Эротические рассказы

Der Untertan. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Der Untertan - Heinrich Mann


Скачать книгу
nicht ga­ran­tie­ren«, sag­te der Stabs­arzt und mach­te kehrt.

      Vom schwe­ren Dienst war Die­de­rich fort­an be­freit, das »Ge­län­de« sah ihn nicht mehr. Umso wil­li­ger und freu­di­ger war sein Ver­hal­ten in der Ka­ser­ne. Wenn des Abends beim Ap­pell der Haupt­mann, die Zi­gar­re im Mun­de und leicht an­ge­trun­ken, aus dem Ka­si­no kam, um für Stie­fel, die nicht ge­schmiert, son­dern ge­wichst wa­ren, Mit­telar­rest zu ver­hän­gen: an Die­de­rich fand er nichts aus­zu­set­zen. Umso un­er­bitt­li­cher übte er sei­ne ge­rech­te Stren­ge an ei­nem Ein­jäh­ri­gen, der nun schon im drit­ten Mo­nat straf­wei­se im Mann­schafts­zim­mer schla­fen muss­te, weil er einst, wäh­rend der ers­ten vier­zehn Tage, nicht dort, son­dern zu Hau­se ge­schla­fen hat­te. Er hat­te da­mals vier­zig Grad Fie­ber ge­habt und wäre, wenn er sei­ne Pf­licht ge­tan hät­te, viel­leicht ge­stor­ben. Dann wäre er eben ge­stor­ben! Der Haupt­mann hat­te, so­oft er die­sen Ein­jäh­ri­gen an­sah, ein Ge­sicht voll stol­zer Ge­nug­tu­ung. Die­de­rich da­hin­ten, klein und un­ver­sehrt, dach­te: »Siehst du wohl? Die Neu­teu­to­nia und ein Ge­hei­mer Sa­ni­täts­rat sind mehr wert als vier­zig Grad Fie­ber …« Was Die­de­rich be­traf, so wa­ren die amt­li­chen For­ma­li­tä­ten ei­nes Ta­ges glück­lich er­füllt, und der Un­ter­of­fi­zier Van­se­low ver­kün­de­te ihm sei­ne Ent­las­sung. Die­de­rich hat­te so­fort die Au­gen voll Trä­nen; er drück­te Van­se­low warm die Hand.

      »Gera­de muss mir das pas­sie­ren, und ich hat­te doch« – er schluchz­te – »so viel Freu­dig­keit.«

      Und dann war er »drau­ßen«.

      *

      Vier Wo­chen lang blieb er zu Hau­se und büf­fel­te. Wenn er zum Es­sen ging, sah er sich um, ob ein Be­kann­ter ihn be­merk­te. End­lich muss­te er sich den Neu­teu­to­nen wohl zei­gen. Er trat her­aus­for­dernd auf.

      »Wer von euch noch nicht da­bei war, hat kei­ne Ah­nung. Ich sage euch, da sieht man die Welt von ei­nem an­de­ren Stand­punkt. Ich wäre über­haupt da­bei­ge­blie­ben, mei­ne Vor­ge­setz­ten rie­ten es mir, ich sei her­vor­ra­gend qua­li­fi­ziert. Na und da –«

      Er starr­te schmerz­lich vor sich hin.

      Dies sag­te er knapp und männ­lich.

      »Da hät­tet ihr nun den Haupt­mann se­hen sol­len. Täg­lich kam er selbst, nach den größ­ten Mär­schen, mit be­staub­ter Uni­form, wie er war. So was gibt es auch nur beim Mi­li­tär. Wir sind in den bö­sen Ta­gen wah­re Ka­me­ra­den ge­wor­den. Hier die Zi­gar­re ist noch von ihm. Und als er mir dann ein­ge­ste­hen muss­te, der Stabs­arzt wol­le mich fort­schi­cken, ich kann euch ver­si­chern, das war ei­ner der Au­gen­bli­cke im Le­ben, die man nicht ver­gisst. Der Haupt­mann und ich, wir krieg­ten bei­de gleich­zei­tig feuch­te Au­gen.«

      Alle wa­ren er­schüt­tert. Die­de­rich sah tap­fer um sich.

      »Na, jetzt soll man sich also wie­der in das bür­ger­li­che Le­ben hin­ein­fin­den. Prost.«

      Er büf­fel­te wei­ter; und am Sonn­abend kneip­te er mit den Neu­teu­to­nen. Auch Wie­bel er­schi­en wie­der. Er war As­ses­sor, auf dem Wege zum Staats­an­walt und sprach nur noch von »sub­ver­si­ven Ten­den­zen«, »Va­ter­lands­fein­den« und auch vom »christ­lich-so­zia­len Ge­dan­ken«. Er er­klär­te den Füch­sen, es sei an der Zeit, sich mit Po­li­tik zu be­schäf­ti­gen. Er wis­se wohl, dass es nicht für vor­nehm gel­te, aber die Geg­ner zwän­gen einen dazu. Hoch­feu­da­le Her­ren, wie sein Freund, der As­ses­sor von Bar­nim, sei­en in der Be­we­gung. Herr von Bar­nim wer­de dem­nächst den Neu­teu­to­nen die Ehre ge­ben.

