei, oder sie tut gar nichts. Das nehmen wir nicht hin.“ Sie blinzelte einige Male, dann sagte sie: „Con piacere, Signore, sí, prego“, und nahm wieder ihre Kaffeetasse samt Unterteller vom Tisch.

      „Dieser Fall“, wandte sich nun Sorger an Heinz, „dieser Fall muss unbedingt aufgeklärt werden, hören Sie? Es hängt viel davon ab.“ Es klang, als hätte auch er ein persönliches Interesse daran, doch Heinz vermutete, er wollte als guter Freund von Frau Moritsch deren plötzlichen Wechsel in die geistige Umnachtung überspielen.

      „Deshalb sind wir hier“, beschwichtigte Doktor Werginz, der es plötzlich eilig zu haben schien. „Wenn Sie uns bitte entschuldigen, Herr Sablatnig und ich machen uns gleich an die Arbeit.“ Er wandte sich an die ehemalige Landesrätin: „Liebe Frau Doktor Moritsch, ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag, ich melde mich bei Ihnen, sobald es etwas Neues gibt.“ Da er nicht einmal versuchte, ihr die Hand zu reichen, ging er offenbar davon aus, dass sie ihn nicht wahrgenommen hatte.

      Heinz verabschiedete sich in gleicher Weise von ihr und reichte Diplomkaufmann Sorger die Hand. Als er sich zum Gehen wendete, sah Frau Moritsch ihn mit einem verschleierten Blick an und sagte: „Herbert, die Causa Sankt Magdalen! Vergessen Sie nicht die Causa Sankt Magdalen!“

      War Heinz vorhin noch davon ausgegangen, Doktor Werginz heiße mit Vornamen Herbert, begriff er nun, dass sie jemanden meinte, der wohl nur noch in ihrer Erinnerung existierte.

      Doktor Werginz hatte die Seniorenresidenz im Eilschritt und schweigend verlassen, der Dame am Rezeptionstisch hatte er nur ein Kopfnicken zukommen lassen. Heinz hatte zu tun gehabt, ihm hinterherzukommen, er hatte sich hilflos gefühlt, der Situation ausgeliefert.

      Jetzt, als sie das Gebäude verlassen hatten, blieb der Anwalt abrupt stehen und wandte sich ihm zu. „Herr Sablatnig, ich habe mir schon im Vorfeld die Freiheit genommen, einen Termin bei Frau Magistra Mühlwirth für Sie zu vereinbaren, Rudis ... die Büroleiterin von Landesrat Moritsch. Bitte seien Sie pünktlich um 17 Uhr in der Landesregierung.“ Er kramte hektisch in der Innentasche seines Sakkos und zog, sehr zu Heinz’ Erleichterung, eine Visitenkarte hervor, die er ihm reichte. „Bitte rufen Sie an, sobald Sie etwas herausgefunden haben, meine Sekretärin informiert mich und ich rufe schnellstmöglich zurück. Auf Wiedersehen.“ Er gab Heinz die Hand und eilte davon. Während seines gesamten Monologs hatte er ihn nicht eines Blickes


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