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Der Untertan. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Der Untertan - Heinrich Mann


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Ver­der­ben wäre es ge­we­sen, auch nur im ge­heims­ten Her­zen sich auf­zu­leh­nen. Höchs­tens konn­te man, ge­gen die ei­ge­ne Über­zeu­gung, sich manch­mal drücken. Die­de­rich war beim Lau­fen ge­fal­len, der Fuß tat ihm weh. Nicht, dass er ge­ra­de hät­te hin­ken müs­sen, aber er hin­k­te und durf­te, wie die Kom­pa­nie »ins Ge­län­de« mar­schier­te, zu­rück­blei­ben. Um dies zu er­rei­chen, war er zu­nächst an den Haupt­mann selbst her­an­ge­tre­ten. »Herr Haupt­mann, bit­te –« Wel­che Ka­ta­stro­phe! Er hat­te, in sei­ner Ah­nungs­lo­sig­keit, vor­wit­zig das Wort an eine Macht ge­rich­tet, von der man stumm und auf den Kni­en des Geis­tes Be­feh­le ent­ge­gen­zu­neh­men hat­te! Der man sich nur »vor­füh­ren« las­sen konn­te! Der Haupt­mann don­ner­te, dass die Un­ter­of­fi­zie­re zu­sam­men­lie­fen, mit Mie­nen, in de­nen das Ent­set­zen vor ei­ner Läs­te­rung stand. Die Fol­ge war, dass Die­de­rich stär­ker hin­k­te und einen Tag län­ger vom Dienst be­freit wer­den muss­te.

      Un­ter­of­fi­zier Van­se­low, der für die Un­tat sei­nes Ein­jäh­ri­gen ver­ant­wort­lich war, sag­te zu Die­de­rich nur: »Das will ein ge­bil­de­ter Mensch sein!« Er war es ge­wohnt, dass al­les Un­heil von den Ein­jäh­ri­gen kam. Van­se­low schlief in ih­rem Mann­schafts­zim­mer hin­ter ei­nem Ver­schlag. Nach dem Licht­lö­schen zo­te­ten sie, bis der Un­ter­of­fi­zier em­pört da­zwi­schen­schrie: »Das wol­len ge­bil­de­te Leu­te sein!« Trotz sei­ner lan­gen Er­fah­rung er­war­te­te er im­mer noch von den Ein­jäh­ri­gen mehr Geist und gute Hal­tung als von den an­de­ren Leu­ten und war im­mer neu ent­täuscht. In Die­de­rich sah er kei­nes­wegs den Schlimms­ten. Das Bier, das ei­ner zahl­te, ent­schied nicht al­lein über Van­se­lows Mei­nung. Noch mehr sah Van­se­low auf den sol­da­ti­schen Geist freu­di­ger Un­ter­wer­fung, und den hat­te Die­de­rich. In der In­struk­ti­ons­stun­de konn­te man ihn den an­de­ren als Mus­ter vor­hal­ten. Die­de­rich zeig­te sich ganz er­füllt von den mi­li­tä­ri­schen Idea­len der Tap­fer­keit und der Ehr­lie­be. Was die Ab­zei­chen und die Rang­ord­nung be­traf, so schi­en der Sinn da­für ihm an­ge­bo­ren. Van­se­low sag­te: »Jetzt bin ich der Herr Kom­man­die­ren­de Ge­ne­ral«, und auf der Stel­le be­nahm Die­de­rich sich, als glaub­te er es. Wenn es aber hieß: »Jetzt bin ich ein Mit­glied der Kö­nig­li­chen Fa­mi­lie«, dann war Die­de­richs Ver­hal­ten so, dass es dem Un­ter­of­fi­zier ein Lä­cheln des Grö­ßen­wahns ab­nö­tig­te.

      Im Pri­vat­ge­spräch in der Kan­ti­ne er­öff­ne­te Die­de­rich sei­nem Vor­ge­setz­ten, dass er vom Sol­da­ten­le­ben be­geis­tert sei. »Das Auf­ge­hen im großen Gan­zen!« sag­te er. Er wün­sche sich nichts auf der Welt, als ganz da­bei­zu­blei­ben. Und er war auf­rich­tig – was aber nicht hin­der­te, dass er am Nach­mit­tag, bei den Übun­gen »im Ge­län­de«, kei­nen an­de­ren Wunsch mehr kann­te, als sich in den Gra­ben zu le­gen und nicht mehr vor­han­den zu sein. Die Uni­form, die oh­ne­dies, aus Rück­sich­ten der Stramm­heit, zu eng ge­schnit­ten war, ward nach dem Es­sen zum Mar­ter­werk­zeug. Was half es, dass der Haupt­mann, bei sei­nen Kom­man­dos, sich un­säg­lich kühn und krie­ge­risch auf dem Pferd her­um­setz­te, wenn man selbst, ren­nend und schnau­fend, die Sup­pe un­ver­daut im Ma­gen schlen­kern fühl­te. Die sach­li­che Be­geis­te­rung, zu der Die­de­rich völ­lig be­reit war, muss­te zu­rück­tre­ten hin­ter der per­sön­li­chen Not. Der Fuß schmerz­te wie­der; und Die­de­rich lausch­te auf den Schmerz, in der angst­vol­len, mit Selbst­ver­ach­tung ver­bun­de­nen Hoff­nung, es möch­te schlim­mer wer­den, so schlimm, dass er nicht wie­der »ins Ge­län­de« hin­aus muss­te, dass er viel­leicht nicht ein­mal mehr im Ka­ser­nen­hof üben konn­te und dass man ge­nö­tigt war, ihn zu ent­las­sen!