      Er kam, und er ge­wann alle Her­zen, denn er be­nahm sich wie gleich zu gleich. Er hat­te dunkles, glatt ge­schei­tel­tes Haar, das We­sen ei­nes pflicht­eif­ri­gen Be­am­ten, sprach sach­lich – aber am Schluss sei­nes Vor­tra­ges be­kam er Schwär­me­rau­gen und ver­ab­schie­de­te sich rasch, mit war­men Hän­de­drücken. Die Neu­teu­to­nen stimm­ten nach sei­nem Be­such alle dar­in über­ein, dass der jü­di­sche Li­be­ra­lis­mus die Vor­frucht der So­zi­al­de­mo­kra­tie sei und dass die christ­li­chen Deut­schen sich um den Hof­pre­di­ger Stö­cker zu scha­ren hät­ten. Die­de­rich ver­band, wie die an­de­ren, mit dem Wort »Vor­frucht« kei­nen deut­li­chen Sinn und ver­stand un­ter »So­zi­al­de­mo­kra­tie« nur eine all­ge­mei­ne Tei­le­rei. Das ge­nüg­te ihm auch. Aber Herr von Bar­nim hat­te je­den, der nä­he­re Auf­klä­rung wünsch­te, zu sich ein­ge­la­den, und Die­de­rich wür­de es sich nicht ver­zie­hen ha­ben, wenn er eine so schmei­chel­haf­te Ge­le­gen­heit ver­säumt hät­te.

      In sei­ner kal­ten, alt­mo­di­schen Jung­ge­sel­len­woh­nung hielt Herr von Bar­nim ihm ein Pri­va­tis­si­mum. Sein po­li­ti­sches Ziel war eine stän­di­sche Volks­ver­tre­tung, wie im glück­li­chen Mit­tel­al­ter: Rit­ter, Geist­li­che, Ge­wer­be­trei­ben­de, Hand­wer­ker. Das Hand­werk muss­te, der Kai­ser hat­te es mit Recht ge­for­dert, wie­der auf die Höhe kom­men, wie vor dem Drei­ßig­jäh­ri­gen Krieg. Die In­nun­gen hat­ten Got­tes­furcht und Sitt­lich­keit zu pfle­gen. Die­de­rich äu­ßer­te sein wärms­tes Ein­ver­ständ­nis. Es ent­sprach sei­nen Trie­ben, als ein­ge­tra­ge­nes Mit­glied ei­nes Stan­des, ei­ner Be­rufs­klas­se, nicht per­sön­lich, son­dern kor­po­ra­tiv im Le­ben Fuß zu fas­sen. Er sah sich schon als Ab­ge­ord­ne­ten der Pa­pier­bran­che. Die jü­di­schen Mit­bür­ger frei­lich schloss Herr von Bar­nim von sei­ner Ord­nung der Din­ge aus; wa­ren sie doch das Prin­zip der Un­ord­nung und Auf­lö­sung, des Durchein­an­der­wer­fens, der Re­spekt­lo­sig­keit: das Prin­zip des Bö­sen selbst. Sein from­mes Ge­sicht zog sich zu­sam­men vom Hass, und Die­de­rich fühl­te ihn mit.

      »Schließ­lich«, mein­te er, »ha­ben wir doch die Ge­walt und kön­nen sie hin­aus­wer­fen. Das deut­sche Heer –«

      »Das ist es eben«, stieß Herr von Bar­nim aus, der durch das Zim­mer lief. »Ha­ben wir dar­um den ruhm­rei­chen Krieg ge­führt, dass mein vä­ter­li­ches Gut an einen Herrn Frank­fur­ter ver­kauft wird?«

      Wäh­rend Die­de­rich noch er­schüt­tert schwieg, klin­gel­te es, und Herr von Bar­nim sag­te:

      »Es ist mein Bar­bier, den will ich mir auch mal vor­neh­men.«

      Er be­merk­te Die­de­richs Ent­täu­schung und setz­te hin­zu:

      »Na­tür­lich rede ich mit solch ei­nem Man­ne an­ders. Aber je­der von uns muss an sei­nem Teil der So­zi­al­de­mo­kra­tie Ab­bruch tun und die klei­nen Leu­te in das La­ger un­se­res christ­li­chen Kai­sers hin­über­zie­hen. Tun auch Sie das Ihre!«

      Da­mit war Die­de­rich ent­las­sen. Er hör­te den Bar­bier noch sa­gen:

      »Schon wie­der ein al­ter Kun­de, Herr As­ses­sor, der zu Lieb­ling hin­über­geht, bloß weil Lieb­ling jetzt Mar­mor hat.«

      Wie­bel sag­te, als Die­de­rich ihm be­rich­te­te:

      »Das


Скачать книгу
Яндекс.Метрика