      Es kam da­hin, dass er am Sonn­tag den al­ten Herrn ei­nes Korps­bru­ders auf­such­te, der Ge­hei­mer Sa­ni­täts­rat war. Er müs­se ihn um sei­nen Bei­stand bit­ten, sag­te Die­de­rich, rot vor Scham. Er sei be­geis­tert für die Ar­mee, für das große Gan­ze, und wäre am liebs­ten ganz da­bei­ge­blie­ben. Man sei da in ei­nem groß­ar­ti­gen Be­trieb, ein Teil der Macht so­zu­sa­gen, und wis­se im­mer, was man zu tun habe: das sei ein herr­li­ches Ge­fühl. Aber der Fuß tue nun ein­mal weh. »Man darf es doch nicht so weit kom­men las­sen, dass er un­brauch­bar wird. Schließ­lich habe ich Mut­ter und Ge­schwis­ter zu er­näh­ren.« Der Ge­heim­rat un­ter­such­te ihn. »Neu­teu­to­nia sei’s Pa­nier«, sag­te er. »Ich ken­ne zu­fäl­lig Ihren Ober­stabs­arzt.« Hier­von war Die­de­rich durch sei­nen Korps­bru­der un­ter­rich­tet. Er emp­fahl sich, voll ban­ger Hoff­nung.

      Die Hoff­nung be­wirk­te, dass er am nächs­ten Mor­gen kaum noch auf­tre­ten konn­te. Er mel­de­te sich krank. »Wer sind Sie, was be­läs­ti­gen Sie mich?« – und der Stabs­arzt maß ihn. »Sie se­hen aus wie das Le­ben, Ihr Bauch ist auch schon klei­ner.« Aber Die­de­rich stand stramm und blieb krank; der Vor­ge­setz­te muss­te sich zu ei­ner Un­ter­su­chung her­bei­las­sen. Als er den Fuß zu Ge­sicht be­kam, er­klär­te er, wenn er sich nicht eine Zi­gar­re an­zün­de, wer­de ihm un­wohl wer­den. Trotz­dem war nichts zu fin­den an dem Fuß. Der Stabs­arzt stieß ihn ent­rüs­tet vom Stuhl. »Macht Dienst, Schluss, ab­tre­ten« – und Die­de­rich war er­le­digt. Mit­ten im Ex­er­zie­ren aber schrie er plötz­lich auf und fiel um. Er ward ins »Re­vier« ge­bracht, den Auf­ent­halt der Leich­ter­krank­ten, wo es nach Volk roch und nichts zu es­sen gab. Denn die Selbst­be­kö­s­ti­gung, die dem Ein­jäh­ri­gen zu­stand, war hier nur schwer zu be­werk­stel­li­gen, und von den Ra­tio­nen der an­de­ren be­kam er nichts. Vor Hun­ger mel­de­te er sich ge­sund. Ab­ge­schnit­ten von mensch­li­chem Schutz, von al­len sitt­li­chen Rech­ten der bür­ger­li­chen Welt, trug er sein düs­te­res Ge­schick – ei­nes Mor­gens aber, als alle Hoff­nung schon da­hin war, hol­te man ihn vom Ex­er­zie­ren weg auf das Zim­mer des Ober­stabs­arz­tes. Die­ser hohe Vor­ge­setz­te wünsch­te ihn zu un­ter­su­chen. Er hat­te einen ver­le­gen mensch­li­chen Ton und schlug dann wie­der in mi­li­tä­ri­sche Schroff­heit um, die gleich­falls nicht un­be­fan­gen wirk­te. Auch er schi­en nichts Rech­tes zu fin­den, das Er­geb­nis sei­nes Ein­grei­fens aber klang trotz­dem an­ders. Die­de­rich soll­te nur »vor­läu­fig« wei­ter Dienst ma­chen, das Wei­te­re wer­de sich schon er­ge­ben. »Bei dem Fuß …«

      Ei­ni­ge Tage spä­ter trat ein »Re­vier«-ge­hil­fe an Die­de­rich her­an und fer­tig­te auf ge­schwärz­tem Pa­pier einen Ab­druck des ver­häng­nis­vol­len Fu­ßes. Die­de­rich ward ge­nö­tigt, im Re­vier­zim­mer zu war­ten. Der Stabs­arzt ging eben um­her und nahm Ge­le­gen­heit, ihm sei­ne vol­le Ver­ach­tung aus­zu­drücken. »Nicht mal Platt­fuß! Stinkt vor Faul­heit!« Da aber ward die Tür auf­ge­sto­ßen, und der Ober­stabs­arzt, die Müt­ze auf dem Kopf, hielt sei­nen Ein­zug. Sein Schritt war fes­ter und ziel­be­wus­s­ter als sonst, er sah nicht rechts noch links, wort­los stell­te er sich vor sei­nem Un­ter­ge­be­nen auf, den Blick fins­ter und streng auf des­sen Müt­ze. Der Stabs­arzt stutz­te, er muss­te sich in eine Lage fin­den, die er­sicht­lich die ge­wohn­te Kol­le­gia­li­tät nicht mehr zuließ. Nun hat­te er sie er­fasst, nahm die Müt­ze her­un­ter und stand stramm. Da­rauf zeig­te der Vor­ge­setz­te ihm das Pa­pier mit dem Fuß, sprach lei­se und mit ei­ner Be­to­nung, die ihm be­fahl, et­was zu se­hen, was nicht da war. Der Stabs­arzt blin­zel­te ab­wech­selnd den Vor­ge­setz­ten, Die­de­rich und das Pa­pier an. Dann zog er die Ab­sät­ze zu­sam­men: er hat­te das Be­foh­le­ne ge­se­hen.

      Als der Ober­stabs­arzt fort war, nä­her­te der Stabs­arzt sich Die­de­rich. Höf­lich, mit ei­nem


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